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Die Barken

Trunken von Mondlicht und ertrunken fast
im Silberdunst der Nacht, fühlt' ich die Barke
die Bahn hingleiten. So nußschalen-klein
trug sie Begeistrung, Gottestrunkenheit,
Musik! Der Bursche sang: die Seele jauchzte
in die verlaßne Pracht. Die Stimme schwell
zur Höhe, bebte, drängte sich hervor,
weinend und jubelnd. – Und am Ufer hin
schliefen die Häuser. – Mancher wohl im Bett,
in dunkler Kammer, war wie ich erwacht
und lauschte. Roh zerrissen ward miteins
der nächtige Zauber. Grauenvoll durchdrang
ein gellend wilder Pfiff das Traumesreich-
Die Schönheit schwieg. Halb schlafend lag ich da,
und fern erstarb allmählich der Gesang,
Auf stieg die ew'ge Macht der Stille. Leise
grasten des Comersees gespenstige
Kuhherden: Barken, welche Glocken tragen
und ungesehen läuten ob der Flut.
Und weiter träumt' ich: in verfallner Burg
am Meere wohnt' ich. Durch die Riesenbogen
der Fenster sah der Mond. Bestirnter Himmel
schien her bis übers Lager sich zu breiten.
Tief unten brausten Wasser, warfen sich
dumpf wuchtend gegen die Zyklopenquadern
der Burg. – In tiefer Hafenhalle schlugen
die Barken aneinander.

Tremezzo, 1. Mai 1898.


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