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Madame Durand führte inzwischen die Befehle ihres Herrn und Gebieters aus. Sie bat sämtliche Gäste in den Salon und hielt ihnen eine etwas stolpernde, aber immerhin nicht mißzuverstehende Ansprache: »Durch die Unvorsichtigkeit eines unserer Gäste ist die Polizei darauf gekommen, daß wir hier unseren Freunden Unterhaltungen bieten, die anderswo nicht zu haben sind. Wir müssen eine Hausdurchsuchung fürchten, und Herr de Reux läßt daher die Herrschaften bitten, um allen Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen, womöglich heute abend noch die Villa zu verlassen.«

Sensation – Geschrei – Protest.

Madame Durand blieb fest. »Wer nicht abreist, tut dies auf eigene Verantwortung. Die Dienerschaft ist angehalten, alle Hilfe zu leisten. Autos stehen bereit.« Sie verbeugte sich und verließ den Raum.

Im Souterrain saß die blonde, üppige Mrs. Blythe in ihrem Gefängnis: einem Gefängnis zwar, das mit allem Luxus und Komfort ausgestattet war, – aber es blieb immerhin ein Gefängnis. Sie war verzweifelt, hysterisch und hatte einen Weinkrampf nach dem anderen.

Jetzt fuhr sie auf Madame Durand los, als diese erschien. »Ich werde mich bei meiner Regierung beschweren!«

Madame Durand hielt sich mit ihr ebensowenig auf wie mit den anderen. »Es steht Ihnen frei, zu tun und zu lassen, was Sie wollen, Mrs. Blythe. Die Polizei wird gleich hier sein ….«

»Die Polizei?« jammerte Mrs. Blythe. »Was soll ich tun?«

»Was die anderen Herrschaften auch tun: abreisen – sofort! Ich werde Ihnen einen Diener schicken.« Fort war Madame Durand.

Sie hatte zwar den Befehl, die Blythe selbst wegzubringen. Doch mit solchen Dingen konnte sie sich jetzt nicht aufhalten. Während sie alle Anordnungen traf, um das »Haus der tausend Laster« zu schließen, dachte sie nur an den Mann in der anderen Villa. Sie lief also, so rasch sie konnte, durch den Garten hinüber und kam gerade zurecht, um zu sehen, wie das Boot mit de Reux und Valerie ins Meer hinausglitt.

Gellend kreischte sie auf; ihr breites Gesicht verzerrte sich. Oben auf der Terrasse erblickte sie Sprauhn, hinter ihm den Neger. Sie rannte hin, stolperte, fiel in die Knie, richtete sich wieder auf. »Sie haben ihn davongejagt! Sie –!«

Sprauhn schüttelte den Kopf. »Ist mir nicht eingefallen. Fragen Sie den Kerl hier neben mir! Der wird es bestätigen. Er hat mich mit dem Revolver in der Hand gezwungen, und er hat Fräulein Valerie mitgenommen. Und Sie – Sie läßt er da!«

Die Frau war außer sich. Sie schlug sich mit den geballten Fäusten vor die Brust. »Durch dick und dünn bin ich mit ihm gegangen! Ich hab' meine Seligkeit verschworen – seinetwegen! Alles hab' ich getan! And jetzt? Jetzt soll ich hierbleiben und alles ausbaden? Wissen Sie: Er hat Slevan erschossen! Den Verdacht hat er auf Sie lenken wollen – auf Sie allein! Ihre Zigaretten hat er dort verraucht – und Ihre Stiefel, die hat er sich irgendwie verschafft …. Er hat die Frau haben wollen! Aber er war auf Sie noch eifersüchtiger als auf Ihren Bruder. And ich –? Ich hab' ihn liebgehabt …. Was kann ich dafür? Ich war jung, und ich habe die Frau nie leiden mögen. Sie war schön und hatte alles, was sie wollte. Ich war nur ein Dienstmädchen, ihre Kammerzofe: die Fanni, die man hin und her schickte …. Da hab' ich den Mund gehalten und mich nicht gerührt und hab' gelacht dazu, wie er ihr alles herausgezogen hat – alles …. Sie Narr! Warum haben Sie ihn davonlaufen lassen?«

»Da –!« Sprauhn sprang vor bis an den Rand der Terrasse; der Neger hinter ihm drein. Die Durand, die dem Meer den Rücken zukehrte, wußte gar nicht, was sie sahen. Sie drehte sich um.


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