Ovid
Elegien der Liebe
Ovid

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3.
Die Meineidige.

        Glaub' an Götter, wer will! Sie brach die beschworene Treue
    Und doch blieb sie so schön, ach, wie sie immer nur war.
Lang wie ein Schleier umfloß sie das Haar, eh' falsch sie geschworen,
    Das, da der Götter sie lacht, heut noch sie herrlich umgibt.
Weiß, doch das blendende Weiß durchschimmert von rosiger Röthe,
    War ihr Gesicht und noch heut glänzt es wie Rosen und Schnee.
Klein war ihr Fuß und wie klein ist noch heut dieß kleinste der Füßchen!
    Schlank und von Anmuth umwallt war sie und ist sie noch stets.
War nicht ihr Auge voll Glanz? Noch strahlen wie Sterne des Himmels
    Jene Augen, die mich, die schon so oft mich getäuscht.
Freilich, den Mädchen gestatten selbst Götter seit lang schon den Meineid
    Und was nur hold ist und schön, hat seinen eigenen Gott.
Schwor sie nicht neulich erst noch – ich weiß es zu gut nur – bei ihren
    Augen und meinen? Doch mich schmerzten die Augen dann sehr.
Götter, o sprecht! Straflos wohl durfte euch jene betrügen –
    Doch warum soll denn nun ich büßen, was jene verbrach?
Denkt an AndromedaAls die äthiopische Königin Cassiopea sich so weit vergaß, daß sie ihre eigene Schönheit über die der Nereiden stellte, sandte Neptun, die Meergöttinnen zu rächen, ein Seeungeheuer, welches ganz Aethiopien verwüstete und dem zuletzt sogar die Tochter der Cassiopea, Andromeda, als Sühnopfer vorgeworfen wurde. Perseus ward dann ihr Retter vom Tode. doch, die der schönheitprahlenden Mutter
    Thorheit büßte, von euch schimpflich zum Tode verdammt!
Ist's nicht genug, daß ihr Zeugen mir wart und nun doch mich im Stich laßt,
    Während sie straflos und frei mich und euch Alle verhöhnt?
Soll sie durch meine Bestrafung sich lösen vom eigenen Meineid?
    Soll ich, Betrogener, mich auch noch zum Opfer ihr weihn?
Nein! Entweder ist Gott nur ein Schall, ein nichtiges Schreckbild,
    Das mit thörichter Furcht gläubige Seelen beherrscht,
Oder es ist ein Gott; dann ist er verliebt in die Mädchen
    Und was dem Völkchen beliebt, läßt er voll Schwachheit geschehn.
Uns nur gilt es, wenn Mars mit dem Schwerte des Todes sich gürtet,
    Uns nur schleudert den Speer Pallas mit sicherer Hand;
Uns nur bedroht mit dem Bogen der Fernhintreffer Apollo
    Und der gewaltige Blitz Jupiters fällt nur auf uns.
Doch eine spöttische Schöne zu kränken, das wagte kein Gott noch;
    Nein, denn er fürchtet das Weib, das doch vor ihm sich nicht scheut.
Wer denn möchte noch fromm die Altäre bestreuen mit Weihrauch?
    Wahrlich, ein stärkerer Sinn ziemte dem Männergeschlecht.
Jupiter schleudert voll Muth auf Tempel und Haine den Blitzstrahl –
    Doch meineidige Fraun hat er noch immer verschont.
Und doch verdienten so viele den Blitz! Nur SemeleSemele verlor in der Umarmung Jupiters das Leben, als dieser auf ihr Verlangen sie als Gott in Blitz und Donner besuchte. Da sie bereits mit Bacchus schwanger war, ließ Jupiter sich das Kind, um es zu retten, in seinen Schenkel einnähen, bis es zur völligen Reife und Geburt ausgewachsen war. mußte
    Elend verbrennen, weil sie Alles dem Gott einst gewährt.
Hätte sie Jupiter doch sich entwunden, da liebend er nahte!
    Bacchus auch hätte ihn dann nimmer zur Mutter gehabt.
Aber was klag' ich und schelt' auf den ganzen Olymp? Auch die Götter
    Haben ja Augen, auch sie haben ein zärtliches Herz.
Wär' ich selber ein Gott – wohlan, meiner eigenen Gottheit
    Ließ' ich euch spotten, ihr Fraun! Schwöret, was immer ihr wollt!
Eidlich erhärtet' ich selbst: nur Wahrheit schwören die Mädchen,
    Und, wie ihr Alle gesteht, wär' ich ein gütiger Gott. – –
Doch du nütze fortan, o Mädchen, bescheid'ner der Götter
    Nachsicht – zum mindesten laß künftig mein Auge verschont!

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