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Einleitung.

I. Hinblick auf die Allopathie der bisherigen Arzneischule.

Ohne die Verdienste zu verkennen, welche viele Aerzte um die Hülfswissenschaften der Medicin, um die Naturkenntniße in der Physik und der Chemie, um die Naturgeschichte in ihren verschiedenen Zweigen und der des Menschen im Besondern, um die Anthropologie, Physiologie und Anatomie u. s. w. sich erwarben, habe ich es hier nur mit dem praktischen Theile der Medicin zu thun, um zu zeigen, wie die Krankheiten bisher so unvollkommen behandelt wurden. Tief jedoch liegt unter meinem Vorhaben jener handwerksmäßige Schlendrian, das kostbare Menschenleben nach Recepttaschenbüchern zu kuriren, deren noch fortwährende Erscheinung im Publikum, leider, noch immer ihren häufigen Gebrauch erweiset. Ich lasse sie als Skandale der Hefe des gemeinen Arztvolkes ganz unberücksichtigt. Ich rede bloß von der bisherigen Arzneikunst, die sich wissenschaftlich dünkt, eingebildet auf ihre Alterthümlichkeit.

Diese alte Arzneischule bildete sich viel darauf ein, vorgeben zu können, daß sie allein den Namen » rationelle Heilkunst« verdiene, weil sie allein die Ursache der Krankheit aufsuche und hinwegzuräumen sich bemühe, auch nach dem Vorgange der Natur in Krankheiten verfahre.

Tolle causam! ruft sie wiederholt. Aber bei diesem leeren Rufe blieb es gewöhnlich. Sie wähnten nur, die Krankheits-Ursache finden zu können, fanden sie aber nicht. Denn da die meisten, ja die allermeisten Krankheiten dynamischen Ursprungs und dynamischer Natur sind, ihre Ursache also nicht sinnlich zu erkennen ist, so waren sie beflissen, sich eine zu erdenken, und aus der Ansicht der Theile des normalen, todten, menschlichen Körpers (Anatomie), verglichen mit den sichtbaren Veränderungen dieser innern Theile an Krankheiten verstorbener Menschen (pathologische Anatomie), so wie aus dem, was aus der Vergleichung der Erscheinungen und Funktionen im gesunden Leben (Physiologie) mit den unendlichen Abweichungen derselben in den unzähligen Krankheitszuständen (Pathologie, Semiotik) sich zu ergeben schien, Schlüsse auf den unsichtbaren Vorgang der Veränderungen im innern Wesen des Menschen bei Krankheiten zu ziehen – ein dunkles Phantasiebild, was die theoretische Medicin für ihre prima causa morbi hielt, die dann die nächste Ursache der Krankheit und auch zugleich das innere Wesen der Krankheit, die Krankheit selbst, seyn sollte – obgleich, nach dem gesunden Menschenverstande, die Ursache eines Dinges nie ungleich das Ding selbst seyn kann. Wie konnten sie nun, ohne Selbsttäuschung, dieß unerkennbare, innere Wesen zum Heilgegenstande machen und dagegen Arzneien verordnen, deren Heiltendenz ihnen ebenfalls größtentheils unbekannt war, und zwar mehre solche ungekannte Arzneien zusammen gemischt in sogenannten Recepten?

Doch lösete sich dieß sublime Projekt, eine innere, unsichtbare, apriorische Krankheitsursache zu finden, wenigstens bei den verständigern Aerzten, in ein freilich auch von den Symptomen geleitetes auf, in ein Aufsuchen, was etwa muthmaßlich als der generelle Charakter des gegenwärtigen Krankheitsfalles anzunehmen sey? ob Krampf? oder Schwäche? oder Lähmung? oder Fieber? oder Entzündung? oder Verhärtung? oder Infarkten dieses oder jenes Theils? oder Blut-Uebermenge (Plethora)? Mangel oder Uebermaß an Sauer-, Kohlen-, Wasser- oder Stickstoff in den Säften? gesteigerte oder gesunkene Arteriellität, oder Venosität, oder Capillarität? relatives Verhältniß der Faktoren der Sensibilität, Irritabilität, oder Reproduktion? – Muthmaßungen, welche, von der bisherigen Schule mit dem Namen: Causal-Indication beehrt und für die einzig mögliche Rationalität in der Medicin gehalten, allzu trügliche, hypothetische Annahmen waren, als daß sie sich praktisch brauchbar hätten bewähren können – unfähig, selbst wenn sie gegründet hätten seyn können, oder gewesen wären, das treffendste Heilmittel für den Krankheits-Fall anzuzeigen, zwar der Eigenliebe des gelehrten Erdenkers wohl schmeichelnd, im darnach Handeln aber meist irre fahrend, und womit es mehr auf Ostentation, als auf ernstliche Findung der Heil-Indication angelegt war.

Und wie oft schien nicht in dem einen Theile des Organisms Krampf oder Lähmung zu seyn, während in einem andern Theile anscheinend Entzündung statt fand!

Oder wo sollten, auf der andern Seite, die für jeden dieser angeblichen, allgemeinen Charaktere sicher helfenden Arzneien herkommen? Die sicher helfenden hätten doch wohl keine andern als die specifischen seyn können, d. i. dem Krankheits-Reize in ihrer Wirkung homogene Homöopathische jetzt genannt. Arzneien, deren Gebrauch aber von der alten Schule als höchst schädlich verboten »Wo die Erfahrung uns die Heilkraft homöopathisch wirkender Arzneien kennen gelehrt hatte, deren Wirkungsart man sich nicht erklären konnte, da half man sich damit, sie für specifisch zu erklären, und mit diesem eigentlich nichts sagenden Worte ward das Nachdenken darüber eingeschläfert. Man hat aber längst schon die homogenen Reizmittel (die specifischen, homöopathischen) als höchst schädliche Einflüsse verboten.« Rau, Ueb. d. homöop. Heilverf. Heidelb. 1824. S. 101. 102. und verpönt war, weil die Beobachtung gelehrt hatte, daß, bei der in Krankheiten so hoch gesteigerten Receptivität für homogene Reize, solche Arzneien in den hergebrachten, großen Gaben lebensgefährlich sich erwiesen hatten. Von kleinem Gaben aber und höchst kleinen hatte die alte Schule keine Ahnung. Also auf geradem (natürlichsten) Wege durch homogene, specifische Arzneien durfte nicht geheilt werden, konnte auch nicht, da die meisten Wirkungen der Arzneien unbekannt waren und blieben.

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Doch glaubte die bisherige Arzneischule, weil's ihr doch wohl verständiger deuchtete, wo möglich einen andern, geraden Weg zu suchen, als Umwege einzuschlagen, noch dadurch Krankheiten direkt aufzuheben, theils indem sie bedeutende Symptome durch entgegengesetzt wirkende Arzneien unterdrückte, das ist, durch das antipathische (palliative) Verfahren (welches im Texte des Organons d. H. gewürdigt wird), theils durch Wegschaffung der (angeblichen) materiellen Krankheits-Ursache – denn der gewöhnlichen Arzt-Schule war es fast unmöglich, sich bei Ansicht und Beurtheilung einer Krankheit und eben so wenig bei Aufsuchung der Cur-Indication von diesen materiellen Begriffen loszumachen und die Natur des geistig-körperlichen Organisms für ein so hoch potenzirtes Wesen anzuerkennen, daß die Abänderungen seines Lebens in Gefühlen und Thätigkeiten, die man Krankheiten nennt, hauptsächlich, ja fast einzig durch dynamische Einwirkungen bedingt und bewirkt werden müßten und gar nicht anders bewirkt werden könnten.

Durchaus sah die bisherige Schule jene durch die Krankheit veränderten Stoffe, die turgescirenden sowohl, als die sich absondernden, innormalen Stoffe für Krankheits-Erreger, wenigstens, wegen ihrer angeblichen Rückwirkung, als Krankheits-Unterhalter an und thut letzteres bis auf diese Stunde noch.

Daher wähnte sie Causal-Curen zu verrichten, indem sie diese eingebildeten und vorausgesetzten, materiellen Ursachen der Krankheit hinwegzuschaffen sich bemühte. Daher ihr emsiges Fortschaffen der Galle durch Erbrechen bei gallichten Fiebern Der achtungswerthe Hofrath Rau (üb. d. Werth des homöop. Heilverfahrens. Heidelb. 1824. S. 176 u. f.), damals noch nicht völlig in die Homöopathie eingeweiht, heilte gleichwohl, aus inniger Ueberzeugung von der dynamischen Ursache selbst dieser Fieber, dieselben ohne das mindeste Ausleerungsmittel durch eine oder zwei kleine Gaben homöopathischer Arznei, wovon er da zwei merkwürdige Cur-Geschichten erzählt., ihre Brechmittel bei sogenannten Magen-Verderbnißen Bei einer schnellen Magen-Verderbniß, mit stetem, widerlichem Aufstoßen nach verdorbenen Speisen, gewöhnlich mit Niedergeschlagenheit des Gemüths, bei kalten Füßen und Händen, u. s. w. ging der gewöhnliche Arzt bisher nur auf den entarteten Magen-Inhalt los: ein tüchtiges Brechmittel soll ihn rein herausschaffen. Gewöhnlich erreicht er diese Absicht mit weinsteinsauerm Spießglanze, mit oder ohne Ipecacuanha. Ist denn aber der Kranke darauf sogleich gesund, munter und heiter? O nein! Gewöhnlich ist eine solche Magen-Verderbniß dynamischen Ursprungs, durch Gemüths-Störungen (Gram, Schreck, Aerger), Verkältung, Anstrengung des Geistes oder Körpers unmittelbar aufs Essen, – selbst oft nach mäßigem Speise-Genuß erzeugt. Diese dynamische Verstimmung zu heben, sind diese beiden Arzneien nicht geeignet, und eben so wenig das dadurch hervorgebrachte revolutionäre Erbrechen. Und Brechweinstein und Ipecacuanba haben noch überdieß aus ihren anderweiten eigenthümlichen Krankheit-Erregungs-Symptomen Nachtheile für das Befinden des Kranken hinzugefügt, und die Gall Abscheidung ist in Unordnung gekommen, so daß, wenn der Leidende nicht ganz robust war, er noch mehre Tage sich auf diese angebliche Causal-Cur übel befinden muß, trotz aller dieser gewaltsamen Herausschaffung des vollständigen Magen-Inhalts. – Wenn aber der Leidende, statt solcher heftigen und oft nachtheiligen Ausleerungs-Arzneien, nur ein einziges Mal in hochverdünnten Pulsatille-Saft (an ein Senfsamen großes, damit befeuchtetes Streukügelchen) riecht, wodurch die Verstimmung seines Befindens im Allgemeinen und seines Magens insbesondre gewiß aufgehoben wird, so ist er in zwei Stunden genesen, und hat er dann ja noch einmal Aufstoßen, so ist es geschmack- und geruchlose Luft – der Magen-Inhalt ist nicht mehr verdorben, und bei der nächsten Mahlzeit hat er wieder seinen vollen, gehörigen Appetit; er ist gesund und munter. Dieß ist wahre Causal-Cur, jenes aber eine eingebildete, ist nur eine schädliche Strapaze für den Kranken. Ein selbst mit schwer verdaulichen Speisen überfüllter Magen erfordert wohl nie ein arzneiliches Brechmittel. Die Natur weiß hier den Ueberfluß am besten durch Ekel, Uebelkeit und Selbst-Erbrechen, allenfalls mit Beihülfe mechanischer Reizung des Gaumen-Vorhangs und Rachens, durch den Schlund wieder von sich zu geben, und dann werden die arzneilichen Nebenwirkungen der medicinischen Brechmittel vermieden – etwas Kaffee-Trank befördert den Rest im Magen vollends nach unten hin. Wäre aber nach arger Ueberfüllung des Magens die Reizbarkeit des Magens zum Selbsterbrechen nicht zureichend oder verschwunden, so daß alle Neigung dazu, unter großen Schmerzen des Epigastriums, erlöschte, so wird in diesem gelähmten Zustande des Magens ein solches Brechmittel bloß eine gefährliche oder tödtliche Eingeweide-Entzündung zur Folge haben, während eine öfter gereichte kleine Menge starken Kaffee-Tranks die gesunkene Reizbarkeit des Magens dynamisch erhoben und ihn allein in den Stand würde gesetzt haben, seinen, auch noch so übermäßigen Inhalt von oben oder unten auszufördern. Auch hier ist jene vorgebliche Causal-Cur am unrechten Orte. Selbst die in chronischen Krankheiten nicht selten aufschwulkende, ätzende Magensäure wird, mit großer Beschwerde und dennoch vergeblich, heute mit einem Brechmittel gewaltsam ausgeleert und morgen, oder doch die nächsten Tage durch gleich ätzende Magensäure, und dann gewöhnlich noch in größerer Menge, ersetzt, während sie von selbst weicht, wenn ihr dynamischer Ursprung durch eine sehr kleine Gabe hochverdünnter Schwefel-Säure, oder, besser, eines, auch den übrigen Symptomen in Aehnlichkeit angemessenen, antipsorischen Mittels in feinster Gabe heilkräftig aufgehoben wird. Und so giebt es mehre angebliche Causal-Curen der alten Schule, deren Lieblings-Bestreben ist, das materielle Produkt der dynamischen Verstimmung mit beschwerlichen Vorkehrungen mühsam und mit Nachtbeil hinwegzuräumen, ohne die dynamische Quelle des Uebels zu erkennen und sie homöopathisch sammt ihren Ausflüssen zu vernichten, und so verständig zu heilen., ihr fleißiges Auspurgiren des Schleims, der Spul- und Madenwürmer bei der Gesichts-Blässe, der Ess-Gier, dem Leibweh und den dicken Bäuchen der Kinder Umstände, welche bloß auf Psora-Siechthum beruhen und durch (dynamische) milde, antipsorische Mittel leicht geheilt werden, ohne Brechen oder Laxiren., ihr Aderlassen bei Blutflüssen Ungeachtet fast allen krankhaften Blutflüssen bloß eine dynamische Verstimmung der Lebenskraft (des Befindens) zum Grunde liegt, hält dennoch die alte Schule eine Blut-Uebermenge für ihre Ursache und kann sich nicht enthalten, Aderlässe vorzunehmen, um den vermeinten Ueberfluß dieses Lebenssaftes fortzuschaffen; den ganz gewöhnlich übeln Erfolg aber, das Sinken der Kräfte und die Hinneigung oder gar den Uebergang zum Typhösen sucht sie auf die Bösartigkeit der Krankheit zu schieben, mit der sie dann oft nicht fertig werden kann – genug sie glaubt, wenn auch nun der Kranke nicht aufkommt, eine Cur nach ihrem Wahlspruche, causam tolle, vollführt zu haben, es erfolge nun, was da wolle., und vorzüglich alle Arten der Blut-Entziehungen Ungeachtet es vielleicht nie einen Tropfen Blut zu viel im lebenden menschlichen Körper gegeben hat, so hält dennoch die alte Schule eine angebliche Blut-Uebermenge für die materielle Hauptursache der Entzündungen, die sie durch Ader-Oeffnungen (blutige Schröpfköpfe) und Blutegel zu entfernen und auszuleeren habe. Dieß hält sie für ein rationelles Verfahren, für Causal-Cur. In allgemeinen Entzündungs-Fiebern, im hitzigen Seitenstiche sieht sie sogar die coagulable Lymphe im Blute, die sogenannte Speckhaut für die materia peccans an, welche sie durch wiederholte Ader-Oeffnungen möglichst fortzuschaffen strebt, ungeachtet diese nicht selten bei erneuertem Blutlassen noch zäher und dicker zum Vorschein kommt. So vergießt sie Blut, wenn das Entzündungs-Fieber sich nicht legen will, oft bis zum nahen Tode; um diese Speckhaut oder die vermeintliche Plethora wegzubringen, ohne zu ahnen, daß das entzündete Blut nur Produkt des akuten Fiebers, nur des krankhaften, immateriellen (dynamischen), Entzündungs-Reizes und letzterer die einzige Ursache dieses großen Sturmes in dem Ader-System sey, durch die kleinste Gabe einer homogenen (homöopathischen) Arznei aufzuheben (z. B. durch ein feines Streukügelchen zur Gabe, mit decillionfach verdünntem Akonit-Safte befeuchtet, unter Vermeidung vegetabilischer Säuren, so daß das heftigste Seitenstich-Fieber mit allen seinen drohenden Zufällen, ohne Blut-Verminderung und ohne die mindesten Kühlmittel schon in wenigen, höchstens in 24 Stunden in Gesundheit übergegangen und geheilt ist (eine Probe seines Blutes dann aus der Ader gelassen zeigt nun keine Spur von Speckhaut mehr), während ein sehr ähnlicher Kranker, nach jener Rationalität der alten Schule behandelt, nach mehrmaligem Blutlassen, wenn er ja noch mühsam, nach unsäglichen Leiden, dem Tode entrinnt, dann oft noch viele Monate durchzusiechen hat, ehe er, abgezehrt, wieder auf die Beine kommt, wenn ihn nicht indeß (die öftere Folge einer solchen Mißhandlung) ein typhöses Fieber, oder Leukophlegmasie hinrafft. Wer den ruhigen Puls des Mannes eine Stunde vor Antritt des dem hitzigen Seitenstiche stets vorangehenden Frostschauders gefühlt hat, kann sich unmöglich des Erstaunens erwehren, wenn man ihn zwei Stunden drauf, nach Ausbruch der Hitze, bereden will, die vorhandene ungeheure Plethora mache ein vielmaliges Aderlassen dringend nothwendig, und fragt sich, welches Wunder die vielen Pfunde Blut, die nun weggelassen werden sollen, binnen dieser zwei Stunden in die Adern des Mannes gezaubert haben möchte, die er vor diesen zwei Stunden in so ruhigem Gange gefühlt habe? Nicht ein Quentchen Blut kann mehr in seinen Adern nun rollen, als er in gesunden Zeiten, und so auch vor zwei Stunden hatte! Der Allopathiker entzieht also mit seinen Aderlässen den am hitzigen Fieber Erkrankten keine lästige Blut-Uebermenge, weil dergleichen gar nicht vorhanden seyn konnte, sondern beraubt ihn der zum Leben und Gesundwerden unentbehrlichen, normalen Blutmenge – ein grober Verlust, den Arztes-Macht nicht wieder zu ersetzen vermag! – und steht dennoch in dem Wahne, eine Cur nach seinem (mißverstandenen) Wahlspruche: Causam tolle, vollführt zu haben, während doch hier die causa morbi am wenigsten eine, nicht existirende, Blut-Uebermenge seyn konnte, sondern die einzige, wahre Causa morbi ein krankhafter, dynamischer Entzündungs-Reiz des Blut-Umlaufs war, wie die schnelle und dauerhafte Heilung des gedachten, allgemeinen Entzündungs-Fiebers durch eine oder zwei, unglaublich feine und kleine Gaben des diesen Reiz homöopathisch aufhebenden Akonit-Saftes beweist und in jedem solchen Falle beweist. So schießt auch die alte Schule bei Behandlung der Lokal-Entzündungen fehl mit ihrem örtlichen Blutlassen, vorzüglich durch die jetzt mit Broussaisischer Wuth angesetzte Menge Blutegel. Die anfänglich davon erfolgende, palliative Erleichterung wird durch schnellen und vollkommenen Heil-Erfolg keineswegs gekrönt, sondern die stets zurückbleibende Schwäche und Kränklichkeit des so behandelten Theiles (auch oft des übrigen Körpers) zeigt genugsam, wie fälschlich man die örtliche Entzündung in einer örtlichen Plethora suchte und wie traurig die Folgen solcher Blutentziehungen sind, – während dieser bloß dynamische, örtlich scheinende Entzündungs-Reiz durch eine gleich kleine Gabe Akonit, oder, nach den Umständen, von Belladonna schnell und dauerhaft getilgt und das ganze Uebel, ohne solch unmotivirtes Blut-Vergießen, gehoben und geheilt werden kann., als ihres Haupt-Indikats bei Entzündungen. Auf diese Weise glaubt sie ächte Causal-Indicationen zu befolgen und rationell zu kuriren. Ferner glaubt auch die alte, bisherige Arzneischule durch Abbindung von Polypen, Ausschneidung, oder, durch erhitzende Local-Mittel erkünstelte Vereiterung der kalten Drüsen-Geschwülste, durch Ausschälung der Balg- (Speck- Honig-) Geschwülste, durch Operationen der Pulsader-Geschwülste, der Thränen- und Mastdarm-Fisteln, durch Entfernung der skirrhösen Brust mittels des Schnitts, der Amputation eines knochenfräßigen Gliedes, u. s. w., den Kranken gründlich geheilt und Causal-Curen verrichtet zu haben, und glaubt es auch, wenn sie ihre Repellentia in Anwendung bringt: die alten, jauchenden Schenkel-Geschwüre (allenfalls bei gleichzeitigen, das Grund-Siechthum nicht mindernden, bloß schwächenden, Abführungs-Mitteln) durch adstringende Umschläge, durch Blei-, Kupfer- und Zink-Oxyde austrocknet, den Schanker wegbeizt, die Feigwarzen örtlich zerstört, die Krätze mit Salben von Schwefel, Blei-, Quecksilber- oder Zink-Oxyden von der Haut vertreibt, die Augen-Entzündungen mit Auflösungen von Blei oder Zink unterdrückt und durch Opodeldok, flüchtige Salbe, oder Räucherungen mit Zinnober oder Bernstein die ziehenden Schmerzen aus den Gliedmaßen verjagt; sie glaubt da überall das Uebel gehoben, die Krankheit besiegt und rationelle Causal-Curen ausgeführt zu haben; aber der Erfolg! die darauf, bald oder spät, doch unausbleiblich erscheinenden Metaschematismen, die sie dadurch veranlaßt (doch dann für neue Krankheiten ausgiebt), welche allemal schlimmer, als das erstere Uebel sind, widerlegen sie zur Gnüge und könnten und sollten ihr die Augen öffnen über die tiefer liegende, immaterielle Natur des Uebels und seinen dynamischen, bloß dynamisch zu hebenden Ursprung.

