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Kapitel XXVII.
Was Identität und Verschiedenheit ist.

§ 1. Philal. Eine der wichtigsten relativen Ideen ist die der Identität und der Verschiedenheit. Wir finden niemals, noch können wir es als möglich denken, daß zwei Dinge derselben Art zu gleicher Zeit an demselben Orte seien. Wenn wir daher fragen, ob ein Ding dasselbe sei oder nicht, so bezieht sich dies immer auf etwas, was in einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte existiert, woraus hervorgeht, daß ein Ding nicht zwei Anfänge der Existenz haben kann, noch zwei Dinge hinsichtlich des Ortes und der Zeit; einen einzigen Anfang haben können.

Theoph. Außer der bloßen zeitlichen und örtlichen Verschiedenheit bedarf es stets eines inneren Prinzips der Unterscheidung, und wenngleich es mehrere Dinge derselben Art gibt, bleibt es dennoch wahr, daß es niemals zwei vollkommen gleiche gibt. Obgleich also Zeit und Ort (d. h. die Beziehung nach außen) uns dazu dienen, die Dinge zu unterscheiden, die wir für sich selbst nicht wohl unterscheiden könnten, so bleiben doch nichtsdestoweniger die Dinge an und für sich unterscheidbar. Zeit und Ort machen also nicht das eigentliche Wesen der Identität und der Verschiedenheit aus, wenngleich die Verschiedenheit der Dinge allerdings mit der örtlichen oder zeitlichen Verschiedenheit Hand in Hand geht, weil diesen beiden gemäß auch verschiedene Eindrücke auf das Ding ausgeübt werden, – wenn man nicht sagen will, daß man vielmehr einen Punkt des Raumes und der Zeit vom andern durch die Dinge unterscheiden müsse, denn in sich selbst sind sie vollkommen gleich; aber sie sind auch keine Substanzen oder vollständige Realitäten. Die Methode der Unterscheidung, die Sie hier, als die einzige, bei Dingen gleicher Art anwendbare vorzuschlagen scheinen, ist auf die Voraussetzung begründet, daß die Durchdringlichkeit der Natur der Dinge zuwider sei. Diese Voraussetzung ist vernunftgemäß, aber selbst die Erfahrung zeigt, daß man hier, wo es sich lediglich um die Möglichkeit der Unterscheidung handelt, nicht an sie gebunden ist. Wir sehen z. B., daß zwei Schatten oder zwei Lichtstrahlen einander durchdringen, und könnten uns eine Phantasiewelt ausdenken, wo die Körper es ebenso machten. Nichtsdestoweniger unterscheiden wir den einen Strahl von dem anderen, selbst dann, wenn sie sich kreuzen, durch die verschiedene Art ihres Durchgangs selbst.

§ 3. Philal. Das, was man in den Schulen Prinzip der Individuation nennt und mit dessen Bestimmung man sich so sehr quält, besteht in dem Dasein selbst, kraft dessen jedes Wesen an einen besonderen Zeitpunkt und an einen besonderen Ort gebunden ist, der zwei Wesen derselben Art nicht gemeinsam sein kann.

Theoph. Das Prinzip der Individuation kommt in den Individuen auf jenes Prinzip der Unterscheidung zurück, wovon ich eben gesprochen habe. Wenn zwei Individuen vollkommen ähnlich und gleich, mit einem Worte an sich selbst ununterscheidbar wären, so würde es kein Prinzip der Individuation geben; ja ich wage zu behaupten, daß es unter dieser Bedingung keinen individuellen Unterschied, d. h. keine verschiedenen Individuen geben würde. Darum ist der Begriff der Atome chimärisch und stammt nur aus den unvollständigen Begriffen der Menschen. Denn wenn es Atome, d. h. vollkommen harte und vollkommen unveränderliche oder zu innerem Wechsel unfähige Dinge gäbe, die sich nur an Größe und Gestalt voneinander unterscheiden könnten, so gäbe es offenbar, da die Möglichkeit bestünde, daß sie von gleicher Gestalt und Größe wären, Dinge, die an sich ununterscheidbar, nur durch äußere Bestimmungen ohne inneren Grund voneinander gesondert werden könnten, was den wichtigsten Vernunftgrundsätzen zuwiderläuft. In Wahrheit aber ist jeder Körper veränderlich und wird sogar stets wirklich verändert, dergestalt, daß er an sich selbst von jedem anderen unterschieden ist. Ich erinnere mich, daß eine hohe Fürstin von hervorragendem Geist einmal auf einem Spaziergange in ihrem Garten sagte, sie glaube nicht, daß es zwei vollkommen gleiche Blätter gäbe. Ein geistvoller Edelmann, der den Spaziergang mitmachte, glaubte, es werde leicht sein, solche zu finden, aber obschon er viel danach suchte, mußte er sich durch den Augenschein überzeugen, daß man stets irgendeine Verschiedenheit in ihnen bemerken konnte. Man sieht aus diesen bisher vernachlässigten Betrachtungen, wie sehr man sich in der Philosophie von den natürlichsten Begriffen entfernt hat und wie sehr man den wichtigsten Prinzipien der wahren Metaphysik ferngeblieben ist Zum Inhalt und zur Begründung des Indiscernibilienprinzips s. den Briefwechsel mit Clarke (viertes Schreiben, § 3 ff., fünftes Schreiben, § 26, Band I, 145 ff. u. 174), vgl. auch Bd. I, Anm. 132. Über die scholastische Lehre vom »principium individuationis« s. Leibniz' Erstlingsschrift »De principio individui« (1663)..

§4. Philal. Das was die Einheit (Identität) ein und derselben Pflanze ausmacht, besteht darin, daß in einem einzelnen Körper, der an einem gemeinsamen Leben teilhat, eine bestimmte Organisation von Teilen besteht, und diese dauert so lange, als die Pflanze bestehen bleibt, wenn sie sich auch in ihren Teilen ändert.

Theoph. Die Organisation oder Gestaltung würde für sich allein ohne ein subsistierend.es Lebensprinzip, das ich Monade nenne, nicht genügen, um ein idem numero oder die Identität eines Individuums zu begründen; denn die Gestaltung kann spezifisch dieselbe bleiben, ohne individuell dieselbe zu bleiben. Wenn sich ein Hufeisen in einem ungarischen Mineralwasser in Kupfer verwandelt, so bleibt der Art nach dieselbe Gestalt, nicht aber dasselbe Ding in individueller Beziehung bestehen, denn das Eisen löst sich auf, und das Kupfer, mit dem das Wasser gesättigt ist, schlägt sich nieder und tritt unmerklich an seinen Platz. Nun ist die Gestalt ein Akzidenz, welches nicht von einem Subjekt zum anderen ( de subjecto in subjectum) übergeht. Man muß also sagen, daß die organisierten Körper, ebensogut wie die übrigen, nur scheinbar beharren, nicht aber, wenn man es mit dem Ausdruck streng nimmt. Es verhält sich hier beinahe wie mit einem Fluß, dessen Wasser stets wechselt, oder wie mit dem Schiff des Theseus, das die Athener stets wieder ausbesserten. Was dagegen die Substanzen betrifft, die in sich selbst eine wahrhafte und wirkliche substantielle Einheit besitzen, der die eigentlich sogenannten Lebensverrichtungen zukommen können, und was die substantiellen Wesen betrifft, quae uno spiritu continentur, wie sich ein alter Rechtslehrer ausdrückt, d. h. die ein unteilbarer Geist beseelt, so hat man das Recht, zu behaupten, daß sie vollkommen ein und dasselbe Individuum bleiben: kraft dieser Seele oder dieses Geistes, der in den denkenden Geistern das Ich ausmacht Das heilige Schiff, das die Athener alljährlich, zum Danke für die Errettung von der an den Minotaurus nach Creta gelieferten Menschensteuer, nach Delos sandten, wurde stückweise erneuert, um dem Scheine nach stets dasselbe alte zu bleiben, das einst den Theseus getragen. So wechseln die organischen Körper auch allmählich alle ihre Stoffe, indem die Form bleibt. Das »quae uno spiritu continentur« steht in den Digesten (41, 3, 30) und ist eine von Pomponius gegebene, aus dem Stoicismus stammende Bestimmung. (Vgl. Göppert, Über einheitliche, zusammengesetzte und Gesamttatsachen nach römischem Recht, Halle 1871, S. 7 ff., 20 ff.) (Sch.). – Näheres über Leibniz' Lehre von der Identität der Person s. bes. im Discours de Métaphysique § 8 ff. (Band II, S. 143 ff.) und im Briefwechsel mit Arnauld (Band II, S. 189 ff.).

