Friedrich Hebbel
Die Nibelungen
Friedrich Hebbel

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Sechste Szene

Fanfaren, Brunhild, Frigga, Gunther, Hagen, Volker.
Gefolge. Kriemhild und Ute aus der Burg ihnen entgegen.

Gunther.                                 Da ist die Burg,
Und meine Mutter naht mit meiner Schwester,
Dich zu begrüßen.

Volker (zu Brunhild, während die Frauen sich entgegenschreiten).
                              Sind die kein Gewinn?

Hagen.
Siegfried, ein Wort mit dir! Dein Rat war schlecht.

Siegfried.
Mein Rat war schlecht? Ist sie nicht überwunden?
Steht sie nicht da?

Hagen.                         Was ist damit erreicht?

Siegfried.
Ich denke, alles.

Hagen.                       Nichts! Wer ihr den Kuß
Nicht rauben kann, der wird sie nimmermehr
Bewältigen, und Gunther kann es nicht.

Siegfried.
Hat er's versucht?

Hagen.                         Würd ich denn sonst wohl reden?
Vorher! Im Angesicht der Burg. Sie sträubte
Sich anfangs, wie es einer Magd geziemt,
Und wie sich unsre Mütter sträuben mochten,
Doch, als sie merkte, daß ein Daumendruck
Genügte, um den Freier fortzuschnellen,
Da ward sie toll, und als er doch nicht wich,
Ergriff sie ihn und hielt ihn, uns und ihm
Zur ew'gen Schmach, mit vorgestrecktem Arm
Weit in den Rhein hinaus.

Siegfried.                                 Ein Teufelsweib!

Hagen.
Was schiltst du? Hilf!

Siegfried.                           Ich denke, wenn der Priester
Sie erst verband –

Hagen.                           Wär nur die Alte nicht,
Die Magd, die sie begleitet. Diese späht
Und fragt den ganzen Tag und sitzt bei ihr,
Wie ihr Verstand von Siebzig oder Achtzig!
Die fürcht ich mehr, als sie!

Ute (zu Kriemhild und Brunhild). So liebt euch denn
Und laßt den Ring, den eure Arme jetzt
Im ersten Herzensdrang geschlossen haben,
Allmählich sich zu einem Kreis erweitern,
In dem ihr euch mit gleichem Schritt und Tritt
Und gleicher Lust um einen Punkt bewegt.
Ihr werdet's besser haben, als ich selbst,
Denn, was ich meinem Herrn nicht sagen durfte,
Das mußt ich ganz verschlucken, und so konnt ich
Zum wenigsten nicht klagen über ihn.

Kriemhild.
Wir wollen Schwestern werden.

Brunhild.                                               Euretwegen
Mag euer Sohn und Bruder noch vor Nacht
Das Zeichen, das zu seiner Magd mich stempelt,
Mir auf die Lippen drücken, denn ich bin
Noch ungebrannt, wie ein zu junger Baum,
Auch hielt' ich mir, wenn ihr sie nicht versüßtet,
Die Schmach, die mich bedroht, wohl ewig fern.

Ute.
Du sprichst von Schmach?

Brunhild.                                   Vergebt mir dieses Wort,
Doch sprech ich, wie ich fühle. Ich bin fremd
In eurer Welt, und wie die meine euch
Erschrecken würde, wenn ihr sie beträtet,
So ängstigt mich die eurige. Mir deucht,
Ich hätt' hier nicht geboren werden können
Und soll hier leben! – Ist der Himmel immer
So blau?

Kriemhild.
                Nicht immer. Doch die meiste Zeit.

Brunhild.
Wir kennen gar kein Blau, als das des Auges,
Und das nur im Verein mit rotem Haar
Und einem Milchgesicht! Und ist es immer
So still hier in der Luft?

Kriemhild.                             Zuweilen steigen
Auch Wetter auf, dann wird's bei Tage Nacht,
Und Blitz und Donner rasen.

Brunhild.                                       Käme das
Nur heute noch! Mir wär's, wie Heimatsgruß.
Ich kann mich nicht an so viel Licht gewöhnen,
Es tut mir weh, mir ist's, als ging ich nackt,
Als wäre kein Gewand hier dicht genug! –
Das sind wohl Blumen? Rot und gelb und grün!

