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Der Sprechanismus.

Ich: Bitte um Verzeihung; ich war so frei, Sie persönlich aufzusuchen, da ich Sie telephonisch nicht erreichen konnte.

Das Telephonfräulein: Das liegt lediglich an Ihnen. Sie sprechen so undeutlich, daß ich, solange ich im Amt beschäftigt bin, jede Verständigung mit Ihnen ablehnen muß.

Ich: Aber jetzt haben Sie mich doch eben vollkommen verstanden.

Das Fräulein: Sprechen und telephonieren ist zweierlei. Ich habe darüber einen lehrreichen Artikel an die Zeitungen gesandt ...

Ich: ... den ich natürlich gelesen habe. Gerade deswegen komme ich zu Ihnen. Ich fühle mich getroffen und möchte mich bessern. Würden Sie mir wohl eine kleine Privatstunde geben?

Das Fräulein: Sehr gern. Beginnen wir also mit den Zahlen.

Ich: Ja, die Zahlen! Sie schreiben in Ihrer Belehrung: »Würde zum Beispiel die drei mit Betonung des Konsonanten ›r‹ und die zwei auf ostpreußische Art, also nahezu dreisilbig ausgesprochen, dann kämen Verwechslungen viel seltener vor.« Das scheint mir ein bißchen schwierig; ich verstehe lateinisch, griechisch, hebräisch und etwas Sanskrit, aber das ostpreußische ist mir fremd. Also wie spricht man zwei, seiner Einsilbigkeit zum Trotz, drrrrrreisilbig aus? Das Fräulein: Mit dem ›r‹ machen Sie schon Fortschritte. Aber Ihre zwei ist in der Tat miserabel. Sie müssen sagen: »z e – w e – i«, damit die drrrrrrei Silben in aller Bestimmtheit herauskommen. Andernfalls klingt Ihre ›z w e i‹ wie ›Amt Tempelhof‹, und Sie werden falsch verbunden.

Ich: Das ist mir ganz ze – we – ifellos; wie steht es nun mit der vier?

Das Fräulein: Die vier müssen Sie kassubisch aussprechen, nämlich, vie – a – i – a – iier, und die fünf lithauisch mit verstärktem Pfeifmechanismus: › f a – so – fü – hünnef.‹ Für die sechs bleibt der Froschlaut in den masurischen Gewässern maßgebend, also: ›seckeckeker‹. Die sieben lautet nunmehr: › Sie – hüben!‹, die acht: › Ach –ach –ach –Tee – tee‹ die neun: › N o – h ü – h i n‹ und die z e h n :T s e – T s e – he – h eh n‹. Haben Sie das begriffen?

Ich: Vollkommen, mein Fräulein, und ich bin Ihnen zum erstenmal, seit ich ein Telephon besitze, sehr verbunden.

Zwei Stunden später. Ein anderes Telephonfräulein im Dienst: Hier Amt!

Ich am Telephon: Sie – hüben – – vie – a – i –a– ier – – ze – wa – i – – ach – ach – ach –Tee tee – – – – – –.

Das Telephonfräulein: Mein Herr, lassen Sie diese Vertraulichkeiten! ich werde mich beschweren!

Die Aufsicht: Eine Telephondame meldet, daß Sie ihr unsittliche Anträge gestellt haben. Sie wollten sie zum Tee einladen; wir werden natürlich sofort gegen Sie die Klage einleiten!


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