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Der Renegat.

Türkische Ballade.

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Welt, was in Iran jüngst sich begeben,
Hör' es, mein Lied soll beginnen:
Auf seines Harems Kaschmir-Geweben
Ernst sitzt der Pascha im Sinnen.

Griechin, Tscherkessin singen ihm Lieder –
Aeuglein mit Saphirgefunkel –
Eine Kirgisin tanzt auf und nieder –
Aeuglein, wie Eblis so dunkel.

Pascha den Turban über die Augen
Schob sich; nichts hört er, noch sieht er,
Scheint, wie im Traum nur am Tschibugg zu saugen:
Wolken d'raus, duftende, zieht er.

Da vor dem Glücksthor lärmt es, und schweigend
Oeffnen die Hüter der Pforte:
Einführt die neue Sklavin, sich neigend,
Ruft Kislar-Aga, die Worte:

»Herr, du, deß' Glanz kein Stern hier zu Lande
Je wird im Divan erreichen,
Wie die Demanten im Sternengewande
Vor Aldeboran erbleichen,

»Stern du des Divan, zu mir heut' dich wende,
Botschaft verkünd' ich dir, gute:
Lehistans Wind, dein Diener, mit Spende
Naht dir, mit neuem Tribute.

»Nimmer solch' Blümlein im Garten der Wonne
Stambuls Sultanen erblühte:
Stammt's aus dem Lande doch nordischer Sonne,
Dem all' dein Sehnen erglühte!«

Da fällt der Schleier, der sie umfangen,
Alles klatscht Beifall und Dank ihm;
Pascha, nur einmal schaut' ihre Wangen –
Schläft er? … Der Tschibugg entsank ihm!

Sinkt auch der Turban, er selbst sinkt zur Seite …
Sklaven, zu wecken ihn, nahten:
Blau sind die Lippen, leblos in's Weite
Starrt der Blick des – Renegaten!



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