Ovid
Elegien der Liebe
Ovid

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Zweites Buch.

 

1.
Der Sänger der Liebe.

        Ich, aus dem wasserreichen PelignumDer Dichter war aus Sulmo in Pelignum gebürtig; heute Solmona, Kreishauptstadt in der italienischen Provinz Aquila (Abruzzen), nahe der Bahnlinie Pescara-Neapel in herrlicher Gebirgsgegend gelegen. Vom alten Sulmo haben sich noch einige Baureste erhalten., Naso, der eig'nen
    Thorheit Verkündiger, ich schrieb auch dieß folgende Buch.
Dieß auch befahl mir Cupido. Doch ihr, ihr spröderen Richter,
    Bleibt mir nur fern! Nicht für euch tönet mein süßeres Lied.
Nein, mich lese geschmiegt an die Brust des Verlobten die Jungfrau,
    Mich der Knabe, von fremd wonnigem Schauer erfaßt.
Mich auch lese, verliebt wie ich selbst, der Jüngling und staune,
    Wenn er der eigenen Glut flammende Zeichen erkennt.
Wer wohl, ruft er bestürzt, verrieth mein Geheimniß? Es ist ja
    Ganz nur mein eig'nes Geschick, das hier der Dichter erzählt.
Früher wohl wagt' ich's, vom Krieg der Giganten zu singen, vom hundert-
    Armigen Gyges; ich sang mächtig im Heldengedicht,
Wie die Erde sich frech einst empört und, gethürmt auf Olympus,
    Ossas riesiges Haupt Pelions Gipfel noch trug.
Doch als ich Wetter und Blitz sammt dem Zeus schon so schön in der Hand hielt,
    Daß er den feurigen Strahl schmett're den Riesen aufs Haupt:
Schloß mir mein Mädchen die Thür. Da warf ich die Blitze zur Seite
    Und aus dem Sinne sogar wich mir der donnernde Gott.
Jupiter! Herrscher! Verzeih! Doch was halfen mir deine Geschosse
    Und was galt mir dein Blitz, blieb mir verschlossen die Thür?
Eigene Waffen denn holt' ich herbei, leichtfüßige Verse,
    Zärtliche Lieder – da sprang auch schon die Thüre mir auf.
LiederZauberlieder. ja holen herab des Monds blutleuchtende Sichel,
    Rufen des scheidenden Tags schneeige Rosse zurück.
Lieder zerreißen des Schlangengewürms weitklaffende Rachen
    Und zu den Quellen zurück rauschet gehorsam die Flut.
Also auch wichen dem Liede die Thür und das Schloß und der Riegel –
    Eichen und Eisen – es wich Alles dem Zauber der Lieds.
Wie? Was nützte mir's auch, zu besingen den Sieger Achilles?
    Oder was sollten für mich beide Atriden wohl thun?
Oder Ulyß, der im Krieg und auf Reisen sein Leben vergeudet?
    Oder, von Rossen geschleift, Hektor, unselig ein Held?
Aber preis' ich nur oft die Geliebteste, Lieblichste, Schönste,
    Kommt zu dem Sänger, der Preis seines Gesanges, sie selbst.
Sie gibt herrlichen Lohn. Drum lebet nur wohl, ihr Heroen,
    Leuchtende Namen! Ihr seid nichts mir, als Namen – lebt wohl.
Ihr nur, ihr reizenden Mädchen, sollt lauschen den süßesten Liedern,
    Welche der rosige Gott Amor mir selber diktirt.

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