§ 5. Philal. Bei den Tieren und Pflanzen liegt der Fall nicht sehr verschieden.

Theoph. Wenn die Pflanzen und die Tiere keine Seele haben, so ist ihre Identität nur scheinbar; sie haben aber eine solche; und besitzen daher in aller Strenge eine wirkliche individuelle Identität, obgleich ihre organischen Körper eine solche nicht bewahren.

§ 6. Philal. Dies zeigt auch, worin die Identität eines und desselben Menschen besteht, nämlich allein darin, daß er das nämliche Leben genießt, das sich gleichmäßig fortsetzt durch allen Wechsel der materiellen Teilchen hindurch, die in einem fortwährenden Flusse begriffen sind, aber in dieser Aufeinanderfolge doch stets mit demselben organisierten Körper in lebendiger Weise vereint sind.

Theoph. Das läßt sich auch in meinem Sinne verstehen. In der Tat bleibt der organisierte Körper nicht länger als einen Augenblick derselbe; er ist nur in seiner Funktion gleichwertig Im Text: il n'est qu'équivalent.. Und wenn man die Seele nicht berücksichtigt, so findet auch nicht mehr dasselbe Leben und ebensowenig dieselbe Lebenseinheit statt. Diese Identität würde also nur eine scheinbare sein.

Philal. Wer die Identität des Menschen in etwas anderem sucht, als in einem Körper, der in einem bestimmten Augenblick wohlorganisiert ist und in dieser Lebensorganisation kraft einer Folge verschiedener materieller Teile, die mit ihm verbunden sind, verharrt, wird es schwerlich durchführen können, daß ein Embryo und ein Erwachsener, ein Wahnsinniger und ein Weiser derselbe Mensch sind, ohne daß aus dieser Voraussetzung die Möglichkeit fließt, daß Seth, Ismael, Sokrates, Pilatus, St. Augustin ein und derselbe Mensch seien. Noch schlechter würde sich dies mit den Begriffen derjenigen Philosophen vertragen, die die Seelenwanderung anerkannten und da glaubten, daß die Seelen der Menschen zur Strafe ihrer Übertretungen in Tierleiber gebannt werden können; denn ich glaube nicht, daß jemand, der überzeugt wäre, daß die Seele Heliogabals in einem Schweine fortlebte, behaupten würde, dies Schwein sei ein Mensch und derselbe Mensch wie Heliogabal.

Theoph. Es handelt sich hier um eine Frage, die die Bezeichnung, und um eine Frage, die die Sache angeht. Was die sachliche Frage betrifft, so kann die Identität ein und derselben individuellen Substanz nur durch die Fortdauer derselben Seele aufrecht erhalten werden, denn der Körper ist in einem beständigen Fluß, und die Seele wohnt nicht in bestimmten, ihr zugehörigen Atomen, noch in einem kleinen unverweslichen Gebein, wie in dem Luz der Rabbinen. Indessen gibt es keine Seelenwanderung, in der die Seele ihren Körper gänzlich verläßt, um in einen anderen überzugehen. Sie behält immer, selbst im Tode, einen organisierten Leib, einen Teil des früheren, obgleich das, was sie behält, stets der Möglichkeit ausgesetzt ist, sich unmerklich zu zerstreuen und sich wiederherzustellen, ja zu gewisser Zeit eine große Veränderung zu erleiden. So findet also statt einer Seelenwanderung eine Umbildung, Ein- oder Auswickelung, kurz ein steter Fluß des Körpers dieser Seele statt. Der jüngere van Helmont glaubte, daß die Seelen von Körper zu Körper wandern, hierbei aber immer in ihrer Art verbleiben, so daß es stets dieselbe Zahl von Seelen derselben Art und folglich dieselbe Zahl Menschen und Wölfe geben müßte und die Wölfe, wenn sie in England vermindert und ausgerottet werden, sich anderswo entsprechend vermehren müßten Diese Ansicht des jüngeren van Helmont – es ist Franz Mercurius van Helmont, der Sohn des berühmten Arztes Joh. Baptist gemeint – findet sich in den »Opuscula philosophica« der Comitissa de Connaway (London 1690) Buch I, Kap. 6, § 7 und 8 und Kap. 7, § 4 ausgeführt (Sch.). – Über Franz Merc. van Helmont vgl. Band II, S. 69 und Anm. 327.. Gewisse Betrachtungen, die man in Frankreich veröffentlicht hat, scheinen ebenfalls in dieser Richtung zu liegen. Wenn die Seelenwanderung nicht im strengen Sinne genommen wird, d. h. wenn man annehmen wollte, daß die Seelen den gleichen subtilen Körper bewahren und nur den gröberen Körper wechseln, so würde sie möglich sein, ja es ließe sich dann sogar der Übergang einer Seele in den Körper einer anderen Art, gemäß der Ansicht der Brahmanen und der Pythagoreer, denken. Aber nicht alles, was möglich ist, entspricht darum schon der Ordnung der Dinge. Die Frage jedoch, ob im Falle, daß eine solche Seelen Wanderung wirklich stattfände, Kain, Ham und Ismael – vorausgesetzt, daß sie nach der Lehre der Rabbinen dieselbe Seele hätten – derselbe Mensch genannt zu werden verdienten, ist nur ein Wortstreit; und ich habe bemerkt, daß der berühmte Schriftsteller, dessen Ansichten Sie vertreten haben, dies anerkennt und sehr gut erklärt ( im letzten Paragraphen dieses Kapitels). Die Identität der Substanz würde hierbei stattfinden; wenn aber kein Zusammenhang der Erinnerung unter den verschiedenen Persönlichkeiten, welche von derselben Seele gebildet würden, bestünde, so wäre die moralische Identität nicht genügend gewahrt, um von ein und derselben Person reden zu können. Und wenn Gott wollte, daß die menschliche Seele in den Leib eines Schweines führe, so würde sie, wenn sie den Menschen vergäße und keine vernünftigen Handlungen mehr ausübte, auch keinen Menschen mehr ausmachen. Wenn sie aber in dem Tierleib die Gedanken eines Menschen hätte, ja die Gedanken eben des Menschen, den sie vor der Verwandlung beseelte, wie der goldene Esel des Apulejus, so würde man vielleicht keine Schwierigkeit machen, zu sagen, daß Lucius, der nach Thessalien gekommen war, um seine Freunde zu besuchen, unter dem Fell des Esels, wohin ihn Photis, ohne es zu wollen, gebannt hatte, derselbe blieb und von einem Herrn zum andern wanderte, bis die Rosen, die er aß, ihm seine natürliche Gestalt wiedergaben S. Apulejus, Metamorphoseon sive De asino aureo libri XI..

