Heinz Kükelhaus
Thomas der Perlenfischer
Heinz Kükelhaus

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24

Diese Jahre in der Südsee! Aber nun denke ich nicht mehr daran. Ich habe aufgeräumt mit alten Erinnerungen. Nun wird es mir gut tun, wenn ich zur Ruhe komme.

Kapitän Mogens hat mir geschrieben. Ja! Sein Brief ist ins Wasser gesegelt und ich erinnere mich seiner Worte nicht mehr. – Und ich bitte meinen guten Nachbar zu Wasser, mit mir in dieser Nacht zu segeln. Er aber bereut, in dieser Nacht schon vergeben zu sein. Mein Nachbar ist ein kleiner Fischer und er braucht die Nächte zum Broterwerb. Ich sage ihm: Ich schenke Ihnen eine Perle, die viele Nächte aufwiegt. – Das sei nicht ehrlich, sagte mein Nachbar. In der nächsten Nacht aber will er mit mir segeln!

Ich schaue zum Kai hinüber. Treibt sich denn keiner herum, der mit mir segeln will! Nur ein Stück in der lauen Nacht.

Ruhig, Heina! Es ist nichts, ich habe nicht gepfiffen.

301 Es will keiner mit mir segeln. Ich habe es gewußt, an diesem Abend wird es mir nicht gelingen, einen Menschen zu fischen. Ich bin verdammt, meine Arbeit allein zu verrichten. Mein Segler ist dreißig Jahre alt, das Holz ist grün und das Seemoos wächst an seinem Kiel. Das Segel gleicht einem Drachen, es ist ein Stocksegel, wie es chinesische Dschunken führen.

Gleich will ich mich segelfertig machen. Ehe ich aber in die Nacht hinaussegle, habe ich einiges zu ordnen. Meine Papiere sind in einer Kassette zu verschließen, und meine Perlen schütte ich dazu. Allein die kranke Perle bleibt in meinem Gürtel.

Und noch einmal beschaue ich sie. Es hat seine Zeit gedauert, ehe sie zerfiel. In ihrer Haut klaffen zwei Risse, ein grüner Nebel stiehlt ihr den Glanz. Der rote Strich hat eine schwarze Färbung angenommen. Ehe ein Jahr um ist, wird sie bersten und in zwei Teile zerfallen. –

Es ist Mittsommernacht, alle Segler brechen auf. Und ich habe es gewußt, daß ich in dieser Nacht keinen Menschen fischen werde, der mit mir segeln will. Ich werde gleich lossegeln, ich bin in vollem Gange. Drei Jahre liege ich im Hafen von Orleans, endlich schlägt meine Stunde. Drei Jahre hatte ich Furcht, in der Nacht allein zu segeln.

Ich denke auch nicht mehr an Henriette. Drei Jahre sind eine lange Zeit, ich habe sie vergessen; gestorben ist diese Liebe, jetzt erst will es mir deutlich werden. Gestorben.

Mittsommernacht. Auf meinem Segler klappert plötzlich das Takelwerk, ich werde mit Wind 302 aussegeln. Ein Spritzer dieses Windes verschlägt sich in meine Kajüte und macht einen Wirbel um meine Hände.

Wie ich zittere! Ein Wind aus der Luft, der mich in meiner Kajüte grüßt. Drei Jahre grüßte mich kein frischer Wind. Doch, einmal grüßte er mich. Es war, als Mogens' Brief kam. Aber das ist vorbei. Und jetzt sage ich mir, es ist Zeit, Du mußt segeln in dieser Nacht!

 


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