Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 1
Johann Wolfgang von Goethe

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1020

[Donnerstag 28. November]

Obermarschalls lassen auf heute Abend einladen. Wie machst du es? Gehn wir zum erstenmale hin und verlegen unsern stillen Thee? Ich will nur seyn wo du bist denn da ist mein Himmel. Frage Steinen ob er mir um 2 Uhr will den Schlitten schicken; so will ich ein Stündgen fahren. Sag es Fritzen. Und bleibe mir. Adieu Adieu.

d. 28. Nov. 82.

G.

1021

[Freitag 29. November]

Zwar werd ich dich balde sehen, denn vor zehen komm ich, doch wünsch ich noch ein Wort von dir vorher der ich mit Herz Leib und Seele dein eigen bin.

d. 29. Nov. 82.

G.

1022

[Sonntag 1. Dezember]

Wenn ich soviel an meinen Wilhelm als an dich dächte so wäre der Roman bald fertig. Aber es ist ein andrer Roman der meinem Herzen näher ist. Ich bin zur Tafel gebeten, will hinauf gehen, Vorher dich einen Augenblick sehn und den Abend dir leben. Zwar leb ich dir gegenwärtig und abwesend schlafend und wachend.

d. 1. Dez. 1782.

Eben kommt dein Briefgen. Um vier Uhr bin ich bey dir mach indessen was du willst, oder wenn du bey deiner Mutter etwa bis fünfe bleiben magst; so will ich zu Obermarschalls und Oertels gehn und dich bey der Mutter abhohlen. Und wir fahren zusammen nach Hause. Ich spreche dich noch.

G.

1023

[Montag 2. Dezember?]

Der Herzog hat mir ein Paar Stunden weggenommen. Ich habe so viel zu thun daß ich zu Hause bleiben und Abends um achte bey dir seyn will. Ich soll bey der Schlittenfahrt seyn, wenn ich einen herrschafftlichen Schlitten haben kan will ich gerne. Werden die Damen gelost? oder wie? Oder wirst und kannst du dich mir anvertrauen.

G.

1024

[Dienstag 3. Dezember?]

Es ist kaum zwey Uhr und ich habe schon Tentation mich anzuziehen. Du lieber Magnet. Recht schön und artig wäre das Loos wenn es dich mir gäbe. Ich will Steinen ersuchen daß er mich Morgen Schlitten und Pferd probiren läßt. Adieu. M. L.

G.

1025

[Mittwoch 4. Dezember?]

Sag mir noch einmal was das Loos über uns bestimmt hat. Ich glaube es wäre besser wenn ich mich bey dem Winde ganz in der Stube hielte, doch lockt mich die Fahrt mit dir, Und das Verlangen mit dir zu seyn.

Hier hast du das Landschäfftgen für die kleine durch deine Hand wirds ihr gewiss noch lieber. Adieu und sag mir was ich weis und nicht weis.

G.

1026

[Donnerstag 5. Dezember]

Schon seit dem frühsten Morgen bin ich bey dir. Mir ist recht wohl und munter ich habe schon allerley weggearbeitet. Nach Tische komm ich zu dir und erwarte deinen Beytrag zu meinem Mittag mahl. Laß uns einander zur Freude leben und nicht zu weise werden.

d. 5. Dez. 82.

G.

1027

[Freitag 6. Dezember]

Heute bleibe ich zu Hause und hoffe meine Geliebte zu sehen. Könnte sie um vier Uhr kommen so lies ich es der kleinen sagen daß wir doch ein Stündgen für uns hätten.

Adieu! Noch fürchte ich du seyst an Hof gebeten, wenn das ist; so komme ich nach Tisch.

d. 6. Dez. 82.

G.

1028

[Sonntag 8. Dezember]

Sag mir mit einem Worte wie du geschlafen hast und ob dein Kopfweh ganz vorüber ist. Dein Wohl ist mein Wohl und dein Leiden das meine. Adieu Liebste, einzige. Ich sehe dich bald.

d. 8. Dez. 82.

G.

1029

[Sonntag 8. Dezember]

Wie erquickst du mich Beste durch iedes Wort was aus deinem Munde geht, das mir nothwendiger als Brod ist. Hier schick ich dir das verlangte. Nach Tische komm ich selbst. Der Herzog liegt mir an ich soll auf acht Tage mit ihm verreisen. Was sagst du dazu? Mich hält nur deine Liebe. Meine andern Sachen haben Raum. Fast mögt ich wünschen einmal durch fremde Lufft durchzugehen, und kann mich doch nicht von dir getrennt dencken. Lebe wohl, diesen Nachmittag mehr.

d. 8. Dez. 82.

G.

Aus dem Stücke Kreide können mit Vortheile viele geschnitten werden.


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