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Abraham.

Kindheit Abraham's.

Terach war ein Götzendiener und trieb Handel mit Götzenbildern. Eines Tages ließ er, da ihn Geschäfte außer Landes gerufen hatten, dem Knaben Abraham die Sorge für den Handel.

Es erscheint ein Götzendiener im Laden, um einen Götzen zu kaufen. Der Knabe Abraham fragt ihn mit freundschaftlichem und höflichem Tone also:

»Möchtet ihr mir, o Herr, sagen, wie alt ihr seid?«

»Wie alt? Fünfzig oder sechszig Jahre.«

Und das Kind, ganz glühend im Gesichte, rief aus: »o Blindheit! o Unheil! Ein Mann von sechszig Jahren, der eine Sache als Gott anbeten will, die an einem Tage geboren, nur einen Tag dauert.«

Der Kunde erröthete, schlug die Augen nieder, blieb einige Zeit stille und ging fort, ohne ein Wort zu sprechen.

Dieses System befolgte das Kind bei allen Geschäften.

Einmal tritt eine Frau mit einer Schüssel voll Mehl ein und sagt zu Abraham: »Nimm all' dieses Mehl! es ist für diese Götter bestimmt.«

Abraham ließ sie weggehen, dann ergreift er schnell einen Stock, fällt über die Götzen her, zerschlägt sie in viele Stücke, läßt blos den größten davon unberührt und diesem steckt er den Stock zwischen die Hände.

Endlich kehrt der Herr zurück. Er tritt ein, sieht jenes schmerzliche Schauspiel, schaudert; dann erglüht er vor Unwillen und Verdacht und ruft, sich zum Knaben wendend: »Was war? was hat sich zugetragen? wo ist der Schurke?«

»Mein Vater! antwortet Abraham, höre einen schauderhaften Zufall. Eine Frau brachte als Spende für diese Götter eine Schüssel voll Mehl; ich stellte die Spende zu ihren Füßen nieder; auf einmal eine schreckliche Verwirrung, ein Lärm, eine Prügelei. Jeder dieser Götzen will den Vorzug an der Spende. Mir, schreit der Eine; mir, donnert der Andere. Alle lärmen, zanken, drohen. Unterdessen ergreift der Größte von Allen einen Stock …, und siehe da, alle in Stücken.«

»Verruchter, unterbrach Terach, du hast mich zum Besten. Hören, sprechen denn diese Götzen?«

»Vater, Vater, welche Worte hast du ausgesprochen? Sie sind Götter und hören nicht? O, mache, daß dein Ohr die Worte nicht höre, die deine Lippen aussprechen.«

Terach wird noch unwilliger und schleppt den jungen Abraham vor den Thron des Nimrod. Dieser sieht den Knaben mürrisch an und ruft mit drohender Stimme:

»Hier ist das Feuer. Neige dich vor dieser unserer Gottheit!«

»Herr, antwortet der Junge, sollte ich nicht vielmehr das Wasser anbeten, das das Feuer verlöscht?«

»Es sei so, wie du willst; bete das Wasser an.«

»Aber soll ich ein Unrecht gegen die Wolken begehen, die, immer von Wasser angefüllt, die Königinnen der Flüsse und des Meeres sind?«

»Es sei immerhin so. Bete die Wolken an.«

»Aber was sind die Wolken im Vergleiche mit dem Winde, der sie zerstreut und verjagt?«

»Bete also den Wind an.«

»Den Wind? Sollte ich nicht vielmehr den Menschen anbeten, der das Feuer und das Wasser und den Wind bezähmt?«

»Verruchter, schrie Nimrod wüthend, ich werde machen, daß du das Feuer anbetest. Wir werden sehen, ob dein Gott vermögen wird, dich zu retten.«

Und er ließ den Knaben in einen glühenden Ofen werfen; aber ein Engel stieg plötzlich vom Himmel herab und zog ihn wohl erhalten heraus.

Midrasch Rabba S. 42 a.

 

Die Sendung Abraham's.

Wenn ein Pallast in Flammen aufgeht, so sagen die Vorübergehenden, die es sehen: »Ist kein Herr in diesem Pallaste?«

Der Herr kommt heraus und zeigt sich den Vorübergehenden.

So war damals die Erde ganz in Unordnung und Sünde. Abraham dachte: diese Erde hat gleichwohl einen Herrn. – Und der Herr giebt sich ihm kund und spricht zu ihm: »Gehe als Irrender durch die Welt.«

Eine Flasche Balsam, die unbeweglich in einer Ecke gelassen wird, verbreitet nur um sich selbst Wohlgeruch; hin und her getragen, verbreitet sie ihre Wohlgerüche da und dorten!

So war es mit Abraham, der, durch viele Länder irrend, hier und dort den Namen Gottes verbreitete.

Abraham war der Taube verglichen. Die müden Vögel ruhen auf einem Steine, auf einem Zweige aus und die Flügel bleiben fest; aber die Taube, wenn sie ausruht, bewegt einen Flügel.

So mußte Abraham immer umherirren.

Rabboth S. 42 b.

 

Exil Abraham's.

Gott sprach zu Abraham: »gehe aus deinem Lande« Genesis Cap. 12. V. 1..

Und Abraham antwortete schmerzvoll: »o mein Gott! kann ich meinen Vater in seinem Greisenalter verlassen? Dein heiliger Name wird alsdann durch mich entweiht werden, denn die Nationen werden sagen: Derjenige, der uns den Namen Gottes predigte, hat seinen Vater verlassen.«

Gott antwortete ihm: »Du allein unter den Geschlechtern aller Zeitalter würdest auf mein Geheiß deiner Kindespflichten entledigt werden, aber dennoch wird dir dieser Schmerz erspart werden.«

In der That, ehe Abraham abreiste, war der Vater schon gestorben.

