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Wilija.

Litthauisches Volkslied.

(Aus »Konrad Wallenrod.«)

◡—◡—◡—◡—◡—◡

Wilija, unsrer Ströme Mutter, schmücken
Goldheller Grund, ein Antlitz zum Entzücken –
Litthauens Maid, kommt schöpfen sie gegangen,
Ihr Herz ist reiner, holder ihre Wangen.

Wilija strömt in Kowno's trautem Grunde,
Narzissen blühn und Tulpen dort im Bunde –
Litthauens Maid lag unsrer Knaben Blüte
Zu Füßen, die wie Tulp' und Rose glühte.

Wilija nicht nach Kowno's Blumen schmachtet,
Nur mit dem Niemen sucht sie Liebesbande –
Litthauens Maid nicht Litthau'ns Knaben achtet,
Sie liebt den Jüngling nur aus fernem Lande.

Wilija faßt der Riemen starken Armes,
Durch Klippen trägt er sie und wilde Leere,
Preßt an die kalte Brust sein Lieb, sein warmes,
Und – stirbt, mit ihm vereint, im tiefen Meere.

Litthauens Maid, der Fremdling hat entzogen
Auch, Aermste, dich der Heimath deiner Lieben;
Auch du versinkst in des Vergessens Wogen,
Nur trauriger, da du – allein geblieben.

Zu warnen Herz und Strom, wem sollt's gelingen?
Die Maid wird – lieben, die Wilija – fließen:
Wilija wird des Niemen Flut verschlingen,
Die Maid im Kerker Thränen viel vergießen.



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