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36

Nach einigen Monaten der Ehe schwankte Russell zwischen jungenhafter, großmäuliger Angeberei, der Freude an seinen einzigartigen Schätzen und einer überlegenen Prüderie, wenn Ann zufällig eins der Worte gebrauchte, die ihn in Männergeschichten zum Kichern brachten. In keinem Fall war er natürlich; in keiner Beziehung war er jemals ganz natürlich; und seine ständige Bewußtheit hinderte Ann daran, sich zu natürlicher Sicherheit zu entwickeln. Aber als sie sechs Monate verheiratet waren, wurde sie vor allem von den kleinen oberflächlichen gesellschaftlichen Reibereien mitgenommen.

Am schwersten reizte er sie, wenn er sie als »Kleines Frauchen« behandelte. (So nannte er sie.)

Daß sie Bedeutende Frau genug wäre, einen Beruf auszufüllen, der ihnen beiden gesellschaftliche Bedeutung verlieh, wollte er ganz entschieden; er hatte nichts dagegen, daß sie die Miete und die Lebensmittelrechnungen bezahlte; er ärgerte sich, wenn sie sich bei offiziellen Essen nicht genügend in Szene setzte und wenn sie Klischeesätze wie »Die erste Aufgabe des Strafvollzuges ist die sichere Verwahrung der Gefangenen« verwandte. Aber privatim sollte sie ein Kleines Frauchen sein – wie konnte er sonst an ihrer Seite der Große Männe sein? (Er hatte ihr von einem Mädchen erzählt, das ihn »Großer Männe« zu nennen pflegte. Aber selbst in ihren zärtlichsten Momenten, wenn er ihr Wiener Schokoladen mitgebracht hatte und komisch gewesen war, hätte sie sich eher hängen lassen, als in dieser Weise Kleines Frauchen zu spielen.)

Eines Tages bat sie ihn, in einen Buchladen zu gehen und ihr die Gestaltpsychologie von Blözen zu kaufen. Es war wichtig. Sie wollte ihre Rede vor dem Mt. Vernon Current Problems Club darauf aufbauen. Sie war eher als er zu Hause und hatte ihr deutsches Lexikon hervorgeholt und abgestaubt. Er kam ins Zimmer, hüpfend wie ein Hammel im Frühling, und hielt ihr erwartungsvoll einen Chrysanthemenstrauß entgegen, der ungefähr die Größe und das Aussehen einer Weizengarbe hatte.

»Die sind ja wunderbar! Du bist reizend. Hast du das Buch?«

»Was für n Buch?«

»Ach, aber hör mal! Du hast es doch versprochen! Das deutsche Buch über Psychologie!«

»Mein Gott! Was sind wir doch für ein bedeutender kleiner Forscher! Ganz richtig bis in den Untergrund der Dinge hinein, einer unserer besten kleinen ernsten Denker! Na, was wollen wir denn mit den großen dicken gelehrten Büchern, wenn wir sie haben?«

Er versuchte sie auf die Wange zu klopfen. Sie riß sich los und tobte: »Ach, hör auf mit dem Quatsch! Gut! Ich werd dich nicht wieder belästigen! Ich werd mir meine Bücher selber holen!«

»Aber – aber – was hab ich dir denn getan?« japste er.

An diesem Abend kam ein Mädchen, das mit Bewährungsfrist aus dem Stuyvesant-Arbeitshaus entlassen worden war, zu Besuch zu Ann – wie in jedem Monat Dutzende kamen. Das Mädchen hatte ein Jahr gesessen, weil es aus einem Modeatelier, in dem es als Näherin arbeitete, Seide gestohlen hatte. Es sagte, es wollte »anständig bleiben«, aber es konnte keine Arbeit finden, und von ihrer zuständigen Aufsichtsbeamtin, einer zur Hochkirche gehörenden und höchst energischen Dame, die in der Leuchtturm-Liga zur Besserung Erstmalig Bestrafter arbeitete, bekam es keine Hilfe, nur unfreundliche, moralische Vorträge. Ann gab dem Mädchen einen Brief mit an eine nette, gebildete und gänzlich unmoralische Dame, die einen Modesalon in Greenwich Village hatte, und steckte ihr, in einem Augenblick, in dem der mißbilligende Russell nicht hinsah, einen Zehndollar-Schein (was sie sich nicht leisten konnte) in die Hand. Als das Mädchen weg war, lief sie mit oratorischen Gesten im Zimmer umher; Russell saß in dem bequemen Sessel, den Ann früher für ihren eigenen gehalten hatte, und machte ein zynisches Gesicht.