Kriemhild.
Du sahst sie nie und kennst die Farben doch?

Brunhild.
Wir haben Edelsteine aller Art,
Nur weiße nicht und schwarze, aber weiß
Ist meine eigne Hand und schwarz mein Haar.

Kriemhild.
So weißt du nichts vom Duft!
(Sie pflückt ihr ein Veilchen.)

Brunhild.                                         O der ist schön!
Und diese kleine Blume haucht ihn aus,
Die einz'ge, die mein Auge nicht bemerkte?
Der möcht ich einen süßen Namen geben,
Doch hat sie wohl schon einen.

Kriemhild.                                         Keine ist
Demütiger, als sie, und keine hätte
Dein Fuß so leicht zertreten, denn sie scheint
Sich fast zu schämen, mehr zu sein, als Gras,
So tief versteckt sie sich, und dennoch schmeichelt
Sie dir die ersten sanften Worte ab.
Sei sie dir denn ein Zeichen, daß sich manches
Vor deinem Blick hier noch verbergen mag,
Was dich beglücken wird.

Brunhild.                                   Ich hoff's und glaub's! –
Doch tut's auch not! Du weißt nicht, was es heißt,
Ein Weib zu sein und doch in jedem Kampf
Den Mann zu überwinden, und die Kraft,
Die ihn verläßt, aus dem verströmten Blut,
Das dir entgegen dampft, durch's bloße Atmen
In dich zu trinken! Immer stärker dich
Zu fühlen, immer mutiger, und endlich,
Wenn du des Siegs gewisser bist, als je
(in plötzlicher Wendung)
Frigga, ich frag dich noch einmal! Was war's,
Was sah und sprach ich vor dem letzten Kampf?

Frigga.
Du scheinst im Geist dies Land gesehn zu haben.

Brunhild.
Dies Land!

Frigga.               Und warst entzückt.

Brunhild.                                           Ich war entzückt! –
Doch deine Augen flammten.

Frigga.                                           Weil ich dich
So glücklich sah.

Brunhild.                     Und diese Recken schienen
Mir weiß, wie Schnee.

Frigga.                                 Sie waren's schon vorher.

Brunhild.
Warum verhehltest du's mir denn so lange?

Frigga.
Es ward mir selbst erst diese Stunde klar,
Wo ich vergleichen kann.

Brunhild.                                 Wenn ich entzückt
Gewesen bin, als ich dies Land erblickte,
So muß ich's wieder werden.

Frigga.                                           Zweifle nicht.

Brunhild.
Es kommt mir doch so vor, als hätte ich
Von Sternen und Metallen –

Frigga.                                           Auch, ja wohl!
Du sprachst, die Sterne funkelten hier heller,
Doch Gold und Silber wären dafür blind.

Brunhild.
Ei so!

Frigga (zu Hagen).
          Nicht wahr?

Hagen.                           Ich hab nicht drauf gehört.

Brunhild.
Ich bitt euch alle, nehmt mich für ein Kind,
Ich werde schneller wachsen, wie ein andres,
Doch bin ich jetzt nicht mehr. (Zu Frigga.) Das also war's?

Frigga.
Das war's!

Brunhild.           So ist's ja gut! So ist's ja gut! –

Ute (zu dem herangetretenen Gunther).
Mein Sohn, wenn sie zu herb ist gegen dich,
Laß ihr nur Zeit! Bei dem Geschrei der Krähen
Und Raben, das sie hörte, konnte sich
Ihr Herz nicht öffnen, doch es wird geschehn
Bei Lerchenruf und Nachtigallenschlag.

Hagen.
So spricht der Spielmann, wenn er's Fieber hat
Und junge Hunde streichelt. Sei's darum.
Der Jungfrau gönne Zeit, sich zu besinnen,
Die Fürstin aber halte gleich beim Wort.
Sie ist die Deine durch das Recht der Waffen,
So greife zu!
(Ruft.)           Kaplan! (Schreitet voran.)

Gunther.                             Ich folg dir gern!

Siegfried.
Halt, Gunther, halt, was hast du mir gelobt?

Gunther.
Kriemhild, darf ich den Gatten für dich wählen?

Kriemhild.
Mein Herr und Bruder, füg es, wie du magst!