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Ueberhaupt setzte die gewöhnliche Schule bis in die neuern (möchte ich doch nicht sagen dürfen, neuesten!) Zeiten bei Krankheiten am liebsten, wenn auch noch so fein gedachte, Krankheits-Stoffe (und Schärfen) voraus, welche durch Ausdünstung und Schweiß, durch die Harn-Werkzeuge, oder auch durch die Speichel-Drüsen aus den Blut- und Lymph-Gefäßen, durch die Luftröhr- und Bronchial-Drüsen als Brust-Auswurf, aus dem Magen und dem Darmkanale durch Erbrechungen und Abführungen fortgeschafft werden müßten, damit der Körper von der materiellen, Krankheit erregenden Ursache gereinigt und so eine gründliche Causal-Cur (nach dem Grundsatze: tolle causam!) vollführt werden könne.

Ich gebe zu, daß es der menschlichen Schwäche bequemer war, bei den zu heilenden Krankheiten einen sinnlich denkbaren Krankheitsstoff anzunehmen (zumal da auch die Patienten selbst sich leicht einer solchen Vorstellung hingaben), weil, man dann auf nichts weiter Bedacht zu nehmen hatte, als wo man genug, Blut und Säfte reinigende, Harn und Schweiß treibende, Brust-Auswurf befördernde und Magen und Darm ausscheuernde Mittel hernähme. Daher steht vom Dioscorides an, in allen materiis medicis bis auf die neuern Bücher dieser Art, fast nichts von den einzelnen Arzneien angemerkt, was jeder ihre sonstige, specielle, eigentliche Wirkung sey, sondern, außer den Angaben von ihrem vermeintlichen Nutzen gegen diesen oder jenen Krankheits-Namen der Pathologie, bloß: ob sie Harn, Schweiß, Brust-Auswurf oder Monat-Reinigung befördere, und vorzüglich, ob sie Ausleerung aus dem Speise- und Darm-Kanale von oben oder unten bewirke, weil alles Dichten und Trachten der praktischen Aerzte von jeher vorzüglich auf Ausleerung eines materiellen Krankheits-Stoffs und mehrer, den Krankheiten zum Grunde liegen sollender, (fingirter) Schärfen gerichtet war.

Dieß waren aber alles eitel Träume, ungegründete Voraussetzungen und Hypothesen, klüglich ersonnen zur Bequemlichkeit der Therapie, welche am leichtesten mit der Heilung durch Hinwegschaffung materieller Krankheits-Stoffe ( si modo essent!) fertig zu werden hoffte.

Nun kann sich aber das Wesen der Krankheiten und ihre Heilung nicht nach unsern Träumen oder nach unsrer Bequemlichkeit richten; die Krankheiten können unsrer Thorheit zu gefallen nicht aufhören, (geistige) dynamische Verstimmungen unseres geistartigen Lebens in Gefühlen und Thätigkeiten, das ist, immaterielle Verstimmungen unsers Befindens zu seyn.

Materiell können die Ursachen unsrer Krankheiten nicht seyn, da die mindeste fremdartige materielle Substanz Das Leben stand auf dem Spiele, als etwas reines Wasser in eine Vene eingespritzt ward (m. s. Müllen bei Birch in history of the royal society. Vol. IV.).In die Adern gespritzte atmosphärische Luft tödtete (m. s. J. H. Voigt, Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde, I. III. S. 25.). Auch die mildesten in die Venen gebrachten Flüssigkeiten erregten Lebensgefahr (m. s. Autenrieth, Physiologie, II. §. 784.)., sie scheine uns auch noch so mild, in unsre Blutgefäße gebracht, plötzlich, wie ein Gift, von der Lebenskraft ausgestoßen wird, oder, wo dieß nicht angeht, der Tod erfolgt. Selbst wenn der mindeste Splitter in unsre empfindlichen Theile geräth, so ruht das in unserm Körper allgegenwärtige Lebensprincip nicht eher, bis er durch Schmerz, Fieber, Eiterung oder Brand wieder herausgeschafft worden ist. Und dieß unermüdlich thätige Lebensprincip sollte, z. B. bei einer zwanzig Jahr alten Ausschlags-Krankheit zwanzig Jahre lang einen fremdartigen, so feindseligen, materiellen Ausschlags-Stoff, eine Flechten-, eine Skrophel-, eine Gicht-Schärfe, u. s. w. in den Säften gutmüthig dulden? Welcher Nosologe sah je mit leiblichen Augen einen solchen Krankheits-Stoff, daß er so zuversichtlich davon sprechen und ein medicinisches Verfahren darauf bauen will? Wer hat je einen Gicht-Stoff, ein Skrofel-Gift den Augen darlegen können?

Auch wenn die Anbringung einer materiellen Substanz an die Haut oder in eine Wunde Krankheiten durch Ansteckung fortgepflanzt hat, wer kann (wie so oft in unsern Pathogenien behauptet worden) beweisen, daß von dieser Substanz etwas Materielles in unsere Säfte eingedrungen oder eingesaugt worden sey Dem von einem tollen Hunde gebissenen, achtjährigen Mädchen in Glasgow schnitt der Wundarzt die Stelle sogleich rein aus, und dennoch bekam sie nach 36 Tagen die Wasserscheu, woran sie nach zwei Tagen starb. (Med. Comment. of Edinb. Dec. II. Vol. 11. 1793.)? Kein, auch noch so sorgfältiges, alsbaldiges Abwaschen der Zeugungstheile schützt vor der Ansteckung mit der venerischen Schanker-Krankheit. Schon ein Lüftchen, was von einem Menschenpocken-Kranken herüberweht, kann in dem gesunden Kinde diese fürchterliche Krankheit hervorbringen.

Wie viel materieller Stoff an Gewichte mag wohl auf diese Weise in die Säfte eingesaugt worden seyn, um im erstem Falle ein ungeheilt, erst mit dem entferntesten Lebensende, erst mit dem Tode erlöschendes, peinliches Siechthum (Lustseuche), im letztern Falle aber eine mit fast allgemeiner Vereiterung Um die Entstehung der oft großen Menge faulichten Unraths und stinkender Geschwür-Jauche in Krankheiten zu erklären und ihn für Krankheit erzeugenden und unterhaltenden Stoff ausgeben zu können, da doch bei der Ansteckung nichts Merkbares von Miasm, nichts Materielles in den Körper eingedrungen seyn konnte, nahm man zu der Hypothese seine Zuflucht, daß der auch noch so feine Ansteckungs-Stoff im Körper als Ferment wirke, die Säfte in gleiche Verderbniß bringe und sie auf diese Art selbst in ein solches Krankheits-Ferment umwandle, was immerdar während der Krankheit wuchere und die Krankheit unterhalte. Durch welche allmächtigen und allweisen Reinigungs-Tränke wolltet Ihr aber dann wohl dieses sich immer wieder erzeugende Ferment, diese Masse angeblichen Krankheits-Stoffs so rein aus den menschlichen Säften aussondern und aussäubern lassen, daß nicht noch ein Stäubchen eines solchen Krankheits-Ferments drin bliebe, was die Säfte immer wieder, wie zuerst, zum neuen Krankheits-Stoffe, nach dieser Hypothese, umbilden und verderben müßte? Dann würde es ja unmöglich, diese Krankheiten auf Eure Art zu heilen! – Man sieht, wie alle, auch noch so fein ausgesprochenen Hypothesen auf die handgreiflichsten Inconsequenzen führen, wenn Unwahrheit zum Grunde liegt! – Die weit gediehenste Lustseuche heilt, wenn die oft damit komplicirte Psora beseitigt ist, von einer oder zwei ganz kleinen Gaben quintillionfach verdünnter Auflösung des Quecksilber-Oxyduls, und die allgemeine syphilitische Säfte-Verderbniß ist auf immer (dynamisch) vernichtet und verschwunden. oft schnell tödtende Krankheit (Menschen-Pocken) hervorzubringen? Ist hier und in allen diesen Fällen wohl an einen materiellen, in das Blut übergegangenen Krankheits-Stoff zu denken? Ein im Krankenzimmer geschriebener Brief aus weiter Entfernung theilte schon oft dem Lesenden dieselbe miasmatische Krankheit mit. Ist wohl hier an eignen materiellen, in die Säfte eingedrungenen Krankheits-Stoff zu denken? Doch, wozu alle diese Beweise? Wie oft hat nicht schon ein kränkendes Wort ein gefährliches Gallenfieber, eine abergläubige Todes-Prophezeihung ein Absterben zur angekündigten Zeit, und eine jählinge, traurige öder höchst freudige Nachricht den plötzlichen Tod zuwege gebracht? Wo ist hier der materielle Krankheits-Stoff, der in den Körper leibhaftig übergegangen seyn, die Krankheit erzeugt und unterhalten haben und ohne dessen arzneiliche, materielle Hinwegschaffung und Ausführung keine gründliche Cur möglich seyn sollte?

Die Verfechter so grobsinnlich angenommener Krankheits-Stoffe mögen sich schämen, die geistige Natur unseres Lebens und die geistig dynamische Kraft Krankheit erregender Ursachen so unüberlegt übersehen und verkannt zu haben.

Sind denn die übelartigen, oft sehr ekelhaften Auswürfe in Krankheiten gerade der sie erzeugende und unterhaltende Stoff Dann müßte jeder Schnupfen, auch der langwierigste, bloß durch sorgfältiges Schneuzen und Säubern der Nase unfehlbar und schnell geheilt werden können., und nicht dagegen jederzeit Auswürfe und Producte der Krankheit, des bloß dynamisch gestörten und verstimmten Lebens?

Bei solchen falschen, materiellen Ansichten von der Entstehung und dem Wesen der Krankheiten war es freilich nicht zu verwundern, daß in allen Jahrhunderten von den geringen, wie von den vornehmen Praktikern, ja selbst von den Erdichtern der sublimsten, medicinischen Systeme immer hauptsächlich nur auf Ausscheidung und Abführung einer eingebildeten, krankmachenden Materie hingearbeitet und die häufigste Indication gestellet ward auf Zertheilung und Beweglich-Machung des Krankheits-Stoffs und seine Ausführung durch Speichel, Luft-Drüsen, Schweiß und Harn, auf eine durch die Verständigkeit der Wurzel- und Holztränke treugehorsam zu bewirkende Reinigung des Blutes von (Schärfen und Unreinigkeiten) Krankheits-Stoffen, die es nie gab, auf mechanische Abzapfung der erdichteten Krankheits-Materie durch Haarseile, Fontanelle, durch von immerwährendem Canthariden-Pflaster oder Seidelbast-Rinde offen und triefend erhaltene Haut-Stellen, vorzüglich aber auf Abführung und Auspurgirung der materia peccans, oder der schadhaften Stoffe, wie sie sie nannten, durch den Darmkanal mittels laxirender und purgirender Arzneien, die sie gern, um ihnen eine tiefsinnigere Bedeutung und ein schmeichelhafteres Ansehn zu geben (die Infarkten?), auflösende und gelind eröffnende benannten – lauter Veranstaltungen zur Fortschaffung feindseliger Krankheits-Stoffe, die es nie geben konnte und nie gegeben hat bei Erzeugung und Unterhaltung der Krankheiten des durch ein geistiges Princip lebenden, menschlichen Organisms – der Krankheiten, welche nie etwas Anderes waren, als geistig dynamische Verstimmungen seines an Gefühl und Thätigkeit geänderten Lebens.

Vorausgesetzt nun, wie nicht zu zweifeln ist, daß keine der Krankheiten – wenn sie nicht von verschluckten, gänzlich unverdaulichen oder sonst sehr schädlichen, in die ersten Wege oder in andre Oeffnungen und Höhlungen des Körpers gerathenen Substanzen, von durch die Haut gedrungenen, fremden Körpern, u. s. w. herrühren – irgend einen materiellen Stoff zum Grunde hat, sondern daß jede bloß und stets eine besondre virtuelle, dynamische Verstimmung des Befindens ist, wie zweckwidrig muß da nicht ein auf Ausführung Einen Anschein von Notwendigkeit hat die Auspurgirung der «Würmer bei sogenannten Wurmkrankheiten. Aber auch dieser Anschein ist falsch. Einige wenige Spulwürmer findet man vielleicht bei mehren Kindern, bei nicht wenigen auch einige Madenwürmer. Aber wenigstens eine Uebermenge von einer oder der andern Art rührt stets von einem allgemeinen Siechthume (dem psorischen) her, gepaart mit ungesunder Lebensart. Man bessere letztere und heile das psorische Siechthum homöopathisch, was in diesem Alter am leichtesten Hülfe annimmt, so bleiben wenig oder keine dieser Würmer übrig, wenigstens werden die Kinder, wenn sie auf diese Art gesund geworden sind, nicht mehr davon belästigt, während sie sich nach bloßen Purganzen, selbst mit Cinasamen verbunden, doch bald wieder in Menge erzeugen. »Aber der Bandwurm,« höre ich sprechen, »dieses zur Qual der Menschen geschaffene Ungeheuer, muß doch wohl mit aller Macht ausgetrieben werden.« Ja, er wird zuweilen abgetrieben, aber mit welchen Nachwehen und mit welcher Lebensgefahr! Ich mag den Tod so vieler Hunderte von Menschen nicht auf meinem Gewissen haben, die durch die angreifendsten, schrecklichsten Purganzen, gegen den Bandwurm gerichtet, ihr Leben haben einbüßen müssen, oder das Jahre lange Siechthum derer, welche dem Purgir-Tode noch entrannen. Und wie oft wird er durch alle diese, oft mehrjährigen, Gesundheit und Leben zerstörenden Purgir-Curen doch nicht abgetrieben; oder er erzeugt sich wieder! Wie nun, wenn diese gewaltsame, nicht selten grausame und oft lebensgefährliche Forttreibung und Tödtung dieser Thiere gar nicht nöthig wäre? Die verschiedenen Gattungen Bandwürmer finden sich bloß beim Psora-Siechthume, und verschwinden jederzeit, wenn dieses geheilt wird. Ehe diese Heilung aber vollführet wird, leben sie, bei erträglichem Wohlbefinden des Menschen, nicht unmittelbar in den Gedärmen, sondern in den Ueberbleibseln der Speisen, dem Unrathe der Gedärme, wie in ihrer eigenen Welt, ganz ruhig und ohne uns im mindesten zu belästigen und finden in dem Darm-Unrathe, was sie zu ihrer Nahrung bedürfen; da berühren sie die Wände unserer Gedärme nicht und sind uns unschädlich. Wird aber der Mensch auf irgend eine Art acut krank, dann wird der Inhalt der Gedärme dem Thiere unleidlich, es windet sich dann und berührt und beleidigt in seinem Uebelbehagen die empfindlichen Wände der Gedärme, da dann die Beschwerden des kranken Menschen nicht wenig durch diese besondre Art von krampfhafter Kolik vermehrt werden. (So wird auch die Frucht im Mutterleibe unruhig, windet sich und stößt, doch nur wenn die Mutter krank ist, schwimmt aber ruhig in seinem Wasser, ohne der Mutter weh zu thun, wenn diese gesund ist.) Es ist bemerkenswerth, daß die Krankheits-Zeichen des sich zu dieser Zeit übel befindenden Menschen größtentheils von der Art sind, daß sie an der Tinktur der männlichen Farrnkraut-Wurzel, und zwar in der kleinsten Gabe, ihr (homöopathisches) schnelles Beschwichtigungs-Mittel finden, indem, was da in dem Uebelbefinden des Menschen von dem unruhig gewordenen Thiere herrührt, dadurch vor der Hand gehoben wird; der Bandwurm befindet sich dann wieder wohl und lebt ruhig fort im Darm-Unrathe, ohne den Kranken oder seine Gedärme sonderlich zu belästigen, bis die antipsorische Cur so weit gediehen ist, daß der Wurm, nach ausgetilgter Psora, den Darm-Inhalt nicht mehr zu seiner Nahrung geeignet findet und er so von selbst aus dem Genesenen auf immer verschwindet, ohne die mindeste Purganz jener erdichteten Stoffe gerichtetes Cur-Verfahren in den Augen jedes verständigen Mannes erscheinen, da nichts in den Hauptkrankheiten des Menschen, den chronischen, damit gewonnen werden kann, sondern allemal geschadet wird.

Die in Krankheiten sichtbar werdenden, entarteten Stoffe und Unreinigkeiten sind, mit einem Worte, wie nicht zu leugnen ist, nichts Anderes, als Erzeugnisse der Krankheit des in innormale Verstimmung gesetzten Organisms selbst, welche von diesem selbst oft heftig genug – oft allzu heftig – fortgeschafft werden, ohne der Hülfe der Ausleerungs-Kunst zu bedürfen, deren er auch immer wieder neue erzeugt, so lange er an dieser Krankheit leidet. Diese Stoffe bieten sich dem ächten Arzte oft selbst als Krankheits-Symptome dar und helfen ihm, die Beschaffenheit und das Bild der Krankheit erkennen, um sie mit einer ähnlichen, arzneilichen Krankheits-Potenz heilen zu können.

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Doch die neuen und bessern Anhänger der alten Schule wollen nicht mehr dafür angesehen seyn, als ob sie bei ihren Curen auf Abführung von materiellen Krankheits-Stoffen ausgingen. Sie erklären ihre vielen und mancherlei Ausleerungen für eine durch Ableitung helfende Cur-Methode, worin ihnen die Natur des kranken Organisms in ihren Bestrebungen, sich zu helfen, mit ihrem Beispiele vorangehe, Fieber durch Schweiß und Urin entscheide, Seitenstiche durch Nasenbluten, Schweiß und Schleim-Auswurf – andre Krankheiten durch Erbrechen, Durchfälle und After-Blutfluß, Gelenk-Schmerzen durch jauchende Schenkel-Geschwüre, Hals-Entzündung durch Speichelfluß, u. s. w. oder durch Metastasen und Abscesse, die die Natur in, vom Sitze des Uebels entfernten Theilen veranstalte. –

Sie glaubten daher am besten zu thun, wenn sie dieselbe nachahmten, indem auch sie in der Cur der meisten Krankheiten auf Umwegen zu Werke gingen und daher indirect Statt mit direct gegen die kranken Punkte im Organism selbst gerichteten, homogenen, dynamischen Arznei-Potenzen, wie die Homöopathie thut, das Uebel schnell, und ohne Umschweif auszulöschen., wie die kranke, sich selbst überlassene Lebenskraft, durch Anbringung stärkerer, heterogener Reize in dem vom Krankheits-Sitze entfernten, und den kranken Gebilden am wenigsten verwandten (dissimilären) Organen Ausleerungen veranstalteten, gewöhnlich auch unterhielten, um das Uebel gleichsam dahin abzuleiten.

Diese sogenannte Ableitung war und blieb eine der Haupt-Curmethoden der bisherigen Arzneischule.

Sie suchten bei dieser Nachahmung der sich selbst helfenden Natur, wie sich Andre ausdrücken, in den Gebilden, welche am wenigsten krank sind und am besten die Arznei-Krankheit vertragen können, gewaltsam neue Symptome rege zu machen, welche unter dem Scheine von Crisen und unter der Form von Abscheidungen die erste Krankheit übertäuben und ableiten, um so den Heilkräften der Natur eine allmälige Lysis zu erlauben Nur die mäßigen acuten Krankheiten pflegen, wenn ihre natürliche Verlaufs-Zeit zu Ende geht, ohne und bei Anwendung nicht allzu angreifender, allopathischer Arzneien, sich, wie man sagt, zu indifferenziren und sich ruhig zu beendigen; die sich ermannende Lebenskraft setzt nun an die Stelle der ausgetobten Befindens-Veränderungen allmälig ihre Norm wieder ein. Aber in den hoch acuten und in dem bei weitem größten Theile aller menschlichen Krankheiten, den chronischen, muß dieß die rohe Natur und die alte Schule bleiben lassen; da kann weder die Lebenskraft durch ihre Selbsthülfe, noch die sie nachahmende Allopathie eine Lysis herbeiführen – höchstens einigen Waffen-Stillstand, während dessen der Feind sich verstärkt, um desto stärker auszubrechen bald oder spät..

Dieß führten sie aus durch Schweiß und Harn treibende Mittel, durch Blut-Entziehungen, durch Haarseile und Fontanelle, am meisten jedoch durch Ausleerungs-Reizungen des Speise- und Darm-Kanals, theils von oben durch Brechmittel, theils aber, und am liebsten, durch Abführungen von unten, die man auch eröffnende und auflösende Ein Namen, welcher verräth, daß man dennoch eine aufzulösende und fortzuschaffende Krankheits-Materie voraussetze. Mittel nannte.

