Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 1
Johann Wolfgang von Goethe

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520

[Donnerstag 14. Dezember]

Guten Morgen meine beste. Sie erhalten die guten Begleiter wieder die Sie mir mit gegeben bis auf eins das ich selbst bringe. Ich habe vielerley zu thun und werde wohl zu Hause essen. Man hat mich gestern gescholten dass ich so spät kam. Man war sehr artig und die Gesellschafft ganz belebt. Gegen Abend seh ich Sie wenn Sie sonst nichts vorhaben. Adieu meine einzige. Ich habe wieder wundersame Gedancken mitzutheilen.

d. 14. Dez. 80.

G.

521

[Sonnabend 16. Dezember]

Sag ich's euch geliebte Bäume
Die ich ahndevoll gepflanzt
Als die wunderbarsten Träume
Morgenröthlich mich umtanzt.
Ach ihr wisst es wie ich liebe
Die so schön mich wiederliebt
Die den reinsten meiner Triebe
Mir noch reiner wiedergiebt.

Wachset wie aus meinem Herzen
Treibet in die Luft hinein
Denn ich grub viel Freud und Schmerzen
Unter eure Wurzeln ein
Bringet Schatten traget Früchte
Neue Freude ieden Tag
Nur dass ich sie dichte dichte
Dicht bey ihr geniessen mag.

d. 16. Dez. 80.

522

[Sonnabend 16. Dezember]

Hier ist der Brief an die Frl Thunger. schicken Sie mir ihn mit dem Portefeuil wieder, aber ich bitte bald. Sagen Sie mir dass Sie wohl sind, und dass Sie mir das Capital noch lange stunden wollen, das ich meinem weitläufigen und gefährlichen Handel so nothwendig brauche. Adieu beste.

d. 16. Dez. 80.

G.

523

[Sonntag 17. Dezember]

Ihr Bote ist noch nicht da, ich will voraus schreiben. Gestern bin ich noch lange spazieren gegangen es war sehr schön, und mein warmer Pelz hielt mich wohl. Ich hab eine grose Unterredung mit meinen Bäumen gehabt, und ihnen erzählt wie ich Sie liebe. Heut will ich viel wegarbeiten, Jagemannen zu Tisch bitten, und immer an Sie dencken. Ich bin offt versucht worden Ihnen zuvorzukommen. Nach Tisch mahl ich am Portefeuil, und heut Abend geh ich um Ihr Haus herum.

524

[Montag 18. Dezember]

Ich schicke zartes Papier zum Einpacken des Portefeuille. Heut will ich recht fleisig seyn um einen guten Abend bey Ihnen zu verdienen.

d. 18. Dez. 80.

G.

525

[Dienstag 19. Dezember]

Kaum hab ich noch Einen Augenblick Ihnen guten Morgen zu bieten. Grüsen Sie Steinen ich hoffe er ist besser. Lieber blieb ich zu Hause wäre fleisig, und sähe dann Sie.

d. 19. Dez. 80.

G.

526

Hier ist ein Bild. Sezzen Sie es aufs Camin, denn es muss hoch stehen, und üben Sie die Phisiognomick. Adieu beste.

G.

527

[Donnerstag 21.Dezember?]

Ich habe mich zur Einsamkeit entschlossen. Schicken Sie mir doch meinen Pinsel Tusche Muscheln u. s. w. Auf heut Abend ists bestellt, bringen Sie Bier mit, ich sorge für Wein, laden Sie einige gute Geister ein. Es wäre artig wenn man den Prinzen hohlte vielleicht thu ichs. Um 7 ist mein Essen bereit. Adieu. Lucken und Staffen könnte mans auch sagen. Dass es nur Menschen giebt. Adieu.

G.

528

[Sonntag 24. Dezember]

Was man thut ist doch immer besser als was man sagt, Sie geben mir mit Ihrem Geschenck den Muth wieder den Sie mir gestern genommen haben. Ich dancke recht sehr und weihe hiermit Ihre Feder ein. Adieu beste. Ich esse heut bey Fritschens, wahrscheinlich sind Bechtolsheims da.

d. 24. Dez. 80.

G.

529

[Sonntag 24. Dezember?]

Um den Muff zu begleiten schreyben wir beyde noch ein Wort. Fritz hat sich wie Sie sehn recht angegriffen.

Gute Nacht meine beste. Danck für den Besuch.

G.


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