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Abschied von Oskar Loerke

Kundgebung zum Tode Oskar Loerkes am 24. Februar 1941.

Oskar Loerke ist gestorben. Das Leben hat uns nicht vergönnt, jene Kameradschaft zu pflegen, die ein nahes Beieinanderwohnen mit sich bringt, aber es war eine geistige Gemeinschaft zwischen uns: sie bestand wohl länger als vier Jahrzehnte. Ich sehe diesen edlen, mitunter mehr als festen Charakter durch die verschiedensten Zeiten und Lebenslagen schreiten: er besaß eine Eigenheit und Festigkeit, die er gelegentlich rücksichtslos anwendete. Ich weiß davon, habe sie aber an mir selbst nie erfahren.

Oskar Loerke war ein Dichter. Seine Ausdrucksform – wie ich auch in diesem Augenblick ehrlich bekenne – übertrug sich in mein Wesen nicht immer leicht. Aber es gab in seinem Dichten auch für mich nicht zu übertreffende Höhepunkte.

Unvergleichlich schön und groß geartet war die Kraft seiner Rezeptivität: auch diese ist ohne den Dichter in ihm nicht zu denken und nicht ohne diese große Liebe, will heißen Leidenschaft, für die Dinge der Kunst. In ihren Schöpfungen hat er gelebt. Es ist nichts Kleines, wenn ich das sage, weil der Fähigkeit dazu etwas Elementares zugrunde liegen muß, das selten ist und gleichsam den Adelsbrief der Kunst bedeutet.

Vornehmlich hat seine edle Seele die einander verwandten hohen Gebiete der Dichtung und Musik in diesem Sinne umfaßt. Ich habe, mit Neid, dabei bewundert, wie tief er in dem Element der Musik zu Hause war. Weit entfernt davon, Dichtung und bildende Kunst damit geringer zu schätzen, sehe ich doch in einer Musik, wie Bach, Mozart, Beethoven und andere sie ausübten, die reine und höchste Sprache des Göttlichen in der Menschennatur.

Loerke hat viel im Dienste anderer gelebt. Ich meine nicht nur im Sinne, wie jeder tätige Mensch es tut, sondern in dem, der um anderer Strebenden willen und auch anderer Meister sich selbst und sein wesentlichstes und liebstes Wirken zurückstellt. Er verdient in dieser Beziehung die Bewunderung aller und unauslöschliche Dankbarkeit.

Er trat für das ihm würdig Scheinende mit der ganzen Kraft seiner Seele ein und gab zahllose, köstliche Lebensstunden dahin, um dafür zu zeugen und zu wirken. Die letzten Jahre bedeuteten für ihn einen heroischen Lebenskampf, in dem er genötigt war, gegen Sorge und Krankheit das, sagen wir ruhig, Göttliche seiner Natur durchzusetzen und aufrechtzuerhalten: was aber diesem Helden der Arbeit und Kunst auch gelungen ist.

Mein Lebewohl an den Kameraden im Ringen um allerhöchste Werte der deutschen Nation möge ein Sonett aussprechen, das ich ihm zu seinem fünfzigsten Geburtstag widmen konnte:

Freund, der du Freund den Besten bist gewesen
und bist, die lebten und die heute leben,
du hast dich ganz und reich an sie gegeben:
ihr Wesen wardst du, so wie sie dein Wesen.

Mag nun dein Geist in Bachscher Fuge beben,
mag er des Kunstverwandten Herz durchdringen –
trotzdem, er kommt und geht auf eignen Schwingen,
die leicht zu eignen Himmeln ihn entheben:

So hör' ich heut die Neun im Reigen singen
und ihren Liebling tiefen Klangs verehren!
Und neue Gaben, Bester, dir zu bringen

versprechen sie, von ihrem Gott, dem hehren,
der von Parnassos' Höhen niederglänzet,
wo ihm dein Opfer raucht auf den Altären:

Tritt unter sie, o Freund, und sei bekränzet.


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