Gunther (zu Ute).
Ich habe keinen Widerspruch zu fürchten?

Ute.
Du bist der König, ich bin Magd, wie sie!

Gunther.
So bitt ich dich inmitten meiner Sippen:
Lös einen Eid für mich und sie, und reiche
Dem edlen Siegfried deine Hand.

Siegfried.                                               Ich kann
Nicht reden, wie ich möchte, wenn ich dir
Ins Antlitz sehe, und von meinem Stottern
Hast du vorhin wohl schon genug gehabt,
Drum frag ich dich, wie jeder Jäger fragt,
Nur, daß ich nicht dabei vom Hut die Federn
Herunterblase: Jungfrau, willst du mich?
Doch, daß dich nicht die Einfalt selbst besteche,
Und du nicht völlig unberaten seist,
So laß dir noch vor Ja und Nein vermelden,
Wie meine Mutter mich zu schelten pflegt.
Sie sagt, ich sei zwar stark genug, die Welt
Mir zu erobern, aber viel zu dumm,
Den kleinsten Maulwurfshügel zu behaupten,
Und wenn ich nicht die Augen selbst verlöre,
So läg's allein an der Unmöglichkeit.
Auch magst du ihr das eine willig glauben,
Das andre aber werd ich widerlegen,
Denn wenn ich dich nur erst erobert habe,
So soll man sehn, wie ich behaupten kann!
Nun denn, noch einmal: Kriemhild, willst du mich?

Kriemhild.
Du lächelst, Mutter! Oh, ich habe nicht
Vergessen, was ich träumte, und der Schauder
Ist nicht entflohn, er warnt mich mehr, als je,
Doch eben darum sag ich mutig: Ja!

Brunhild (tritt zwischen Kriemhild und Siegfried).
Kriemhild!

Kriemhild.         Was willst du?

Brunhild.                                     Mich als Schwester dir
Beweisen!

Kriemhild. Jetzt? Worin?

Brunhild (zu Siegfried).   Wie darfst du's wagen,
Die Hand nach ihr, nach einer Königstochter,
Nur auszustrecken, da du doch Vasall
Und Dienstmann bist!

Siegfried.                           Wie?

Brunhild.                                     Kamst du nicht als Führer
Und gingst als Bote?
(Zu Gunther.)           Und wie kannst du's dulden
Und unterstützen, daß er's tut?

Gunther.                                         Er ist
Der Erste aller Recken!

Brunhild.                               Dafür weis ihm
Den ersten Platz an deinem Throne an.

Gunther.
Er ist an Schätzen reicher, als ich selbst!

Brunhild.
Pfui! Gibt ihm das ein Recht auf deine Schwester?

Gunther.
Er hat mir tausend Feinde schon erschlagen.

Brunhild.
Der Held, der mich besiegte, dankt ihm das?

Gunther.
Er ist ein König, wie ich selbst.

Brunhild.                                           Und stellte
Doch zu den Knechten sich?

Gunther.                                       Dies Rätsel will ich
Dir lösen, wenn du mein geworden bist!

Brunhild.
Nie werd ich's, eh ich dein Geheimnis weiß.

Ute.
So willst du mich durchaus nicht Mutter nennen?
Verschieb es nicht zu lange, ich bin alt,
Auch trug ich manches Leid!

Brunhild.                                         Ich folge ihm
Zur Kirche, wie ich schwur, und werde dir
Mit Freuden Tochter, aber ihm nicht Weib.

Hagen (zu Frigga).
Beschwicht'ge sie!

Frigga.                           Was braucht es mein dazu?
Wenn er sie einmal überwunden hat,
So wird's ihm auch das zweite Mal gelingen,
Doch ist's ein Recht der Magd, daß sie sich sträubt.

Siegfried (Kriemhild bei der Hand fassend).
Daß ich mich gleich als König hier erweise,
So schenk ich dir den Nibelungenhort.
Und nun zu meinem Recht und deiner Pflicht.
(Er küßt sie.)

Hagen.
Zum Dom!

Frigga               Hat er den Nibelungenhort?

Hagen.
Du hörst. Trompeten!

Frigga.                               Auch die Balmungklinge?

Hagen.
Warum nicht? Holla, blast die Hochzeit ein!