Dieser Ableitungs-Methode zur Beihülfe wurden die mit ihr verschwisterten, antagonistischen Reizmittel in Anwendung gesetzt: Schaafwolle auf bloßer Haut, Fußbäder, Ekel-Cur, durch Hunger gepeinigter Magen und Darm (Hunger-Cur), Schmerz, Entzündung und Eiterung in nahen und entfernten Theilen bewirkende Mittel, wie aufgelegter Märrettig, Senf-Teig, Kanthariden-Pflaster, Seidelbast, Haarseile (Fontanelle), Autenriethsche Salbe, Moxa, glühendes Eisen, Akupunktur, u. s. w., ebenfalls nach dem Vorgange der in Krankheiten sich zur Hülfe selbst überlassenen, rohen Natur, welche sich durch Schmerz-Erregung an entfernten Körperteilen, durch Metastasen und Abscesse, durch erregte Ausschläge und jauchende Geschwüre von der dynamischen Krankheit (und ist diese eine chronische, vergeblich) loszuwinden sucht.

Offenbar also nicht verständige Gründe, sondern einzig Nachahmung verleitete die alte Schule zu diesen unhülfreichen, indirecten Curmethoden, der ableitenden sowohl, als der antagonistischen – bewogen sie zu dieser so wenig dienlichen, so schwächenden, und so angreifenden Verfahrungsart, Krankheiten zu mindern oder zu beseitigen; denn Heilung kann man so etwas nicht nennen.

Sie folgte bloß dem Vorgange der rohen Natur in ihren, bloß in mäßigen, acuten Krankheits-Anfallen nothdürftig Man sah in der gewöhnlichen Medicin die Selbsthülfe der Natur des Organisms bei Krankheiten, wo keine Arznei angewendet ward, als nachahmungswürdige Muster-Curen an. Aber man irrte sich sehr Die jammervolle, höchst unvollkommne Anstrengung der Lebenskraft zur Selbsthülfe in acuten Krankheiten ist ein Schauspiel, was die Menschheit zum thätigen Mitleid und zur Aufbietung aller Kräfte unsers verständigen Geistes auffordert, um dieser Selbstqual durch ächte Heilung ein Ende zu machen. Kann die Natur eine im Organism schon bestehende Krankheit nicht durch Anbringung einer neuen, andern, ähnlichen Krankheit (§. 38. 39. 41), dergleichen ihr äußerst selten zu Gebote steht (§. 45.), homöopathisch heilen, und bleibt es dem Organism allein überlassen, aus eignen Kräften, ohne Hülfe von außen, eine neu entstandene Krankheit zu überwinden (bei chronischen Miasmen ist ohnehin sein Widerstand unmächtig), so sehen wir nichts als qualvolle, oft gefährliche Anstrengungen der Natur des Individuums, sich zu retten, es koste, was es wolle, nicht selten mit Auflösung des irdischen Daseyns, mit dem Tode, geendigt. So wenig wir Sterbliche den Vorgang im Haushalte des gesunden Lebens einsehen, so gewiß er uns, den Geschöpfen, eben so verborgen bleiben muß, als er dem Auge des allsehenden Schöpfers und Erhalters seiner Geschöpfe offen da liegt, so wenig können wir auch den Vorgang im Innern beim gestörten Leben, bei Krankheiten, einsehen. Der innere Vorgang in Krankheiten wird nur durch die wahrnehmbaren Veränderungen, Beschwerden und Symptome kund, wodurch unser Leben die innern Störungen einzig laut werden läßt, so daß wir in jedem vorliegenden Falle nicht einmal erfahren, welche von den Krankheits-Symptomen Primärwirkung der krankhaften Schädlichkeit, oder welche Reaction der Lebenskraft zur Selbsthülfe seyen. Beide fließen vor unsern Augen in einander und stellen uns bloß ein nach außen reflectirtes Bild des innern Gesammtleidens dar, indem die unhülfreichen Bestrebungen des sich selbst überlassenen Lebens, das Leiden zu enden, selbst Leiden des ganzen Organisms sind. Daher liegt auch in den, durch die Natur zu Ende schnell entstandener Krankheiten gewöhnlich veranstalteten Ausleerungen, die man Crisen nennt, oft mehr Leiden, als heilsame Hülfe. Was die Lebenskraft in diesen sogenannten Crisen und wie sie es veranstaltet, bleibt uns, wie aller innere Vorgang des organischen Haushaltes des Lebens, verborgen. So viel ist indeß sicher, daß sie in dieser ganzen Anstrengung Mehr oder Weniger von den leidenden Theilen aufopfert und vernichtet, um das Uebrige zu retten. Diese Selbsthülfe der bloß nach der organischen Einrichtung unsers Körpers, nicht nach geistiger Ueberlegung bei Beseitigung der acuten Krankheit zu Werke gehenden Lebenskraft ist meist nur eine Art Allopathie; sie erregt, um die primär leidenden Organe durch Crise zu befreien, eine vermehrte, oft stürmische Thätigkeit in den Absonderungs-Organen, um das Uebel jener auf diese abzuleiten; es erfolgen Erbrechungen, Durchfälle, Harnfluss, Schweisse, Abscesse u. s. w., um durch diese Aufreizung entfernter Theile eine Art Ableitung von den ursprünglich kranken Theilen zu erzielen, da dann die dynamisch angegriffene Nervenkraft im materiellen Producte sich gleichsam zu entladen scheint. Nur durch Zerstörung und Aufopferung eines Theils des Organisms selbst vermag die sich allein überlassene Natur des Menschen sich aus acuten Krankheiten zu retten, und, wenn der Tod nicht erfolgt, doch nur langsam und unvollkommen die Harmonie des Lebens, Gesundheit, wieder herzustellen. Die bei Selbstgenesungen zurückbleibende, große Schwäche der dem Leiden ausgesetzt gewesenen Theile, ja des ganzen Körpers, die Magerkeit, u. s. w., geben uns dieß zu verstehen. Mit einem Worte: der ganze Vorgang der Selbsthülfe des Organismus bei ihm zugestossenen Krankheiten zeigt dem Beobachter nichts als Leiden, nichts, was er, um ächt heilkünstlerisch zu verfahren, nachahmen könnte und dürfte. durchkommenden Bestrebungen – sie machte es bloß der sich in Krankheiten selbst überlassenen Lebens-Erhaltungs-Kraft nach, welche, einzig auf den organischen Gesetzen des Körpers, beruhend, einzig nur nach diesen organischen Gesetzen wirket, nicht nach Verstand und Ueberlegung zu handeln fähig ist – der rohen Natur, welche klaffende Wundlefzen nicht wie ein verständiger Wundarzt an einander zu bringen und durch Vereinigung zu heilen vermag, welche schief von einander abstehende Knochen-Bruch-Enden, so viel sie auch Knochen-Gallerte (oft zum Ueberfluß) ausschwitzen läßt, nicht gerade zu richten und auf einander zu passen weiß, keine verletzte Arterie unterbinden kann, sondern den Verletzten in ihrer Energie zu Tode bluten macht, welche nicht versteht, einen ausgefallenen Schulter-Kopf wieder einzurenken, wohl aber durch bald umher zuwege gebrachte Geschwulst die Kunst am Einrenken hindert – die, um einen in die Hornhaut eingestochenen Splitter zu entfernen, das ganze Auge durch Vereiterung zerstört und einen eingeklemmten Leisten-Bruch mit aller Anstrengung doch nur durch Brand der Gedärme und Tod zu lösen weiß, auch oft in dynamischen Krankheiten durch rare Metaschematismen die Kranken weit unglücklicher macht, als sie vorher waren. Noch mehr; die größten Peiniger unsers irdischen Daseyns, die Zunder zu den unzähligen Krankheiten, unter denen seit Jahrhunderten und Jahrtausenden die gepeinigte Menschheit seufzt, die chronischen Miasmen (Psora, Syphilis, Sykosis), nimmt die verstandlose Lebenskraft im Körper ohne Bedenken auf, vermag aber keins derselben nicht einmal zu mindern, geschweige denn eigenthätig wieder aus dem Organism zu entfernen; vielmehr läßt sie dieselben darin wuchern, bis der Tod oft nach einer langen, traurigen Lebenszeit dem Leidenden die Augen schließt.

Wie konnte wohl die alte Schule, die sich die rationelle nennt, jene verstandlose Lebenskraft in einer so viel Verstand, Nachdenken und Urtheilskraft erfordernden, hochwichtigen Verrichtung, als das Heil-Geschäft ist, zur einzig besten Lehrerin, zur blinden Führerin wählen, ihre indirecten und revolutionären Veranstaltungen in Krankheiten ohne Bedenken nachahmen, sie allein, als das non plus ultra, das ersinnlich Beste, nachahmen, da doch, um sie, zum Wohle der Menschheit, an Hülfsleistung unendlich übertreffen zu können, uns jene größte Gabe Gottes, nachdenklicher Verstand und ungebundene Ueberlegungskraft, verliehen war?

Wenn so, bei ihrer unbedenklichen Nachahmung jener rohen, verstandlosen, automatischen Lebens-Energie, die bisherige Arzneikunst in ihren antagonistischen und ableitenden Cur-Methoden – ihren allgewöhnlichen Unternehmungen – die unschuldigen Theile und Organe angreift und sie entweder mit überwiegendem Schmerze afficirt, oder sie, wie meistens, zu Ausleerungen, unter Verschwendung der Kräfte und Säfte, nöthigt, will sie die krankhafte Thätigkeit des Lebens in den ursprünglich leidenden Theilen ab- und auf die künstlich angegriffenen hinlenken, und so, indirect, durch Hervorbringung einer weit größern, andersartigen Krankheit in den gesundem Theilen, also durch einen Kräfte raubenden, meist schmerzhaften Umweg das Entweichen der natürlichen Krankheit erzwingen Mit welchem traurigen Erfolge dieses Manöver in chronischen Krankheiten ausgeführt wird, zeigt die tägliche Erfahrung. Am wenigsten erfolgt Heilung. Wer wollte es aber auch Besiegung nennen, wenn, statt den Feind unmittelbar beim Kopfe zu ergreifen und, Waffe gegen Waffe gekehrt, ihn zu vertilgen, um so dem feindlichen Einfalle auf einmal ein Ende zu machen, man feig, hinter seinem Rücken nur brandschatzt, ihm alle Zufuhr abschneidet, alles weit um ihn her aufzehrt, sengt und brennt; da wird man dem Feinde wohl endlich allen Muth benehmen, zu widerstehen, aber der Zweck ist nicht erreicht, der Feind keineswegs vernichtet – er ist noch da, und wenn er sich wieder Nahrung und Vorrath verschafft hat, hebt er sein Haupt nur noch erbitterter wieder empor – der Feind, sage ich, ist keineswegs vernichtet, das arme, unschuldige Land aber so ruinirt, daß es sich in langer Zeit kaum wieder erholen kann. So die Allopathie in chronischen Krankheiten, wenn sie den Organism durch ihre indirecten Angriffe auf die unschuldigen, vom Krankheits- [unleserlicher Text]der zurück, weil durch die antagonistischen Schmerzen Welchen günstigen Erfolg hatten wohl die so oft angewendeten, künstlich unterhaltenen, übeln Geruch verbreitenden Geschwüre, die man Fontanelle nennt? Wenn sie ja in den ersten paar Wochen, so lange sie noch viel Schmerz verursachen, antagonistisch ein chronisches Uebel etwas zu hemmen scheinen, so haben sie doch nachgehends, wenn der Körper sich an den Schmerz gewöhnt hat, keinen andern Erfolg, als den Kranken zu schwächen und so dem chronischen Siechthume weitern Spielraum zu verschaffen. Oder wähnt man etwa, noch im 19ten Jahrhunderte, hiedurch ein Zapfloch für die herauszulassende materia peccans offen zu erhalten? Fast scheint es so! und die unzweckmäßigen Ausleerungen die Lebenskräfte zum Sinken gebracht worden sind.

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Während so die meisten Allopathen, die Hülfs-Bestrebungen der sich selbst überlassenen, rohen Natur im Allgemeinen nachahmend, nach Gutdünken (wo eine ihren Gedanken vorschwebende Indication sie dazu leitete) dergleichen angeblich nützliche Ableitungen in ihrer Praxis ausführten, unternahmen Andre, welche sich ein noch höheres Ziel vorsteckten, die in Krankheiten sich eben zeigenden Anstrengungen der Lebenskraft, sich durch Ausleerungen und antagonistische Metastasen zu helfen, mit Fleiß zu befördern und, um ihr gleichsam unter die Arme zu greifen, diese Ableitungen und Ausleerungen noch zu verstärken, und glaubten bei diesem nachtheiligen Verfahren duce natura zu handeln und sich mit dem Namen ministri naturae beehren zu können.

Da in langwierigen Krankheiten die von der Natur des Kranken veranstalteten Ausleerungen sich nicht selten als Erleichterungen beschwerlicher Zustände arger Schmerzen, Lähmungen, Krämpfe, u. s. w. ankündigen, so hielt die alte Schule diese Ableitungen für den wahren Weg, die Krankheiten zu heilen, wenn sie solche Ausleerungen beförderte, unterhielt, oder gar vermehrte. Sie sah aber nicht ein, daß alle jene durch die sich selbst überlassene Natur veranstalteten Auswürfe und Ausscheidungen (anscheinende Crisen) in chronischen Krankheiten nur palliative, kurz dauernde Erleichterungen seyen, welche so wenig zur wahren Heilung beitragen, daß sie vielmehr im Gegentheile das ursprüngliche, innere Siechthum mittels der dadurch erfolgenden Verschwendung der Kräfte und Säfte nur verschlimmern. Nie sah man durch solche Bestrebungen der rohen Natur irgend einen langwierig Kranken zur dauerhaften Gesundheit herstellen, nie durch solche vom Organism bewerkstelligte Und eben so wenig durch die künstlich veranstalteten. Ausleerungen irgend eine chronische Krankheit heilen. Vielmehr verschlimmert sich in solchen Fällen stets, nach kurzer, und immer kürzere und kürzere Zeit dauernde Erleichterung, das ursprüngliche Siechthum offenbar, die schlimmen Anfälle kommen öfterer wieder und stärker, trotz der fortdauernden Ausleerungen. – So auch, wenn die sich selbst überlassene Natur, bei den dem Leben von einem innern chronischen Uebel drohenden Befährdungen, sich nicht anders zu helfen weiß, als durch Hervorbringung äußerer Localsymptome, um die Gefahr von den zum Leben unentbehrlichen Theilen abzulenken und auf diese für das Leben nicht unentbehrlichen Gebilde durch Metastase hinzuleiten, so führen diese Veranstaltungen der energischen, aber verstandlosen und keiner Ueberlegung oder Fürsicht fähigen Lebenskraft, doch zu nichts weniger, als zu wahrer Hülfe oder Heilung; sie sind bloß palliative, kurze Beschwichtigungen für das gefährliche, innere Leiden, unter Vergeudung eines großen Theils der Säfte und Kräfte, ohne das Ur-Uebel auch nur um ein Haar zu verkleinern; sie können den, ohne ächte, homöopathische Heilung unausbleiblichen Untergang höchstens verzögern.

Die Allopathie der alten Schule überschätzte bei weitem diese Anstrengungen der rohen Naturkraft, hielt sie fälschlich für ächt heilsam, und suchte sie zu erhöhen und zu befördern, in dem Wahne, dadurch vielleicht das ganze Uebel vernichten und gründlich heilen zu können. Wenn die Lebenskraft bei chronischen Krankheiten dieses oder jenes beschwerliche Symptom des innern Befindens, z. B. durch einen feuchtenden Haut-Ausschlag zu beschwichtigen schien, da legte der Diener der rohen Naturkraft ( minister naturae) auf die entstandene jauchende Fläche ein Kanthariden-Pflaster oder ein Exutorium (Seidelbast), um duce natura noch mehr Feuchtigkeit aus der Haut zu ziehen und so den Zweck der Natur, die Heilung (durch Entfernung der Krankheits-Materie aus dem Körper?) zu befördern und zu unterstützen –; aber entweder, wenn die Einwirkung des Mittels zu heftig, die feuchtende Flechte schon alt und der Körper zu reizbar war, vergrößerte er, nutzlos für das Ur-Uebel, das äußere Leiden um Vieles, erhöhete die Schmerzen, welche dem Kranken den Schlaf raubten und seine Kräfte herabsetzten (auch wohl einen fieberhaften bösartigen Rothlauf ( erysipelas) herbeiführten), oder, bei milderer Einwirkung auf das vielleicht noch neue Localübel, vertrieb er damit durch eine Art übel angebrachten, äußern Homöopathisms das von der Natur zur Erleichterung des innern Leidens auf der Haut bewerkstelligte Localsymptom von der Stelle und erneuerte so das innere, gefährlichere Uebel, und verleitete durch diese Vertreibung des Localsymptoms die Lebenskraft zur Bereitung eines schlimmeren Metaschematisms auf andere, edlere Theile; der Kranke bekam gefährliche Augen-Entzündung, oder Taubhörigkeit, oder Magen-Krämpfe, oder epileptische Zuckungen, oder Erstickungs- oder Schlagfluß-Anfälle, oder Geistes- oder Gemüths-Krankheit, u. s. w. dafür Natürliche Folgen der Vertreibung solcher Localsymptome – Folgen, die oft vom allopathischen Arzte für ganz andre, neu entstandene Krankheiten ausgegeben wurden..

In demselben Wahne, die Lebenskraft in ihren Heil-Bestrebungen unterstützen zu wollen, legte, wenn die kranke Naturkraft Blut in die Venen des Mastdarms oder des Afters drängte (blinde Hämorrhoiden), der minister naturae Blutegel an, um dem Blute da Ausgang zu verschaffen, oft in Menge – mit kurzer, oft kaum nennenswerther Erleichterung, aber unter Schwächung des Körpers, und Veranlassung zu noch stärkeren Congestionen nach diesen Theilen, ohne das Ur-Uebel auch nur im Geringsten zu vermindern.

Fast in allen Fällen, wo die kranke Lebenskraft zur Beschwichtigung eines innern, gefährlichen Leidens etwas Blut auszuleeren suchte durch Erbrechen, durch Husten u. s. w., beeiferte er sich, duce natura, diese vermeintlich heilsamen Natur-Bestrebungen zu befördern und ließ reichlich Blut aus der Ader, nie ohne Nachtheil für die Folge und mit offenbarer Schwächung des Körpers.

Bei öftern, chronischen Uebelkeiten erregte er, in der Meinung, die Absichten der Natur zu befördern, starke Ausleerung aus dem Magen und gab tüchtig zu Brechen – nie mit gutem Erfolge, oft mit übeln, zuweilen fürchterlichen und gefährlichen Folgen.

Zuweilen erregt die Lebenskraft, um das innere Siechthum zu erleichtern, kalte Geschwülste äußerer Drüsen, und er glaubt, die Absichten der Natur, als ihr angeblicher Diener, zu befördern, wenn er sie durch allerlei erhitzende Einreibungen und Pflaster in Entzündung setzt, um dann die reife Eiterbeule mit dem Schnitte zu öffnen und die böse Krankheits-Materie herauszulassen. Welches langwierige Unheil aber dadurch, fast ohne Ausnahme, veranlasset wird, lehrt die Erfahrung hundertfältig.

Und da er öfters kleine Erleichterungen großer Uebel in langwierigen Krankheiten durch von selbst entstandenen Nacht-Schweiß oder durch manche dünne Stuhl-Ausleerungen bemerkt hatte, so wähnt er sich berufen, diesen Natur-Winken ( duce natura) zu folgen und sie befördern zu müssen durch Veranstaltung und Unterhaltung vollständiger Schwitz-Curen, oder Jahre lang fortgesetzter, sogenannter gelinder Abführungen, um jene, wie er meint, zur Heilung des ganzen chronischen Leidens führende Bestrebungen der Natur (der Lebenskraft des verstandlosen Organisms) zu fördern und zu vermehren und so den Kranken desto eher und gewisser von seiner Krankheit zu befreien.

Aber er bewirkt dadurch stets nur das Gegentheil im Erfolge: Verschlimmerung des ursprünglichen Leidens.

Dieser seiner vorgefaßten, obgleich grundlosen Meinung zufolge setzt der Allopathiker jene Beförderung Mit diesem Verfahren im Widerspruche erlaubte sich auch die alte Schule das Gegentheil hievon nicht selten, nämlich die Bestrebungen der Lebenskraft in Beschwichtigung des innern Siechthums durch Ausleerungen und an den Außentheilen des Körpers veranstaltete Local-Symptome, wenn sie beschwerlich wurden, durch ihre repercutientia und repellentia nach Gutdünken zu unterdrücken, die chronischen Schmerzen, die Schlaflosigkeiten und alten Durchfälle mit waghalsig gesteigerten Gaben Mohnsaft, die Erbrechungen mit der brausenden Salz-Mixtur, die stinkenden Fuß-Schweiße mit kalten Fußbädern und adstringirenden Umschlägen, die Haut-Ausschläge mit Blei- und Zink-Präparaten zu vertreiben, die Bährmütter-Blutflüsse mit Essig-Einspritzungen, die colliquativen Schweiße mit Alaun-Molken, die nächtlichen Samen-Ergießungen mit vielem Kampher-Gebrauch, die öftern Anfälle fliegender Körper- und Gesichts-Hitze mit Salpeter und Gewächs- und Schwefel-Säure, das Nasen-Bluten durch Tamponiren der Nasenlöcher mit Pfropfen, in Weingeist oder adstringirende Flüssigkeiten getaucht, zu hemmen, und mit Blei- und Zink-Oxyden die, große innere Leiden zu beschwichtigen von der Lebenskraft veranstalteten, jauchenden Schenkel-Geschwüre auszutrocknen, u. s. w. – aber mit welchen traurigen Folgen meistenteils, zeigen tausend Erfahrungen. der Triebe der kranken Lebenskraft fort und vermehrt jene nie zum gedeihlichen Ziele, bloß zum Ruine führenden Ableitungen und Ausleerungen bei dem Kranken, ohne inne zu werden, daß alle die zur Beschwichtigung des ursprünglichen, chronischen Leidens von der sich selbst überlassenen Lebenskraft veranstalteten und unterhaltenen Localübel, Ausleerungen und anscheinende Ableitungs-Bestrebungen selbst zu den Zeichen der ganzen Krankheit gehören, gegen welche zusammen eigentlich ein nach Aehnlichkeits-Wirkung gewähltes, homöopathisches Arzneimittel das einzig hülfreiche Heilmittel gewesen seyn würde.