»Bewährungsfrist! Das ist das A und O des Strafvollzuges, und das wird so vernachlässigt wie nichts anderes. Man kann den Aufsichtspersonen keinen Vorwurf machen. Die meisten von ihnen haben viel zu viel zu tun, und zu einem guten Teil wissen sie zu wenig. Wenn ich nur etwas Anständigkeit, etwas Energie, ja nur etwas Vernunft hätte, würd ich meine Gefängnisarbeit hinschmeißen, in die Politik gehen und einen Gesetzentwurf durchbringen, der für das Bewährungswesen ebenso viele Millionen bereitstellt wie für Gefängnisse, wenn nicht beträchtlich mehr, und würde es zur Pflicht machen, daß man entlassenen, verängstigten, seelisch kranken, Exsträflingen ebenso viel Aufmerksamkeit schenkt, wie körperlich Kranken, Tuberkulösen. Das würd ich tun. Und ich glaube, ich könnt es!«

Russell krähte: »Was für eine große Denkerin – was für eine große populäre Führerin wir sind! Ach ja! O ja, Liebling, natürlich! Wenn du in die Politik gingst, würde Tammany Hall einfach alles tun, was du willst. Annie von Orleans – und wie!«

 

Sie sprach des langen und breiten beim Essen bei ihrem Lieblingsmillionär – es war derjenige, der sicher alle Theater und alle kleinen Zeitschriften und alle Russenfilme und alle jungen Dichter und alle Berufsschulen für entlassene Sträflinge unterstützen würde, obwohl er es augenscheinlich niemals tat. Ann vertrat mit schlichten Worten und vielen Zahlen die Auffassung, daß nicht einer von zehn Gefangenen, Männern oder Frauen, die angeblich eine Berufsausbildung genossen haben, sein Handwerk wirklich verstehe. Die Gesellschaft schien interessiert zuzuhören. Wahrscheinlich sprach sie ein wenig ex cathedra; wahrscheinlich vergaß sie wieder einmal, daß sie eine verheiratete Frau war, und nahm sich so ernst wie ein männlicher Golfspieler. Aber es tat weh – es machte sie nicht nur wütend, sondern tat ihr weh, tief in ihrem Herzen, wo ihr Gefühl für Kameradschaft wohnte, als Russell in aller Öffentlichkeit schnarrte:

»Schön, da du das Problem nun für uns erledigt hast, Herzchen, erklär uns doch nur noch, was in Rußland los ist, und erzähl ihnen was über Biophysik!«

 

Mit nur scheinbarer Paradoxie ödete er Ann an, indem er sie in ihrer Gegenwart lobte; Fremden bei einem Dinner erzählte, was für eine Kriminalistin, was für eine Organisatorin, was für eine Psychologin sie wäre; mit welchem Mut sie Dutzende von Aufständen in einem, ein wenig in Unklarheit bleibenden Gefängnis im Süden niedergeschlagen hätte; und wie vergebungs- und liebevoll sie nachher zu den Meuterern gewesen wäre. Wenn sie dann in der Taxe nach Hause fuhren, nachdem er sie so gerühmt und diesen Ruhm mit ihr geteilt, nachdem ihr die ganze Aufschneiderei mehr Spaß gemacht hatte, als sie zugab, und sie ein bißchen rechthaberisch und von sich eingenommen war, dann fing er gewöhnlich an zu sticheln: »Ja, Herzchen, ich freue mich, daß du dich gut amüsiert hast, aber wenn du dir ein bißchen Mühe gegeben hättest, hättest du Dr. Vincent vielleicht auch eine kleine Weile reden lassen können!«

Besonders deutlich wurde er in der Taxe, wenn jemand ihn aus Versehen Mr. Vickers genannt hatte.

