Robert Eduard Prutz
Gedichte - Neue Sammlung
Robert Eduard Prutz

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An Dahlmann.

Jena, den 16. November 1812.

        In diesem Kreise trauter Zecher,
    Bei diesem bangen Abschiedfest,
Ein letzter Gruß, ein letzter Becher
    Dem Manne, der uns heut verläßt:
Dem heut nach mancher stummen Klage,
    Nach mancher kummervollen Nacht,
Dem heut nach manchem trüben Tage
    Die Sonne der Erfüllung lacht!

Ein Abschiedfest – und dennoch kränze
    Die Hoffnung dieses letzte Mahl!
Ein Abschiedfest – und doch kredenze
    Die Freude lächelnd den Pokal!
Denn den mit Schmerzen wir verlieren,
    Den heut die Götter uns entziehn,
Ihn nennt die Welt aufs Neu den ihren
    Und die Geschichte fordert ihn.

Du gehst, o Freund, aus unsrer Mitte,
    Du von dem Schicksal selbst geweiht,
Mit männlichem, mit tapferm Schritte,
    Du gehst aufs Schlachtfeld unsrer Zeit.
Du weißt es selbst: die Welt will Fehde,
    Des Friedens Oelblatt ist verdorrt –
Wohlan, auch Du mit freier Rede,
    O kämpf' auch Du mit freiem Wort!

Geh' hin, o Freund – bei Deinem Namen,
    Wie werden alle Herzen weit!
Geh' hin, o Freund, und streu' den Samen,
    Den köstlichen, der künft'gen Zeit!
Sei ein Pilot im Sturm der Wogen,
    Ein Blitz der durch die Wolken bricht,
Sei Du ein Stern am Himmelsbogen,
    Ja sei Du selbst! mehr braucht es nicht. –

Dem alle Herzen ängstlich schlagen,
    Den die Orakel prophezein,
Er muß ja doch, er muß ja tagen,
    Der Tag der Zukunft bricht herein!
Der Hort der Freiheit wird gehoben,
    Der Thurm des Rechtes soll bestehn,
Und über Alle, hoch von oben,
    Das Banner des Gesetzes wehn!

So laßt uns froh die Gläser leeren
    Und drückt noch einmal ihm die Hand:
Es gilt dem Manne, den wir ehren,
    Es gilt dem deutschen Vaterland!
Es gilt dem kommenden Geschlechte,
    Es gilt dem künft'gen Morgenroth,
Der Freiheit gilt es und dem Rechte,
    Es gilt dem Leben und dem Tod!

 


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