(Rauschende Musik. Alle ab.)

Siebente Szene

Halle. Truchs und Wulf treten auf. Zwerge tragen Schätze über die Bühne.

Truchs.
Ich steh zu Kriemhild.

Wulf.                                   So? Zu Brunhild ich.

Truchs.
Warum, wenn's dir beliebt?

Wulf.                                           Wie brächtest du
Dein Lanzenspiel zusammen, wenn wir alle
Dieselbe Farbe hielten?

Truchs.                                 Diesen Grund
Muß ich dir gelten lassen, aber sonst
Wär's Tollheit.

Wulf.                       Ho! Das sag nur nicht zu laut,
Denn viele gibt's, die zu der Fremden schwören.

Truchs.
Es ist ein Unterschied, wie Tag und Nacht.

Wulf.
Wer leugnet das? Doch mancher liebt die Nacht!
(Zeigt auf die Zwerge.)
Was schleppen die?

Truchs.                             Ich denk, es ist der Hort,
Denn Siegfried hat ihn von den Nibelungen,
Als er sie zum Geleit hieher entbot,
Gleich mit heraufgebracht, und wie ich höre,
Ist er zum Wittum für Kriemhild bestimmt.

Wulf.
Unholde, diese Zwerge! Hohl im Rücken!
Kehr einen um, so liegt ein Backtrog da.

Truchs.
Sie hausen auch ja mit dem Wurmgeschlecht
Im Bauch der Erde und in Bergeshöhlen,
Und sind des Maulwurfs Vettern.

Wulf.                                                     Aber stark!

Truchs.
Und klug! Der braucht nach der Alraunenwurzel
Nicht mehr zu spähn, der die zu Freunden hat.

Wulf (zeigt auf die Schätze).
Wer das besitzt, braucht alle beide nicht.

Truchs.
Ich möcht es kaum. Es ist ein altes Wort,
Daß Zaubergold noch durstiger nach Blut,
Als ausgedörrter Schwamm nach Wasser ist;
Auch führen diese Nibelungenrecken
Gar wunderliche Reden.

Wulf.                                       Von dem Raben!
Was war es doch? Ich hab's nur halb gehört.

Truchs.
Ein Rabe hat sich auf das Gold gesetzt,
Als man's zum Schiff hinunter trug, und so
Gekrächzt, daß Siegfried, weil er ihn verstand,
Sich erst die Ohren zugehalten und
Gepfiffen, dann nach ihm mit Edelsteinen
Geworfen, und zuletzt, weil er nicht wich,
Sogar den Speer geschleudert haben solle

Wulf.
Das will was heißen! Denn er ist im Grunde
So sanft, als tapfer. (Es wird geblasen.) Horch, das gilt auch uns!
Sie sammeln sich. Hie Brunhild!

Truchs.                                                 Kriemhild hie!

(Ab. Andere Recken, die sich inzwischen gesammelt haben, schließen sich an und wiederholen den Ruf. Es wird nach und nach dunkel.)

Achte Szene

Hagen und Siegfried treten auf.

Siegfried.
Was willst du, Hagen? Warum winkst du mich
Hinweg von dem Bankett? Ich werde nie
So wieder sitzen, wie ich heute sitze,
So gönnt mir doch den Tag, ich hab's ja wohl
Um euch verdient.

Hagen.                         Es gibt noch mehr zu tun.

Siegfried.
Verschiebt's auf morgen! Die Minute gilt
Mir heut ein Jahr, ich kann die Worte zählen,
Die ich mit meiner Braut gesprochen habe,
So laßt mir doch den Abend für mein Weib.

Hagen.
Verliebte und Berauschte störte ich
Noch niemals ohne Not. Es hilft dir nichts,
Daß du dich sträubst, du mußt. Was Brunhild sprach,
Hast du gehört, und wie sie Hochzeit hält,
Siehst du ja wohl, sie sitzt bei Tisch und weint.

Siegfried.
Kann ich es ändern?

Hagen.                             Daß sie halten wird,
Was sie gelobte, ist nicht zweifelhaft,
Und daß die Schande unauslöschlich wäre,
Noch weniger! Dies leuchtet dir doch ein?

Siegfried.
Was folgt daraus?

