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Zehntes Kapitel

Rosa-Stramin, die Geschichte ist viel zu traurig. Ich denke, ich singe mir ein Lied. Gib mir meine Harfe!

Rauschet, meiner Harfe Klänge,
Rauschet wie Triumphgesänge,
Meiner Lieder schönstes Lied.
Kühn, wie zu des Himmels Bogen,
Sturmbewegt die Welle flieht,
Schlage deine großen Wogen,
Jubelharmonieenmeer,
Majestätisch um mich her!

Leise, leise, wie im Haine,
Bei des Vollmonds Silberscheine,
Lispelnde Zephyre wehn,
Leise flüstre und erzähle,
Du harmonisches Getön,
Von den Himmeln meiner Seele,
Meiner Liebe Hochgesang
Säusle, Äolinenklang!

Lausche du mir, einzig Eine,
Göttergleiche, die ich meine,
Heil'ge Worte nenn' ich dir!
Heilig, wie ein fromm Gelübde,
Heilig, wie du selber mir,
Wie der Glanz, der nie getrübte,
Der die Himmlischen umzieht,
Heil'ge Worte singt mein Lied.

Habe sie mit leisem Munde
Dir genannt in sel'ger Stunde,
Mädchen, und du kennst sie wohl.
Ja, von meines Lebens Pforte,
Wie ein glänzendes Symbol,
Leuchten jene heil'gen Worte
Kraft des Himmels über mich:
Henriett', ich liebe dich!

Henriette, über'n Sternen
Dehnt in ungemessnen Fernen
Die Unendlichkeit sich aus.
Aufgebaut mit Sonnenflammen
Steht das ew'ge Weltenhaus, –
Aber sinkt das All zusammen,
Stürzen Himmel über mich;
Ewig, ewig lieb' ich dich!

Bin ich, Mädchen, einst gestorben,
Hab' ich einst die Palm' erworben,
Die mein Glaube mir gezeigt.
Schlaf ich in dem Friedensbette,
Wo der Schmerz des Lebens schweigt,
Grämt sich meine Henriette
Einst an meinem Grab um mich,
Dann, auch dann noch lieb' ich dich!

Ja, ich liebe dich, und rufen
Bis zu Gottes Sonnenstufen,
Weithin durch der Schöpfung Spur,
Rufen möcht ich's, daß die Hallen
Der Unendlichkeit den Schwur
Meiner Liebe widerschallen,
Und die Welten Zeugen sei'n,
Daß ich ewig, ewig dein!

Ja, ich liebe dich, und flüsternd,
Wenn der stille Mond umdüsternd
Leuchtet auf den Frühlingsau'n,
Wenn in Gottes Dom die Kerzen
Von der Kuppel niederschau'n,
Möcht' ich noch an deinem Herzen
Leise diesen Schwur dir weih'n:
Daß ich ewig, ewig dein.

Einsam, eh ich dich gefunden,
Einsam flohen meine Stunden,
Ohne Leben, ohne Licht,
Und der Gottheit schönsten Segen
Und den Himmel kannt' ich nicht;
Trug mein Herz in toten Schlägen,
Unbewegt von Lieb und Lust,
Einsam in der Jünglingsbrust.

Lag der Abend aus den Fluren,
Senkte mit den gold'nen Spuren
Sich die Sonn' ins Flammenmeer,
War der Tag hinabgeschieden,
Wechselnd mit der Sterne Heer, –
O, dann schloß ein heil'ger Frieden
Alle Wesen liebend ein,
Mich nur floh er, mich allein.

Mich bewegte nur ein Ahnen,
Gleich wie meines Engels Mahnen,
Und erhellte meinen Blick.
Und die Nachtigall erzählte
Mir von unbekanntem Glück,
Und ich fühlte, was mir fehlte:
Daß mein Herz, so reich und warm,
Dennoch so unendlich warm!

Da mit deiner Segensfülle
Hat, o Gott, dein güt'ger Wille
Reich, wie Krösus, mich gemacht!
Was ich auch in kühnen Stunden
Träumerisch mir ausgedacht.
Mehr noch hat mein Herz gefunden
Paradiese gabst du mir,
Heil'ger Gott, ich danke dir!

Vor dir stand ich, Engelgleiche,
Du an aller Schönheit reiche,
Wie vor einem Himmelsbild.
Fest gezaubert von Entzücken,
Andachtglühend, lieberfüllt,
Stand ich mit gesenkten Blicken,
Ohne Mut, mich dir zu nah'n,
Liebend schaut' ich dich nur an.

Bis die Stunde mir geschlagen,
Die mich himmelwärts getragen
Zu des Lebens schönstem Ziel;
Bis der höchste aller Preise
Aus der Urne niederfiel
Und von deinem Munde leise,
Wie melodischer Gesang,
Deiner Liebe Wort erklang.

Bis auf deinen ros'gen Wangen
Die Aurora aufgegangen,
Die den Tag mir kundgetan,
Bis aus deinen lieberhellten
Blicken Tau des Himmels rann,
Und im Glanz von Feenwelten
Tauchte, wie aus gold'nem Tor,
Meiner Liebe Stern empor.

Voll ist meines Glückes Schale,
Und die Götterideale,
Die ich mir geträumt, sind mein.
Freundlich schlingen trunk'ne Horen
Um mich her den lust'gen Reihn.
Meiner Fahne zugeschworen,
Treu für eine Ewigkeit,
Hat sich mir das Glück geweiht.

Senket nun, ihr Töne, wieder
Das melodische Gefieder,
Stirb getrost, du Liebesklang
Hast ja, wie auf Siegeswagen,
Stolz, wie ein Triumphgesang,
Meine Braut einhergetragen
Und ihr Lächeln krönt dich schon
Stirb nun hin, du sel'ger Ton.


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