Da schon was die rohe Natur thut, um sich in Krankheiten zu helfen, in acuten sowohl als vielmehr in chronischen, höchst unvollkommen ist, so läßt sich leicht ermessen, daß die künstliche Beförderung dieser Unvollkommenheit noch mehr schaden, wenigstens selbst bei acuten Uebeln nichts an der Natur-Hülfe verbessern konnte, da die Arzneikunst die verborgnen Wege, auf welchen die Lebenskraft ihre Crisen veranstaltet, nicht zu betreten im Stande war, sondern nur durch angreifende Mittel von außen, welche noch weniger wohlthätig, als was die sich selbst überlassene Lebenskraft auf ihre Weise thut, aber dagegen noch störender sind und noch mehr die Kräfte rauben. Denn auch die unvollkommene Erleichterung, welche die Natur durch ihre Ableitungen und Crisen bewirkt, kann die Allopathie auf ähnlichem Wege nicht erreichen, sie bleibt noch tief unter der jämmerlichen Hülfe, welche die sich allein überlassene Lebenskraft zu verschaffen vermag, mit ihren Bemühungen zurück.

Man hat durch ritzende Werkzeuge ein dem natürlichen nachgemachtes Nasenbluten hervorzubringen gesucht, um die Anfälle z. B. eines chronischen Kopfschmerzes zu erleichtern. Da konnte man wohl Blut in Menge aus den Nasenhöhlen rinnen machen und den Menschen schwächen, aber die Erleichterung davon war weit geringer, als wenn zu andrer Zeit die instinktartige Lebenskraft aus eigenem Triebe auch nur wenige Tropfen ausfließen ließ.

Ein sogenannter kritischer Schweiß oder Durchfall von der stets thätigen Lebenskraft nach schneller Erkrankung von Aergerniß, Schreck, Verheben oder Verkälten veranlaßt, wird weit erfolgreicher, wenigstens vor der Hand, die acuten Leiden beseitigen, als alle Schwitzmittel oder Abführungs-Arzneien ans der Apotheke, wie die tägliche Erfahrung lehrt.

Doch ward die, für sich, nur nach körperlicher Einrichtung unsers Organisms zu wirken fähige, nicht nach Verstand, Einsicht und Ueberlegung zu handeln (geeignete) Lebenskraft dem Menschen nicht dazu verliehen, daß wir sie für die bestmöglichste Krankheits-Heilerin annehmen sollten, um jene traurigen Abweichungen von Gesundheit in ihr normales Verhältniß, gleichsam auf ihre eigne Hand, wieder zurück zu führen, und noch weniger dazu, daß die Aerzte ihre unvollkommnen Bestrebungen (sich selbst aus Krankheiten zu retten), sklavisch, und mit, freilich noch zweckwidrigem, und angreifendem Veranstaltungen, als sie selbst vermag, nachahmen und dadurch sich (ihrer Bequemlichkeit?) den zur Erfindung und Ausführung der edelsten aller menschlichen Künste – der wahren Heilkunst – erforderlichen Aufwand von Verstand, Nachdenken und Ueberlegung ersparen sollten – eine schlechte Copie jener, wenig wohlthätigen Selbsthülfe der rohen Naturkraft für Heilkunst ausgebend!

Nein! jene dem Menschen angeborne, das Leben auf die vollkommenste Weise während dessen Gesundheit zu führen bestimmte, herrliche Kraft, gleich gegenwärtig in allen Theilen des Organisms, in der sensibeln wie in der irritabeln Faser und unermüdete Triebfeder aller normalen, natürlichen Körper-Verrichtungen, ward gar nicht dazu erschaffen, um sich in Krankheiten selbst zu helfen, nicht, um eine nachahmungswürdige Heilkunst auszuüben – Heilkunst, jenes ein nachdenkliches Geschäft, was dem höhern Menschen-Geiste, der freien Ueberlegung, und dem wählenden, nach Gründen entscheidenden Verstande obliegt, um jene instinktartige und verstand- und bewußtlose, aber automatisch energische Lebenskraft, wenn sie durch Krankheit zu innormaler Thätigkeit verstimmt worden, mittels einer, dieser ähnlichen Affection, von homöopathisch ausgewählter Arznei erzeugt, dergestalt arzneikrank umzustimmen, daß die natürliche Krankheits-Affection nicht mehr auf sie wirken könne und sie so derselben quitt werde und fähig, nach baldiger Verschwindung der neuen (Arznei-) Affection, wieder zur Norm der Gesundheit und zu ihrer eigentlichen Bestimmung, »der Belebung und Gesund-Erhaltung des Organisms« zurückzukehren, ohne bei dieser Umwandlung schmerzhafte oder schwächende Angriffe erlitten zu haben. Dieß zu bewirken, lehrt die homöopathische Heilkunst.

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Bei den angeführten Cur-Methoden der alten Schule entrannen zwar allerdings nicht wenige Kranke ihren Krankheiten, doch nicht den chronischen (unvenerischen); nur den acuten, ungefährlichen, und doch nur auf beschwerlichen Umwegen, und oft so unvollkommen, daß man die Curen nicht durch milde Kunst vollführte Heilungen nennen konnte. Die acuten Krankheiten wurden von ihr in den nicht sehr gefährlichen Fällen mittels Blutentziehungen oder Unterdrückung eines der Hauptsymptome durch ein enantiopathisches Palliativmittel ( contraria contrariis) so lange niedergehalten, oder mittels auf andern, als den kranken Punkten, gegenreizender und ableitender (antagonistischer und revellirender) Mittel bis zu dem Zeitpunkte suspendirt, wo die natürliche Verlaufs-Zeit des kurzen Uebels vorüber war – also auf Kräfte und Säfte raubenden Umwegen, und dergestalt, daß der eignen Natur des so Behandelten das Meiste und Beste zur vollständigen Beseitigung der Krankheit und Wiederersetzung der verlornen Kräfte und Säfte zu thun übrig blieb – der Lebens-Erhaltungs-Kraft, welche nächst der Beseitigung des natürlichen, acuten Uebels, auch die Folgen unzweckmäßiger Behandlung zu besiegen hatte und so in den ungefährlichen Fällen mittels ihrer eignen Energie, doch oft mühsam, unvollkommen und unter mancherlei Beschwerde die Functionen in ihr normales Verhältniß allmälig wieder einzusetzen pflegte.

Es bleibt zweifelhaft, ob der Genesungs-Proceß der Natur durch dieses Eingreifen der bisherigen Arzneikunst bei acuten Krankheiten wirklich in Etwas abgekürzt oder erleichtert werde, indem diese gleichfalls nicht anders, als indirect, wie jene zu Werke gehen konnte, ihr ableitendes und antagonistisches Verfahren aber noch angreifender ist und noch mehr Kräfte raubt.

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Noch hat die alte Schule ein Cur-Verfahren, die sogenannte erregende und stärkende Cur-Methode Sie ist recht eigentlich enantiopathisch, und ich werde ihrer noch im Texte des Organons (§. 55.) gedenken. (durch excitantia, nervina, tonica, confortantia, roborantia). Es ist zu verwundern, wie sie sich derselben rühmen konnte.

Hat sie wohl je die so häufige, von einem chronischen Siechthum erzeugte und unterhaltene, oder vermehrte Schwäche des Körpers durch Verordnung ätherischen Rheinweins, oder feurigen Tokayers, wie sie unzählige Mal versuchte, heben können? Die Kräfte sanken dabei (weil die Erzeugerin der Schwäche, die chronische Krankheit von ihr nicht geheilt werden konnte) allmälig nur desto tiefer, je mehr des Weins dem Kranken aufgeredet worden war, weil künstlichen Aufregungen die Lebenskraft Erschlaffung in der Nachwirkung entgegen setzt.

Oder gaben die Chinarinde, oder ihre mißverstandenen, vieldeutigen Amara in diesen so häufigen Fällen Kräfte? Setzten diese unter allen Verhältnissen für tonisch und stärkend ausgegebenen Gewächs-Substanzen sammt den Eisenmitteln nicht oft noch neue Leiden aus ihren eigentümlichen, krank machenden Wirkungen zu den alten hinzu, ohne die auf ungekannter, alter Krankheit beruhende Schwäche beseitigen zu können?

Hat man wohl die von einem chronischen Siechthume, wie so allgewöhnlich, entsprossene, anfangende Lähmung eines Armes oder Beines, ohne Heilung des Siechthums selbst, durch die sogenannten unguenta nervina oder die andern geistigen, balsamischen Einreibungen auf die Dauer jemals auch nur um Etwas mindern können? Oder haben in diesen Fällen elektrische oder Voltaische Schläge je etwas Anderes in solchen Gliedern als nach und nach vollkommnere, ja vollkommne Lähmung und Ertödtung aller Muskel-Erregbarkeit und Nerven-Reizbarkeit zur Folge gehabt Die Schwachhörigen besserten sich von der Voltaischen Säule des Jeverschen Apothekers bei mäßigen Schlägen nur auf einige Stunden – bald thaten diese nichts mehr; er mußte, um ein Gleiches zu bewirken, mit den Schlägen steigen, bis auch diese nichts mehr halfen, da dann die stärksten zwar anfänglich das Gehör der Kranken noch auf kurze Zeit aufreizten, sie aber zuletzt stocktaub hinterließen.?

Brachten die gerühmten excitantia und aphrodisiaca, die Ambra, der Meer-Stinz, die Kanthariden-Tinktur, die Trüffeln, Cardemomen, Zimmt und Vanille das allmälig geschwächte Begattungs-Vermögen (wobei jederzeit ein unbeachtetes, chronisches Miasm zum Grunde lag) nicht stets zur völligen Impotenz herunter?

Wie kann man sich einer, etliche Stunden dauernden Aufregung und Bekräftigung rühmen, wenn der nachbleibende Erfolg das dauernde Gegentheil – nach den Gesetzen der Natur aller Palliative – bewirkt?

Das wenige Gute, was die excitantia und roborantia bei der Erholung aus (auf alte Art behandelten) acuten Krankheiten hervorbrachten, ward tausendfach von dem Nachtheile derselben in chronischen Uebeln überwogen.

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So curirte der Allopathiker. Die Kranken aber mußten sich in diese traurige Notwendigkeit fügen, weil sie keine bessere Hülfe bei den übrigen Allopathikern fanden, welche aus denselben trugvollen Büchern waren gelehrt worden.

Die Grund-Ursache der chronischen (nicht venerischen) Krankheiten blieb diesen, mit Causal-Curen vergeblich sich brüstenden Praktikern, sammt den Heilmitteln derselben unbekannt; wie hätten sie wohl jene ungeheure Ueberzahl langwieriger Krankheiten mit ihren indirecten Curen heben wollen, welche von der, nicht zum Vorbilde im Heilen bestimmten Selbsthülfe der verstandlosen Lebenskraft noch unvollkommenere Nachahmungen waren?

Den vermeintlichen Charakter des Uebels hielten sie für die Krankheits-Ursache und richteten daher ihre angeblichen Causal-Curen gegen Krampf, Entzündung (Plethora), Fieber, allgemeine und partielle Schwäche, Schleim, Fäulniß, Infarkten, u. s. w. die sie durch ihre (ihnen nur oberflächlich bekannten) krampfstillenden, antiphlogistischen, stärkenden, erregenden, antiseptischen, auflösenden, zertheilenden, ableitenden, ausleerenden, antagonistischen Mittel hinwegzuräumen wähnten.

Nach so allgemeinen Indicationen aber lassen die Arzneien sich nicht zur Hülfe finden, am allerwenigsten in der alten Schule, bisherigen Materia medica, die, wie ich anderswo Vor dem dritten Theile der reinen Arzneimittellehre: Quellen d. bish. Materia Medica. zeigte, meist nur auf Vermuthung beruhte und auf falschen Schlüssen ab usu in morbis.

Und eben so gewagt gingen sie gegen die noch hypothetischeren – gegen Mangel oder Uebermaß an Sauer-, Stick-, Kohlen- oder Wasserstoff in den Säften, gegen Steigerung oder Minderung der Irritabilität, Sensibilität, Reproduction, Arteriellität, Venosität, Capillarität, Asthenie u. s. w., zu Felde, ohne Hülfsmittel zur Erreichung so phantastischer Zwecke zu kennen. Es war Ostentation. Es waren Curen – nicht zum Wohle der Kranken.

Jeder Anschein von zweckmäßiger Behandlung der Krankheiten verschwand jedoch vollends ganz durch die von den ältesten Zeiten her eingeführte, und sogar zum Gesetz gemachte Vermischung der in ihrer Wirkung stets und ohne Ausnahme von einander so abweichenden Arznei-Substanzen zum Recepte. Man setzte darin eine (nach dem Umfange ihrer Arznei-Wirkungen nicht gekannte) Arznei zum Hauptmittel ( basis) vorne an, welche den vom Arzte angenommenen Haupt-Charakter der Krankheit besiegen sollte, fügte noch dieses oder jenes (ebenfalls nach dem Umfange seiner arzneilichen Wirkungen nicht gekannte) Mittel zur Beseitigung dieser oder jener Neben-Indication oder als Verstärkungs-Mittel ( adjuvantia) hinzu, auch wohl noch ein angebliches (ebenfalls nach dem Umfange seiner Arznei-Kräfte nicht gekanntes) Verbesserungs-Mittel ( corrigens), ließ das alles (kochen, ausziehen) mischen – auch wohl mit einem, wieder anders arzneilichen Sirupe oder destillirten, arzneilichen Wasser in die Form bringen, und wähnte nun, jeder dieser Mischungs-Theile (Ingredienzen) werde die ihm in Gedanken zugeteilten Verrichtungen im kranken Körper zur Ausführung bringen, ohne sich von den übrigen, dazu gemischten Dingen stören, oder irre machen zu lassen, was doch verständiger Weise gar nicht zu erwarten ist. Eins hob ja das andre in seiner Wirkung ganz oder zum Theil auf, oder gab ihm und den übrigen eine andre, nicht geahnete, nicht zu vermuthende Thätigkeits-Beschaffenheit und Wirkungs-Richtung, so daß die erwartete Wirkung unmöglich erreicht werden konnte; es erfolgte, was man von dem unerklärlichen Räthsel von Mischung nicht erwartet hatte, noch erwarten konnte, oft eine im Tumulte der Krankheits-Symptome nicht bemerkbare, neue Krankheits-Verstimmung, welche bleibend ward bei langem Fortgebrauche des Recepts – also, eine hinzugesetzte, mit der ursprünglichen sich komplicirende Kunst-Krankheit, eine Verschlimmerung der ursprünglichen Krankheit – oder, wenn das Recept nicht oft wiederholt, sondern von einem oder mehren, neu verschriebnen, aus andern Ingredienzen, bald nach einander, verdrängt ward, so entstand doch, zum allerwenigsten, ein vermehrtes Sinken der Kräfte, weil die in solchem Sinne verordneten Substanzen wenig oder gar keinen directen, pathischen Bezug auf das ursprüngliche Leiden weder hatten, noch haben sollten, sondern nur die von der Krankheit am wenigsten befallenen Punkte angriffen nutzloser und schädlicher Weise.

Mehrerlei Arzneien, selbst wenn man die Wirkungen jeder einzelnen auf den menschlichen Körper genau gekannt hätte (– der Receptschreiber kennt aber oft nicht den tausendsten Theil derselben –), mehrerlei solche Ingredienzen, sage ich, deren manche schon selbst vielfach componirt waren, und deren einzelner genaue Wirkung so gut als nicht bekannt, gleichwohl im Grunde doch immer sehr von der der übrigen verschieden ist, zusammen in Eine Formel mischen zu lassen, damit dieß unbegreifliche Gemisch von dem Kranken in großen Gaben, oft wiederholt, eingenommen werde, und dennoch irgend eine beabsichtigte, gewisse Heilwirkung bei ihm damit erzielen zu wollen; diese Unverständigkeit empört jeden nachdenkenden Unbefangenen Die Widersinnigkeit der Arzneigemische haben selbst Männer aus der gewöhnlichen Arzneischule eingesehen, ob sie gleich in der Praxis selbst diesem ewigen Schlendriane, wider ihre Einsicht, folgten. So drückt Marcus Herz (in Hufel. Journ. d. pr. A. II. S. 33.) seine Gewissensregung durch folgende Worte aus: »Wollen wir den Entzündungszustand heben, so bedienen wir uns weder des Salpeters, noch des Salmiaks, noch der Pflanzensäure allein, sondern wir vermischen gewöhnlich mehrere, und öfters nur zu viele, sogenannte antiphlogistische Mittel zusammen, oder lassen sie zu gleicher Zeit neben einander gebrauchen. Haben wir der Fäulniß Widerstand zu thun, so genügt es uns nicht, von einer der bekannten antiseptischen Arzneien, von der Chinarinde, den Mineralsäuren, der Wohlverleih, der Schlangenwurz u. s. w. allein, in großer Menge gegeben, unsern Endzweck zu erwarten; wir setzen lieber mehrere derselben zusammen, und rechnen auf das Gemeinschaftliche ihrer Wirkung, oder werfen wohl gar, aus Unwissenheit, wessen Thätigkeit in dem vorhandenen Falle die angemessenste sey, mannigfaltige Dinge unter einander, und übergeben es gleichsam dem Zufalle, eins von ihnen die beabsichtigte Veränderung hervorbringen zu lassen. So erregen wir Schweiß, verbessern Blut (?), lösen Stockungen (?), befördern Auswurf und entleeren sogar die ersten Wege so selten durch einzelne Mittel; immer sind unsere Vorschriften zu diesem Endzwecke zusammengesetzt, fast nie einfach und rein, folglich (sind es) auch nicht die Erfahrungen in Rücksicht auf die Wirkungen ihrer einzelnen, enthaltenen Stoffe. Zwar stiften wir unter den Mitteln in unsern Formeln nach schulgerechter Weise eine Art von Rangordnung, und nennen dasjenige, dem wir eigentlich die Wirkung auftragen, die Grundlage ( basis) und die übrigen die Helfer, Unterstützer ( adjuvantia) Verbesserer ( corrigentia) u. s. w. Allein offenbar liegt bei dieser Charakterisirung größtentheils bloße Willkür zum Grunde. Die Helfer und Unterstützer haben eben so gut Antheil an der ganzen Wirkung, als das Hauptmittel, wiewohl wir aus Mangel eines Maaßstabes den Grad desselben nicht bestimmen können. Gleichergestalt kann der Einfluß der Verbesserer auf die Kräfte der übrigen Mittel nicht ganz gleichgültig seyn; sie müssen sie erhöben, herunterstimmen oder ihnen eine andre Richtung geben, und wir müssen daher die heilsame (?) Veränderung, die wir durch eine solche Formel bewirken, immer als das Resultat ihres ganzen, zusammengesetzten Inhalts ansehen, und können nie daraus eine reine Erfahrung von der alleinigen Wirksamkeit eines einzigen Stücks desselben gewinnen. In der That ist doch unsre Einsicht in dasjenige, worauf eigentlich bei allen unsern Mitteln das Wesentliche ihrer Kenntniß beruht, so wie die Kenntniß der vielleicht noch hundertfältigen Verwandtschaften, in welche sie bei ihrer Vermischung unter einander treten, viel zu gebrechlich, als daß wir mit Gewißheit anzugeben vermögen, wie groß und mannigfaltig die Thätigkeit eines an sich noch so unbedeutend scheinenden Stoffs seyn kann, wenn er, verbunden mit andern Stoffen, in den menschlichen Körper gebracht wird.«.

Der Erfolg widerspricht natürlich jeder bestimmten Erwartung. Es entstehen allerdings Veränderungen und Erfolge, aber keine zweckmäßigen, keine guten.

Ich möchte den sehen, welcher dergleichen blindes Hineinarbeiten in den kranken menschlichen Körper Heilung nennen wollte!

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II. Beispiele unwillkürlicher, homöopathischer Heilungen bisheriger Aerzte der alten Schule.

So curirte man bisher die Krankheiten der Menschen nicht nach Gründen, die auf Natur und Erfahrung fest standen, nicht mit den geeigneten Mitteln, sondern theils nach willkürlich erdachten Heilzwecken, theils in Nachahmung der indirecten Veranstaltungen der sich zur Selbsthülfe allein überlassenen, nur nach den Gesetzen der organischen Einrichtung unseres Körpers in Krankheiten zu wirken gezwungenen, nicht nach Ueberlegung das Beste zu erdenken und zu wählen fähigen, verstandlosen, bloß animalischen Lebenskraft, die man, leider, für die weiseste Lehrmeisterin der Heilkunst hielt, und sogar ihr instinktmäßiges Verlangen in Krankheiten nach opponirt wirkenden Erleichterungs-Mitteln und Palliativen durch die Curart contraria contrariis nachahmte.

Durch Beobachtung, Nachdenken und Erfahrung fand ich, daß im Gegentheile von letztern die wahre, richtige, beste Heilung zu finden sey in dem Satze similia similibus curentur: Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (ὅμοιον πάϑος) für sich erregen kann, als sie heilen soll!