Hagen.                         Daß du sie bänd'gen mußt!

(Gunther tritt herzu.)

Siegfried.
Ich?

Hagen.
        Hör mich an! Der König geht mit ihr
Ins Schlafgemach. Du folgst ihm in der Kappe.
Er fordert, eh sie sich das Tuch noch lüftet,
Mit Ungestüm den Kuß. Sie weigert ihn.
Er ringt mit ihr. Sie lacht und triumphiert.
Er löscht, als wär's von ungefähr, das Licht
Und ruft: So weit der Spaß und nun der Ernst,
Hier wird es anders gehn, als auf dem Schiff!
Dann packst du sie und zeigst ihr so den Meister,
Bis sie um Gnade, ja ums Leben fleht.
Ist das geschehn, so läßt der König sie
Zu seiner untertän'gen Magd sich schwören,
Und du entfernst dich, wie du kamst!

Gunther.                                                     Bist du
Bereit, mir diesen letzten Dienst zu leisten?
Ich fordre niemals einen mehr von dir.

Hagen.
Er wird und muß. Er hat es angefangen,
Wie sollt er's nicht auch enden?

Siegfried.                                             Wollt ich auch,
Und wahrlich, ihr verlangt ein Stück von mir,
Das ich wohl auch an einem andern Tage,
Als an dem Hochzeitstag, euch weigern dürfte,
Wie könnt ich nur? Was sagt ich zu Kriemhild?
Sie hat schon jetzt so viel mir zu vergeben,
Daß mir der Boden unterm Fuße brennt;
Wollt ich den Fehl noch einmal wiederholen,
So könnte sie's im Leben nicht verzeihn.

Hagen.
Wenn eine Tochter von der Mutter scheidet,
Und aus dem Zimmer, wo die Wiege stand,
Ins Brautgemach hinüberschreiten soll,
So gibt es einen langen Abschied, Freund!
Die Zeit reicht hin für dich und also – Topp!
(Da Siegfried die Hand weigert.)
Brunhild ist jetzt ein angeschoßnes Wild,
Wer wird es mit dem Pfeil so laufen lassen,
Ein edler Jäger schickt den zweiten nach.
Verloren ist verloren, hin ist hin,
Die stolze Erbin der Valkyrien
Und Nornen liegt im Sterben, töt sie ganz,
Dann lacht ein muntres Weib uns morgen an,
Das höchstens spricht: ich habe schwer geträumt!

Siegfried.
Ich weiß nicht, was mich warnt.

Hagen.                                                 Du denkst, Frau Ute
Ist fertig, eh du selbst! Verlaß dich drauf,
Sie ruft Kriemhild nach Segen und Umarmung
Noch dreimal wieder um!

Siegfried.                                 Und dennoch: Nein!

Hagen.
Was? Wenn in diesem Augenblick ein Bote
Erschiene und dir meldete, dein Vater
Läg auf den Tod darnieder, riefest du
Nicht gleich nach deinem Roß, und triebe dich
Dein Weib nicht selbst hinauf? Nun kann ein Vater
Doch selbst als Greis genesen, doch die Ehre,
Einmal erkrankt, und dann nicht rasch geheilt,
Steht niemals wieder von den Toten auf.
Und eines Königs Ehre ist der Stern,
Der alle seine Recken mit beleuchtet
Und mit verdunkelt! Weh dem Zauderer,
Der ihm nur einen seiner Strahlen raubt.
Vermöchte ich's, so bät ich dich nicht länger,
Ich tät es selbst und wäre stolz darauf,
Doch Zauberkünste haben's angefangen,
Und Zauberkünste müssen's nun auch enden:
So tu's denn! Soll ich knien?

Siegfried.                                       Ich tu's nicht gern!
Wer hätt' sich das gedacht! Und dennoch lag's
So nah! Oh, dreimal heilige Natur!
Mich widert's, wie noch nie in meinem Leben,
Doch was du sagst, hat Grund, und also sei's.

Gunther.
Ich gebe meiner Mutter einen Wink –

Hagen.
Nein! Nein! Kein Weib! Wir stehn allhier zu dreien
Und haben, hoff ich, keine einz'ge Zunge,
Der vierte in unsrem Bunde sei der Tod!

(Alle ab.)


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