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In der ganzen gefahrvollen Zeit von 1789 an, als ein Land nach dem andern entweder in die Revolution oder in einen blutigen Krieg gezogen wurde, hatte sich das Königreich Dänemark teils durch seine Lage, teils durch die Weisheit seiner Regierung den Frieden erhalten. Sie lebte niemand zu lieb und niemand zu leid, dachte nur darauf, den Wohlstand der Untertanen zu vermehren, wurde deswegen von allen Mächten in Ehren erhalten. Als aber im Jahr 1807 der Engländer sah, dass Russland und Preussen von ihm abgegangen sei, und mit dem Feind Frieden gemacht habe, und dass die Franzosen in allen Häfen und festen Plätzen an der Ostsee Meister sind, und die Sache schlimm gehen kann, wenn sie auch noch sollten nach Dänemark kommen, sagte er kein Wort, sondern liess eine Flotte auslaufen, und niemand wusste, wohin. Als aber die Flotte im Sund und an der dänischen Küste und vor der königlichen Haupt- und Residenzstadt Kopenhagen stand, und alles sicher und ruhig war, so machten die Engländer Bericht nach Kopenhagen hinein: »Weil wir so gute Freunde zusammen sind, so gebt uns gutwillig bis zum Frieden eure Flotte, damit sie nicht in des Feindes Hände kommt, und die Festung. Denn es wäre uns entsetzlich leid, wenn wir euch müssten die Stadt über dem Kopfe zusammenschiessen.« Als wenn ein Bürgersmann oder Bauer mit einem andern einen Prozess hat, und kommt in der Nacht mit seinen Knechten einem Nachbar vor das Bette, und sagt: »Nachbar, weil ich mit meinem Gevattermann einen Prozess habe, so müsst Ihr mir bis Ausgang der Sache Eure Rosse in meine Verwahrung geben, dass mein Gegenpart nicht kann darauf zu den Advokaten reiten, sonst zünd' ich Euch das Haus an, und müsst mir erlauben, dass ich an der Strasse mit meinen Knechten in Euer Kornfeld stehe, auf dass, wenn der Gevattermann auf seinem eigenen Ross zum Hofgericht reiten will, so verrenn' ich ihm den Weg.« Der Nachbar sagt: »Lass mir mein Haus unangezündet! Was gehn mich eure Händel an?« Und so sagten die Dänen auch. Als aber der Engländer fragte: »Wollt ihr gutwillig oder nicht?« und die Dänen sagten: »Nein, wir wollen nicht gutwillig!« so stieg er mit seinen Landungstruppen ans Ufer, rückte immer näher gegen die Hauptstadt, richtete Batterien auf, führte Kanonen drein, und sagte am 2. September nach dem Frieden von Tilsit, jetzt sei die letzte Frist. Allein alle Einwohner von Kopenhagen und die ganze dänische Nation sagten: Das Betragen des übermütigen Feindes sei unerhört, und es wäre eine Schande, die der Belt nicht abwaschen könnte, sich durch Drohungen schrecken zu lassen und in seine ungerechten Forderungen einzuwilligen. Nein! Da fing das fürchterliche Gericht an, das über diese arme Stadt im Schicksal beschlossen war. Denn von abends um sieben Uhr an hörte das Schiessen auf Kopenhagen, mit 72 Mörsern und schweren Kanonen, die ganze Nacht hindurch zwölf Stunden lang nimmer auf; und ein Satan, namens Congreve, war dabei, der hatte ein neues Zerstörungsmittel erfunden, nämlich die sogenannten Brandraketen. Das war ungefähr ein Art von Röhren, die mit brennbaren Materien angefüllt wurden, und vorne mit einem kurzen spitzigen Pfeil versehen waren. Im Schuss entzündet sich die Materie, und, wenn nun der Pfeil an etwas hinfuhr, wo er Habung hatte, so blieb er stecken, manchmal wo niemand zukommen konnte, und die Feuermaterie zündete an, was brennen konnte. Auch diese Brandraketen flogen die ganze Nacht in das arme Kopenhagen hinein. Kopenhagen hatte damals 4000 Häuser, 85’965 Einwohner, 22 Kirchen, 4 königliche Schlösser, 22 Krankenspitäler, 30 Armenhäuser, einen reichen Handel und viele Fabriken. Da kann man denken, wie mancher schöne Dachstuhl in dieser angstvollen Nacht zerschmettert wurde, wie manches bange Mutterherz sich nicht zu helfen wusste, wie manche Wunde blutete, und wie die Stimme des Gebets und der Verzweiflung, das Sturmgeläute und der Kanonendonner durcheinander ging. Am 3. September, als der Tag kam, hörte das Schiessen auf, und der Engländer fragte, ob sie noch nicht wollten gewonnen geben. Der Kommandant von Kopenhagen sagte: »Nein!« Da fing das Schiessen nachmittags um vier Uhr von neuem an, und dauerte bis den 4. September mittags fort, ohne Unterlass und ohne Barmherzigkeit. Und als der Kommandant noch nicht wollte Ja sagen, fing abends das Feuer wieder an, und dauerte die ganze Nacht bis den 5. des Mittags. Da lagen mehr als 300 schöne Häuser in der Asche; ganze Kirchtürme waren eingestürzt, und noch überall wütete die Flamme. Mehr als 800 Bürger waren schon getötet und mehrere schwer verwundet. Ganz Kopenhagen sah hier einer Brandstätte, oder einem Steinhaufen, da einem Lazarett, und dort einem Schlachtfeld gleich. Als endlich der Kommandant von Kopenhagen nirgends mehr Rettung noch Hülfe und überall nur Untergang und Verderben sah, hat er am 7. September kapituliert, und der Kronprinz hat's nicht einmal gelobt.
Das erste war, die Engländer nahmen die ganze Seeflotte von Kopenhagen in Besitz und führten sie weg: 18 Linienschiffe, 15 Fregatten und mehrere kleinere bis auf eine Fregatte, welche der König von England ehemals dem König von Dänemark zum Geschenk gemacht hatte, als sie noch Freunde waren. Diese liessen sie zurück. Der König von Dänemark schickte sie ihnen aber auch nach, und will nichts Geschenktes mehr zum Andenken haben. Im Land selbst und auf den Schiffen hausten die Engländer als böse Feinde, denn der Soldat weiss nicht, was er tut, sondern denkt: Wenn sie es nicht verdient hätten, so führte man keinen Krieg mit ihnen. Zum Glück dauerte ihr Aufenthalt nicht lange; denn sie schifften sich am 19. Oktober wieder ein, und fuhren am 21. mit der dänischen Flotte und dem Raub davon, und der Congreve ist unterwegs ertrunken und hat Frau und Kinder nimmer gesehen. Von dem an hielten die Dänen gemeinschaftlich mit den Franzosen, und Kaiser Napoleon will nicht eher mit den Engländern Friede machen, als bis sie die Schiffe wieder zurückgegeben, und Kopenhagen bezahlt haben. Dies ist das Schicksal von Dänemark, und die Freunde der Engländer sagen, es sei nicht so schlimm gemeint gewesen; andere aber sagen, es hätte nicht können schlimmer sein, und die Dänen meinen's auch.