§ 8. Philal. Ich glaube dreist behaupten zu können, daß, wer von uns ein Geschöpf sähe, das, wie er selbst, gemacht und gestaltet wäre, es einen Menschen nennen würde, hätte es auch niemals mehr Vernunft gezeigt als eine Katze oder ein Papagei; würde er dagegen einen Papagei vernünftig und philosophisch diskutieren hören, so würde er ihn doch nur einen Papagei nennen und ihn für nichts anderes halten; er würde von dem ersteren Wesen sagen, es sei ein einfältiger, stumpfer und von Vernunft verlassener Mensch, und von dem letzteren, es sei ein geistvoller und vernünftiger Papagei.

Theoph. Ich möchte dieser Meinung eher bezüglich des zweiten Punktes, als bezüglich des ersten Punktes beistimmen, wenngleich sich darüber noch etwas sagen läßt. Wenige Theologen würden kühn genug sein, ein Wesen von menschlicher Gestalt, aber ohne bemerkbare Vernunft, sofort und unbedingt zur Taufe zuzulassen, wenn man es im Walde fände, und ein katholischer Priester würde vielleicht mit Hinzufügung einer Bedingung sagen: wenn du ein Mensch bist, so taufe ich dich, denn man könnte nicht wissen, ob es von menschlichem Geschlecht wäre und eine vernünftige Seele in ihm wohnte; es könnte ein Orang-Utang sein, jener in seinem Äußeren dem Menschen so ähnliche Affe, wie der, den Tulpius nach eigener Anschauung beschreibt oder wie der, dessen Anatomie ein gelehrter Arzt veröffentlicht hat. Allerdings kann der Mensch (wie ich zugebe) so dumm werden wie ein Orang-Utang, aber das Innere der vernünftigen Seele würde doch, wie ich dies oben erläutert habe, in ihm, trotz der Aufhebung seines Vernunftgebrauchs, bestehen bleiben; dies ist also ein Punkt, wo man nicht nach dem äußeren Scheine urteilen darf. Was den zweiten Fall angeht, so hindert nichts, daß es vernünftige Tiere einer von der unserigen verschiedenen Art gebe, wie jene Bewohner des poetischen Vogelreichs in der Sonne, wo ein Papagei, der nach seinem Tode aus dieser Welt dorthin gekommen war, dem Reisenden das Leben rettete, der ihm hienieden wohlgetan hatte. Wenn indessen, wie dies im Lande der Feen und in den Erzählungen der Mutter Gans vorkommt, ein Papagei eine verwandelte Prinzessin wäre und sich durch die Sprache als solche zu erkennen gäbe, so würden ohne Zweifel Vater und Mutter ihn als ihre Tochter liebkosen, und überzeugt sein, sie, wenngleich unter dieser fremdartigen Gestalt versteckt, zu besitzen. Gleichwohl würde ich nicht widersprechen, wenn jemand sagte, daß in dem goldenen Esel zwar das Selbst oder das Individuum wegen der Identität des immateriellen Geistes erhalten geblieben sei und daß infolge des Bewußtseins von diesem Ich Lucius oder die Person erhalten sei, daß dies aber kein Mensch mehr sei: denn in der Tat scheint es, daß man in die Definition des Menschen, wenn man sagt, daß er ein vernünftiges Tier sei, auch etwas von der Gestalt und Körperbildung aufnehmen muß; sonst würden meiner Anschauung zufolge auch die Geister Menschen sein.

§ 9. Philal. Das Wort Person bedeutet ein denkendes und vernünftiges, der Vernunft und Reflexion fähiges Wesen, welches sich selbst als ein Selbiges, als dasselbe Wesen, das zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten denkt, betrachten kann: eine Betrachtungsweise, die einzig und allein auf dem Bewußtsein beruht, das es von seinen eigenen Handlungen besitzt. Diese Erkenntnis begleitet stets unsere sinnlichen Empfindungen und gegenwärtigen Perzeptionen, wenn sie deutlich genug sind, wie ich schon vorher mehr als einmal bemerkt habe; und kraft ihrer ist jeder für sich selbst das, was er sein eigenes Ich nennt. Man denkt hierbei nicht daran, ob dasselbe Ich sich in derselben Substanz oder in verschiedenen Substanzen fortsetzt, denn da das Bewußtsein ( consciousness) das Denken immer begleitet, und hierin die Ursache liegt, daß jeder das ist, was er sein eigenes Ich nennt und wodurch er sich von jedem anderen denkenden Dinge unterscheidet, so besteht darin auch allein die persönliche Identität oder das, wodurch ein vernünftiges Wesen immer dasselbe ist; und so weit dies Bewußtsein sich auf die vergangenen Handlungen oder Gedanken erstrecken kann, so weit erstreckt sich die Identität dieser bestimmten Person, und das Ich ist jetzt dasselbe, welches es damals war.