»Dem Idioten hab ich Bescheid gesagt! Ich muß zugeben, daß ich natürlich nur der Mann der berühmten Frau Dr. Prof. Direktor Vickers bin, aber trotzdem habe ich eine gewisse kleine, bescheidene, hausfrauenhafte, eigene Stellung in der Sozialarbeit!«

Und dennoch war es so, daß selbst dies ihn niemals so sehr quälte wie die Herabsetzung, die dem Hause Spaulding-Vickers drohte, wenn irgendein sehr junger oder sehr alter Professor den Versuch machte, Ann bezüglich der Psychologie der Gefangenen zu widersprechen. Dann erhob sich Russell wie ein tapferer alter Grizzlybär, schwenkte seine Pfoten und knurrte: »Mein lieber Herr, Mrs. Vivkers hat eine ganze Menge praktische Erfahrung neben der Theorie gehabt, müssen Sie wissen!«

Nach solchen Abenden war er ein Liebhaber.

Es gab nicht viele solche Abende. Meistens machte es ihm Freude, die marmorne Diana, die er mit auf das Postament gestellt hatte, herunterzustoßen.

Sie war nicht immer sanft zu ihm.

Wenn er ihre aufrichtige Zuneigung und ihre Sehnsucht nach Liebe nicht nur zu seinem Vergnügen verletzte, wenn er wirklich grob und natürlich war und ihr sagte, sie wäre eine schlechte Kriminologin und eine noch schlechtere Organisatorin, dann stand plötzlich die Dr. Ann Vickers, die gewohnt war, mit Mörderinnen umzugehen, im Zimmer. Er wurde ganz klein und stammelte Entschuldigungen, und dann verachtete sie ihn – dann, und wenn er sich rühmte, und zwar nicht als tüchtigen Tagelöhner, der anderer Leute Geld ausgab, sondern als Soziologen.

Manchmal tat er das. Er sprach von sich als »Sozialwissenschaftler«. Er sagte oft: »Bei meiner Forschungsarbeit wirke ich vielleicht vollkommen leidenschaftslos, aber in Wirklichkeit habe ich eine unbeherrschbare Leidenschaft – eine Leidenschaft für Genauigkeit.«

Wenn das stimmte, dachte Ann, dann war es eine der großen vergeblichen Leidenschaften der Geschichte.

Neben all seinen stolzen Bemühungen, sie unterzukriegen, befaßte sich Ignatz ganz ausgiebig mit ruhigem, ernsthaftem Flirten – oder »Knutschen«, wie in dieser Aera die technische Bezeichnung lautete. Er war immer ein Anfasser und Fühler und Streichler. Sogar mit Männern ging er gern untergefaßt und klopfte sie auf die Schulter; und wenn er mit Frauen zusammen war, konnte er nur durch Gewalt daran verhindert werden, Wangen zu küssen, Schultern zu betatschen, den Arm um Hüften zu legen und, in aussichtsreicheren Fällen, Knöchel zu streicheln. Nach acht oder zehn Monaten der Ehe hatte Ann sich daran gewöhnt, ihn bei größeren Gesellschaften immer mit den kalberigsten, kurzröckigsten und mausehaarigsten der vorhandenen intellektuellen jungen Mädchen in Küchen oder auf Balkons verschwinden zu sehen, und wenn sie wiederkamen, sahen sie angenehm geniert aus.

Ann empfand den dringenden Wunsch, ihn zu ermorden.

Es war nicht so sehr sein kränkendes Verhalten gegen ihre sexuelle Loyalität. Die wurde, als sie die Wahrnehmung machte, daß sie für ihn nicht ein Heiligtum, sondern nur eine Station unter anderen auf der Eisenbahn war, im Laufe der Monate immer schwächer. Es war die Kränkung ihrer Würde, die darin lag, daß er ihr die kümmerlichsten jungen Ziegen vorzog. Sie hätte es ertragen, wenn er nur nach klugen und überlegenen Frauen geschielt hätte … so sagte sie sich.

Ja, wenn ihr Leben nur ein klein wenig anders verlaufen wäre, hätte sie ihn ermorden können. Sie dachte wieder daran, wie seltsam es war, daß sie zufällig auf dieser Seite des Gitters stand, wo sie doch – nicht anders als Malvina, als Pat Bramble oder Eleanor Crevecoeur – so leicht auf der anderen Seite hätte sein können, wegen Mordes, Ehebruchs oder irgendeines anderen Verbrechens, das nicht unedel oder gemein war.