Diesen homöopathischen Heilweg lehrte bisher niemand, niemand führte ihn aus. Liegt aber die Wahrheit einzig in diesem Verfahren, wie man mit mir finden wird, so läßt sich erwarten, daß, gesetzt, sie wäre auch Jahrtausende hindurch nicht anerkannt worden, sich dennoch thätliche Spuren von ihr in allen Zeitaltern werden auffinden lassen? Denn Wahrheit ist gleich ewigen Ursprungs mit der allweisen, gütigen Gottheit. Menschen können sie lange unbeachtet lassen, bis der Zeitpunkt kommt, wo Ihr Strahl, nach dem Beschlusse der Fürsehung, den Nebel der Vorurtheile unaufhaltbar durchbrechen soll, als Morgenröthe und anbrechender Tag, um dann dem Menschengeschlechte zu seinem Wohle zu leuchten hell und unauslöschlich.

Und so ist es auch. In allen Zeitaltern sind die Kranken, welche wirklich, schnell, dauerhaft und sichtbar durch Arznei geheilt wurden, und nicht etwa durch ein anderes wohlthätiges Ereigniß, oder durch Selbstverlauf der acuten Krankheit, oder in der Länge der Zeit durch allmäliges Uebergewicht der Körperkräfte mittels allopathischer und antagonistischer Curen endlich genasen – denn das direct Geheiltwerden weicht gar sehr ab vom Genesen auf indirectem Wege –, bloß (obgleich ohne Wissen des Arztes) durch ein (homöopathisches) Arzneimittel geheilt worden, was für sich einen ähnlichen Krankheits-Zustand hervorzubringen die Kraft hatte.

Selbst bei den wirklichen Heilungen mit vielerlei zusammengesetzten Arzneien, – welche äußerst selten waren, – findet man, daß das vorwirkende Mittel jederzeit von homöopathischer Art war.

Doch noch auffallend überzeugender findet man dieß, wo Aerzte wider die Observanz, – die bisher bloß Arzneimischungen, in Recepte geformt, zuließ, – zuweilen mit einem einfachen Arzneistoffe die Heilung schnell zu Stande brachten. Da siehet man, zum Erstaunen, daß es stets durch eine Arznei geschah, die geeignet ist, ein ähnliches Leiden, als der Krankheitsfall enthielt, selbst zu erzeugen, ob diese Aerzte gleich, was sie da thaten, selbst nicht wußten, und es in einem Anfalle von Vergessenheit der gegentheiligen Lehren ihrer Schule thaten. Sie verordneten eine Arznei, wovon sie nach der hergebrachten Therapie gerade das Gegentheil hätten brauchen sollen, und nur so wurden die Kranken schnell geheilt.

Hier einige Beispiele solcher homöopathischen Heilungen, die ihre unleugbare Deutung erhalten durch die nun gefundene und ins Leben getretene Homöopathie, nicht aber zur Stütze für letztere dienen sollen, da sie ohne fremde Stütze fest steht Wenn die in folgenden Fällen angewendeten Arzneigaben größer waren, als die sichrere, homöopathische Heilkunst vorschreibt, so geschahen sie freilich mit der Gefahr, die in der Regel von großen Gaben homöopathischer Heilmittel zu erwarten ist. Doch ereignet es sich auch nicht gar selten durch manche, nicht allemal ausfindig zu machende Umstände, daß auch größere Gaben homöopathischer Arznei, ohne sonderlichen Nachtheil, den Zweck der Heilung erreichen, z. B. dadurch, daß die vegetabilische Substanz durch lange Aufbewahrung unkräftiger geworden war, oder daß viel Ausleerungen darauf erfolgten, welche den größten Theil der Wirkung des Mittels vernichteten, oder auch dadurch, daß zugleich andre Substanzen in den Magen kamen, welche antidotisch die Stärke der Gabe um Vieles minderten..

Schon der Verfasser des angeblich hippokratischen Buchs ἐπιδημιῶν (lib. 5. zu Anfange) heilte eine Cholera, die sich durch nichts heilen lassen wollte, einzig durch Weißnießwurzel , welche doch für sich eine Cholera erregt, wie Forestus, Ledelius, Reimann und mehrere Andre M. s. die Stellen hiezu in meiner reinen Arzneimittellehre, III. Th. zweite Ausgabe, Dresden 1825. – Mit Bedacht habe ich in diesem und in allen folgenden Beispielen nicht meine und meiner Schüler Beobachtungen von den eigentümlichen Wirkungen der jedesmaligen Arznei angeführt, sondern bloß die älterer Aerzte, um anzudeuten, daß man schon vor meiner Zeit die homöopathische Heilkunst hätte finden können. von ihr sahen.

Das englische Schweißfieber, was im Jahre 1485 zuerst erschien, und, mörderischer als jede Pest, anfänglich, wie Willis bezeugt, von 100 Kranken 99 tödtete, konnte nicht eher gebändigt werden, bis man den Kranken Schweiß treibende Mittel zu geben lernte; von der Zeit an starben nur Wenige, wie Sennert De febrib. IV. Cap. 15. bemerkt.

Ein jahrelanger, den unvermeidlichen Tod drohender Bauchfluß, wo alle andre Arzneien ganz ohne Erfolg waren, ward, wie Fischer In Hufel. Journ. f. pr. A. Vol. X. IV. S. 127. zu seiner (nicht meiner) Verwunderung wahrnahm, von einem ungelehrten Curirer mit einem Purgirmittel schnell und dauerhaft gehoben.

Murray (statt vieler andern Zeugen) und die tägliche Erfahrung zählt unter die Symptome, welche der Gebrauch des Tabaks hervorbringt, vorzüglich Schwindel, Uebelkeit und Aengstlichkeit. Und gerade Schwindel, Uebelkeit und Aengstlichkeit waren es, von denen sich Diemerbroek Tract. de Peste, Amstel. 1665. S. 273. durch Tabakrauchen befreite, wenn er unter der ärztlichen Behandlung der epidemischen Krankheiten in Holland von diesen Beschwerden befallen ward.

Die schädlichen Wirkungen, welche einige Schriftsteller, und unter ihnen Georgi Beschreibung aller Nat. des russischen Reichs, S. 78. 267. 281. 321. 329. 352., vom Genusse des Fliegenschwammes bei den Kamtschadalen anmerken, Zittern, Convulsionen, Fallsucht, wurden wohlthätig unter den Händen Ch. G. Whistlings Diss. de virt. Agar. musc. Jen. 1718. S. 13., der sich des Fliegenschwammes mit Erfolg gegen Convulsionen mit Zittern begleitet, und unter J. Ch. Bernhardts Chym. Vers. und Erfahr., Leipz. 1754. obs. 5. S. 324. Auch Gruner Diss. de virib. agar. musc. Jen. 1778. S. 13. Händen, der sich desselben hülfreich in einer Art Fallsucht bediente.

Die bei Murray Appar. Medicam. edit secund. 1. S. 429. 430. zu findende Wahrnehmung, daß Anies-Oel von Purganzen erregtes Leibweh und Blähungs-Coliken stillt, setzt uns nicht in Verwunderung, wenn wir wissen, daß J. P. Albrecht Misc. Nat Cur. Dec. II. ann. 8. Obs. 169. Magenschmerzen und P. Forest Observat. et Curationes, lib. 21. heftige Coliken vom Anies-Oele beobachtet hatte.

Wenn Fr. Hoffmann die Schaafgarbe in mehreren Blutflüssen rühmte, G. E. Stahl, Buchwald und Löseke sie im übermäßigen Flusse der Goldader sehr dienlich fanden, die Breslauer Sammlungen und Quarin Heilungen des Blutspeiens durch Schaafgarbe anführen, und Thomasius, bei Haller, sie mit Glück in Mutterblutflüssen anwendete, so beziehen sich diese Heilungen offenbar auf die ursprüngliche Neigung dieses Krautes, für sich Blutflüsse und Blutharnen, wie Casp. Hoffmann De Medicam. officin. Lugd. Bat. 1738. beobachtete, und eigenthümlich Nasenbluten zu erzeugen, wie Boecler Cynosura Mat. med. cont S. 552. von demselben wahrnahm.

Scovolo Bei Girardi, de Uva ursi, Patavii 1764., nächst Andern, heilte schmerzhaften Abgang eiterigen Harns mit Bärentraube , welche dieß nicht vermocht hätte, wenn sie nicht für sich schon Harnbrennen mit Abgang eines schleimigen Urins erzeugen könnte, wie wirklich Sauvages Nosol. III. S. 200. von der Bärentraube entstehen sah.

Wenn es auch die vielen Erfahrungen von Stoerck, Marges, Planchon, du Monceau, F. Ch. Junker, Schinz, Ehrmann und Andern nicht bestätigten, daß die Herbst-Zeitlose eine Art Wassersucht geheilt habe, so würde diese Kraft schon aus ihrer eigenthümlichen Wirkung, verminderte Harnabsonderung mit stetem Drange dazu und Abgang wenigen feuerrothen Harns für sich zu erregen, wie, nächst Stoerck Libellus de Colchico, Vien. 1763. S. 12., auch de Berge Journ. de Médec. XXII. sah, leicht zu erwarten seyn. – Sehr sichtbar aber ist das von Göritz Andr. Elias Büchner , Miscell. phys. med. mathem. ann. 1728, Jul. S. 1212. 1213. Erfurt 1732. durch die Zeitlose geheilte hypochondrische Asthma und die von Stoerck Ebend. Cas. 11. 13. Contin. Cas. 4. 9. durch sie gehobene Engbrüstigkeit, mit einer anscheinenden Brustwassersucht verbunden, in der homöopathischen Kraft dieser Wurzel, Schwerathmigkeit und Asthma für sich hervorzubringen, gegründet, dergleichen de Berge Ebend. a. a. O. von ihr wahrnahm.

Muralto Misc. Nat. Cur. Dec. II. a. 7. obs. 112. sah, was man noch täglich sehen kann, daß die Jalappe , außer Bauchweh, auch eine große Unruhe und Umherwerfen zuwege bringt, aus welcher Eigenschaft (ganz begreiflich für jeden, mit der homöopathischen Wahrheit vertrauten Arzt), jene wohlthätige Kraft derselben herrührt, kleinen Kindern in Leibweh, Unruhe und Schreien oft zu helfen und ihnen einen ruhigen Schlaf zu verschaffen, wie G. W. Wedel Opiol. lib. I. S. 1. Cap. 11. S. 38. ihr mit Recht nachrühmt.

Bekanntlich – wie auch Murray, Hillary und Spielmann zum Ueberfluße bezeugen, – machen die Sensblätter eine Art Leibschmerzen, erzeugen nach Caspar De Medic. offic. lib. I. Cap. 36. und Friedrich Hoffmann Diss. de Manna, §. 16. viel Flatulenz und bringen das Blut in Wallung Murray, a. a. O. II. edit sec. S. 507., (die gewöhnliche Ursache der Schlaflosigkeit), und eben dieser ihrer natürlichen (homöopathischen) Eigenschaft wegen konnte Detharding Eph. Nat. Cur. Cent. 10. obs. 76. heftige Colikschmerzen mit ihnen heilen und den Kranken die unruhigen Nächte benehmen.

Ganz nahe lag es dem sonst scharfsinnigen Stoerck, einzusehen, daß der beim Gebrauch der Diptamwurzel von ihm selbst Libell. de Flamm. Jovis. Viennae 1769. Cap. 2. bemerkte Nachtheil, zuweilen einen Scheidefluss zähen Schleims zu erzeugen, eben die Kraft sey, wodurch er mit dieser Wurzel einen langwierigen Weißfluss bezwang Ebend. Cap. 9..

Eben so wenig durfte es Stoerck auffallen, wenn er mit der Brenn-Waldrebe eine Art langwierigen, feuchten, fressenden, allgemeinen, krätzartigen Ausschlags beseitigte Libell. de Flamm. Jovis. Viennae 1769. Cap. 13., da er selbst von diesem Kraute wahrgenommen hatte Ebend. S. 33., daß es krätzartige Ausschlagsblüthen über den ganzen Körper für sich schon erzeugen könne.

Wenn nach Murray Appar. Medicam. II. Edit. sec. S. 221. die Euphrasie das Triefauge und eine Art Augenentzündung geheilt hat; wodurch sonst vermochte sie dieß, als durch ihre von Lobelius Stirp. Advers. S. 219. beobachtete Kraft, für sich selbst schon eine Art Augenentzündung erzeugen zu können?

Nach J. H. Lange Domest. Brunsvic. S. 136. hat sich die Muskatnuss sehr hülfreich in hysterischen Ohnmachten erwiesen. Doch wohl aus keinem andern natürlichen Grunde, als dem homöopathischen, daß sie in großer Gabe nach J. Schmid Miscell. Nat. Cur. Dec. II. ann. 2. obs. 120. und Cullen Arzneimittell. II. S. 233. ein Verschwinden der Sinne und allgemeine Unempfindlichkeit bei Gesunden zu erregen fähig ist!

Die uralte Wahl des Rosenwassers zum äußerlichen Gebrauche bei Augenentzündungen scheint stillschweigend eine Heilkraft dieser Art in den Blättern der Rosen anzuerkennen. Sie beruht auf der homöopathischen Kraft derselben, für sich eine Art Augenentzündung bei gesunden Menschen zu erzeugen, dergleichen wirklich Echtius In Adami vita Med. S. 72., Ledelius Misc. Nat. Curios. Dec. II. ann. 2. obs. 140. und Rau Rau , über den Werth des homöopath. Heilverfahrens. S. 73. von ihnen in Erfahrung gebracht haben.

Wenn der Gift- und Wurzel-Sumach, nach Pet. Rossi Observ. de nonnullis plantis, quae pro venenatis habentur. Pisis 1767., van Mons Bei Dufresnoy, über den wurzelnden Sumach, S. 206., Jos. Monti Acta Instit. Bonon. sc. et art. III. S. 165., Sybel In Med. Annalen, 1811, Juli. und Andern, die Kraft besitzt, den Körper allmälig mit Ausschlagsblüthen zu überziehen, so sieht ein verständiger Mann leicht ein, wie er homöopathisch einige Arten von Herpes bei Dufresnoy und van Mons heilen konnte. – Was nöthigt diese Pflanze, bei Alderson In Samml. a. Abh. f. pr. Aerzte. XVIII, 1., Lähmung der Untergliedmaßen mit Verstandes-Schwäche begleitet zu heilen, wenn es nicht die deutlich zu Tage liegende Kraft dieses Gewächses thut, gänzliche Abspannung der Muskelkräfte mit einer zu sterben befürchtenden Verstandes-Verwirrung für sich erzeugen zu können, wie Zadig Hufeland , Journal d. pr. Arzneik. V. S. 3. sah.

Hat der Bittersüß-Nachtschatten bei Carrère die heftigsten Verkältungskrankheiten geheilt Carrère (und Starcke), Abhandlung über die Eigenschaften des Nachtschattens oder Bittersüßes. Jena 1786. p. 20-23., so kam es einzig daher, weil dieß Kraut vorzüglich geneigt ist, bei feuchtkalter Luft mancherlei Verkältungsbeschwerden hervorzubringen, wie ebenfalls Carrère Ebendaselbst. und Starcke Bei Carrère, ebend. S. 140. 249. beobachteten. – Fritze Annalen des klinischen Instituts. III. S. 45. sah Convulsionen und de Haen Ratio medendi, Tom. IV. S. 228. sah Convulsionen mit Delirien von Bittersüß entstehen, und mit kleinen Gaben heilte Letzterer Ratio medendi, Tom. IV. S. 228., wo er sagt: Dulco-amarae stipites majori dosi convulsiones et deliria excitant, moderata vero spasmos, convulsionesque solvunt. Wie nahe war de Haen an Erkennung des naturgemäßesten Heil-Gesetzes! dergleichen Convulsionen mit Delirien. – Vergeblich würde man den innern Grund, warum gerade Bittersüß so wirksam eine Art Flechten oder Herpes unter den Augen eines Carrère Ebend. S. 92. und ferner., Fouquet Bei Razouz, tables nosologiques, S. 275. und Poupart Traité des dartres. Paris 1782. S. 184. 192. geheilt hat, in dem Reiche der Vermuthungen aufsuchen, da er uns von der einfachen Natur, welche Homöopathie zur sichern Heilung verlangt, so nahe gelegt worden ist, nämlich: das Bittersüß erregt von selbst eine Art von Flechten, und Carrère sah von seinem Gebrauche einen Herpes zwei Wochen hindurch sich über den ganzen Körper verbreiten Traité des dartres. Paris 1782. S. 96., und bei andrer Gelegenheit davon Flechten auf den Händen Ebend. S. 149., und in einem andern Falle, an den Schamlippen Ebend. S. 164. davon entstehen.

Vom Schwarz-Nachtschatten sah Rucker Commerc. liter. Noric. 1731. S. 372. eine Geschwulst des ganzen Körpers entstehen, und Gatacker Versuche u. Bemerk. der Edinb. Gesellschaft. Altenb. 1762. VII. S. 95. 98. konnte deßhalb, so wie Cirillo Consulti medichi, Tom. III. in Napoli 1738. 4., eine Art Wassersucht mit diesem Kraute (homöopathisch) heilen.

Eine andre Art Wassersucht konnten Boerhaave Hist. Plant. P. I. S. 207., Sydenham Opera, S. 496. und Radcliff Bei Haller, Arzneimitteil. S. 349. nur mit Schwarzholder heilen, eben weil, wie Haller Bei Vicat, plantes vénéneuses, S. 125. berichtet, der Schwarzholder schon bei äußerer Auflegung Geschwulst (Oedem) erzeugt.

De Haen Ratio medendi, P. I. S. 13., Sarcone Geschichte der Krankheiten in Neapel, Vol. I. §. 175. und Pringle Obs. on the diseases of the army, Edit. 7. §. 143. huldigten der Wahrheit und Erfahrung, da sie freimüthig versicherten, den Seitenstich mit Squille geheilt zu haben, einer Wurzel, die das (in solchem Falle bloß schmeidigende, abspannende und kühlende Mittel verlangende) System, der großen Schärfe derselben wegen, durchaus widerrathen mußte; er wich dennoch der Squille , und zwar nach dem homöopathischen Naturgesetze, indem schon J. C. Wagner Observationes clinicae, Lubec. 1737. von der freien Wirkung der Meerzwiebel eine Art Pleuritis und Lungenentzündung entstehen gesehen hatte.

Die durch Viele Man sehe die Stellen nach in meiner reinen Arzneimittellehre, Th. III., Dan. Crüger, Ray, Kellner, Kaaw, Boerhaave und Andre, vom Genusse des Stechapfels beobachtete Wirkung, wunderliche Phantasien und Convulsionen zu erregen, setzte die Aerzte in Stand, die Dämonie Veckoskrift for Läkare, IV. S. 40 u. s. w. (abenteuerliche Phantasien in Begleitung von krampfhaften Gliederbewegungen) und andre Convulsionen, wie Sidrén Diss. de stramonii usu in malis convulsivis. Ups. 1773. und Wedenberg Diss. de stramon. usa in morb. convuls. Ups. 1773. thaten, mit Stechapfel zu heilen, – so wie eine von Quecksilberdampf und eine andre, von Schreck entstandene Art Veitstanz von Sidrén Diss. Morborum casus, Spec. I. Ups. 1785. mit diesem Kraute geheilt ward, eigentlich mittels seiner Eigenschaft, schon für sich dergleichen unwillkürliche Gliederbewegungen erzeugen zu können, wie man von Kaaw Boerhaave und Lobstein Man sehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre a. a. O. beobachtet findet; – und weil auch der Stechapfel nach vielen Wahrnehmungen Man sehe die Stellen ebendaselbst. auch denen des P. Schenk, sehr schnell alle Besinnung und Rückerinnerung hinwegnimmt, so ist er auch fähig, Gedächtnißschwäche, nach den Erfahrungen von Sauvages und Schinz, zu heben; – und eben so konnte auch Schmalz Chir. und medic. Vorfälle, Leipz. 1784. S. 178. eine mit Manie abwechselnde Melancholie durch dieses Kraut heilen, weil es, wie a Costa Bei Pet. Scheuch, lib. I. obs. 139. erzählt, solche alternirende Geistes- und Gemüths-Verwirrungen von sich selbst zuwege zu bringen im Stande ist.

Vom Gebrauche der Chinarinde beobachteten Mehre Man sehe alle diese Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre, III. ( Percival, Stahl und Quarin) Magendrücken, Andre ( Morton, Friborg, Bauer und Quarin) Erbrechen und Durchfall, Andre ( Dan. Crüger und Morton) Ohnmachten, Mehre einen großen Schwächezustand, Viele ( Thomson, Richard, Stahl und C. E. Fischer) eine Art Gelbsucht, Andre ( Quarin und Fischer) Bitterkeit des Mundes und mehre Andre Anspannung des Unterleibes; und eben diese vereinigten Beschwerden und Krankheitszustände sind es, bei deren ursprünglicher Gegenwart in Wechselfiebern Torti und Cleghorn so angelegentlich auf den alleinigen Gebrauch der Chinarinde dringen, – so wie die hülfreiche Anwendung derselben in dem erschöpften Zustande, der Unverdaulichkeit und Appetitlosigkeit nach acuten, besonders mit Blutabzapfen und Kräfte raubenden Ausleerungsmitteln behandelten Fiebern, bloß auf der Eigenschaft dieser Rinde beruht: ein ungemeines Sinken der Kräfte, erschlafften Zustand Leibes und der Seele, Unverdaulichkeit und Eßlust-Mangel erregen zu können, wie Cleghorn, Friborg, Crüger, Romberg, Stahl, Thomson Man sehe die Stellen ebend. und Andre von ihr beobachtet haben.