Theoph. Auch ich bin der Meinung, daß die Bewußtheit oder das Selbstbewußtsein eine moralische oder persönliche Identität beweist. Eben hierdurch unterscheide ich die Fortdauer einer Tierseele von der Unsterblichkeit der Menschenseele. Die physische und reelle Identität ist in dem einen, wie in dem andern Fall erhalten, was aber den Menschen betrifft, so entspricht es den Regeln der göttlichen Vorsehung, daß seine Seele zudem noch die moralische Identität, die uns selbst als solche erscheint, bewahrt, damit hieraus die Identität einer Person entsteht, die fähig ist, die Strafen und Belohnungen zu empfinden. Sie scheinen anzunehmen, daß diese Identität für unser Bewußtsein bewahrt bleiben könnte, auch wenn es keine wirkliche Identität geben sollte. Ich möchte glauben, daß dies vielleicht durch die Allmacht Gottes geschehen kann, aber nach der Ordnung der Dinge setzt die Identität, deren sich die Person, indem sie sich als dieselbe empfindet, selbst bewußt ist, die wirkliche Identität bei jedem von Reflexion und Selbstgefühl begleiteten Übergang zur nächstfolgenden Stufe voraus: denn eine so innerliche, unmittelbare Perzeption kann von Natur nicht täuschen. Wäre es möglich, daß der Mensch nur Maschine wäre und nebenher Bewußtsein besäße, so müßte man Ihrer Ansicht sein, aber ich behaupte, daß dieser Fall wenigstens innerhalb der natürlichen Ordnung nicht möglich ist. Auch möchte ich nicht sagen, daß die persönliche Identität oder selbst das Ich uns nicht erhalten bleiben und daß ich nicht mehr dasselbe Ich bin, das ich in der Wiege gewesen bin, unter dem Vorwand, daß ich mich an nichts von dem, was ich damals getan habe, mehr erinnere. An und für sich genügt es für die moralische Identität, daß von einem Zustand zu einem benachbarten ein vermittelter Bewußtseinszusammenhang stattfindet, ja dies gilt auch für einen etwas entfernten Zustand, selbst wenn hier irgendein Sprung besteht oder ein Abschnitt, der in Vergessenheit geraten ist, dazwischen liegt. Wenn z. B. eine Krankheit eine Unterbrechung in dem kontinuierlichen Zusammenhang meines Bewußtseins herbeigeführt hätte, so daß ich nicht wüßte, wie ich in den gegenwärtigen Zustand gelangt bin, obschon ich mich der entfernteren Dinge erinnern würde, so könnte das Zeugnis der anderen die Lücke meiner Wiedererinnerung ausfüllen. Man könnte mich auf dieses Zeugnis hin sogar bestrafen, wenn ich in einem Zeitraum, den ich kurz nachher infolge jener Krankheit vergessen hätte, etwas vorsätzlich Böses getan hätte. Ja auch wenn ich alles Vergangene vergessen hätte, so daß ich alles, selbst meinen Namen und selbst Lesen und Schreiben, von neuem lernen müßte, so könnte ich immerhin von den anderen mein vergangenes Leben in meinem früheren Zustand erfahren, wie auch meine Rechte mir erhalten bleiben, ohne daß es nötig wäre, daß ich mich in zwei Personen teilte und mich zu meinem eigenen Erben machte. All dies ist hinreichend, um die moralische Identität aufrecht zu erhalten, in der die Identität der Person besteht. Würden freilich die andern sich verschwören, mich zu täuschen (wie ich auch durch mich selbst getäuscht werden könnte, durch eine Vision, einen Traum oder eine Krankheit, indem ich das, was ich geträumt, für wirklich hielte), so würde der Schein allerdings falsch sein; aber es gibt Fälle, wo man auf das Zeugnis eines andern hin der Wahrheit moralisch gewiß sein kann und bei Gott, dessen Gemeinschaft mit uns den Hauptpunkt der Moralität ausmacht, kann der Irrtum nicht statthaben. Was das Ich betrifft, so wird es gut sein, es von der Erscheinung des Ich und vom Ichbewußtsein zu unterscheiden. Das Ich macht die reale und physische Identität aus, während die Erscheinung des Ich, sofern sie wahrhaft ist, die persönliche Identität hinzufügt vgl. hierüber bes. den Briefwechsel mit Arnauld, Band II, S. 195 ff.; s. a. Band II, Anm. 359.. Will man also die persönliche Identität nicht weiter erstrecken, als die Erinnerung reicht, so wird man noch weniger sagen können, daß das Ich oder die physische Identität von ihr abhängig ist. Die reale und persönliche Identität läßt sich mit der höchsten Gewißheit, die bei Tatsachenfragen erreichbar ist, vermittels der gegenwärtigen unmittelbaren Reflexion beweisen; sie läßt sich für gewöhnlich wenigstens hinreichend durch unsere Erinnerung an die Zwischenzeit oder durch das übereinstimmende Zeugnis der anderen beweisen. Wenn aber Gott auf außerordentliche Weise die reale Identität veränderte, so würde die persönliche doch bestehen bleiben, falls der Mensch die Erscheinungen der Identität bewahrte, sowohl die inneren (d. h. die Erscheinungen des Bewußtseins), als auch die äußeren, vermöge deren er den andern erscheint. So ist das Bewußtsein nicht das einzige Mittel, um die persönliche Identität zu konstituieren, und der Bericht anderer, ja selbst andere Kennzeichen können dafür eintreten; Schwierigkeit entsteht aber, wenn diese verschiedenen Erscheinungen einander widersprechen. Das Bewußtsein kann, wie beim Vergessen, stumm sein; würde es aber in voller Klarheit Dinge behaupten, die den übrigen Erscheinungen zuwider wären, so würde man bei der Entscheidung in Verlegenheit und mitunter zwischen zwei Möglichkeiten gleichsam in der Schwebe sein: der Möglichkeit, daß unser Gedächtnis oder daß die äußeren Erscheinungen uns täuschen.

§ 11. Philal. Man wird sagen, daß die Gliedmaßen jedes Menschen ein Teil von ihm sind, und der Mensch also, da der Körper sich in einem beständigen Fluß befindet, nicht derselbe bleiben kann.

Theoph. Ich würde lieber sagen, daß das Ich und das Er ohne Teile sind, weil man, und zwar mit Recht, sagt, daß dieselbe Substanz oder dasselbe physische Ich sich wirklich erhält, man aber streng genommen nicht sagen kann, daß ein und dasselbe Ganze sich erhält, wenn ein Teil von ihm zugrunde geht; – was aber körperliche Teile hat, muß notwendig in jedem Augenblick welche verlieren.

§ 13. Philal. Das Bewußtsein, das man von seinen früheren Handlungen hat, könnte nicht von einer denkenden Substanz auf die andere übertragen werden, und die Fortdauer derselben Substanz wäre also, weil wir uns als dieselben empfinden, gewiß, wenn dies Bewußtsein eine einzige und selbige individuelle Tätigkeit wäre, d. h. wenn die Tätigkeit des Reflektierens dieselbe wäre, wie die Tätigkeit, über welche man, indem man sie sich zum Bewußtsein bringt, reflektiert. Da jedoch diese Tätigkeit des Reflektierens nur die Darstellung eines vergangenen Geschehens im gegenwärtigen Bewußtsein ist, so bleibt noch zu beweisen, daß etwas, was niemals wirklich stattgefunden hat, sich nicht trotzdem dem Geiste möglicherweise so darstellen kann, als ob es tatsächlich stattgefunden hätte.

Theoph. Die Erinnerung an einen bestimmten Zeitraum kann täuschen; man erfährt dies oft und kann sich einen natürlichen Grund dieses Irrtums denken. Aber die gegenwärtige und unmittelbare Erinnerung oder die Erinnerung dessen, was sich soeben erst zugetragen hat, d. h. das Bewußtsein oder die Reflexion, die die innere Tätigkeit begleitet, kann von Natur nicht täuschen, sonst wäre man nicht einmal sicher, dies oder jenes zu denken; denn man sagt sich dies innerlich nur von der vergangenen Tätigkeit und nicht beim Vollzug der Tätigkeit selbst. Wenn die inneren, unmittelbaren Erfahrungen nicht gewiß sein sollen, so gibt es gar keine Wahrheit von Tatsachen, deren man versichert sein könnte. Der Irrtum über etwas, was sich auf die mittelbaren und äußeren Perzeptionen bezieht, kann, wie ich schon bemerkt habe, eine verständliche Ursache haben; in den inneren, unmittelbaren Perzeptionen dagegen läßt sich eine solche Ursache nicht finden, man müßte denn auf die göttliche Allmacht zurückgreifen.

