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37

Dale und die zwei Polizisten setzten sich in das Auto, und Rovelli hatte das Vergnügen, sich selbst auf die Präfektur zu kutschieren. Aber er war ein hartgesottener Junge – acht Jahre Zuchthaus wegen Raubes.

»Wir wünschen von Ihnen zu erfahren«, war die Frage des Kommissars, »wohin Sie Mrs. Blythe gebracht haben!«

So schlau der Mann war, er hatte sich doch nicht vollkommen in der Gewalt: Ueber sein brutales, dunkles Gesicht zuckte der Schrecken. »Ich habe Mrs. Blythe nach Nizza gefahren. Dort hat sie den Expreß nach Paris genommen.« Das kam stotternd und unsicher heraus.

»Hat sie keine Adresse zurückgelassen?«

»Kann ich nicht sagen. Das ist eine Angelegenheit Madame Durands.«

Der Kommissar, der von der ganzen Angelegenheit nicht übermäßig erbaut schien, blickte zu Dale und Sprauhn hinüber, die dem Verhör beiwohnten. »Da ist nicht viel zu machen!« deutete er an.

Dale war jedoch nicht gesonnen, sich so leichten Spiels abfertigen zu lassen. »Herr Kommissar«, sagte er mit bemerkenswerter Energie, »das ist der vierte Fall, daß ein Gast der Villa Plunkett spurlos verschwindet. Ich habe mich schon zweimal mit den geheimnisvollen Vorgängen im Haus des Herrn de Reux befassen müssen. Leider war es mir nicht möglich, Einblick in die Dinge dort zu gewinnen. Wenn ich keine genügende Unterstützung bei den französischen Behörden finde, müßte ich mich an den amerikanischen Konsul wenden, und die Angelegenheit bekäme dann ein ganz anderes Aussehen. Ich habe den Eindruck, daß der Mann lügt. Er weiß sehr genau, wo Mrs. Blythe sich befindet. Es kommt nur darauf an, wie man ihn fragt.«

»Wir sind in Frankreich und wenden hier keine amerikanischen Methoden an«, schnarrte der Beamte.

Sprauhn mischte sich ein. »Herr Kommissar, ich kann bezeugen, daß die Dame, die verschwunden ist, nicht die geringste Absicht hatte, zu verreisen. Sie hat also die Villa, in der sie sich sehr wohlfühlte, nicht aus freien Stücken verlassen – wenn sie sie überhaupt verlassen hat!«

Während er sprach, ließ er den Piemontesen nicht aus den Augen. Das Gesicht des Mannes blieb ruhig, aber er wandte den Blick ab; seine Hände, behaart und breitfingrig, rollten die Kappe hin und her. Er war nervös, unruhig.

Auch der Kommissar sah ein, daß mit dieser plötzlichen Abreise nicht alles in Ordnung schien. Die Drohung mit dem Konsul tat ebenfalls ihre Wirkung. Rovelli wurde in ein Kreuzfeuer genommen, dem er eine Stunde lang entschlossen standhielt. Dann brach er zusammen und gestand: »Ich bin mit den Koffern der Frau Blythe nach Nizza gefahren. Sie selbst ist noch in der Villa.«

»Wo?«

Ein letztes Zögern – die Angst vor de Reux ….

»Hören Sie!« wandte sich Sprauhn an ihn. »Mit der Herrlichkeit des Herrn de Reux ist es vorbei! So oder so. Die Polizei kommt in die Villa. Sie wird auch in sein Privathaus kommen. Retten Sie Ihre Haut!«

Dem Mann fiel die Kappe zu Boden. Er hob sie auf und biß auf seinen Lippen herum.

»Frau Blythe ist in einem der Räume im Keller unten.«

»Lebt sie?«

Rovelli nickte eifrig. »Selbstverständlich! Wir bringen niemand um – niemand, meine Herren! Die Herrschaften werden dort nur untergebracht, bis man günstige Gelegenheit findet, sie außer Landes zu schaffen ….«

Der Chauffeur wurde in Gewahrsam genommen.

»Und was sollen wir jetzt machen?« fragte der Kommissar. »Das Haus besetzen?«

»Ich würde noch einen Tag warten«, schlug Sprauhn vor. »Man muß den Gästen der Villa Gelegenheit geben, vorher zu verschwinden. Das läge wohl auch in Ihrem Interesse, Herr Kommissar?«

»Je weniger Skandal, desto angenehmer!« gab dieser zu. »Ich werde also morgen früh um acht der Villa meinen Besuch abstatten.«


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