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»Sie tanzen wirklich nicht, Herr Hasse?«


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14

Man verteilte sich um den kleinen Tisch, und de Reux, als das Haupt der Familie, begann die Unterhaltung. »Mein Freund, Baron Erdöffy, sagte mir, Herr Hasse seien fremd hier, so etwas wie ein Einsamer?«

»Das ist schon richtig. Ich habe lange Zeit von allem Verkehr mit der Zivilisation abgeschlossen gelebt. Für mich bedeutet dies alles eine Offenbarung. Die Herrschaften werden vielleicht lachen – aber ich habe in meinem ganzen Leben noch keine Jazzband gesehen und gehört.«

Allgemeines Erstaunen. »Ja, gibt es denn heute überhaupt noch eine Gegend«, fragte Mrs. Blythe entsetzt, »wo kein Jazz gespielt wird?« Sie warf ein großes Wort in die Konversation: »Das ist doch der Rhythmus unserer Zeit!«

»Wenn ich das Wort nur höre –!« stöhnte der Spanier, der Guellada hieß oder so ähnlich. Er war ein kleiner Kerl mit lüsternen, unaufhörlich hin und her schweifenden Augen.

»O ja, solche Orte gibt es noch!« warf de Reux ein. »Die Urwälder Brasiliens, die Wüste Gobi ….«

»Lassen Sie mich mit der Wüste in Ruh'!« protestierte Mrs. Blythe. »Ich habe voriges Jahr eine Saharatour gemacht – da tanzten die berühmten Uled-Nails nicht mehr ihren Bauchtanz, sondern Rumba.«

»Wie wär's, wenn wir ihrem Beispiel folgten?« schlug Guellada vor, dem ihre etwas zu üppig geratene Blondheit außerordentlich zu gefallen schien.

Mr. Harris, der Amerikaner, verbeugte sich vor Valerie, und de Reux reichte mit feinem liebenswürdigen Lächeln der großen, überschlanken Mrs. Manderlane den Arm. Erdöffy holte sich eine der Tanzdamen, und so blieben Dale und Hasse in der Loge allein zurück.

»Sie hätten beinahe die ganze Geschichte verdorben!« knurrte Dale. »Warum haben Sie sich auf einmal so gespreizt? Da kommen Sie nach Monte Carlo, schwören, Sie müßten die heiligen Hallen der Villa Plunkett betreten, und dann, wenn der Oberpriester selbst geruht, Sie einzuladen, spielen Sie den Spröden! Oder Angst?«

»Hatte meine Gründe …. Ich will dem Mann nicht zeigen – –« Er biß die Worte ab und fingerte an feiner Zigarette herum.

»Sie kennen ihn also?«

Achselzucken. »Ich glaube, ich hab' das Gesicht irgendwo gesehen …. Leider nur hab' ich solch schlechtes Gedächtnis für Physiognomien ….«

»Nun: Das Gesicht de Reux' ist schon eines, an das man sich erinnern kann!«

»Gewiß!«

»Und die junge Dame?«

Hasse holte tief Atem. Sein Gesicht blieb unbeweglich, wie immer. Doch Dale, der ihn über den Rand seines Cocktailglases hinweg scharf beobachtete, erkannte, wie diese Frage ihn erregte. Die Frau! Immer wieder die Frau bei allen Männern! Dale war so etwas wie ein Philosoph.

»Sie ist die Tochter der Frau, die ich suche!« erwiderte Hasse.


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