§ 14. Philal. Was die Frage betrifft, ob beim Fortbestehen derselben unkörperlichen Substanz nichtsdestoweniger zwei verschiedene Personen bestehen können, so führt sie auf eine andere Frage zurück: nämlich ob dasselbe immaterielle Wesen jedweder Empfindung seines früheren Daseins beraubt werden und sie gänzlich einbüßen könne, ohne sie jemals wiedererlangen zu können, – so daß es also mit dem neuen Lebensabschnitt gleichsam eine neue Rechnung beginnt und in seinem Bewußtsein über seinen neuen Zustand nicht hinausgehen kann. Alle diejenigen, welche an die Präexistenz der Seele glauben, folgen augenscheinlich diesem Gedanken. Ich habe einen Menschen gesehen, der überzeugt war, daß seine Seele die des Sokrates gewesen sei, und ich kann versichern, daß er in dem Posten, den er bekleidete und der von keiner geringen Bedeutung war, für einen sehr verständigen Mann galt; auch hat er durch die Werke, die er veröffentlichte, gezeigt, daß es ihm weder an Geist noch an Wissen fehlte. Da nun die Seelen – soweit wir es aus ihrem Wesen beurteilen können – sich in bezug auf jeden beliebigen Teil der Materie gleichgültig verhalten, so schließt die Voraussetzung, daß eine und dieselbe Seele in verschiedene Leiber eingeht, keinen offenkundigen Widersinn in sich. Begreift aber jemand, der gegenwärtig keinerlei Empfindung von irgend etwas hat, das Nestor oder Sokrates jemals getan oder gedacht haben, oder kann er es begreifen, daß er dieselbe Person wie Nestor oder Sokrates sei? Kann er an den Handlungen dieser beiden alten Griechen irgendwelchen Anteil nehmen, kann er sie sich zuschreiben oder denken, daß sie eher seine eigenen Handlungen seien, als die irgendeines anderen Menschen, der jemals gelebt hat? Er ist so wenig dieselbe Person, wie einer von diesen beiden, als er es wäre, wenn die Seele, die gegenwärtig in ihm ist, in dem Augenblick erschaffen worden wäre, in welchem sie begann, den Körper zu beleben, den sie gegenwärtig inne hat. Dies vermöchte ihn also ebensowenig zur selben Person, wie Nestor, zu machen, wie dies der Fall wäre, wenn etwa einige der materiellen Teilchen, die dereinst einen Teil von Nestors Körper ausmachten, jetzt einen Teil dieses Menschen bildeten. Denn dieselbe immaterielle Substanz macht in ihrer Vereinigung mit diesem oder jenem Körper, wenn nicht dasselbe Bewußtsein besteht, so wenig ein und dieselbe Person aus, als dieselben materiellen Teilchen, wenn sie ohne ein gemeinsames Bewußtsein einem Körper angehören.

Theoph. Ein immaterielles Wesen oder ein Geist kann nicht jeder Perzeption seines früheren Zustandes beraubt werden. Es bleiben ihm Eindrücke von allem dem, was ihm einstmals begegnet ist, ja er hat sogar Vorempfindungen von allem dem, was ihm widerfahren wird: aber diese Empfindungen sind sehr häufig zu gering, um vernehmlich zu sein und um sie deutlich gewahr zu werden, obwohl sie sich vielleicht einmal entwickeln können. Dieser Zusammenhang und diese Verknüpfung der Perzeptionen macht im realen Sinne dasselbe Individuum aus, aber die Akte der Apperzeption, kraft deren man sich die früheren Empfindungen zum deutlichen Bewußtsein bringt, beweisen zudem die moralische Identität und bringen die reale Identität in der Erscheinung zum Ausdruck. Die Präexistenz der Seelen tritt in unsern Perzeptionen nicht in die Erscheinung; wenn sie aber wahrhaft bestünde, so könnte sie dereinst erkannt werden. Es ist also nicht der Vernunft gemäß, daß die Wiederherstellung des Gedächtnisses auf immer unmöglich werde, vielmehr dienen die unmerklichen Perzeptionen, deren Nutzen ich bei so viel anderen wichtigen Gelegenheiten schon gezeigt habe, auch hier dazu die Keime der Erinnerung zu bewahren. Der verstorbene Henry Morus, Theolog der englischen Kirche, war von der Präexistenz überzeugt und hat sie literarisch verteidigt Über die Lehre Henry Mores s. Band I (Einleit.) 114 ff.; Band II (Einleit.), S. 8 ff.; vgl. Band I, 270 f., Band II, 461. Die Präexistenz der Seelen verteidigt H. More in seiner »Dialogi divini«, Opera, London 1679, I, 750 ff.).. Der verstorbene jüngere van Helmont ging, wie ich eben gesagt habe, noch weiter und glaubte an die Wanderung der Seelen, wobei sie jedoch immer in einen Körper derselben Gattung übergehen sollten, so daß nach seiner Meinung die menschliche Seele immer einen Menschen beseelte. Er glaubte mit einigen Rabbinern, daß die Seele Adams in den Messias als den neuen Adam übergehen werde; ja vielleicht glaubte er auch, so gescheit er auch sonst war, selbst irgendein Mann des Altertums gewesen zu sein. Wenn nun dieser Übergang der Seelen wahrhaft stattfände, wenigstens in der vorher von mir erläuterten möglichen Weise (die aber nicht wahrscheinlich erscheint), daß nämlich die Seelen, indem sie feine Körper behielten, plötzlich in andere gröbere Körper übergingen, so könnte es immerhin sein, daß irgendein Moderner das gleiche Individuum wie Nestor oder Sokrates wäre, ja daß jemand, der tief genug in sein Wesen eindringen würde, diese Identität zu erkennen vermöchte: auf Grund der Eindrücke und charakteristischen Merkmale, die in ihm von allem dem, was Nestor oder Sokrates getan haben, zurückgeblieben sind und die ein höherer Geist, wenn er scharfsinnig genug hierzu wäre, auch in ihm lesen könnte. Wenn jedoch der Mensch der neuen Zeit kein inneres oder äußeres Mittel hätte, um zu erkennen, was er gewesen ist, so würde dies hinsichtlich der moralischen Welt gerade so sein, wie wenn er es nicht gewesen wäre. Allem Anschein nach aber geht nichts im Universum völlig verloren; auch im Hinblick auf die moralische Welt, da Gott, dessen Regierung vollkommen ist, Herr über sie ist. Meinen Voraussetzungen gemäß sind auch die Seelen nicht, wie Sie es annehmen, in bezug auf jeden beliebigen Teil der Materie gleichgültig; vielmehr drücken sie ursprünglich diejenigen Teile der Materie aus, denen sie zugehören und mit denen sie kraft der Ordnung der Dinge verknüpft sein müssen. Auch wenn sie also in einen neuen groben oder sinnlich wahrnehmbaren Körper übergingen, so würden sie doch immer den Ausdruck alles dessen, was sie in den alten Körpern perzipiert haben, in sich bewahren, ja der neue Körper selbst müßte dies verspüren, so daß immer reale Kennzeichen der individuellen Fortdauer vorhanden sein werden. Aber welches auch immer unser vergangener Zustand gewesen sein mag, so kann doch die Wirkung, die von ihm zurückbleibt, nicht immer merklich sein. Der scharfsinnige Verfasser der Abhandlung über den Verstand, dessen Ansichten Sie zu den Ihrigen gemacht haben, hatte bemerkt (im zweiten Buch, Kapitel von der Identität, § 27), daß ein Teil seiner Annahmen oder Fiktionen von einem Übergang der Seelen sich darauf gründet, daß man den Geist nicht nur als unabhängig von der Materie, sondern auch als gleichgültig gegen jegliche Art von Materie betrachtet. Ich hoffe aber, daß das, was ich Ihnen in bezug auf diese Frage hie und da gesagt habe, dazu dienen wird, diesen Zweifel aufzuklären und besser erkennen zu lassen, was gemäß der natürlichen Ordnung der Dinge möglich ist. Man sieht hieraus, in welcher Weise die Handlungen eines Alten einem Menschen der neueren Zeit angehören würden, der dieselbe Seele hätte, wenn er sich dessen auch nicht bewußt wäre. Würde aber dieser Zusammenhang als solcher erkannt, so würde sich hieraus zudem noch eine persönliche Identität ergeben. Übrigens macht ein Teil der Materie, wenn er von einem Körper in einen andern übergeht, nicht ein und dasselbe menschliche Individuum, noch das, was man Ich nennt, aus; sondern die Seele ist es, die dies ausmacht.

