Ovid
Elegien der Liebe
Ovid

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8.
An Cupido.

        O Cupido, der nie mir zu helfen genügend bemüht war,
    Der mich verwundet und dann meiner nicht weiter gedenkt,
Warum bedrängst du doch mich, der treu dir als Krieger stets diente?
    Schleuderst den tödtlichen Pfeil mir in das eigene Haus?
Warum verwundest mit Fackel und Pfeil du die eigenen Freunde?
    Wäre, zu schlagen den Feind, dir nicht ein größerer Ruhm?
Hat nicht Achilles der Held dem Telephus selbst mit dem Speer, mit
    Dem er erst tödtlich ihn schlug, heilend dann Hilfe gebracht?
Fliehendes Wild nur verfolgt auch der Jäger; er läßt die gemachte
    Beute zurück und enteilt rüstig zum weiteren Fang.
Doch mich, treu dir ergeben, verfolgst du, mich quälst du beständig,
    Und vor dem trotzigen Feind senkst du dann zaudernd den Arm.
Kann es dich freun, wenn am nackten Gebein sich der Hacken des Pfeils dir
    Abstumpft? Elend und nackt hat mich die Liebe gemacht.
Sind doch von Liebe noch frei so viele der Männer und Mädchen –
    Auf denn! Zum reichsten Triumph ruft dich ein herrlicher Preis.
Hätte nicht Roms erzdröhnende Macht umschritten den Erdkreis,
    Wäre noch heute die Stadt ärmlich mit Stroh nur gedeckt.
Müd' von den Schlachten empfängt der verdienstliche Krieger sein Landgut,
    Und von der Rennbahn frei schickt man die Rosse zur Trift;
Auf der geräumigen Werft ruht sicher gelandet das Schiff aus
    Und auch der Fechter empfängt, endlich befreit, das RapierGladiatoren, die in ihrem Dienste mit Auszeichnung alt geworden waren, erhielten zum Zeichen ihrer ehrenvollen Entlassung ein Rapier..
So nun wäre auch mir, der so lang schon im Dienste der Frauen
    Liebend sich mühte, die Zeit da zu Behagen und Ruh'!
Nein! Spräch' selbst mir ein Gott: »Abschwöre der Liebe und lebe!«
    Dankt' ich – die süßeste Qual ist doch auf Erden ein Weib.
Bin ich's auch satt wohl einmal und verlodert die Glut mir im Herzen,
    Gleich wie ein wirbelnder Wind treibt es mich wieder umher.
Wie urplötzlich ein Sturm das Schiff, das nahe dem Hafen
    Landen schon wollte, aufs neu' schleudert ins offene Meer:
So faßt jählings auch mich stets neu der Sturm der Begierden
    Und zum bekannten Geschoß greift dann auch wieder der Gott.
Sei's denn! Schieße nur, Knabe! Ich stelle mich nackt dir und wehrlos!
    Brauchst du doch, Starker, bei mir immer den Bogen mit Glück.
Wie auf Geheiß, sieh, kommen von selbst schon die Pfeile geflogen,
    Minder im Köcher ja sind, mehr noch bei mir sie zu Haus.
O wie beklag' ich den Mann, der die ganzen Nächte hindurch zu
    Ruhen vermag und den Schlaf achtet für großen Gewinn.
Thor, was ist denn der Schlaf, als ein Bild des erstarrenden Todes?
    Kommt doch uns Allen die Zeit, lang, o wie lang noch zu ruhn!
Mag mich mit täuschendem Wort auch die falsche Geliebte betrügen,
    Schon ein unendliches Glück beut mir die Hoffnung allein.
Mag sie heute mir schmeicheln und morgen mich schelten – ich werde
    Heut' ihrer Schönheit mich freun, morgen verzichten und gehn.
Mars heißt launisch: er ward es durch dich, Cupido, den Stiefsohn;
    Unverlässig wie du stürmt er nun klirrend durchs Feld.
Flüchtig bist du und windiger noch als die eigenen Flügel –
    Mit zweideutiger Treu' gibst und versagst du das Glück.
Doch wenn irgend mein Flehn du erhörst sammt der reizenden Mutter,
    Bau' mir im Busen dein Reich schön und für ewig dann aus!
Treib' auch die Schaaren herzu der holden, der flüchtigen Mädchen,
    Jauchzend dann singen im Reich Dichter und Mädchen dein Lob.

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