Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 1
Johann Wolfgang von Goethe

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1778

209

[Donnerstag 1. Januar]

habe gestern Abend viel an Sie gedacht indem ich Briefe und das ganze Vergangne Jahr zusammen packte. Ich mögt Ihnen so gern was zum neuen Jahre schicken und finde nichts, ich bin in Versuchung kommen Ihnen von meinen Haaren zu schicken und hatte sie schon aufgebunden, als mirs war als wenn diese Bande keinen Zauber für Sie hätten. Heut werd Ich Sie doch einmal finden.

d. 1. Jan. 78.

G.

210

Ich habe heut von diesem Zeug gekriegt habe mich davon bekleidet und bleibt noch so viel übrig. Wickeln Sie sich drein. Adieu Gold.

G.

211

[Freitag 9. Januar]

Nehmen Sie hier den Schlüssel zu meinen Gegenden, den andern Schlüssel haben Sie lang. Ich hab Launen so scheints, denn ich hab Unrecht und hab doch Picks, und weis dass ich unrecht habe. Aber es scheint ich soll wieder einmal fühlen dass ich Sie sehr lieb habe, und was ich Sie gekostet habe u. s. w. Dem sey wies wolle, ich mag und kan Sie nicht sehn. Adieu beste.

d. 9. Jan. 78.

G.

212

[Sonnabend 10. Januar]

Die drey ersten Punckte ohne weitres zugestanden. Was den vierten betrifft ob gleich der Vordersaz falsch ist so sey doch auch Ihnen das unüberwindliche Gelüst mich zu schelten gewährt. Nur dass Sie mir diesen Titel nie geben wenn ich ihn verdiene, und nie als wenn Sie mich recht lieb haben. Adieu. Wir haben gestern gethorheitet, und heut lang geschlafen, ich habe mich vom Punsch und Wein Abends enthalten und kan meine Rolle recht schön.

G.

213

[Sonntag 11. Januar]

Dancke für die leibliche Nahrung. Der Alte Eckhof ist bey mir. wir scheinen unsre Empfindungen neuerdings auf Spizzen zu sezzen. Adieu Gold. Es ist und bleibt doch immer beym Alten.

d. 11. Jan. 78.

G.

214

[Montag 12. Januar]

wollen Sie den Plaz vor der Höle noch aufgeräumt und Feuer dahin haben so melden Sie mirs. Ist heute Tanz Probe so komm ich um zehn. Ich hab heute früh schon meine traurigen stockenden Geister im Schnee gebadet ich dencke das soll ihnen frische Sinnen geben.

d. 12. Jan. 78.

G.

215

[Montag 19. Januar]

Statt meiner kommt ein Blätgen. da ich von Ihnen wegging, konnt ich nicht zeichnen. Es waren Arbeiter unten, und ich erfand ein seltsam Pläzgen wo das Andencken der armen Cristel verborgen stehn wird. Das war was mir heut noch an meiner Idee misfiel, dass es so am Weeg wäre, wo man weder hintreten und beten, noch lieben soll. Ich hab mit Jentschen ein gut Stück Felsen ausgehölt, man übersieht von da, in höchster Abgeschiedenheit, ihre lezte Pfade und den Ort ihres Tods. Wir haben bis in die Nacht gearbeitet, zulezt noch ich allein bis in ihre Todtes Stunde, es war eben so ein Abend. Orion stand so schön am Himmel als wie wir von Tiefurth fröhlich heraufritten. Ich habe an Erinnerungen und Gedancken iust genug, und kan nicht wieder aus meinem Hause. Gute Nacht Engel, schonen Sie sich und gehn nicht herunter. Diese einladende Trauer hat was gefährlich anziehendes wie das Wasser selbst, und der Abglanz der Sterne des Himmels der aus beyden leuchtet lockt uns. Gute Nacht, ich kans meinen Jungen nicht verdencken die nun Nachts nur zu dreyen einen Gang hinüber wagen, eben die Saiten der Menschheit werden an ihnen gerührt, nur geben sie einen rohern Klang.

d. 19. Jan. 78.

G.

216

[Sonntag 1. Februar]

Es ist doch hübsch von Ihnen dass Sie den den Sie nicht mehr lieben doch mit eingemachten Früchten nähren wollen. Dafür danck ich. Obs gleich aussieht als wenn Sie mir Gerichte schickten damit ich nicht kommen solle sie bey Ihnen zu verzehren.

d. 1. Febr. 78.

G.

217

[Mittwoch 11. Februar]

Ich fühle dass ich heute wieder im Verborgnen bleiben muss. Meine Küche giebt mir nur Erbsen und Wurst, nach 12 schick ich Sie noch um einen Beytrag zu bitten. Es ist mir als wenn eine Verändrung in mir vorging ich weis sie aber noch nicht zu deuten.

d. 11. Febr. 78.

G.

Schicken Sie mir auch einen Wandleuchter mit Arm.

218

Schicken Sie mir ein Paar Stummel Wachslicht. Es dürfen keine ganze seyn, sondern Reste.

219

[Mittwoch 18. Februar]

Ich dancke recht sehr dass Sie mir in meine Einsamkeit und Mangel, Frizzen und ein Frühstück schicken wollen.

Wenn Sie mir was dazu von sich gesagt hätten wärs noch hübscher gewesen. Adieu. Ich schick Ihnen eine aufkeimende Blume, ich habe weiter nichts.

d. 18. Febr. 78.

G.


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