§ 16. Philal. Dennoch ist es wahr, daß ich an einer Handlung, die ich vor tausend Jahren begangen habe, sofern ich sie mir selbst kraft meines Selbstbewußtseins ( self consciousness) zurechnen muß, ebenso großen Anteil habe und mit gleichem Recht für sie verantwortlich bin, als ich es für das bin, was ich im soeben verflossenen Augenblick getan habe.

Theoph. Die Meinung, daß man etwas getan habe, kann täuschen, wenn die Tat weit zurückliegt. Manche Leute halten etwas für wirklich, was sie geträumt haben, oder auch etwas, was sie erfunden haben, wenn sie es häufig wiederholt haben. Eine derartige falsche Meinung kann uns beschwerlich werden, aber nicht bewirken, daß man strafbar wird, wenn nicht andere damit übereinkommen. Auf der anderen Seite kann man für das, was man getan hat, verantwortlich sein, wenn man es auch vergessen hätte, falls die Handlung nur sonst sich beglaubigen läßt.

§ 17. Philal. Jedermann erfährt täglich, daß, solange sein kleiner Finger in seinem Bewußtsein inbegriffen ist, er ebensowohl ein Teil seines Selbst ausmacht, wie nur irgend etwas anderes, das mit diesem Selbst aufs innigste verknüpft ist.

Theoph. Ich habe schon bemerkt (§ 11), warum ich nicht behaupten möchte, daß mein Finger ein Teil meines Ich ist, aber allerdings gehört er mir zu und macht einen Teil meines Körpers aus.

Philal. Die, welche anderer Meinung sind, werden sagen, daß, wenn dieser kleine Finger vom übrigen Körper abgetrennt würde und wenn das Bewußtsein den kleinen Finger begleitete und den übrigen Körper verließe, alsdann der kleine Finger offenbar die Person, dieselbe Person sein würde, während das Ich mit dem übrigen Körper nichts mehr zu schaffen hätte.

Theoph. Die Natur läßt dergleichen Fiktionen, die durch das System der prästabilierten Harmonie oder der vollkommenen Entsprechung zwischen Seele und Leib vernichtet werden, nicht zu.

§ 18. Philal. Es scheint jedoch, daß, wenn der Körper sein Leben fortsetzte und sein besonderes Bewußtsein, an dem der kleine Finger keinen Anteil hätte, beibehielte, der Finger, selbst wenn die Seele in ihm wäre, keine der Handlungen des übrigen Körpers als die seinige in Anspruch nehmen könnte und man ihm dieselbe auch nicht zurechnen dürfte.

Theoph. In diesem Falle würde auch die Seele, da sie im Finger wäre, dem Körper, von dem dieser sich losgelöst hat, nicht mehr zugehören. Würde Gott allerdings bewirken, daß die Bewußtseinszustände auf andere Seelen übertragen würden, so müßte man diese letzteren, wie ich zugestehe, nach den Begriffen der Moral so behandeln, als ob sie dieselben wären; aber das hieße die Ordnung der Dinge ohne Ursache verwirren und zwischen dem Bemerkbaren und der Wahrheit, die sich hier in den unmerklichen Perzeptionen erhält, eine Scheidewand aufrichten. Dies aber wäre nicht in der Vernunft begründet, denn Perzeptionen, die gegenwärtig unmerklich sind, können sich dereinst entwickeln; denn es gibt nichts Unnützes, und die Ewigkeit bietet zu Veränderungen ein großes Feld Der Standpunkt, den Leibniz in dieser ganzen Diskussion einnimmt, läßt sich kurz so aussprechen, daß für ihn zwischen dem realen metaphysischen Zusammenhang der Zustände in einer individuellen Substanz und der Art, in der sich dieser Zusammenhang im individuellen Bewußtsein darstellt und psychologisch repräsentiert, eine vollständige harmonische Entsprechung besteht. Der Grundgedanke der prästabilierten Harmonie spricht sich hierin nur in der Anwendung auf ein spezielles Problem aus: das Ich »besteht« objektiv, als das bestimmte Gesetz einer individuellen Reihe von Perzeptionen (vgl. Band II, 292, 336, 340) und dieser Zusammenhang wird zugleich in irgendeiner Weise – bald stärker, bald schwächer, bald verworrener, bald deutlicher – gewußt und in der tatsächlichen Vorstellung zum Ausdruck gebracht. Der Versuch, eines der beiden Momente vom anderen zu trennen, führt zu leeren Fiktionen: der objektive Fortbestand der »Seele« muß sich stets irgendwie in wirklichen oder doch »möglichen« Perzeptionen, d. h. solchen, die dereinst durch bestimmte Veranlassungen wirklich werden können, ausdrücken, wie andererseits das tatsächliche Wissen von der Verknüpfung der inneren Zustände in uns der einzige und eigentliche Erkenntnisgrund für die Realität der »substantiellen Einheiten« bildet. Näheres vor allem in Leibniz' Briefwechsel mit de Volder, Band II, S. 286-358..

§ 20. Philal. Die menschlichen Gesetze bestrafen einen Geisteskranken nicht für diejenigen Handlungen, die er als Mensch von gesundem Verstande begangen hat, noch einen Menschen von gesundem Verstande für das, was er als Geisteskranker getan hat; sie machen also zwei Personen aus ihm. In diesem Sinne sagt man auch: er ist außer sich.

Theoph. Die Gesetze drohen Strafen an und verheißen Belohnungen, um die schlimmen Handlungen zu verhüten und die guten zu fördern. Nun kann bei einem Geisteskranken die Krankheit so weit fortgeschritten sein, daß Drohungen und Belohnungen, da die Vernunft nicht mehr die Meisterin ist, nicht gehörig auf ihn wirken; also muß nach dem Maß seiner geistigen Schwäche die Strenge der Strafe nachlassen. Auf der anderen Seite will man, daß der Verbrecher die Wirkung des von ihm begangenen Bösen empfinde, damit man größere Furcht hege, Verbrechen zu begehen; da aber der Geisteskranke hierfür nicht empfänglich ist, so wartet man gern eine günstigere Phase ab, um das Urteil, das ihn für etwas bestraft, was er bei gesundem Verstande begangen hat, zu vollstrecken. Das Verhalten der Gesetze und der Richter in solchen Fällen rührt also nicht daher, daß man in dem Schuldigen zwei Personen unterscheidet.