Sie argwöhnte, daß er bei seinen Flirts nie über ein geographisch-bewußtes Streicheln hinausging. Sie vermutete, daß sie ihn viel weniger verachten würde, wenn er den Mut hätte, weiterzugehen. Er betrieb es auch nie so offen, daß sie einen Grund gehabt hätte, einen guten, ordentlichen, gesunden häuslichen Krach zu machen und ihn hinauszuwerfen. Sie wünschte sich einen solchen Anlaß herbei, denn so rutschten sie allmählich in einen schmierigen Sumpf von gereizter Langeweile hinein.

Auf keinen Fall wollte sie ihn als Vater für Pride haben. Er war ihr zu schwach, zu glatt, zu zimperlich; ein Bach, der über Kiesel hüpfte.

Aber – und das war der höllische Kern der weiblichen Tragödie: wenn sie Pride nicht in den nächsten zwei oder drei Jahren bekam, konnte sie sie niemals bekommen. Mit fünfundvierzig würde sie jung und gerade auf der Höhe ihres Strebens sein, und dennoch zu alt, um Kinder zu bekommen. Russell oder irgendein verdammter sorgloser Mann, der sich gar nicht richtig Kinder wünschte, außer um sich in ihnen zu spiegeln, seiner Eitelkeit Zuckerbrot zu geben und sich von ihrer Verehrung trösten zu lassen, wenn es erwachsenen Leuten zu langweilig wurde, ihm zuzuhören, konnte nichtsdestoweniger noch mit sechzig Kinder haben.

Die Karten lagen so – und keine noch so große Emanzipationsbegeisterung konnte sie jemals anders legen.

Ihr stand ein verzweifeltes Rennen bevor zwischen ihrer Abneigung, Russell Spaulding zum Vater ihres Kindes zu machen, und der Zeit, in der niemand mehr sein Vater werden könnte. Aber trotzdem, sie konnte seine wabbligen Hände nicht auf sich und nicht auf Pride dulden. Nein!

 

Sie sollte an einem Kongreß der Frauen-Besserungsanstalten in Atlantic City teilnehmen, und schon seit einer Woche steckte sie tief in Material über die Wirkung der Ernährung auf die Gefängnisdisziplin. Sie las die Werke sechzig medizinischer Autoritäten – alle auf einmal – und geistesabwesend zitierte sie aus ihnen, wenn sie zu Hause war, in Russells Gesellschaft; eigentlich dachte sie laut.

Er ging hoch: »Mit dir verheiratet zu sein, das ist gerade so, als ginge man mit dem Steuerproblem ins Bett!«

Sie hatte gleich ein schlechtes Gewissen: »Oh, kümmer ich mich nicht genug um dich? Ach, mein Guter, ich fürchte, ich habe ein eingleisiges Gehirn! Wenn ich diesen verdammten Kongreß in Atlantic City hinter mir habe, wollen wir einmal sehen, ob in mir nicht doch eine gute Ehefrau steckt. Vielleicht bring ich dich dazu, dich in mich zu verlieben, statt nur neugierig auf mich zu sein!«

Wunderbarer Kuß.

In Atlantic City fand man Dr. Vickers' Vortrag über Gefängnisdiät brillant, nahezu revolutionär. Selbst die abgebrühteste Aufseherin aus den Oststaaten war so gerührt, daß sie, wieder in ihrer Besserungsanstalt, ihren Pfleglingen neun Pflaumen in der Woche statt fünf verabfolgte, daß sie ihnen geschmorte Aprikosen und einmal in jedem Sommer frischen Zuckermais als Zulage gab. Aber während Ann ihr Auditorium mit sich riß, dachte sie mitleidig an Russell.

Sie war mit dem Fluche gesegnet, mit den Augen des anderen sehen zu können, auch wenn sie mit diesem anderen im Kampf lag. Wenn sie Kitty Cognac disziplinarisch bestrafte, konnte sie nie ganz das heimliche Bewußtsein loswerden, daß Kitty keine richtige Erziehung gehabt hatte. Jetzt sah sie, daß Russell einigen Grund hatte, durch ihre größere Bekanntheit, durch ihre unangenehme Selbständigkeit gereizt zu sein; einigen Grund mit fipsigen kleinen Schafen, die sich an seine edle Brust lehnten und zu ihm aufblickten, auf Balkons zu gehen. Russell war jungehundehaft, Russell war flach, aber er verstand sein Handwerk und war freundlich.

