Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 1
Johann Wolfgang von Goethe

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[Montag 6. Mai]

Nur eine gute Nacht! Treff ich dich noch wenn ich zurück komme! – Mir gehts zu wunderbaar. Hab mich nur ein bissel lieb. Ich erzähl dir auch viel und hab dich lieber als du magst.

d. 6. May 76.

G.

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[Weimar, Dienstag 14. Mai]

Wieland bey dem ich bin hat heute veranstaltet in seinen Garten zu gehn. Drum lassen wir Sie fragen ob Sie nicht statt dahin dorthin gehen wollen, hoffe es soll auch recht seyn. So hohlen wir Sie ab. Mein Garten sieht so noch raupig aus – Es war nur weil ich Sie heut in freyer Lufft sehen musste. Wir haben was von Lenz vorzulesen. Ade – Engel glück zum Bad! treiben Sie's nur nicht zu arg. Addio.

d. 14. May 76.

G.

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[Freitag 17. Mai]

Dancke beste für den guten Morgen. Ich komme mit Ihnen zu essen und bring allerley mit. Ich hab unter dem Druck neuen Muth zu Leben und eine neue Art von Hoffnung gekriegt, Obgleich das arme Herz viel drunter leidet. Addio beste.

d. 17. May 76.

G.

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[Sonnabend 18. Mai]

Eh ich in den Garten gehe einen guten Morgen, und Spargel von Kalbsrieth. Der schöne Tag macht mir auch wohl ums Herz, so wohl es mir seyn kann. Zu Tisch werd ich wieder Beym H[erzog] seyn. Aber heut nach mittag oder gegen Abend wenn Sie mich mögen.

d. 18. May 76.

G.

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[Sonntag 19. Mai]

Zum erstenmal im Garten geschlafen, und nun Erdkulin für ewig. Da sind Spargel, erst iezt gestochen, lassen Sie sie nicht unter die andern kommen, essen Sie sie allein da Sie doch einmal das glückliche Vorurtheil dafür haben; wie mir's eben am besten schmeckt, wenn ich sie mit Ihnen esse. Sagen Sie mir wie's Ihnen heut Mitag ist. Ob ich kommen darf? Die Ruhe hierhaussen ist unendlich. Und wenn Sie erst einmal werden abgeschieden seyn – Ich mag dadran nicht dencken Ade.

d. 19. May Sonntag.

G.

55

[Montag 20. Mai?]

Hier einen Brief von meiner Schwester. Sie fühlen wie er mir das Herz zerreisst. Ich hab schon ein Paar von ihr unterschlagen um Sie nicht zu quälen. Ich bitte Sie flehentlich nehmen Sie sich ihrer an, schreiben Sie ihr einmal, peinigen Sie mich, dass ich ihr was schicke. Leben Sie wohl. –

G.

56

[Dienstag 21. Mai]

Da liebe Frau wieder Spargel ich esse heut mit Ihnen. Gestern als ich zu Bette gehn wollt und ihr Armband mir in die Hände kam macht ich mir Vorwürfe. Guten Morgen beste.

d. 21. May 76.

G.

57

[Freitag 24. Mai]

Also auch das Verhältniss, das reinste, schönste, wahrste, das ich ausser meiner Schwester ie zu einem Weibe gehabt, auch das gestört! – Ich war drauf vorbereitet, ich litt nur unendlich für das Vergangne und das Zukünftige, und für das arme Kind das hinausging das ich zu solchen Leiden in dem Augenblick geweiht hatte. Ich will Sie nicht sehn, ihre Gegenwart würde mich traurig machen. Wenn ich mit Ihnen nicht leben soll, so hilft mir Ihre Liebe so wenig als die Liebe meiner Abwesenden, an der ich so reich bin. Die Gegenwart im Augenblicke des Bedürfnisses entscheidet alles, lindert alles, kräfftiget alles. Der Abwesende kommt mit seiner Sprüzze wenn das Feuer nieder ist – – und das alles um der Welt willen! Die Welt die mir nichts seyn kann will auch nicht dass du mir was seyn sollst – Sie wissen nicht was sie thun. Die Hand des Einsam verschlossnen, der die Stimme der Liebe nicht hört, drückt hart wo sie aufliegt. Adieu beste.

d. 24. May 76.

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[Sonnabend 25. Mai]

Sie sind sich immer gleich, immer die unendliche Lieb und Güte. Da sind die zwey Köpfe für Kestner. Den von mir wird er morgen kriegen, sagen Sie noch nichts von. Vielleicht komm ich nach Tiefurt, es wird – das weis Gott – verzeihen Sie, dass ich Sie leiden mache, ich wills künftig suchen allein tragen zu lernen. Ich wohne in tiefer trauer über einem Gedicht dass ich für Gluck auf den Todt seiner Nichte machen will. Adieu beste. d. 25. May 76.

G.

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[Sonntag 26. Mai]

Hier liebe Frau ein Büschel eignen Gewächses ists Ihnen nach der gestrigen Thorheit wohl geworden. Ich war heut in mich gekehrt. Bleiben Sie mir lieb. d. 26. May 76.

G.


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