§ 22. Philal. In der Tat machen diejenigen, deren Ansichten ich hier vertrete, sich den Einwurf, daß, wenn ein Betrunkener, nachdem er nüchtern geworden, nicht mehr dieselbe Person ist, man ihn für das, was er im trunkenen Zustand getan, nicht bestrafen dürfe, weil er davon nichts mehr weiß. Man erwidert indes hierauf, daß er ganz ebenso dieselbe Person ist, wie jemand, der im Schlafe umherwandelt und allerlei andere Handlungen ausübt und der für all den Schaden, den er in diesem Zustande angerichtet hat, verantwortlich ist.

Theoph. Zwischen den Handlungen eines Betrunkenen und denen eines wirklichen Nachtwandlers, der als solcher bekannt ist, besteht ein großer Unterschied. Man straft die Betrunkenen, weil sie die Trunkenheit meiden und selbst während ihrer Trunkenheit eine gewisse Erinnerung an die Strafe behalten können. Dagegen liegt es nicht in der Macht der Nachtwandler, ihre nächtlichen Spaziergänge und das, was sie während derselben tun, zu unterlassen. Könnte man sie indessen dadurch, daß man ihnen auf der Stelle die Rute gäbe, im Bette halten, so hätte man hierzu das Recht und würde auch nicht verfehlen, es zu tun, obgleich das mehr ein Heilmittel, als eine Züchtigung wäre. In der Tat soll dies Mittel geholfen haben.

Philal. Die menschlichen Gesetze bestrafen den einen wie den andern gemäß einer Gerechtigkeit, die unserer Einsicht in die Dinge entspricht; denn in dergleichen Fällen kann man nicht mit Sicherheit zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was nur vorgegeben wird, unterscheiden; daher läßt man das Nichtwissen nicht als Entschuldigung für das gelten, was man in der Trunkenheit oder im Schlaf getan hat. Das Faktum selbst ist zu Ungunsten des Täters erwiesen und der Mangel an klarem Bewußtsein, der zu seinen Gunsten sprechen würde, ist nicht erweislich.

Theoph. Es handelt sich nicht so sehr um diesen Punkt, als darum, was man tun muß, wenn es sicher festgestellt ist, daß der Trunkene oder der Nachtwandler außer sich gewesen sind, wie dies der Fall sein kann. In diesem Falle kann der Nachtwandler nur als ein Geisteskranker betrachtet werden, aber da die Trunkenheit von unserem Willen abhängig ist, die Krankheit dagegen nicht, so bestraft man das eine und nicht das andere.

Philal. An dem großen und furchtbaren Tage des Gerichts aber, wo die Geheimnisse aller Herzen aufgedeckt werden sollen, wird, wie man mit Recht glaubt, niemand dasjenige zu verantworten haben, was ihm gänzlich unbekannt ist, und jeder wird empfangen, was er nach dem Zeugnis seines eigenen Gewissens verdient.

Theoph. Ich weiß nicht, ob es nötig ist, daß das Gedächtnis des Menschen am Tage des Gerichts so weit gesteigert werde, daß er sich alles dessen, was er vergessen hatte, erinnert und ob nicht die Kenntnis, die andere von seinem Tun besitzen, vor allem der gerechte Richter, der keiner Täuschung unterworfen ist, hierbei genügen werde. Man könnte hier einen der Wahrheit wenig entsprechenden, aber doch möglichen Fall fingieren: daß nämlich ein Mensch am Tage des Gerichts sich selbst als schlecht erschiene und daß auch alle übrigen geschaffenen Geister, die darüber zu urteilen in der Lage wären, der gleichen Meinung wären, ohne daß es in Wahrheit der Fall wäre – würde man nun sagen können, daß der höchste gerechte Richter, der allein das Gegenteil weiß, diesen Menschen verdammen und gegen sein eigenes Wissen ihm das Urteil sprechen könnte? Und doch müßte dies scheinbar aus dem Begriffe folgen, den Sie von der moralischen Persönlichkeit gegeben haben. Man wird vielleicht sagen, daß, wenn Gott gegen den Schein richtet, sein Ruhm Schaden erleiden und er den anderen Unmut bereiten werde, aber man kann darauf erwidern, daß er sich selbst das einzige und höchste Gesetz ist, und daß in diesem Falle die übrigen urteilen müssen, daß sie sich getäuscht haben.

§ 23. Philal. Könnten wir zwei verschiedene und miteinander nicht in Verbindung stehende Bewußtseinsvermögen annehmen, von denen das eine bei Tag, das andere bei Nacht tätig wäre, und andererseits voraussetzen, daß dasselbe Bewußtsein in Zwischenräumen in zwei verschiedenen Körpern tätig wäre, so frage ich, ob im ersteren Falle der Tagesmensch und der Nachtmensch, wenn ich mich so ausdrücken darf, nicht zwei ebenso verschiedene Personen wären, wie Sokrates und Plato, und ob es nicht im zweiten Fall nur eine einzige Person in zwei verschiedenen Körpern gäbe? Es verschlägt hierbei nichts, wenn man sagt, daß das nämliche Bewußtsein, welches zwei verschiedenen Körpern eigen ist, ein und derselben immateriellen Substanz und daß die beiden Bewußtseinsvermögen, die demselben Körper zu verschiedenen Zeiten eigen sind, zwei verschiedenen immateriellen Substanzen angehören, die diese verschiedenen Bewußtseinsweisen in den Körper einführen. Denn die persönliche Identität würde in beiden Fällen in gleicher Weise durch das Bewußtsein als solches bestimmt, gleichviel ob dieses Bewußtsein an eine individuelle und immaterielle Substanz geknüpft wäre oder nicht. Ja noch mehr: ein immaterielles denkendes Wesen müßte mitunter sein vergangenes Bewußtsein aus dem Gesicht verlieren und es sich aufs neue zurückrufen. Nun nehme man an, daß diese Zwischenzeiten von Erinnerung und Vergessen beständig gerade einen Tag und eine Nacht dauern: so haben Sie hier zwei Personen mit derselben immateriellen Seelensubstanz. Daraus folgt, daß das Ich nicht durch die Identität oder Verschiedenheit der Substanz, deren man nicht sicher sein kann, bestimmt wird, sondern nur durch die Identität des Bewußtseins.

