Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 1
Johann Wolfgang von Goethe

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930

[Sonnabend 27. Juli?]

Du bist herzlich gut und lieb aber du kannst auch nicht zu viel thun. Denn nur ein Hauch nur ein Laut der nicht stimmend von dir zu mir herüberkommt verändert die ganze Athmosphäre um mich. Adieu auf heute Abend. Dein Halstuch hab ich noch und behalte es bis in Garten.

d. 27. Jul. 82.

G.

931

[Sonntag 28. Juli]

Wenn mein Lottgen nicht in der Kirche ist so sagt sie mir wie sie geschlafen hat. Beym Erwachen sah ich wieder dein Zeichen. Sah es gestern Abend als ich zur Thüre hereinging. o du Gute! Hier schick ich ein Frühstück. Die Portion ist gros damit Friz und Ernst ein Theil davon haben können.

Umschwebe mich mit deinen Flügeln lieber Schutzgeist. Ich soll bey Hofe, und ginge gern wenn es nur nicht so heis wäre. Adieu. Wenn ich hingehe; so komm ich vorher zu dir.

Schon iezt mögt ich zu dir laufen. Mögte daß du an den schönen kühlen Pläzen meines Gartens mit mir wärest. Lebe wohl du einzig verlangte.

d. 28. Jul. 28.

G.

932

[Dienstag 30. Juli]

Meiner L. L. schick ich neues Brod, mögten wir es doch recht lange zusammen geniessen. Sage mir was dein Fus macht, und ob du mich immer so gerne empfängst als du mich ungerne wegschickst, und ob du weisst daß in dir die Hoffnung und die Freude meines Lebens ruht.

d. 30. Jul. 82.

G.

933

Meine liebste meine einzigste wie danck ich dir für alles was du mir thust. Ich wäre auch ohngefordert gekommen wie kannst du es anders dencken. Aber ich bedarfs auch glaub es mir. Jeder Zweifel von dir erregt ein Erdbeben in den innersten Festen der Tiefe meines Herzens.

G.

934

[Donnerstag 1. August]

Sage mir l. L. wie du geschlafen hast und ob Kopf und Füße schmerzenlos sind. Der gestrige Tag hat mir einen gar schönen Eindruck hinterlassen den ich dir auch wünsche. Diesen Mittag will ich nach Tiefurt und seh dich vorher und nachher.

d. 1. Aug. 82.

G.

935

[Sonnabend 3. August]

Wieland war bey mir drum konnte ich nicht gleich schreiben. Wäre die Hitze nicht so entsetzlich; so sollte ich nach Tiefurth ich bin die ganze Woche nicht draußen gewesen. Auf einen kühlen Abend freu ich mich, und bleibe indess in meinem Stübgen. Die Banck will ich besorgen und den Stein benennen. Lebe wohl. Liebe mich und geniesse von den Früchten.

d. 3. Aug. 82.

G.

936

[Sonntag 4. August]

Diese Nacht habe ich von dir geträumt und wie ich aufwache vermisse ich dich. Ich wende meine Gedancken auf alle Gegenstände und sie kehren immer wieder zu dir. Mein ganzes Wesen ist an dich geknüpft und ich fühle es ist unmöglich dich zu entbehren. Schon mögt ich statt zu schreiben wieder zu dir eilen und dich mündlich meiner Liebe versichern. Wo seh ich dich heute? Schreibe mir, und schreibe viel. Lebe wohl. Ich scheide auf iede weise ungern von dir. Auch mag ich das Blat nicht verlassen das du in Händen halten sollst.

d. 4. Aug. 82.

G.

937

[Sonntag 4. August?]

Wie schön ist's doch, ich hatte ein wenig geschlafen und wie ich aufwache begegnet mir deine Liebe ich will auch hinauskommen und seyn wo du bist, wenn ich die Pferde nicht haben kann geh ich zu Fuse. Vielleicht komme ich noch vorher dich zu sehen. Es ist ein angenehmer Abend, wie mehr wird er's in deiner Gegenwart seyn.

938

[Montag 5. August]

Mit Mühe stell ich Ackten, Correspondenz pp zwischen das Verlangen dich zu sehen.

Ich werde wohl denck ich einen Vorwand finden durchzubrechen und bey dir zu seyn. Sage mir ein liebes Wort. Heute Mittag muß ich nach Tiefurt. Wie wirst du es diesen Abend halten. Lebe wohl zu tausendmalen.

d. 5. Aug. 82.

G.

Wie die Zeit vergeht, seitdem ich deiner Liebe gewiss bin ists wie gar keine Zeit.

939

[Montag 5. August]

Dancke für das gute Mittel. Ich glaube an alles was von dir kommt und will es gebrauchen. Hier ein artiger Brief von Seckendorf. Du kannst ihn der Herzoginn schicken, vielleicht ists ihr angenehm wegen des Grosfürsten, nur wünsch ich daß sie es nicht sagt. Adieu geliebteste über allen Ausdruck.

d. 5. Aug. 82.

G.


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