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Der Censor schlief, es war Mitternacht; 
        Da regt sich's in seinen Schranken; 
        Da standen die bleichen Geister auf, 
        Die ermordeten Gedanken. 
        Sie seufzten tief, sie seufzten schwer; 
        Sie wankten und schwankten hin und her, 
        Und: wehe! wehe! wehe! 
        Erscholl's in des Mörder's Nähe,
        »Ich hatte das arme Volk zu lieb!« 
          Erhub der Eine die Stimme. 
          »Ich forderte das versprochene Glück 
          Mit schlecht verbißenem Grimme.« 
          Der Dritte sprach: »Ich war munteres Blut, 
          Ich verwechselte ein Mal Scepter und Knut'!« 
          Der Vierte: »Ich war ein Tadel 
          Gegen den lästigen Adel.« 
»Ich forderte keck das freie Wort!« 
          »Und ich die Gleichheit der Rechte.« 
          »Ich sagte: die Fürsten gehörten dem Volk.« 
          »Und ich: wir wären keine Knechte!« 
          »Ich höhnte die traurige Petition.« 
          »Ich aber rief: habt ihr vergessen schon? 
          Unterdrückt, verbietet nur fleißig: 
          Ein Tausend Acht hundert und dreißig!« 
So sprachen sie alle in finsterm Groll, 
          Und schwuren Rache zum Himmel; 
          Drauf wirrt's und schwirrt's um des Schläfers Kopf, 
          Das böse Geister-Gewimmel. 
          Sie krochen durch Nase, durch Ohr und Mund; 
          Sie rißen am Haar ihn, sie stopften den Schlund, 
          Sie tobten auf seiner Stirne, 
          Sie schrieen in seinem Gehirne. 
Früh Morgens wurde dem Censor verliehn 
          Ein großer, langer Orden; 
          Er aber sah stier auf das bunte Band, 
          Denn er war wahnsinnig worden. – 
          An jenem Schrank', in der Nacht darauf, 
          Hing er mit dem Ordensbande sich auf, 
          Und draußen hörte der Wächter 
          Ein fürchterliches Gelächter.  |