Theoph. Ich gebe zu, daß, wenn alle Erscheinungen gewechselt und von einem Geist auf den anderen übertragen würden, oder wenn Gott einen Tausch zwischen zwei Geistern vollzöge, indem er den sichtbaren Leib und die Erscheinungen und Bewußtseinszustände des einen auf den anderen übertrüge, die persönliche Identität, statt an die Identität der Substanz geknüpft zu sein, den Erscheinungen, die sich gleichbleiben und die für die Gesichtspunkte der menschlichen Moral maßgebend sein müssen, folgen würde. Aber diese Erscheinungen werden nicht lediglich in den Bewußtseinsakten bestehen, und Gott würde nicht allein die Apperzeptions- und Bewußtseinsakte der in Rede stehenden Individuen miteinander vertauschen müssen, sondern auch diejenigen Erscheinungen, welche sich anderen in Hinsicht auf diese Personen darbieten, sonst würde zwischen den Bewußtseinsinhalten der einen und dem Zeugnis der anderen ein Widerspruch stattfinden, was die Ordnung der moralischen Dinge verwirren würde. Man muß mir indessen zugeben, daß die Scheidung zwischen der Welt des Unmerklichen und der des Merklichen, d. h. zwischen den unmerklichen Perzeptionen, die in denselben Substanzen bleiben würden, und den Akten deutlichen Bewußtseins, die beiderseits vertauscht werden würden, ein Wunder wäre, ähnlich wie die Annahme, daß Gott einen leeren Raum hervorbringt; denn ich habe vorher gesagt, warum dies der natürlichen Ordnung nicht gemäß ist. Nehmen wir einen anderen Fall, der ihr weit mehr angemessen wäre: es ist möglich, daß an einer anderen Stelle des Universums oder zu einer anderen Zeit eine Weltkugel existiert, die von der Erdkugel, die wir bewohnen, nicht merklich unterschieden ist, und daß auf ihr Menschen wohnen, die sich gleichfalls von jedem von uns in keiner merklichen Weise unterscheiden. Dann gäbe es zugleich mehr als hundert Millionen Paare einander gleicher Menschen, d. h. immer je zwei Menschen, die genau die gleichen Bewußtseinserscheinungen aufweisen, und Gott könnte entweder die Geister allein oder auch zusammen mit ihren Körpern von dem einen Weltkörper auf den anderen versetzen, ohne daß sie es gewahr würden. Aber mag man sie nun von ihrem Wohnort entfernen oder sie dort belassen – was wird man von ihrer Person oder ihrem Ich nach der Meinung Eurer Partei sagen? Sind es zwei Personen oder eine und dieselbe, da das Bewußtsein und die inneren und äußeren Erscheinungen der Menschen auf diesen Weltkörpern keine Unterschiede aufweisen können? Allerdings würden Gott und diejenigen Geister, die imstande wären, die Intervalle und die äußeren Beziehungen der Zeiten und der Orte, ja auch die für die Menschen beider Weltkörper unmerklichen inneren Unterschiede zu überschauen, sie unterscheiden können; aber da nach Euren Voraussetzungen lediglich der Zustand des Bewußtseins die Personen unterscheidet, ohne daß man sich um die wirkliche Identität oder Verschiedenheit der Substanz, ja auch um die Identität oder Verschiedenheit dessen, was anderen äußeren Beobachtern erscheinen würde, zu bekümmern braucht, wie kann man umhin zu sagen, daß die zwei Personen, welche zu gleicher Zeit auf den beiden einander entsprechenden, aber durch eine unermeßliche Entfernung getrennten Weltkörpern leben, eine und dieselbe Person seien – was doch ein handgreiflicher Widersinn ist? Spricht man übrigens von dem, was von Natur möglich ist, so würden die beiden gleichen Weltkugeln und die beiden gleichen Seelen auf ihnen nur für eine Zeit gleich bleiben. Denn da hier eine individuelle Verschiedenheit stattfindet, so muß dieser Unterschied zum mindesten in den unmerklichen Beschaffenheiten bestehen, die sich in der Folge der Zeiten entwickeln müssen.

§ 26. Philal. Denken wir einen Menschen, der jetzt für das, was er in einem anderen Leben getan hat, was man ihm aber nicht im geringsten mehr zum Bewußtsein bringen kann, bestraft wird: welchen Unterschied gibt es zwischen solcher Behandlung und dem Fall, daß man ihn unglücklich erschaffen hätte?

Theoph. Die Platoniker, die Origenisten, einige jüdische Philosophen und Verteidiger der Präexistenz der Seelen haben geglaubt, daß die Seelen dieser Welt in unvollkommene Körper gesetzt wären zur Strafe für die Verbrechen, welche sie in einer früheren Welt begangen haben. Wenn man indessen den wahren Sachverhalt weder kennt, noch ihn jemals, sei es durch eigene Erinnerung, sei es durch bestimmte Spuren, oder auch durch die Kenntnis anderer erfahren kann, so wird man dies allerdings nicht eine Strafe nach den gewöhnlichen Begriffen nennen können. Spricht man jedoch von Strafe in einem allgemeinen Sinne, so darf man vielleicht zweifeln, ob es absolut notwendig ist, daß die, welche leiden, selbst dereinst die Ursache hiervon erfahren, und ob es nicht sehr oft genügte, daß andere, besser unterrichtete Geister daraus Veranlassung nähmen, die göttliche Gerechtigkeit zu preisen. Es ist jedoch wahrscheinlicher, daß die Leidenden, wenigstens im allgemeinen, auch einmal das Warum erfahren.

§ 29. Philal. Zieht man die Summe von allem, so könnten Sie sich vielleicht mit meinem Autor einverstanden erklären, der sein Kapitel von der Identität damit schließt, daß er die Frage, ob der Mensch ein und derselbe bleibe, für einen Wortstreit erklärt, bei dem es darauf ankomme, ob man unter Mensch den vernünftigen Geist allein oder lediglich den Körper in derjenigen Form, welche Mensch genannt wird, oder endlich den Geist in Verbindung mit einem bestimmten Körper versteht. Im ersten Falle wird der Geist auch in seiner Loslösung (wenigstens in der Loslösung von dem gröberen Körper) noch der Mensch sein, im zweiten wird ein Orang-Utang, der uns bis auf die Vernunft völlig gliche, ein Mensch sein, und wenn der Mensch seiner vernünftigen Seele beraubt würde und eine Tierseele empfinge, so würde er dennoch derselbe Mensch bleiben. Im dritten Falle muß in der Vereinigung von Geist und Körper der Geist derselbe bleiben, und auch der Körper muß es zum Teil bleiben, oder wenigstens insofern, als das, was an seine Stelle tritt, ihm in bezug auf die sinnlich körperliche Form äquivalent sein muß. So könnte man physisch oder moralisch dasselbe Wesen, d. h. dieselbe Substanz und dieselbe Person bleiben, ohne Mensch zu bleiben, wenn man dem letzteren Sinne gemäß diese Gestalt als dem Menschen wesentlich betrachtet.

Theoph. Ich gestehe, daß es sich hierbei um eine Wortfrage handelt, denn im dritten Falle verhält es sich so, wie wenn dasselbe Tier bald Raupe, bald Seidenwurm, bald Schmetterling ist, oder wie manche sich eingebildet haben, daß die Engel dieser Welt Menschen in einer früheren Welt gewesen sind. Aber wir haben es in dieser Unterredung mit wichtigeren Untersuchungen als denen über die Wortbedeutungen zu tun. Ich habe Ihnen die Quelle der wahren physischen Identität gezeigt, ich habe dargetan, daß die Moral so wenig wie das Gedächtnis ihr widersprechen: denn beide können zwar der Person, um die es sich handelt, oder denen, die mit ihr in Verkehr stehen, die physische Identität nicht stets deutlich kundtun, aber sie widersprechen ihr doch niemals und lösen sich von ihr niemals völlig los. Ich habe weiter gezeigt, daß es stets erschaffene Geister gibt, die erkennen oder doch erkennen können, wie es damit steht, ja daß man Grund zu der Annahme hat, daß, wenn gewisse Unterschiede für die Person selbst nicht in Betracht kommen, dies doch nur für eine gewisse Zeit gelten kann S. die vorangehende Anmerkung..


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