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Auf der Lauer.

Ukrainische Ballade.

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Von des Gartens Balkon her
Nach dem Schloß eilt voll Hohn der
Wojewode mit Wettern und Fluchen;
Tritt zum eh'lichen Bette –
Aber leer ist die Stätte
Der Genossin – umsonst ist sein Suchen.

Senkt den Blick er zur Erde;
Mit des Zornes Geberde,
Seinen Bart er sich dreht, den ergrauten;
Dann die Aermel von Seide
Sich abstreift er vom Kleide,
Und läßt rufen Na-um, den Vertrauten:

»Kosack! Nacht ist's zur Stunde,
Und nicht Wächter noch Hunde
Sind im Garten am Thor mir auf Wache:
Nimm die Dachstasch'; dir hole
Die Haiduckenpistole,
Die gezogene Büchs mir vom Fache!«

So, bewehrt sonder Gleichen,
Sie zum Garten sich schleichen,
Zum Spalier an des Altaus Geländer;
Dort im dämmernden Scheine
Sitzt ein Weib auf dem Raine,
Hell ihr schimmern die Linnengewänder.

Sie verhüllt mit der Rechten
Sich die Aeuglein, die Flechten,
Und den Flor, der den Busen umschmieget;
Mit der Linken, ohn' Ende
Von sich abwehrt die Hände
Sie des Manns, der zu Füßen ihr lieget.

Er umschlingt ihre Füße,
Lispelt leis: »O, du Süße!
Hab' ich Alles denn, Alles verloren?
Hat dein zärtliches Drücken,
Deinen Schmerz, dein Entzücken
Selbst der Herr Wojewod' sich erkoren?

» Dich nur lieb' ich seit Jahren –
Von dir fern, trotz Gefahren,
Dich nur lieb' ich, – vertrau're mein Leben –
Liebt er nicht dich, du Holde,
Er nur klirrt mit dem Golde –
Und du willst dich ihm ewig ergeben?

»Dieser Greis soll am Abend,
Sich am Schwanenbett labend,
Auf den Schooß mit dem Haupte dir sinken?
Soll von Lippen und Wangen,
Die erglühn vor Verlangen,
Mir verbotene Wonnen dir trinken?

»Der auf treulichem Rosse,
Ich bei Mondlicht zum Schlosse
Hergesprengt bin trotz Wetter und Tosen –
Soll mit Seufzern und Grüßen
Ich dir wünschen, der Süßen,
Gute Nacht! nur, und – glückliches Kosen?« –

Aber nimmer schon hört sie,
Wie er leise beschwört sie,
Immer neu, daß sie sein sich erbarme;
Als die Kraft ihr entschwunden,
Ihre Hand überwunden,
Sinkt, ermattet sie – ihm in die Arme.

Auf die Kniee sich strecken
In des Dickichts Verstecken
Wojewod' und Kosack; die Patrone
Aus dem Paß ziehn hervor sie,
Beißen ab, um in's Rohr sie
Mit dem Ladstock zu stoßen voll Hohne.

Flüstert »Herr!« der Kosacke,
»Ob der Teufel mich packe –
Auf die Kleine kann nimmer ich schießen:
Als den Hahn just ich spannte,
Mich der Schreck übermannte,
Auf die Pfanne sah Thränen ich fließen!« –

– »Still! Du Schuft von Haiducken!
Soll ich lehren dich mucken?
Nimm aus Lissa dies Pulver, das reine …
So! Abtrockne die Pfanne,
Füll' das Zündloch, und spanne –
Dann ihr Haupt gilt es, oder – das deine!

»So! … Rechts! … höher! … halt! … Still noch!
Laß mich schießen … Ich will doch
Ihren Buhlen selbst weihen dem Tode!« –
Halt! – Zu spät! Nur ein Knacken …
Und vom Schuß des Kosacken
Sinkt, durchbohrt, hin der – Herr Wojewode!



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