Ovid
Elegien der Liebe
Ovid

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2.
Das Wagenrennen.

        Nicht um die Pferde zu sehn, die edlen, bitt ich gekommen –
    Sieger sei immer das Pferd, das dir am meisten gefiel! –^
Nein, ich kam, um mit dir nur zu sprechen, bei dir nur zu sitzen,
    Daß du erfahrest, wie heiß du mir die Liebe erregst.
Dort auf die Bahn blickst du, ich auf dich – so laß uns denn Beide
    Anschaun, was uns gefällt, was uns die Augen ergötzt.
Glücklich der Lenker der Rosse, für den du, Holde, Partei nimmst,
    Der deiner Gunst dir werth, werth deiner Sorge dir scheint.
Würde das mir doch zu Theil! Dann entstürzt den heiligen Schranken,
    Flög' ich auf hohem Gespann selber gewaltig einher,
Und die Zügel verhängt, die Rosse zerpeitschend umsauste
    Ich mit dem inneren Rad scharf an der Säule das Ziel.
Freilich, erblickt' ich dann dich, so hielt' ich wohl staunend im Lauf an
    Und aus den Händen gewiß glitte vor Schreck mir der Zaum.
Wäre doch PelopsOenomaus, König von Pisa, tödtete Jeden, der um seine Tochter Hippodamia warb und ihn selbst doch im Wagenrennen nicht besiegen konnte. Als Pelops freiend auftrat, bestach Hippodamia, die ihn liebte, den Stallmeister ihres Vaters, Myrtilus, daß er wächserne Nägel vor die Wagenräder seines Herrn setzte. Durch den Sturz und Tod des Königs gewann Pelops die Tochter. beinahe gefallen vom Speer des Pisäers,
    Da er ins Antlitz dir, Hippodamia, gesehn.
Und doch hat er zuletzt noch gesiegt durch die Gunst der Geliebten –
    Führte doch Jeden von uns zärtliche Liebe zum Sieg!
Aber was rückst du? Umsonst! Man muß sich so eng hier bequemen –
    Zwingt doch des Circus Gesetz selbst zu so löblichem Brauch.
Doch du, wer du auch seist, da zur Rechten! Schone das Mädchen!
    Dränge zu derb nicht! Du thust wahrlich der Aermsten noch weh!
Und du hinter uns da! So nimm deine Beine doch an dich!
    Pfui, mit dem spitzigen Knie drückst du den Rücken ihr ein!
Aber dein Mantel! Er streift auf dem Boden, er glitt dir vom Arme –
    Heb' ihn doch auf – oder nein, laß mich, schon heb' ich ihn selbst.
Neidisches Kleid, wie verdecktest du doch so reizende Füße!
    Sieh doch nur selber, wie schön! Sieh nur, du neidisches Kleid!
Das sind die Füße, die du einst, Melanion, an AtalantaAtalanta, eine kühne, jungfräuliche Jägerin, die Melanion liebte und gewann.
    Liebtest und die deine Hand hätte so gerne umspannt.
So auch malt man den Fuß der hochgeschürzten Diana,
    Wenn sie das flüchtige Wild, selber so flüchtig, verfolgt.
Deine Füßchen nun liebt' ich, bevor ich sie sah – doch was wird nun,
    Da ich sie schaute und so Feuer zum Feuer du legst?
Ach, ich schließe gar sehr, auch das Andere könne gefallen,
    Was sich so züchtig noch birgt unter dem zarten Gewand.
Willst du inzwischen jedoch, daß freundlich kühlende Lüfte
    Dich umfächeln? Schon ist, siehe, mein Fächer bereit.
Wie? Oder ist es die Glut des Herzens nur, die mich so peinigt?
    Ist es die Liebe zu dir, die mir die Seele versengt?
Während ich zu dir sprach, flog Staub auf das weiße Gewand dir:
    Fort mit dir, häßlicher Staub! Fort von dem schneeigen Leib!
Aber schon naht ja der Zug! Erfüllt von schweigender Andacht
    Klaschet ihm Beifall! Es naht, siehe, der goldene Zug.
Allen voran die Göttin des Siegs mit entfalteten Schwingen –
    Komm, o Göttin, verleih' du meiner Liebe den Sieg.
Beifall klascht dem Neptun ihr, die ihr zu gern nur dem Meer traut!
    Ich, ich verschmähe das Meer, mir ist die Erde genug.
Beifall klascht auch dem Mars, ihr Krieger! Ich hasse die Waffen:
    Friede behagt mir, mich freut Liebe, von Frieden umhegt.
Sei von den Sehern gegrüßt, o Apoll, von den Jägern, Diana,
    Wende des Künstlers Hand, ernste Minerva, dir zu.
Auf, Landleute, erhebt euch vor Ceres und Bacchus, dem Zarten,
    Fechter und Reiter, nun macht Castor und Pollux euch hold.
Ich, ich klatsche, o Venus, nur dir, und dem bogengewalt'gen
    Knaben – o neige voll Huld meinem Beginnen dich zu!
Lenke der neuen Gebieterin Sinn, meine Liebe zu dulden –
    Sieh nur, sie neigte das Haupt, winkte Erhörung mir zu!
Was mir die Göttin versprach, das versprich mir nun selber – du sollst auch
    (Möge mir Venus verzeihn!) größer als Venus mir sein!
Hier bei allen den Zeugen, beim Zuge der Götter beschwör' ich's:
    Dir nur gehör' ich und dein bin ich für ewige Zeit.
Aber dir fehlt ja der Halt für die Füße; so setze die Spitzen,
    Wenn dir das irgend behagt, doch in das Gitter vor dir!
Schon ist der Circus geräumt, schon öffnet die Schranken der Prätor
    Und vierspännig geschirrt sausen die Rosse dahin.
Wen du begünstigst, ich seh' es, und wen du begünstigst der siegt auch –
    Ja, selbst die Rosse, beim Zeus, wissen, wohin du dich neigst.
Weh mir Armen! Er schießt um das Ziel weitläufig im Bogen –
    Weh, was beginnst du? Schon drängt rasch sich der Folgende ein.
Unglückslenker! Du machst mir des Mädchens Wunsch ja zu nichte!
    Zieh' doch mit kräftiger Hand, hörst du, die Zügel nach links!
Feigling, unwürdig der Gunst! So ruft ihn zurück denn, Quiriten,
    Ruft ihn, und gebt das Signal rings mit geschwung'nem Gewand.
Siehe, man ruft ihn zurück! Sie schwingen die Togen – sei achtsam,
    Wahr' deine Locken, o birg schnell an der Brust mir dein Haupt.
Und schon stehen die Schranken zum anderen Male geöffnet,
    In buntfarbigem Zug donnern die Pferde hervor.
Siege doch wenigstens jetzt! Stürm' keck auf der offenen Bahn hin,
    Siege! Erfülle den Wunsch mir und der Herrin zugleich!
Meiner Gebieterin Wunsch ist erfüllt, ich harre noch immer:
    Er hat die Palme, doch ich kämpfe noch immer um sie . . . . .
Und hier lächelte sie, gar schelmisch, wie etwas versprechend –
    Dank dir! An anderem Ort gibst du, so hoff' ich, noch mehr.

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