Wie hätte man wohl mit Ipecacuanha mehre Blutflüsse stillen können, wie von Bagliv, Barbeirac, Gianella, Dalberg, Bergius und Andern geschah, wenn sie nicht homöopathisch selbst Blutflüsse zu erregen im Stande wäre, wie auch wirklich Murray; Scott und Geoffroy Man sehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre, III. S. 184-185. von ihr beobachteten; – wie könnte sie in Engbrüstigkeit und besonders in krampfhaften Engbrüstigkeiten so hülfreich seyn, wie Akenside Medical. Transact I. No. 7. S. 39 u. f., Meyer Diss. de Ipecacuanhae refracta dosi usu, S. 34., Bang Praxis medica, S. 346., Stoll Praelectiones, 221.; Fouquet Journal de Médecine, Tom. 62. S. 137.; Ranoë In Act. reg. soc. med. havn. II, S. 163 u. III, S. 361 bezeugen, wenn sie nicht, auch ohne Ausleerung zu bewirken, schon für sich die Kraft besäße, Engbrüstigkeit überhaupt und krampfhafte Engbrüstigkeit insbesondere zu verursachen, dergleichen Murray Medicin. pract. Biblioth. S. 237., Geoffroy Traité de la mat. méd. II, S. 157. und W. Scott In Medic. Comment. von Edinburg. IV, S. 74. von dieser Wurzel wahrgenommen haben? Kann es deutlichere Winke geben, daß wir die Arzneien nach ihren krankmachenden Wirkungen zur Heilung der Krankheiten anwenden sollen?

Eben so würde es nicht einzusehen seyn, wie Ignatzbohne in einer Art Convulsionen, nach dem was Herrmann Cynosura Mat. med. II, S. 231., Valentin Hist. Simplic. reform. S. 194. §. 4. und ein Ungenannter In Act. Berolin. Dec. II. Vol. 10. S. 12. versichern, so wohlthäthig hätte seyn können, wenn sie nicht selbst dergleichen ähnliche Convulsionen hervorzubringen im Stande wäre, wie Bergius Mat. medica. S. 150., Camelli Philos. Transact Vol. XXI. No. 250. und Durius Miscell. Nat. Cur. Dec. III. ann. 9. 10. auch wirklich von ihr sahen.

Durch Stoß und Quetschungen beschädigte Personen bekommen Seitenstiche, Brech-Reiz, krampfhafte, stechende und brennende Schmerzen in den Hypochondern, mit Aengstlichkeit und Zittern begleitet, ein unwillkürliches Zusammenfahren, wie von elektrischen Stößen, wachend und im Schlafe, ein Kriebeln in den beschädigten Theilen u. s. w. Da nun Wohlverleih eben diese Zustände in Aehnlichkeit selbst erregen kann, wie Meza, Vicat, Crichton, Collin, Aaskow, Stoll und J. Chr. Lange von ihr beobachteten Man sehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre I. zw. Ausg. S. 487-504., so wird es leicht begreiflich, wie dieses Kraut die Zufälle von Stoß, Quetschung und Fall, folglich die Quetschungskrankheit selbst heilen kann, wie eine namenlose Menge von Aerzten und ganze Völkerschaften seit Jahrhunderten in Erfahrung gebracht haben.

Die Belladonne erzeugt unter den Beschwerden, die sie bei gesunden Menschen eigenthümlich erregt, unter andern auch Symptome, welche, zusammengenommen, ein sehr ähnliches Bild darstellen von derjenigen Art von Wasserscheu und Hundswuth, welche Th. De Mayerne Praxeos in mortis internis syntagma alterum, Aug. Vindel. 1697. S. 136, Münch Beobachtungen bei angewendeter Belladonne bei den Menschen. Stendal 1789., Buchholz Heilsame Wirkungen der Belladonne in ausgebrochener Wuth. Erfurt 1785. und Neimike In J. H. Münch's Beobachtungen. I. Th. S. 74. wirklich und vollständig mit diesem Kraute (homöopathisch) geheilt haben Hat die Belladonne in ausgebrochener Hundswuth oft nicht geholfen, so muß man bedenken, daß sie hier nur durch Wirkungs-Aehnlichkeit helfen kann, folglich nur in den kleinst möglichen Gaben, wie alle homöopathische Mittel, hätte gegeben werden müssen (wie man im Organon §. 273-281. dargethan findet). Sie ward aber meistens in den ungeheuersten, größten Gaben gereicht, und so mußten die Kranken nothwendig sterben an der Arznei, nicht an der Krankheit. – Doch mag es auch mehr als Eine Stufe oder Art von Wasserscheu und Hundswuth geben, und also, je nach den Zufällen, zuweilen Bilsenkraut , zuweilen hingegen Stechapfel das passendste homöopathische Heilmittel seyn.. Das vergebliche Haschen nach Schlaf, das ängstliche Athemholen, der ängstliche, brennende Durst nach Getränke, welches die Person kaum erhält, als sie es schon wieder von sich stößt, bei rothem Gesichte, stieren und funkelnden Augen, wie F. C. Grimm von Belladonne beobachtete; das Ersticken erregende Niederschlingen des Getränks bei übermäßigem Durste, wie El. Camerarius und Sauter; überhaupt das Unvermögen zu schlucken, wie May, Lottinger, Sicelius, Buchave, d'Hermont, Manetti, Vicat, Cullen; die mit Furchtsamkeit abwechselnde Begierde, nach den Umstehenden zu schnappen, wie Sauter, Dumoulin, Buchave, Mardorf; und umher zu spucken, wie Sauter; auch wohl zu entfliehen, wie Dumoulin, Eb. Gmelin, Buc'hoz; und die beständige Regsamkeit des Körpers, wie Boucher, Eb. Gmelin und Sauter Man sehe die Stellen von allen diesen Beobachtern in meiner reinen Arzneimittellehre. I. Th. von Belladonne beobachtet haben. – Die Belladonne heilte auch Arten von Manie und Melancholie, bei Evers, Schmucker, Schmalz, Münch Vater und Sohn, und Andern, nämlich bloß mittels ihrer Kraft, besondre Arten von Wahnsinn erzeugen zu können, dergleichen Belladonne-Geisteskrankheiten Rau, Grimm, Hasenest, Mardorf, Hoyer, Dillenius und Andre aufgezeichnet haben Ebend.. – Henning Hufeland , Journ. XXV. IV. S. 70-74. brauchte eine Menge vergeblicher Arzneien gegen eine Amaurosis mit vielfarbigen Flecken vor den Augen, drei Monate lang, bis er aus willkürlicher Vermuthung etwaniger Gicht (die der Kranke gleichwohl nicht hatte) endlich, wie durch Zufall, auf Belladonne Belladonne ist bloß durch Vermuthung zur Ehre, ein Gicht-Heilmittel seyn zu sollen, gekommen. Die Krankheit, die noch mit einigem Recht den feststehenden Namen Gicht sich anmaßen könnte, wird nie und kann nie durch Belladonne geheilt werden. verfiel und ihn damit schnell und ohne Beschwerde heilte; er würde sie wohl gleich Anfangs zum Heilmittel gewählt haben, wenn er gewußt hätte, daß nur die mittels Wirkungs-Aehnlichkeit (homöopathisch) auf den Krankheitsfall passenden Arzneien gewiß und dauerhaft heilen können, und wenn er zugleich gewußt hätte, daß Belladonne , vermöge dieses untrüglichen Natur-Heilgesetzes, hier homöopathisch helfen müsse, da sie selbst eine Art Amaurosis mit vielfarbigen Flecken vor den Augen erzeugt, wie Sauter Hufeland , Journal der pract. Arzneik. XI. und Buchholz Ebend. V. I. S. 252. von ihr bewirken sahen.

Bilsenkraut hat Krämpfe, welche viel Aehnlichkeit mit Fallsucht hatten, auch wohl dafür gehalten wurden, bei de Mayerne Prax. med. S. 23., Stoerck, Collin und Andern gehoben, aus dem Grunde, weil es der Fallsucht sehr ähnliche Zuckungen erregen kann, wie man Man sehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre. Th. IV. bei El. Camerarius, Chph. Seliger, Hünerwolf, A. Hamilton, Planchon, a Costa und Andern findet. –

In gewissen Arten von Wahnsinn haben Fothergill Memoirs of the med. soc. of London, I. S. 310. 314., Stoerck, Hellwig und Ofterdinger das Bilsenkraut mit Erfolge gebraucht; doch würden noch weit mehre Aerzte hierin glücklich gewesen seyn, wenn sie keinen andern Wahnsinn damit zu heilen unternommen hätten, als den Bilsenkraut in seiner Erstwirkung selbst in Aehnlichkeit zu erzeugen vermag, nämlich jene Art stupider Geistesverwirrung , wie sie Helmont, Wedel, J. G. Gmelin, la Serre, Hünerwolf, A. Hamilton, Kiernander, J. Stedmann, Tozzetti, J. Faber und Wendt von diesem Kraute haben erfolgen sehen Man s. meine r. Arzneimittell. IV. S. 52-57.. – Aus den von diesem Kraute erfahrnen Wirkungen, die man bei letztern Beobachtern nachsehen kann, läßt sich auch das Bild von einer hohen Art Hysterie zusammensetzen und eine sehr ähnliche wird von diesem Kraute geheilt, wie man bei J. A. P. Gessner, Stoerck und in den Act. Nat. Cur. IV. obs. 8. findet. – Unmöglich hätte Schenkbecher Von der Kinkina, Schierling, Bilsenkraut u. s. w. Riga und Mitau 1769, im Anhang S. 162. einen zwanzigjährigen Schwindel mit dem Bilsenkraute heben können, wenn dieß Kraut nicht so allgemein und in so hohem Grade einen ähnlichen Schwindel zu erzeugen von Natur geeignet wäre, wie Hünerwolf, Blom, Navier, Planchon, Sloane, Stedmann, Greding, Wepfer, Vicat, Bernigau bezeugen Siehe meine reine Arzneimittell. a. a. O.Meyer Abramson Hufeland , Journ. XIX II, S. 60. plagte seinen eifersüchtigen Wahnsinnigen lange mit vergeblichen, andern Arzneien, ehe er zufallsweise, als ein schlafmachen sollendes Mittel, das Bilsenkraut ihm gab, was natürlich schnell half; hätte er die Eifersüchtigkeit und die Manieen gekannt, die Bilsenkraut bei Gesunden erregt Siehe m. reine Arzneimittel IV. S. 31. 55. 56., und hätte er das einzige Natur-Heilgesetz durch Homöopathie gekannt, so würde er gleich Anfangs dies Heilmittel mit Zuverlässigkeit haben wählen können, ohne den Kranken so lange mit Arzneien zu quälen, die als unhomöopathisch hier nicht helfen konnten. – Die gemischten Arzneistoffe, die Hecker Hufeland , Journ. d. pr. Arzneik. I. S. 354. in einer krampfhaften Verschließung der Augenlider mit dem sichtbarsten Erfolge brauchte, wären vergeblich gewesen, war nicht das hier homöopathische Bilsenkraut zufälligerweise darunter, welches nach Wepfer De cicuta aquatica, Basil 1716. S. 320. eine ganz ähnliche Beschwerde am gesunden Menschen zu erregen pflegt – So konnte auch Withering Edinb. med. Comment, Dec. II. B VL S. 263. eine krampfhafte Verschließung des Schlundes, mit Unmöglichkeit zu schlingen, durch keine Arznei bezwingen, bis er Bilsenkraut gab, dessen eigenthümliche Wirkung ist, eine krampfhafte Zuschnürung des Schlundes mit Unvermögen zu schlingen selbst zu erzeugen, wie Tozzetti, Hamilton, Bernigau, Sauvages und Hünerwolf Man sehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre, IV. S. 38. 39. unzweideutig und in hohem Grade von diesem Kraute haben entstehen sehen.

Wie wäre es möglich, daß der Campher in sogenannten schleichenden Nervenfiebern mit verminderter Körperwärme, verminderter Empfindung und gesunkenen Kräften so ausnehmende Hülfe leisten konnte, wie uns der wahrheitliebende Huxham Opera, Tom. I. S. 172 und Tom. II. S. 84. versichert, wenn der Campher nicht in seiner Erstwirkung einen ganz ähnlichen Zustand zu erzeugen vermöchte, wie Will. Alexander, Cullen und Fr. Hoffmann von ihm sahen –? Man sehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre, IV.? –

Feuriger Wein heilt homöopathisch in kleinen Gaben reine Entzündungsfieber, wie C. Crivellati Trattato dell' uso e modo di dare il vino nelle febri acute, Rom. 1600., H. Augenius Epist. Tom II. lib. 2. ep. 8., Al. Mundella Epist. 14. Basil. 1538. und ein Paar Ungenannte Febris ardens spirituosis curata, Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann. 2. obs. 53., und Gazette de santé, 1788. erfahren haben. – Schon Asklepiades heilte Caelius Aurelianus, Acut. lib. I. C. 16. eine Hirn-Entzündung mit einer kleinen Gabe Wein. Ein fieberhaftes Delirium, wie eine vernunftlose Trunkenheit, mit laut schnarchendem Athem, eine Krankheit dem Zustande einer heftigen Berauschung in Weine ähnlich, heilte Rademacher In Hufeland's Journ. der pr. Arzneik. XVI I. S. 92. in einer einzigen Nacht bloß durch Weintrinken. Ist hier die Macht des analogen Arzneireizes ( similia similibus ) wohl zu verkennen?

Ein starker Aufguß von chinesischem Thee verursacht Personen, die nicht daran gewöhnt sind, Herzklopfen und Beängstigung, und ist, in kleiner Menge genossen, ein treffliches Heilmittel dieser, von andern Ursachen entstandenen Zufälle, wie G. L. Rau Ueber den Werth des homöopathischen Heilverf. Heidelb. 1824. S. 75. bezeugt.

Ein Zustand von Convulsionen ohne Bewußtseyn, dem Todeskampfe ähnlich, abwechselnd mit Anfällen von krampfhaftem und stoßweisem Athem, welches auch schluchzend und röchelnd, mit Eiskälte des Gesichts und Körpers und Bläue der Hände und Füße, bei schwachem Pulse, erfolgte (ganz ähnlich so, wie Schweikert und Andre die Zufälle von Mohnsafte beobachtet hatten) Siehe reine Arzneimittellehre, Th I., ward von Stütz In Hufeland's Journal der pr. Arzneik. X. IV. vergeblich mit Laugensalz behandelt, nachgehends aber sehr glücklich, schnell und dauerhaft durch Mohnsaft gehoben. Wer erkennt hier nicht das, unwissender Weise ausgeübte, homöopathische Verfahren? – Eben diesen (nach Vicat, J. C. Grimm und Andern) Siehe reine Arzneimittellehre, Th. I. so große Neigung zum fast unüberwindlichen Schlafe mit heftigem Schweiße und Delirien erregenden Mohnsaft fürchtete sich Osthoff In Salzburger medic. chirurg. Zeitung, 1805. III. S. 110. in einem epidemischen Fieber, was sehr ähnliche Symptome hatte, anzuwenden, weil das System (o! das arme System!) in solchen Zuständen ihn zu geben verbiete. Nur da er nach vergeblichem Gebrauche aller bekannten Arzneien den Tod vor Augen sah, entschloß er sich, ihn auf gut Glück zu probiren, und, siehe! er war allgemein hülfreich – mußte es seyn nach dem ewigen homöopathischen Heilgesetze. – So gesteht auch J. Lind Versuch über die Krankheiten, denen die Europäer in heißen Klimaten unterworfen sind. Riga u. Leipz. 1773.: »Die Beschwerden des Kopfs und das Brennen der Haut bei dem in der Hitze des Körpers mühsam hervorkommenden Schweiße nimmt der Mohnsaft weg, der Kopf wird frei, die brennende Hitze des Fiebers verschwindet, die Haut wird erweicht und der Schweiß kommt leicht und reichlich hervor.« Lind weiß aber nicht, daß Mohnsaft , ganz wider die Satzungen der Arzneischule, hier deßhalb so wunderbar hilft, weil er sehr ähnliche Krankheits-Zustände bei Gesunden hervorbringt. – Indeß gab es noch hie und da Einen, dem diese Wahrheit wie ein Blitzstrahl durch den Kopf ging, doch ohne das homöopathische Natur-Heilgesetz zu ahnen. So sagt Alston In Edinb. Versuchen, V. P. I. art. 12.: Mohnsaft sey freilich ein Hitze erregendes Mittel, doch sey es gewiß, daß er auch die schon anwesende Hitze mindere. – De la Guérène In Römer's Annalen der Arzneimittellehre I. II. S. 6 gab Mohnsaft in einem Fieber mit heftigem Kopfweh, hartem, gespanntem Pulse, spröder, trockner Haut, brennender Hitze, daher schwierig durchdringendem, ermattendem Schweiße, beständig durch die große Unruhe des Körpers gestört, und half damit, erkannte aber nicht, daß Mohnsaft deßhalb hier so wohlthätig wirkte, weil er einen ganz ähnlichen fieberhaften Zustand für sich, das ist bei Gesunden, zu erregen vermag, wie die Beobachter Siehe meine reine Arzneimittellehre, Th. I. von ihm bezeugen. – In einem Fieber, wo die Kranken sprachlos waren, bei offenen Augen, starren Gliedern, kleinem, aussetzendem Pulse und schwerem Athem, mit Schnarchen und Röcheln, und in Schlafsucht versunken, Zustände, die Mohnsaft ganz ähnlich zu bewirken für sich vermag, wie De la Croix, Rademacher, Crumpe, Pyl, Vicat, Sauvages und viele Andre beobachtet haben Siehe ebendaselbst., da sah Chr. Lud. Hoffmann Von Scharbock, Lustseuche u. s. w. Münster 1787. S. 295. bloß den Mohnsaft helfen; wie ganz natürlich, homöopathisch! – Eben so half Wirthenson Opii vires fibras cordis debilitare etc. Monast 1775. mit Mohnsaft in ähnlichen schlummersüchtigen Fiebern, – und Sydenham Opera, S. 654. in ähnlichen schlafsüchtigen Fiebern, so wie in einem gleichen Krankheitszustande Marcus Magazin für Therapie, I. I. S. 7.. – Die Schlafsucht, welche de Meza Acta reg. soc. med. havn. III. S. 202. heilte, konnte er mit nichts Anderm bezwingen, als mit dem hier homöopathischen, Schlafsucht selbst erzeugenden Mohnsafte: – Nach langer Qual mit einer Menge nicht passender (unhomöopathischer) Arzneien hob C. C. Matthäi In Struve's Triumph der Heilk. III. eine hartnäckige Nervenkrankheit, deren Hauptzeichen Unempfindlichkeit, Taubheit und Eingeschlafenheit in den Armen, an den Schenkeln und am Unterleibe waren, mit Mohnsaft , welcher nach Stütz, J. Young und Andern Siehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre. I. dergleichen Zustände in vorzüglichem Grade von selbst erregen kann, folglich, wie Jeder sieht, einzig homöopathisch heilt. – Hufeland's Hufeland's Journal der pr. Arzneik. XII. I. Heilung einer tagelangen Lethargie mit Mohnsaft , nach welchem andern Gesetze erfolgte sie, als nach dem bisher verkannten homöopathischen? – Eine Epilepsie kam stets nur im Schlafe; de Haen fand, daß es kein natürlicher Schlaf sey, in welchem die Anfälle kamen, sondern eine Schlafbetäubung mit Schnarchen (wie sie ganz ähnlich Mohnsaft bei Gesunden erzeugt), und konnte sie daher bloß durch Mohnsaft in gesunden Schlaf umwandeln und dadurch zugleich die ganze Fallsucht mit hinweg nehmen Ratio medendi. V. S. 126.. – Wie wäre es wohl möglich, daß Mohnsaft, welcher, wie alle Welt weiß, unter allen Gewächs-Substanzen die stärkste und anhaltendste Leibverstopfung in seiner Erstwirkung verursacht (in kleiner Gabe), eins der gewissesten Hülfsmittel in den gefährlichsten Leibesverstopfungen seyn könnte, wenn es nicht vermöge des so lange verkannten, homöopathischen Heil-Gesetzes geschähe, das ist, wenn die Arzneien nicht durch eine, ähnliches Uebel erzeugende, eigne Wirkung, die ihr ähnlichen natürlichen Krankheiten zu besiegen und zu heilen, von der Natur bestimmt wären. Diesen in seiner Erstwirkung so mächtig den Stuhl hemmenden und Leib verstopfenden Mohnsaft fand Tralles Opii usus et abusus, Sect. II. S. 260. als das noch einzige Rettungsmittel im Ileus, nachdem er den Kranken vergeblich mit Abführungs- und andern unpassenden Mitteln behandelt hatte. – Eben so haben Lentilius Eph. Nat Cur. Dec. III. ann. 1. App. S. 131. und G. W. Wedel Opiologia. S. 120. den Mohnsaft, auch ganz allein gegeben, hülfreich in solchen Fällen befunden, so wie auch Wirthenson, Bell, Heister und Richter Anfangsgr. d. Wundarzneik. V. §. 328., und Chron. Krankh. Berl. 1816. II. S. 220. – Den redlichen Bohn De officio medici. überzeugte ebenfalls die Erfahrung, daß die Opiate den Inhalt der Gedärme im Miserere allein entladen können, so wie den großen Fr. Hoffmann Median, rat. System. Tom. IV. P. II. S. 297., welcher in den gefährlichsten Fällen dieser Art sich bloß auf Mohnsaft, mit liquor anodynus gegeben, verlassen konnte. Können wohl alle in den 200 000 medicinischen Büchern, welche die Erde belasten, enthaltenen Theorien über diese und die vielen andern, ähnlichen Thatsachen eine vernünftige Auskunft geben, da sie vom homöopathischen Heil-Gesetze nichts wissen? Haben wohl ihre Lehrsätze uns auf dieß, in allen wahren, schnellen und dauerhaften Heilungen durchgängig waltende Naturgesetz hingeführt, daß die Arzneien nach ihrer (an gesunden Menschen erspäheten) Wirkungs-Aehnlichkeit zur Heilung der Krankheiten anzuwenden sind? Rave Beobachtungen und Schlüsse, II. S. 7. und Wedekind In Hufeland's Journal d. pr. Arzneik. X. I. S. 77., und in seinen Aufsätzen, S. 278. heilten schlimme Mutter-Blutflüsse mit Sadebaum, welcher, wie jede gewissenlose Dirne weiß, Bärmutter-Blutflüsse und, mit ihnen, Früh-Geburten bei Gesunden erregt. Wer will hier das Heilgesetz durch Aehnlichkeit (die Homöopathie) verkennen?

