Robert Eduard Prutz
Gedichte - Neue Sammlung
Robert Eduard Prutz

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Was wir wollen.

            Und mögen wir auch noch so klar
    Von dem, was Noth thut, sagen
Und mögen noch so offenbar
    Der Freiheit Banner tragen:
Ihr lacht uns doch ins Angesicht
    Und zählt uns zu den Tollen,
Ihr denkt: wir wissen selber nicht,
    Nicht völlig, was wir wollen.

So merkt denn auf! Das Vaterland
    Soll fest zusammenhalten,
Vom Rhein bis an den Ostseestrand
    Selbständig, unzerspalten;
Stets soll es vorwärts, vorwärts gehn,
    Und ob die Donner rollen,
Auf eignen Füßen soll es stehn –
    Das ist es, was wir wollen.

Wir wollen Fürsten, habet Acht!
    Die gern dem Volk vertrauen
Und die die Säulen ihrer Macht
    Nur auf dem Recht erbauen;
Wir wollen Fürsten, die nicht gleich
    Um ein paar Verse schmollen,
An Schmeichlern arm, an Liebe reich –
    Das ist es, was wir wollen.

Wir wollen Völker, kühn und stark,
    Von keinem Joch gebogen,
Genährt von ihrer Vorzeit Mark,
    Zu Knechten nicht erzogen;
Wir wollen Völker, die nicht bloß
    Stets müssen und stets sollen,
Durch Krieg berühmt, durch Frieden groß –
    Das ist es, was wir wollen.

Wir woll'n Gesetze, kurz und rund,
    Die klar und deutlich sprechen,
Und die auch keines Königs Mund
    Darf biegen oder brechen;
Wir wolln Gesetze, die dem Born
    Des Lebens frisch entquollen,
Der Bösen Zaum, der Guten Sporn
    Das ist es, was wir wollen.

Wir wolln Minister, (merkts, Ihr Herrn!)
    Mit oder ohne Ahnen,
Wenn sie nur dem Jahrhundert gern
    Weit offne Straße bahnen!
Doch wem des Volkes Liebe fehlt,
    Der soll vom Amt sich trollen,
Und ob er sechszehn Ahnen zählt –
    Das ist es, was wir wollen.

Wir wollen freie Wissenschaft,
    Zu lernen und zu lehren,
Und Niemand soll des Denkers Kraft
    In ihrem Fluge wehren.
Wir wollen, daß man nicht den Geist,
    Den frischen, lebensvollen,
Nur Holz und Wasser tragen heißt –
    Das ist es, was wir wollen.

Und dann mein ewig A und O,
    Daß ich es nicht vergesse!
Denn ohne das wird Niemand froh,
    Das ist die freie Presse.
Daß wir des Geistes Blüthe nicht
    Bei der Censur verzollen,
Das dünkt uns Recht, das dünkt uns Pflicht –
    Das ist es, was wir wollen.

Zuletzt noch Eins, das ist ein Ton,
    Bei dem die Herzen schlagen!
Er heißt, er heißt – Ihr kennt ihn schon,
    Ich darf ihn doch nicht sagen.
Wer wagt das Wort? wer nennt es hier?
    Fürwahr, Ihr möchtet grollen!
Doch gebt nur das, so haben wir,
    Wir haben, was wir wollen.

 


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