Nachdem Abraham von seinem Geburtslande weggegangen war und in dem angränzenden Mesopotamien umherzog, sah er die Bewohner dem Müßiggange und den Vergnügungen hingegeben und rief mit einem Gefühle des Schauders aus: »o, daß ich nie an diesem Lande Theil haben möchte.«

Weiter vorwärts gehend, kam er in die Umgebung von Tyrus und sah die Bewohner ganz den Feldarbeiten hingegeben und rief mit einem Gefühle des Wohlgefallens aus: »o, wie angenehm wäre es mir, wenn mein Antheil an diesem Lande wäre.« Gott sprach zu ihm: »diese Gegenden werden deinen Söhnen gehören.«

Jalkut S. 17 a. Rabboth S. 42 b.

 

Abraham verkündigt den Namen Gottes.

Zu seinen von ihm glänzend aufgenommenen Gästen pflegte Abraham nach dem Mahle zu sagen: »Danket dem unsterblichen Gotte, dessen Gaben wir genossen haben.«

Sprach Gott zu Abraham: »Mein Name war auf der Erde unbekannt; du hast ihn der Welt bekannt gemacht. Ich betrachte dich, wie wenn du mein Theilhaber gewesen wärest bei der Schöpfung.«

»Herr! sagte Abraham; ich wurde mit Gunstbezeugungen von dir überhäuft; ich fürchte, daß mir kein Lohn im Himmel übrig bleibt.«

»Fürchte nicht, antwortete Gott, alle Güter, die du bis jetzt genossen hast, hat meine Gnade verliehen! dein Lohn bleibt unberührt für den Himmel.«

Rabboth S. 47 b und 48 a.

 

Demuth Abraham's.

Nach seinem Siege Genesis Cap. 14. errichteten ihm die besiegten und die siegreichen Könige einen großen Thron und sagten zu ihm: »Sei du unser Fürst, unser Gott.«

Abraham antwortete: »Lasset der Schöpfung ihren Fürsten, ihren Gott.«

Rabboth S. 46 b.

 

Abraham vom Genius des Bösen versucht.

Gott hatte dem Abraham befohlen, Isak zu opfern.

Vater und Sohn wendeten sich dem Berge zu. – Der Eine, um zu schlachten, der Andere um geschlachtet zu werden. Auf dem Wege ruft Samiel, der Genius des Bösen, dem Abraham zu: »o verruchter Greis! hast du den Verstand verloren? Durch eine höchste Gnade wurdest du zu hundert Jahren Vater eines Knaben und du schlachtest ihn?« Antwortet Abraham: »dafür wurde er mir gegeben.« »Aber die Welt wird dich einen Mörder nennen.« Und Abraham: »dafür wurde er mir gegeben.«

Nun wendete sich der Genius an den Knaben: »o unglücklich deine Mutter! dein Vater führt dich zum Tode.« »Ich wurde hierzu erschaffen,« antwortet Isak. »Aber alle väterlichen Reichthümer werden dem Sohne der Sclavin bleiben.« Bei dieser boshaften Einflüsterung schwankt Isak und sagt: »Vater! Vater! wo ist das Opfer?« Abraham zieht die Augenbrauen zusammen und antwortet streng:

»Gott wird sein Opfer wählen.«

Rabboth Genesis Seite 62 b.

 

Abraham geht, Isak zu opfern.

Abraham und Isak nähern sich dem Berge.

Siehe da, Beide beschäftigt, das große Opfer vorzubereiten, Beide, Steine zu sammeln, Beide, das Feuer anzuzünden, Beide, die Hölzer aufzuschichten. Abraham schien ein Vater, der das Hochzeitsfest für den Sohn zurichtet und Isak schien der verlobte Sohn.

»Mein Vater, sagte Isak, eile dich, den göttlichen Befehl auszuführen; laß mich im Feuer gut verzehren, sammle meine Asche und bringe meine Asche meiner Mutter und lasse meine Asche bei meiner Mutter. Und jedes Mal, wann meine Mutter diese Asche betrachten wird, wird sie sagen: das ist mein Sohn, vom Vater selbst dem Herrn geopfert. Mein Vater! Was werdet ihr in eurem Alter thun?«

»Mein Sohn, antwortete Abraham, ich fühle, daß mein Tod nicht ferne ist. Der Gott, der mich bis jetzt gestärkt hat, wird mir weiter Stärke geben«.

Abraham legt den Sohn auf den Altar; die Augen des Vaters sind fest auf die Augen des Sohnes gerichtet und die Augen des Sohnes sind zum Himmel gerichtet. Und die Thränen stürzen aus den Augen Abraham's und übergießen seine ganze Person. Und Abraham rief: »So, du bist bereit, dein Blut zu geben. O, möchte es dem Herrn gefallen, ein anderes Opfer anzunehmen.« Und er löste sich ganz in Thränen auf und wendete die Augen zum Himmel und rief: »nur vom Himmel hoffe ich mein Heil.«

In dem Augenblicke vergossen die Engel mitleidsvolle Thränen und, nachdem sie sich alle in der Reihe im Himmel versammelt hatten riefen sie: »Sehet jenen Einzigen, der seinen Einzigen schlachtet. Wer bleibt denn, o Herr, deinem Namen da unten das Lob zu geben? Was bleibt von deinem Eide Nämlich von dem Eide, die Nachkommen Abraham's immer dauernd zu machen.?« Und eine Stimme rief: »halte ein, zücke nicht das Schwert auf den Knaben.«

Jalkut S. 28 b.

 


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