Ovid
Elegien der Liebe
Ovid

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7.
Der Ritter.

        Und nun soll noch ein Mensch die edlen Künste verehren
    Oder soll glauben, noch sei zärtliches Dichten am Platz!
Früher wohl stand ja der Geist viel höher, als Gold in der Schätzung –
    Heut' ist der größte Barbar jener nur, der nichts besitzt.
Trefflich gefielen der Liebsten die Verse; doch wenn sie auch diesen
    Gütig den Zutritt erlaubt, bleib' ich doch selber verbannt.
Während sie reich mich belobt, verschließt dem Belobten die Thür sie –
    Geistreich, witzig, gewandt, irr' ich zum Spott ihr umher.
Denn einen Reichen nun zieht sie mir vor, einen Ritter von gestern,
    Der sich gemästet mit Blut, Schätze mit Wunden erwarb.
Und ihn kannst du, mein Herz, mit den reizenden Armen umschlingen?
    Kannst wahrhaftig die Nacht zärtlich im Arme ihm ruhn?
Weißt du denn nicht, daß dieß Haupt mit dem Söldnerhelme bedeckt war,
    Daß einst die Hüfte, die dir dient, mit dem Schwert sich behing?
Hier in der Linken (wie schmückt sie so schlecht der verspätete Goldreif!)Der Goldreif, das Abzeichen des Ritterstandes.
    Trug er den Schild und von Blut troff ihm die Rechte wie oft.
Und sie, die einst die Menschen erschlug, sie kannst du berühren?
    Wehe, wo blieb dir dein fromm kindliches, weiches Gemüth?
Sieh dir die Narben doch an, die Spuren der scheußlichen Kämpfe –
    Was er nur irgend besitzt, hat mit dem Leib er verdient.
Möglich, er sagt dir auch noch, wie viel er Menschen erwürgt hat –
    Und, Habsüchtige, du duldest trotzdem seine Hand?
Doch ich, Phöbus geweiht und der Musen heiliger Priester,
    Sing' an der grausamen Thür ewig vergeblich mein Lied.
Lernt, die ihr klug seid, nicht, was ich selbst nutzlos nur lernte –
    Stürmt in die Schlachten vielmehr, stürmt in des Lagers Gewühl.
Wer wird Verse noch feilen? Heut gilt's die Soldaten zu drillen!
    Alter Homer, auch du fingest von vornen jetzt an.
Jupiter, wohl sich erinnernd, daß nichts so mächtig als Gold sei,
    Gab der Verführten zuletzt selber als Gold sich noch hin.
Denn so lang' es an diesem gebrach, blieb störrisch der Vater,
    Spröde sie selber und erzstarrend das Thor und der Thurm.
Aber als endlich der Gott sich zum Schenken klüglich herbeiließ,
    Bot sie ihm selber den Schoß, hat sie ihm Alles gewährt.
Freilich, als du noch, Saturn, in den Reichen des Himmels regiertest,
    Hielt auch die Erde mit Nacht tief noch den Mammon bedeckt.
Erz und Silber und Gold und das wuchtige Eisen, sie hielt es
    Tief bei den Schatten: man sah nirgends auf Erden Metall.
Besseres gab sie dafür: die Feldfrucht ohne die Pflugschar,
    Obst und Honig, in hohlstämmigen Eichen bewahrt.
Damals furchte noch Niemand mit mächtigem Pfluge den Boden,
    Niemand zog noch der Flur Grenzen mit Graben und Stein;
Niemand schlug mit dem Ruder des Meers aufschäumende Wogen
    Und das Ende des Wegs war noch für Jeden der Strand.
Mensch, wie kehrtest du doch dich erfinderisch gegen dich selber,
    Warst so gelehrig und klug, dir nur zum eig'nen Verderb!
Warum mußtest mit Mauer und Thurm du die Städte umzingeln?
    Warum zum Streite die Hand noch mit der Waffe versehn?
Warum bezwangst du das Meer? Dir konnte die Erde genügen –
    Willst du zum dritten nicht noch stürmen den hohen Olymp?
Aber du strebst ja bereits nach dem Himmel mit Kräften: QuirinusQuirinus, d. i. Romulus, Herkules, Bacchus, Cäsar wurden wegen ihrer Heldenthaten zu den Göttern erhöht.,
    Herkules, Bacchus und jetzt Cäsar erwarben ihn schon.
Statt des Getreides entreißt man gediegenes Gold nun der Erde,
    Schätze, gewonnen mit Blut, bilden des Kriegers Besitz.
Armen verschließt der Senat sich, Vermögen schafft Aemter und Würden,
    Und schafft, würdige Herrn Ritter und Richter, auch euch.
Mögen sie Alles denn haben, das Forum beherrschen, das Marsfeld,
    Frieden schließen und Krieg führen wie immer – es sei!
Nur nicht sollen voll Gier auf meine Geliebte sie bieten –
    Etwas – das ist schon genug! – bleibe uns Armen ja doch.
Denn sie, die einst so stolz und wie eine Sabinerin groß that,
    Kriecht vor dem Reichen nun ganz wie eine Sklavin zu Kreuz.
Mir ist der Wächter im Weg, bei mir nur fürchtet den Mann sie –
    Könnt' ich nur zahlen! Sogleich räumten mir beide das Feld.
O, rächt irgend ein Gott verachtete Liebe, so wandl' er
    Zürnend in Staub den Besitz, den sie so schimpflich erwarb.

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