Heinz Kükelhaus
Thomas der Perlenfischer
Heinz Kükelhaus

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

17

Es folgten stumpfe Tage bis Manila. Ich hütete das Bett und starrte durch das Bullauge auf die See, Welle um Welle geleitete sie mich nach Manila. Kimball und Scotty leisteten mir Gesellschaft.

Die junge Dame schrieb mir Briefe. Ihr Vater habe sie bestimmt, die Frage nach den Perlen zu stellen. Nicht sie habe es getan, ich solle mich erinnern. Kein Wort wäre über ihre Lippen gekommen. Ob sie mich sprechen könne.

Ich ließ durch Funkspruch Daniele grüßen. Scotty besorgte es, er kannte Daniele nicht. Er war der Annahme, es sei die Große in meinem Leben. Sie ist es auch. Es sind Jahre her, heute noch ist sie mir unvergeßlich.

Die junge Dame sandte mir einen zweiten und dritten Brief.

Nun traf ich sie an jedem Abend. Manila lag noch weit im Schoße der See. Die Tage waren leer ohne die junge Dame. Ich verließ am Abend die Kabine und lief wie ein Dieb hinunter zum Mannschaftsdeck. Wir hatten mehrere Stellen, an denen wir uns trafen, aber alle Stellen lagen unten auf dem Mannschaftsdeck. Kaum einer gewahrte uns, ich kannte die Gewohnheiten der Seeleute. Einige bestach ich, damit sie fortblieben.

Ich glaubte ihren Beteuerungen, daß der Vater die Perlen sehen wollte und nicht sie. Sie ließ mir ihre Hand, sie wartete gespannt bis ich kam, lief mir entgegen und bot mir ihren Mund.

251 Sie blieb mir fremd bis zur letzten Stunde. Ich richtete es so ein, daß ich sie nur abends traf. Ich scheute, sie am Tage zu sehen und hütete die Kabine. Abends aber erhielt die Stunde einen anderen Glanz. Mit großer Erregung kleidete ich mich an; ich flüsterte einen Namen vor mich hin, ein und derselbe Name stahl sich über meine Lippen. Mein Gesicht mußte glatt sein, trunken blickte ich in meine eigenen Augen und flüsterte den Namen. Bis ich auf dem Mannschaftsdeck an ihrer Seite stand. Mein Mund verschloß sich, ich schwieg und schaute in den Himmel. Wenn die Sterne fielen, taumelte ich vor Glückseligkeit. Ich sagte ihr: Morgen sind wir da, morgen und noch einen Tag.

Nein, es sind mehr als sieben Tage, ehe wir in Manila sind.

Ich flüsterte:

Morgen, und noch einen Tag. Glaube mir, wir sind bald in Sidney.

Sidney? fragte sie leise. Wir fahren nach Manila.

Ja! wir fahren nicht nach Sidney, nach Manila fahren wir.

Sie preßte meine Hand, ich küßte sie flüchtig.

Wie Du mich liebst, flüsterte sie.

Ich kniff den Mund zusammen.

Ach, Jeanne! ich denke ja nur an Dich. Ich träume davon, als Du an meiner Seite standest. Jetzt verschließe ich meinen Mund, um Deinen Namen nicht zu sprechen. Jeanne! Der Schoner fährt nach Sidney, sieben Wochen fuhren wir zusammen, und nicht einmal sprangst Du mir entgegen wie diese. Nun erst 252 weiß ich, wie sehr Du mich liebtest. Nun erst weiß ich es, zehn Jahre zu spät . . .

Man beobachtet uns! sagte ich der jungen Dame und faßte ihre Hand. Sie streichelte meine Hand und legte sich stark an meine Brust. Mein Atem wurde schwächer, meine Stirn war eiskalt.

Wie kalt Du bist! flüsterte sie.

Ich kniff den Mund zusammen. Geh! sagte ich, ich komme morgen um dieselbe Zeit wieder. – Sie bot mir ihren Mund, ich küßte ihn hastig und gab ihr ohne Freude die Hand. Sie schlang beide Hände um meine Hand und preßte sie lange. Sie flüsterte mir einige Worte zu, ich schwieg. Sie bat mich händeringend, ihre Worte wurden lauter. Ich lächelte sie an. – Mit zuckenden Schultern ging sie davon.

Wie ein Dieb an jedem Abend. In Manila war Abschied. Ich ließ heimlich eine Perle in ihre Tasche fallen.

 


 << zurück weiter >>