Wie könnte wohl der Biesam in den Arten krampfhafter Engbrüstigkeit, die man nach Millar benannt hat, fast specifisch helfen, wenn er nicht für sich selbst Paroxysmen von hustenloser, krampfhaft erstickender Zusammenschnürung der Brust zuwege bringen könnte, wie Fr. Hoffmann Med. ration. system. III. S. 92. von ihm beobachtete?

Kann die Kuhpocke anders gegen Menschenpocken schützen, als homöopathisch? Sie, welche außer andern großen Aehnlichkeiten mit ihnen, und ihrem im Ganzen ebenfalls nur einmal im Leben möglichen Erscheinen, auch ähnlich tiefe Narben, so wie nicht weniger Achseldrüsengeschwülste, ein ähnliches Fieber, Entzündungsröthe um jede Pocke und selbst Augenentzündung und Convulsionen, wie die Menschenblatter erzeugt! Die Kuhpocke würde gleich nach ihrem Ausbruche selbst die Menschenpockenansteckung aufheben, also die letztere auch bei ihrer wirklichen Anwesenheit heilen, wenn die Menschenpocke nicht überwiegend stärker, als die Kuhpocke wäre; der letztern also fehlt hiezu nichts, als die größere Stärke, welche nach dem Naturgesetze noch außer der homöopathischen Aehnlichkeit zum Heilen gehört (§. 152.). Wir können also dieses homöopathische Mittel nur im Voraus anwenden, ehe die stärkere Menschenpocke den Körper befällt. So bringt die Kuhpocke eine der Menschenpocke sehr ähnliche (homöopathische) Krankheit hervor, nach deren Verfluß, da der menschliche Körper in der Regel nur einer im Leben einmaligen Krankheit dieser Art (der Kuhpocke, oder der Menschenpocke) fähig ist, alle Ansteckbarkeit desselben durch (Kuh- oder) Menschenpocke auf Lebenszeit gehoben ist Dieses homöopathische Heilen in antecessum (was man auch Präcaviren und Schützen nennt) scheint uns auch in einigen andern Fällen möglich, z. B. durch Tragen gepülverten Schwefels in unsern Kleidern gegen Ansteckung von Wollarbeiter-Krätze und durch eine im Voraus eingenommene, möglichst kleine Gabe Belladonne, wenn das (jetzt seltene) glatte Scharlachfieber des Sydenham, Withering und Plencitz epidemisch in der Nähe herrscht..

Bekanntlich ist Harnverhaltung mit Harnzwang eins der häufigsten und beschwerlichsten Symptome der spanischen Fliegen , wie zum Ueberfluße Joh. Camerarius, Baccius, van Hilden, Forest, J. Lanzoni, van der Wiel und Werlhoff Man sehe die Stellen in meinen Fragmenta de viribus medicamentorum positivis, Lipsiae 1805. I. S. 83. 83. bestätigen. Ein behutsamer innerer Gebrauch der Canthariden mußte daher in ähnlichen, schmerzhaften Dysurien ein hülfreiches und homöopathisches Haupt-Heilmittel seyn. Und so ist es auch. Außer fast allen griechischen Aerzten (deren Cantharide meloë cichorii war) haben Fabr. ab Aquapendente, Capivaccius, Riedlin, Th. Bartholin Epist. 4. S. 345., Young Philos. transact. No. 280., Smith Medic. Communications, II. S. 505., Raymond In auserlesene Abb. für pr. Aerzte. III. S. 460., de Meza Acta reg. soc. med. havn. II. S. 302., Brisbane Auserlesene Fälle d. ausübenden Arz. Altenb. 1777. und Andre die schmerzhaftesten, ohne mechanische Hinderung entstandenen Ischurien mit Canthariden vollkommen geheilt Huxham sah selbst die vortrefflichsten Wirkungen davon in solchen Fällen; er rühmt sie sehr und hätte sie gar gern gebraucht; aber die hergebrachten Satzungen der alten Arzneischule, welche, den Lehren der Natur und Erfahrung entgegen (sich weiser dünkend) hier schmeidigende, erschlaffende Mittel anbefiehlt, hielt ihn von diesem, in gedachtem Falle specifischen (homöopathischen) Heilmittel ab, wider seine Ueberzeugung Opera, Edit. Reichel. Tom. II. S. 124.. – Im frischen, entzündlichen Tripper selbst, wo Sachs von Lewenheim, Hannaeus, Bartholin, Lister, Mead und vor allen Werlhoff die Canthariden in den kleinsten Gaben mit dem besten Erfolge anwendeten, hoben sie die dringendsten, anfänglichen Zufälle augenscheinlich, eben mittels der eigentümlichen Kraft derselben, wodurch sie, nach fast allen Beobachtern, schmerzhafte Ischurie, Harnbrennen, ja selbst Entzündung der Harnröhre ( Wendt) und sogar bei bloß äußerlicher Anwendung eine Art entzündungsartigen Tripper (wie Wichmann Auswahl aus den Nürnberger gelehrten Unterhaltungen. I. S. 249. Anmerk. sah) für sich selbst zu erzeugen vermögen Ich sage: »die dringendsten, anfänglichen Zufälle;« denn die übrige Heilung erfordert andre Rücksichten. Denn wenn es auch so gelinde Arten von Trippern giebt, die, fast ohne Hülfe, bald von selbst verschwinden, so giebt es dagegen andre von höherer Bedeutung, vorzüglich den seit den französischen Feldzügen häufiger gewordenen, den man Feigwarzentripper nennen könnte, welcher ebenfalls durch Beischlaf-Ansteckung erfolgt, wie die venerische Schanker-Krankheit, obgleich von dieser ganz verschiedener Natur (siehe unten Anmerk. zu §. 220.)..

Bei empfindlichen Personen erregt der innere Gebrauch des Schwefels nicht selten Stuhlzwang, zuweilen sogar bei Stuhlzwange Leibweh und Erbrechen, wie Walther Progr. de Sulphure et Marte, Lips. 1743. S. 5. bezeugt, und dieser seiner eigentümlichen Kraft wegen, hat man Medicin. National-Zeitung, 1798. S. 153. mit demselben ruhrartige anfalle, und nach Werlhoff Observat. de febribus, S. 3. §. 6. Hämorrhoidal-Stuhlzwang, so wie nach Rave In Hufeland's Journal der pr. Arzneik. VII. 11. S. 168. Hämorrhoidal-Koliken heilen können. – Bekanntlich erzeugt das Töplitzer Bad, so wie alle andern lauen und warmen, Schwefel enthaltenden Mineral-Wasser, oft einen sogenannten Bade-Ausschlag, welcher anscheinend große Aehnlichkeit mit Wollarbeiter-Krätze hat; und eben dieser homöopathischen Kraft wegen heben auch diese Bäder manchen krätzartigen Ausschlag. – Was giebt es Erstickenderes als Schwefeldampf ? Und eben den Dampf von angezündetem Schwefel fand Bucquet Edinb. med. Comment. IX. als das beste Erweckungsmittel im Scheintode von andersartiger Erstickung.

Die englischen Aerzte haben in Beddoes Schriften und anderwärts die Salpetersäure als ein sehr hülfreiches Mittel in dem Speichelflusse von Quecksilber und den daher entstandenen Mundgeschwüren befunden, welches diese Säure nicht hätte ausrichten können, wenn sie nicht schon für sich, selbst wo sie nicht durch den Mund eingenommen ward, bloß im Bade an die Haut des Körpers gebracht, wie Scott In Hufeland's Journal f. d. pr. Arzneik. IV. S. 353. und Blair Neueste Erfahrungen, Glogau 1801. bezeugen, die Eigenschaft besäße, Speichelfluss und Rachen-Geschwüre zu erzeugen, wie auch von der innerlich eingenommenen Salpetersäure Aloyn In Mémoires de la soc. d'émulation. I. S. 195., Luke Bei Beddoes., J. Ferriar In Samml. a. Abhandl. f. pr. Aerzte. XIX. II. und G. Kellie Ebend. XIX. I. gesehen haben.

Fritze In Hufeland's Journ. f. pr. Arzneik. XII. I. S. 116. hat von einem Bade, mit kaustischem Kali geschwängert, eine Art Tetanus erfolgen sehen, und Alex. von Humboldt Versuch über die gereizte Muskel- und Nervenfaser. Posen und Berlin 1797. hat die Reizbarkeit der Muskeln durch zerflossenes Weinsteinsalz (eine Art halbkaustisches Kali) bis zum Tetanus zu erregen vermocht; kann wohl eine einfachere und wahrere Quelle für die Heilkraft des (ätzenden) Laugensalzes in jener Art von Tetanus, worin es Stütz nebst Andern so hülfreich fand, nachgewiesen werden, als in seiner homöopathischen Wirkungs-Aehnlichkeit?

Der durch seine ungeheure Kraft, das Befinden der Menschen zu verändern, man weiß nicht, ob in verwegnen Händen mehr fürchterlich, oder in der Hand des Weisen eher verehrungswürdig zu nennende Arsenik würde im Gesichtskrebse unter den Augen sehr vieler Aerzte, von denen ich hier bloß G. Fallopius De ulceribus et tumoribus, lib. 2. Venet. 1563., Bernhardi In Journal de médecine, chirurg. et pharm. LVII. 1782. Mars. und Roennow Konigl. Vetensk. acad. Handl. f. a. 1776. nennen will, nicht so große Heilungen haben vollbringen können, wenn dieses Metall-Oxyd nicht die homöopathische Kraft besäße, schon für sich im gesunden Körper sehr schmerzhafte, und sehr schwer heilbare Knoten nach Amatus dem Portugiesen Obs. et Cur. Cent II. Cur. 34., und tief eindringende bösartige Geschwüre nach Heimreich In Acta Nat. Cur. II obs. 10. und Knape Annalen der Staatsarzneik. I. I., und krebsartige Geschwüre nach Heinze Bei Ebers in Hufeland's Journal der pr. Arzneikunde. 1813. Sept. S. 48. zu erzeugen. – Die Alten würden das Arsenik enthaltende, sogenannte magnetische Pflaster des Angelus Sala Anatom. vitrioli Tr. II. in Opera med. chym. Frft. 1647. S. 381. 463. bei Pestbeulen und Carbunkeln nicht so einstimmig wohlthätig haben finden können, wenn der Arsenik nicht für sich (wie Degner Acta Nat. Cur. VI. und Knape Annalen der Staatsarzneik. a. a. O. bezeugen) die Neigung besäße, schnell in Brand übergehende Entzündungsgeschwülste und schwarze Blattern (wie Verzascha Observ. medic. Cent. Bas. 1677. obs. 66. und Pfann Samml. merkwürd. Fälle, Nürnb. 1750. S. 119. 130. von ihm beobachteten) hervorzubringen. – Und wo käme seine so tausendfach bestätigte (nur noch nicht behutsam genug angewendete) Heilkraft in einigen Arten von Wechselfiebern her, die seit Jahrhunderten, schon von Nicol. Myrepsus, nachgehends von Slevogt, Molitor, Jacobi, J . C. Bernhardt, Jüngken, Fauve, Brera, Darwin, May, Jackson und Fowler unzweideutig gepriesen worden ist, wenn sie nicht in der eigenthümlichen Fieber erregenden Kraft des Arseniks gegründet wäre» welche fast alle Beobachter der Nachtheile dieser Substanz deutlich bemerkten, insbesondre Amatus der Portugiese, Degner, Buchholz, Heun und Knape Man sehe die Stellen in meiner reinen Arzneimittellehre. II.. – Ganz wohl läßt sich's Edw. Alexander'n Medic. Comment. of Edinb. Dec. II. T. I. S. 85. glauben, daß der Arsenik ein Hauptmittel in (einigen Arten) der Brustbräune sey, da schon Otto Tachemnius, Guilbert, Preussius, Thilenius und Pyl Beklemmung des Athemholens, Greiselius Misc. Nat. Cur. Dec. I. ann. 2. S. 149. eine fast erstickende Schwerathmigkeit, und vorzüglich Majault In Samml. a. Abhandl. f. Aerzte, VII. I. ein beim Gehen plötzlich entstehendes Asthma mit Sinken der Kräfte von Arsenik wahrgenommen haben.

Die Convulsionen, welche Kupfer , und nach Tondi, Ramsay, Fabas, Pyl und Cosmier der Genuß kupferiger Dinge, so wie die wiederholten epileptischen Anfälle, die eine verschluckte Kupfermünze unter Jac. Lazerme's De morbis internis capitis, Amstel. 1748. S. 253. und der Kupfersalmiak unter Pfündels In Hufeland's Journal der pr. Arzneik. II. S. 264. und nach Burdach's Zeugniß, s. System d. Arzneien. I. Leipz. 1807. S. 284. Augen erregt haben, erklären dem nachdenkenden Arzte deutlich genug, woher die Heilung einer Art Veitstanzes durch Kupfer , wovon R. Willem In Samml. a. Abhandl. f. pr. Aerzte, XII. S. 62., Walcker Ebend. XI. III. S. 672., a Thuessink Waarnemingen, No. 18. und Delarive In Kühn's Phys. med. Journ. 1800. Jan. S. 58., und die vielen Heilungen einer Art Fallsucht durch Kupferbereitungen kennen, wovon Batty, Baumes, Bierling, Boerhaave, Causland, Cullen, Duncan, Feuerstein, Helvetius, Lieb, Magennis, C. Fr. Michaelis, Reil, Russel, Stisser, Thilenius, Weißmann, Weizenbreyer, Whithers und Andre so glückliche Erfahrungen aufzeichneten.

Haben Poterius, Wepfer, Wedel, Fr. Hoffmann, R. A. Vogel, Thiery und Albrecht mit Zinn eine Art Schwindsucht, hectisches Fieber, langwierige Catarrhe und feuchte Engbrüstigkeit geheilt, so geschah es mittels der eigentümlichen Kraft des Zinnes , eine Art Schwindsucht selbst erzeugen zu können, welches schon G. E. Stahl Mat. med. Cap. 6. S. 83. beobachtet hatte. – Und wie wäre es wohl möglich, daß Zinn , wie Geischläger berichtet, Magenschmerzen heilen könnte, wenn es nicht für sich schon dergleichen zu erregen im Stande wäre. Und dieß kann es allerdings, wie Geischläger selbst In Hufeland's Journ. d. pr. Arzneik. X. III. S. 165. sah und ehedem Stahl Mat. med. a. a. O..

Sollte die schädliche Kraft des Bleies , die hartnäckigste Leibverstopfung und selbst Ileus zu erzeugen (wie Thunberg, Wilson, Luzuriaga und Andre sahen), nicht eine ähnliche Heilkraft in verstehen geben? Sollte Blei nicht so gewiß, wie alle andre Arzneien in der Welt, gerade mittels seiner Krankheit erregenden Kraft, ähnliche natürliche Uebel (homöopathisch) zu besiegen und dauerhaft zu heilen fähig seyn? Allerdings! Angelus Sala Opera. S. 213. heilte durch den innern Gebrauch dieses Metalls eine Art Ileus, und J. Agricola Comment. in J. Poppii chym. Med., Lips. 1638. S. 223. eine andre gefährliche Leibesverstopfung. Die bleiernen Pillen, mit denen viele Aerzte eine Art Ileus und andre hartnäckige Leibesverstopfungen so glücklich heilten ( Chirac, Helmont, Naudeau, Pererius, Rivinus, Sydenham, Zacutus der Portugiese, Bloch und Andre), wirkten nicht bloß mechanisch und durch ihre Schwere (sonst würde man das weit schwerere Gold dazu vorzüglicher gefunden haben); sondern am meisten als innere Blei-Arznei, homöopathisch heilkräftig. – Wenn Otto Tachenius und Saxtorph ehemals hartnäckige hypochondrische Beschwerden mit Blei heilten, so erinnere man sich der diesem Metalle anerschaffenen Neigung, hypochondrische Beschwerden für sich zu erzeugen, wie in Luzuriaga's Recueil périodique de littérat. I. S. 20. Beschreibung der schädlichen Wirkungen dieses Metalls zu sehen ist.

Man darf sich nicht wundern, daß Marcus Magazin, II. ii. eine Entzündungs-Geschwulst der Zunge und des Rachens mit einem Mittel ( Quecksilber) schnell geheilt hat, welches nach den täglichen, tausendfachen Erfahrungen aller Aerzte ganz specifisch Entzündung und Geschwulst der innern Theile des Mundes erzeugt und dergleichen schon bei äußerer Auflegung (der Mercurial-Salben, der Mercurial -Pflaster) auf die Haut des übrigen Körpers thut, wie Degner Acta Nat. Curios. VI. App., Friese Geschichte und Versuche einer chirurg. Gesellschaft, Kopenhagen, 1774., Alberti Jurisprudentia med. V. S. 600. und Engel Specimina medica, Berol. 1781. S. 99. nebst Andern erfuhren. Die Verstandesschwäche, die Swedjaur Traité des malad. vénér. II S. 368., die Verstandlosigkeit, die Degner A. a. O., und der Wahnsinn, den Larrey Mémoires et Observat., in Description de l'Egypte, Tom. I. vom Quecksilber-Gebrauche beobachteten, vereint mit der bekannten, fast specifischen Kraft dieses Metalls, Speichelfluss zu erregen, erklärt sehr einleuchtend, wie Will. Perfect Annalen einer Anstalt f. Wahnsinnige, Hannov. 1804. mit Speichelfluss abwechselnde Melancholie mittels Quecksilber dauerhaft heben konnte. – Warum war Seelig In Hufeland's Journ. d. pr. Arzneik. XVI. i. S. 24. in der vom Purpurfriesel begleiteten Bräune; und Hamilton In Edinb. Comment. IX. i. S. 8., Hoffmann Medic. Wochenblatt, 1787. No. I), Marcus Magaz. f. spec. Therapie, II. S. 334., Rush Medic. inquir. and observ. No. 6., Golden Medic. observat and inquir. I. No. 19. S. 211., Bailey und Michaelis In Richter's chirurg. Biblioth. V. S. 737-739.) in andern bösartigen Bräunen so glücklich mit dem Gebrauche des Quecksilbers ? Offenbar deßhalb, weil dieses Metall selbst eine Art der schlimmsten Bräune zuwege bringt Auch häutige Bräune hat man mit Quecksilber zu heilen versucht, wiewohl fast immer vergeblich, weil dieses Metall jene eigenartige Umänderung in der Schleimhaut der Luftröhre, die in dieser Krankheit vorherrscht, nicht in Aehnlichkeit selbst hervorbringen kann, wogegen die kalkartige Schwefelleber , welche Husten aus Athembeengung entstehen läßt, noch mehr aber, wie ich fand, die Tinktur von Röst-Schwamm in ihren eigenthümlichen Wirkungen (siehe reine Arzneimittell. VI. zweite Ausg. Sympt. [143-145.]) weit homöopathischer und daher weit hülfreicher, am besten in kleinster Gabe, ist.! – Heilte Sauter In Hufeland's Journ. der pr. Arzneik. XII. ii. jene geschwürige Mundentzündung mit Schwämmchen und Speichelflussgestanke durch Gurgeln mit Sublimat-Auflösung, oder Bloch Medic. Bemerkungen, S. 161. die Mundschwämmchen wohl auf andre als homöopathische Weise mit Quecksilber? da letzteres, außer andern Mundgeschwüren, namentlich auch eine Art Mundschwämmchen selbst hervorbringt, wie Schlegel In Hufeland's Journ. der pr. Arzneik. VII. iv. und Thom. Acrey London medic Journ. 1788. bezeugen. –

Mehrer Gemische von Arzneien bediente sich Hecker In Hufeland's Journ. der pr. Arzneik. I. S. 362. im Beinfraße von Pocken mit sichtbarem Erfolge; zum Glücke, daß in allen diesen Mischungen Quecksilber mit befindlich war, von welchem begreiflich dieß Uebel besiegt werden konnte, homöopathisch, weil Quecksilber eine von den wenigen Arzneien ist, welche Knochenfraß selbst erzeugen können, wie so viele übertriebne Mercurial-Curen gegen Lustseuche, und so auch unvenerische Curen bezeugen, wie z. B. die von G. Ph. Michaelis Ebend. 1809. VI. Jun. S. 57.. Eben so wird auch dieses bei seinem langwierigen Gebrauche durch Erzeugung des Beinfraßes so fürchterliche Metall homöopathisch höchst wohlthätig in Heilung der Caries nach Verwundungen der Knochen, wovon uns Justus Schlegel In Hufeland's Journ. d. pr. Arzneik. V. S. 605. 610., Joerdens Ebend. X. ii. und J. Matth. Müller Obs. med. chir. II. cas. 10. sehr merkwürdige Heilungen geliefert haben, und wie uns Heilungen unvenerischer Beinfraße andrer Art, ebenfalls mit Quecksilber (von J. F. W. Neu Diss. med. pract., Goettingae 1776. und J. D. Metzger) Adversaria. P. II. Sect. 4. dieselbe homöopathische Heilkraft des Quecksilbers bezeugen.