Als sie von Atlantic City nach Hause kam, gab sie sich alle Mühe, ein hingebendes Weib zu sein – natürlich die schlechteste Methode, es zu sein.

Aber ein paar Tage lang sah es so aus, als ob sie Erfolg haben würde.

Russell war entzückt, wenn sie nach der Dienstzeit keine Ideen produzierte, wenn sie willens zu sein schien, einige Minuten still sitzen zu bleiben, während er »Dies kleine Schwein geht zum Markt« mit ihren starken Fingern spielte, wenn sie, statt die Menuzusammenstellung der Köchin zu überlassen, die überfeinerten und pikanten Sachen, die seine abenteuerliche Seele und sein Magen liebten, selbst aussuchte: Nürnberger Bratwurst, Huhn auf chinesische Art, in Fett gesottene Pilze, die aussahen wie Koboldhüte, Maispudding, Ravioli, Stiltonkäse in Portwein, Maiswaffeln mit Ahornsirup … mit Begeisterung hätte er das alles auf einem Sitz gegessen.

Sehr bald wurde er autoritär und fragte sie niemals vorher, wenn er die Freunde, die sie am wenigsten leiden konnte, in die Wohnung einlud – sogar, wenn das Mädchen aus war und sie in den Delikatessenladen laufen und nach dem Essen die Teller abwaschen mußte.

Es war eine seltsame Szene; die endgültigen Früchte der Emanzipation. Sie hatten zu viert zu Abend gegessen. Danach wuschen Dr. Ann Vickers, Leiterin des Stuyvesant Arbeitshauses, und Mrs. Werner Balham, die im öffentlichen Leben Miss Jane Emery, hochbezahlte Direktorin der Handwerker-Möbelläden war, die Teller ab, während im Wohnzimmer Russell und Mr. Belham, ein Literat, dessen sichtbare Produktion in den letzten zwei Jahren in einem achtzeiligen Sonett und einem fünfteiligen Sextett in der transition bestand, in aller Ruhe dasaßen, über die Hausse auf dem Grundstückmarkt sprachen und, als die beiden Weiber wieder hereinkamen und ein vertrauliches Gespräch über Köchinnen begannen, auf sie herabsahen.

Russell war in der ersten Suffragettenparade und bei allen späteren derartigen Demonstrationen die Fifth Avenue hinaufmarschiert; Werner Belham hatte bei einer Frauenrechts-Kampagne unter den Iren von Boston faule Eier riskiert; ihre beiden Frauen hatten anstrengendere und einträglichere Berufe als sie selbst; aber keinem von beiden fiel es je ein, daß diese arbeitenden Frauen nicht verpflichtet waren, sich um das Essen ihrer Gatten zu kümmern, Dienstboten zu engagieren und – das besonders – zu entlassen, sich darum zu kümmern, daß die Socken ihrer Männer gestopft und die Knöpfe aus den Smokinghemden genommen wurden, ehe sie in die Wäscherei kamen, daß telephonische Bestellungen, die so wichtige Dinge wie Verabredungen zum Golfspiel betrafen, vollständig und ganz genau, notiert wurden, mit Namen, Adresse und Telephonnummer des Anrufenden, Rendezvousplatz sowie Abfahrtszeit des Zuges zum Golfplatz. Keiner dieser Gatten kam auf den Gedanken, wenn ihre Frauen abends spät bei einer geschäftlichen »Konferenz« gewesen waren, könnten sie unter Umständen beim Nachhausekommen nicht danach aufgelegt sein, ihre Gatten zu trösten, indem sie Schokoladenbutter oder Welsh Rabbits oder ein Rührei machten.

Die Karten lagen gegen dich, Ann. Ohne Zweifel wird das auch bei deiner Ururenkelin so sein. Aber da Geschick und Leben dich nun einmal in das Spiel hineingestoßen haben, laß dich wenigstens warnen: die Karten sind gezinkt.


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