Bei Lesung der Schriften über die medicinische Electrisität muß man über die nahe Beziehung erstaunen, mit welcher die von ihr hie und da erzeugten Körperbeschwerden und Krankheitszufälle den aus ganz ähnlichen Symptomen bestehenden, natürlichen Krankheiten entsprechen, welche sie glücklich und dauerhaft durch Homöopathie geheilt hat. Unzählig sind die Schriftsteller, welche von der positiven Electrisität in ihrer Erstwirkung, Beschleunigung des Pulses wahrnahmen; vollständig fieberhafte Anfälle aber, bloß durch Electrisität erzeugt, sahen Sauvages Bei Bertholm de St. Lazare, medicinische Electrisität, von Kühn. Weissenfels und Leipzig 1788. 1. Th. S. 239. 240., Delas Ebend. S. 232. und Barillon Ebend. S. 233.. Diese ihre fieberhafte Kraft war Ursache, daß Gardini Ebend. S. 232., Wilkinson Ebend. S. 251., Syme Ebend. S. 250. und Wesley Ebend. S. 249., eine Art Tertianfieber einzig mit Electrisität heilen konnten, Zetzel Ebend. S. 52. aber und Willermoz Ebend. S. 250. sogar Quartanfieber. – Die Electrisität erzeugt ferner, wie bekannt, eine den Zuckungen ähnliche Verkürzung der Muskeln, und de Sans Ebend. S. 274. konnte durch sie, so oft er wollte, sogar anhaltende Convulsionen am Arme eines Mädchens erregen; und eben mittels dieser convulsivischen Kraft der Electrisität konnten de Sans Bei Bertholon de St. Lazare, medicinische Electrisität, von Kühn, Weissenfels u. Leipz. 1788. I. Th. S. 274. und Franklin Recueil sur l'électricité médic. II. S. 386. krankhafte Convulsionen, so wie Theden Neue Bemerkungen und Erfahrungen, III. ein zehnjähriges Mädchen durch Electrisität heilen, welches durch Blitz sprachlos und am linken Arm fast lahm geworden war, doch mit beständiger, unwillkürlicher Bewegung der Arme und Beine und steter krampfhafter Zusammenziehung der linken Finger. – Auch eine Art Hüftweh erregte die Electrisität (wie Jallobert Expériences et Observations sur l'électricité. und ein Andrer Philos. Transact. Vol. 63. beobachteten) und konnte also auch leicht durch Wirkungs-Aehnlichkeit und Homöopathie eine ähnliche Art Hüftweh heilen, wie Hiortberg, Lovet, Arrigoni, Daboueix, Manduyt, Syme und Wesley durch ihre Erfahrungen bewährt haben. – Eine Menge Aerzte haben eine Art Augenentzündung durch Electrisität geheilt, nämlich mittels eben der Kraft derselben, selbst ähnliche Augenentzündungen (wie Patrik Dickson Bei Bertholon, I. S. 406. und Bertholon A. a. O. II S. 296. von ihr sahen) zu erzeugen. – Fushel heilte Aderkröpfe ( varices) mit Electrisität , welche diese Heilkraft bloß ihrer von Jallobert A. a. O. beobachteten Eigenschaft, Venengeschwülste erregen zu können, verdankt.

Starke Hitze eines acuten Fiebers mit 130 Pulsschlägen in der Minute ward von einem heißen Bade von 100 Grad Fahr. sehr gemildert, und der Puls bis zu 110 Schlägen herabgestimmt, wie Albers berichtet. Bei Hirnentzündung von brennendem Sonnenscheine, oder wenn man den Kopf der Ofenhitze ausgesetzt hatte, fand in beiden Fällen Löffler In Hufeland's Journal d. pr. Arzneik. III. S. 690. heiße Umschläge ungemein hülfreich, so wie Callisen Acta soc. med. Havn. IV. S. 419. in der Hirnentzündung Umschläge von heißem Wasser auf den Kopf unter allen Mitteln am hülfreichsten fand.

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Wenn man die Fälle wegrechnet, wo den gewöhnlichen Aerzten (nicht ihre Erfindungs-Kunst, sondern) die Empirie des gemeinen Mannes das für eine sich gleichbleibende Krankheit specifische Mittel Was dann stets ein homöopathisches war. in die Hände gegeben hatte, womit sie daher direct heilen konnten, z. B. die venerische Schanker-Krankheit mit Quecksilber, die Quetschungs-Krankheit mit Arnica, die Sumpf-Wechselfieber mit Chinarinde, die frisch entstandene Krätze mit Schwefelpulver, u. s. w. – wenn man diese wegrechnet, finden wir, daß nur in dem Verhältnisse von mehren Hunderten ihrer übrigen, unzweckmäßigen Curen zu einer einzigen, es durch die allgütige Fürsehung sich ereignete, daß eine schnelle, dauerhafte Heilung mitunter lief.

Auch führte sie zuweilen eine blinde Erfahrung auf homöopathische Krankheits-Behandlung So glaubten sie die nach Erkältung angeblich in der Haut stockende Ausdünstungs-Materie durch die Haut fortzutreiben, wenn sie im Froste des Erkältungs-Fiebers Holderblüthen-Aufguß trinken ließen, welcher durch eigentümliche Wirkungs-Aehnlichkeit (homöopathisch) ein solches Fieber heben und den Kranken herstellen kann, am schnellsten und besten ohne Schweiß, wenn er dieses Trankes wenig und sonst nichts weiter zu sich nahm. – Die harten, acuten Geschwülste, deren überheftige Entzündung, unter unerträglichen Schmerzen, ihren Uebergang zur Eiterung hindert, belegen sie mit oft erneuertem, sehr warmem Brei, und, siehe! die Entzündung und die Schmerzen mindern sich schnell unter baldiger Bildung des Abscesses, wie sie an der gilblichen, glänzenden Erhabenheit und deren fühlbaren Weiche gewahr werden; da wähnen sie dann, sie hätten durch die Nässe des Breies die Härte erweicht, da sie doch vorzüglich durch die stärkere Wärme des Brei-Umschlages das Uebermaß der Entzündung homöopathisch gestillt und so die baldigste Bildung der Eiterung möglich gemacht haben. – Warum wenden sie das rothe Quecksilber-Oxyd, welches, wenn sonst irgend etwas, die Augen entzünden kann, in der St. Yves-Salbe mit Vortheil in manchen Augen-Entzündungen an? Ist es schwer einzusehn, daß sie hier homöopathisch verfahren? – Oder warum sollte bei dem (nicht seltnen) vergeblichen, ängstlichen Drängen auf den Urin bei kleinen Kindern und bei dem gemeinen, vorzüglich durch sehr schmerzhaftes, oftes und fast vergebliches Harndrängen kennbaren Tripper ein wenig Saft von Petersilie so augenscheinlich helfen, wenn dieser frische Saft bei Gesunden nicht schon für sich ein schmerzhaftes, fast vergebliches Nöthigen zum Uriniren zuwege brächte, also homöopathisch hülfe. – Mit der Pimpinell-Wurzel, welche viel Schleim-Absonderung in den Bronchien und dem Rachen erregt, bestritten sie glücklich die sogenannte Schleim-Bräune – und stillten einige Mutter-Blutflüsse mit etwas von den Blättern des für sich Mutter-Blutsturz hervorbringenden Sadebaums, ohne das homöopathische Heil-Gesetz zu erkennen. – Bei der Verstopfung von eingeklemmten Brüchen und im Ileus befanden mehre Aerzte den die Darm-Ausleerung zurückhaltenden Mohnsaft in kleiner Gabe als eins der vorzüglichsten und sichersten Hülfsmittel und ahneten dennoch das hier waltende homöopathische Heil-Gesetz nicht. – Sie heilten unvenerische Rachen-Geschwüre durch kleine Gaben des hier homöopathischen Quecksilbers – stillten mehre Durchfälle durch kleine Gaben der Darm ausleerenden Rhabarber – heilten die Hundswuth mit der ein ähnliches Uebel hervorbringenden Belladonne und entfernten den in hitzigen Fiebern nahe Gefahr drohenden comatösen Zustand mit einer kleinen Gabe des erhitzend betäubenden Mohnsaftes wie durch einen Zauberschlag und schimpfen dennoch auf die Homöopathie! Was soll man von ihnen denken?, und dennoch gewahrten sie nicht das Naturgesetz, nach welchem diese Heilungen erfolgten und erfolgen mußten.

Es ist daher äußerst wichtig für das Wohl der Menschheit, zu untersuchen, wie diese so äußerst seltenen, als ausgezeichnet heilbringenden Curen eigentlich zugingen. Der Aufschluß, den wir hievon finden, ist von der höchsten Bedeutsamkeit. Sie erfolgten nämlich, wie die in obiger Einleitung angeführten Beispiele lehren, nie und auf keine Art anders, denn durch Arzneien von homöopathischer, das ist, ähnliche Krankheit erregender Kraft, als der zu heilende Krankheitszustand war; sie erfolgten schnell und dauerhaft durch Arzneien, deren ärztliche Verordner sie, selbst im Widerspruche mit den Lehren aller bisherigen Systeme und Therapien, wie durch ein Ungefähr ergriffen (oft ohne selbst recht zu wissen, was sie thaten und warum sie es thaten), und so, wider ihren Willen, die Notwendigkeit des einzig naturgemäßen Heilgesetzes, der Homöopathie, thätlich bestätigen mußten, eines Heilgesetzes, welches kein ärztliches Zeitalter bisher, von medicinischen Vorurtheilen geblendet, aufzufinden sich bemühte, so viele Thatsachen und so unzählige Winke sie auch dazu hinleiteten.

Denn sogar die Hausmittel-Praxis der mit gesundem Beobachtungssinn begabten, unärztlichen Classe von Menschen hatte diese Heilart vielfältig als die sicherste, gründlichste und untrüglichste in der Erfahrung befunden.

Auf frisch erfrorne Glieder legt man gefrornes Sauerkraut oder reibt sie mit Schnee.

Eine mit kochender Brühe begossene Hand hält der erfahrne Koch dem Feuer in einiger Entfernung nahe und achtet den dadurch anfänglich vermehrten Schmerz nicht, da er aus Erfahrung weiß, daß er hiemit in kurzer Zeit, oft in wenigen Minuten, die verbrannte Stelle zur gesunden, schmerzlosen Haut wieder herstellen kann So hält auch schon Fernelius (Therap. lib. VI. Cap. 20.) die Annäherung des verbrannten Theils ans Feuer für das geeignetste Hülfsmittel, wodurch der Schmerz aufhöre. John Hunter (On the blood, inflammation etc. S. 218.) führt die großen Nachtheile von Behandlung der Verbrennungen mit kaltem Wasser an, und zieht die Annäherung ans Feuer bei weitem vor, – nicht nach den hergebrachten medicinischen Lehren, welche ( contraria contrariis) kältende Dinge für Entzündung gebieten, sondern durch Erfahrung belehrt, daß eine ähnliche Erhitzung ( similia similibus) das heilsamste sey..

Andre verständige Nichtärzte, zum Beispiel die Lackirer, legen auf die verbrannte Stelle ein ähnliches, Brennen erregendes Mittel, starken, wohl erwärmten Weingeist Sydenham (Opera, S. 271.) sagt: » Weingeist sey gegen Verbrennungen jedem andern Mittel vorzuziehen, wiederholentlich aufgelegt.« Auch Benj. Bell (System of surgery, third. edit. 1789.) muß der Erfahrung die Ehre geben, welche nur homöopathische Mittel als die einzig heilbringenden zeigt. Er sagt: »Eins der besten Mittel für alle Verbrennungen ist Weingeist . Beim Auflegen scheint er auf einen Augenblick den Schmerz zu vermehren (m. s. unten §. 164.), aber dieß läßt bald nach und es erfolgt eine angenehme, beruhigende Empfindung darauf. Am kräftigsten ist es, wenn man die Theile in den Weingeist eintaucht; wo dieß aber nicht angeht, müssen sie ununterbrochen bedeckt von leinenen Lappen, mit Weingeist angefeuchtet, erhalten werden.« Ich aber setze hinzu: der warme und zwar sehr warme Weingeist ist hier noch weit schneller und weit gewisser hülfreich, weil er noch weit homöopathischer ist, als der unerwärmte. Und dieß bestätigt jede Erfahrung zum Erstaunen., oder Terbentin- Oel Edw. Kentish, welcher die in den Steinkohlengruben so oft gräßlich von dem entzündlichen Schwaden verbrannten Arbeiter zu behandeln hatte, »läßt heiß gemachtes Terbentinöl oder Weingeist auflegen, als das vorzüglichste Rettungsmittel bei den größten und schwersten Verbrennungen« (Essay on Burns, London 1798. Second. Essay). Keine Behandlung kann homöopathischer seyn, als diese, aber es giebt auch keine heilsamere. Der ehrliche und hocherfahrne Heister (Institut. Chirurg. Tom. I. S. 333.) bestätigt dieß aus seiner Erfahrung und rühmt »die Auflegung des Terbentinöls, des Weingeistes und möglichst heißer Breie zu dieser Absicht, so heiß man sie nur erleiden könne.« Am unwiderleglichsten aber sieht man den erstaunlichen Vorzug dieser, Brenn-Empfindung und Hitze für sich erregenden (also hier homöopathischen) Mittel auf die durch Verbrennung entzündeten Theile gelegt, vor den palliativen, kühlenden und kältenden Mitteln, bei reinen Versuchen, wo beide entgegengesetzte Curmethoden an demselben Körper und bei gleichem Verbrennungsgrade zur Vergleichung angewendet wurden. So ließ John Bell (in Kühn's phys. med. Journale, Leipz. 1801. Jun. S. 428.) einer verbrüheten Dame den einen Arm mit Terbentinöl benetzen, den andern aber in kaltes Wasser tauchen. Der erstere Arm befand sich schon in einer halben Stunde wohl, der andre aber fuhr sechs Stunden fort zu schmerzen; wenn er nur einen Augenblick aus dem Wasser gezogen ward, empfand sie daran weit größere Schmerzen, und er bedurfte weit längere Zeit, als ersterer, zum Heilen. So behandelte auch John Anderson (bei Kentish, am angef. Orte S. 43.) ein Frauenzimmer, das sich Gesicht und Arm mit kochendem Fette verbrannt hatte. »Das Gesicht, welches sehr roth und verbrannt war, und ihr heftig schmerzte, ward nach einigen Minuten mit Terbentinöl belegt, den Arm aber hatte sie selbst schon in kaltes Wasser gesteckt und wünschte ihn einige Stunden damit zu behandeln. Nach sieben Stunden sah ihr Gesicht schon weit besser aus und war erleichtert. Das kalte Wasser für den Arm hatte sie oft erneuert; wenn sie ihn aber herausnahm, so klagte sie sehr über Schmerz, und in der That hatte die Entzündung daran zugenommen. Den Morgen darauf fand ich, daß sie die Nacht große Schmerzen am Arme gehabt hatte; die Entzündung ging über den Ellbogen herauf; verschiedne große Blasen waren aufgegangen und dicke Schorfe hatten sich auf Arm und Hand angesetzt, worauf nun warmer Brei gelegt ward. Das Gesicht aber war vollkommen schmerzlos; der Arm hingegen mußte 14 Tage lang mit erweichenden Dingen verbunden werden, ehe er heilte.« Wer erkennt hier nicht den unendlichen Vorzug der ( homöopathischen) Behandlung durch Mittel von ähnlicher Einwirkung vor dem elenden Verfahren durch Gegensatz ( contraria contrariis) nach der uralten, gemeinen Arzneikunst? und stellen sich binnen wenigen Stunden damit wieder her, während die kühlenden Salben, wie sie wissen, dieß in eben so vielen Monaten nicht ausrichten, kaltes Wasser Nicht nur J. Hunter führt (am gedachten Orte) die großen Nachtheile von der Behandlung der Verbrennungen mit kaltem Wasser an, sondern auch W. Fabric. von Hilden (De combustionibus libellus, Basil. 1607. Cap. 5. S. 11.) versichert: »Kalte Umschläge sind bei Verbrennungen höchst nachtheilig und bringen die schlimmsten Zustände hervor; es erfolgt davon Entzündung, Eiterung und zuweilen Brand.« aber Uebel ärger macht.

Der alte, erfahrne Schnitter wird, wenn er auch sonst keinen Branntwein trinkt, doch in dem Falle, wenn er in der Sonnengluth sich bis zum hitzigen Fieber angestrengt hat, nie kaltes Wasser ( contraria contrariis) trinken – er kennt das Verderbliche dieses Verfahrens – sondern er nimmt etwas Weniges einer, Hitze hervorbringenden Flüssigkeit, einen mäßigen Schluck Branntwein zu sich; die Lehrerin der Wahrheit, die Erfahrung, überzeugte ihn von dem großen Vorzuge und der Heilsamkeit dieses homöopathischen Verfahrens; seine Hitze wird schnell hinweggenommen, so wie seine Ermüdung Zimmermann (Ueber die Erfahrung, II. S. 318.) lehrt, daß die Bewohner heißer Länder, mit dem besten Erfolge, eben so verfahren, und nach großen Erhitzungen etwas geistige Flüssigkeit zu sich nehmen..

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Ja, es gab sogar von Zeit zu Zeit Aerzte, welche ahneten, daß die Arzneien durch ihre Kraft, analoge Krankheits-Symptome zu erregen, analoge Krankheits-Zustände heilen Auch diese folgenden Stellen aus den die Homöopathie ahnenden Schriftstellern führe ich nicht als Erweise der Gegründetheit dieser Lehre an, die wohl durch sich selbst fest steht, sondern um dem Vorwurfe zu entgehen, als hätte ich diese Ahnungen verschwiegen, um mir die Priorität der Idee zu sichern..

So sagt der Verfasser des unter den Hippokratischen befindlichen Buchs: πεϱὶ τόπων τῶν ϰὰτ' ἄνϑϱωπον Basil. Froben. 1538. S. 72. die merkwürdigen Worte: διὰ τὰ ὅμοια νοῦσος γίνεται, ϰαὶ διὰ τὰ ὅμοια πϱοςφεϱό-μενα ἐϰ νοσεύντων ὑγιαίνονται, – διὰ τὸ ἐμἑειν ἔπετος παύεται. –

Gleichfalls haben auch nachgängige Aerzte die Wahrheit der homöopathischen Heilart gefühlt und ausgesprochen. So sieht z. B. Boulduc Mémoires de l'académie royale, 1710. ein, daß die purgirende Eigenschaft der Rhabarber die Ursache ihrer Durchfall stillenden Kraft sey.

Detharding erräth Eph. Nat. Cur. Cent. X. obs. 76., daß der Senfblätter-Aufguß Colik bei Erwachsenen stille, vermöge seiner analogen, Colik erregenden Wirkung bei Gesunden.

Bertholon Medicin. Electrisität, II. S. 15 und 282. gesteht, daß die Electrisität den höchst ähnlichen Schmerz, den sie selbst errege, in Krankheiten abstumpfe und vernichte.

Thoury Mémoire lu à l'acad. de Caen. bezeugt, daß die positive Electrisität an sich zwar den Puls beschleunige, aber wenn er krankhaft schon zu schnell sey, denselben langsamer mache.

Von Stoerck Libell. de stram. S. 8. kommt auf den Gedanken: »Wenn der Stechapfel den Geist zerrüttet und bei Gesunden Wahnsinn hervorbringt, sollte man denn nicht versuchen dürfen, ob er bei Wahnsinnigen durch Umänderung der Ideen gesunden Verstand wiederbringen könne?«

Am deutlichsten aber hat ein dänischer Regiments-Arzt, Stahl, seine Ueberzeugung hierüber ausgesprochen, da er In Jo. Hummelii Commentatio de Arthritide tam tartarea, quam scorbutica, seu podagra et scorbuto, Büdingae 1738. 8. S. 40-42. sagt: »Ganz falsch und verkehrt sey die in der Arzneikunst angenommene Regel, man müsse durch gegenseitige Mittel ( contraria contrariis) curiren; er sey im Gegentheile überzeugt, daß durch ein ähnliches Leiden erzeugendes Mittel ( similia similibus) die Krankheiten weichen und geheilt werden, – Verbrennungen durch Annäherung ans Feuer, erfrorne Glieder durch aufgelegten Schnee und das kälteste Wasser, Entzündung und Quetschungen durch abgezogene Geister, und so heile er die Neigung zu Magensäure durch eine sehr kleine Gabe Vitriolsäure, mit dem glücklichsten Erfolge, in den Fällen, wo man eine Menge absorbirender Pulver vergeblich gebraucht habe.«

So nahe war man zuweilen der großen Wahrheit! Aber man ließ es bei einem flüchtigen Gedanken bewenden, und so blieb die so unentbehrliche Umänderung der uralten ärztlichen Krankheitsbehandlung, des bisherigen unzweckmäßigen Curirens in eine ächte, wahre und gewisse Heilkunst, bis auf unsere Zeiten unausgeführt.

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