Leo Frobenius
Das schwarze Dekameron
Leo Frobenius

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Schwester mit dem Penis

Muntschi

Ein Toro hatte eine Tochter. Die Tochter hatte einen Beischläfer. Der kam immer in das Haus ihrer Mutter und blieb die Nacht über bei ihr. Es kamen Männer und wollten das Mädchen heiraten. Das Mädchen sagte: »Ich will nicht heiraten.« Das Mädchen wollte keinen Mann nehmen. Der Vater sagte aber zu dem Mädchen: »Ich will, daß du heiratest!«

Es kam ein Mann, der hieß Bogo. Der Bogo sagte zu dem Toro: »Ich möchte deine Tochter heiraten.« Der Vater fragte die Tochter: »Willst du diesen Bogo auch wieder nicht nehmen?« Das Mädchen sagte: »Ja, ich will den Bogo heiraten.« Bogo heiratete das Mädchen und nahm es dann mit an seinen Ort. Die junge Frau lebte kurze Zeit mit Bogo an seinem Orte. Die junge Frau sagte (bei sich): »Mein Beischläfer war anders als mein Mann. Ich möchte einmal wieder mit meinem Beischläfer zusammen sein.«

Die junge Frau kam zu Bogo und sagte: »Ich möchte einmal wieder meine Mutter besuchen.« Bogo sagte: »Nein, bleib hier und mach deine Arbeit!« Die junge Frau sagte: »Ich möchte nur einmal für einen Abend hingehen.« Bogo sagte: »Nein, du bleibst zunächst noch hier. Du hast alles, was du brauchst.« Der Beischläfer der jungen Frau sagte: »Ich möchte wohl wissen, wie es meinem Mädchen geht. Ich möchte wohl einmal wieder mit meinem Mädchen zusammen schlafen.« Der Beischläfer der jungen Frau sagte: »Ich werde einmal in das Dorf Bogos gehen. Vielleicht kann ich mein Mädchen sprechen.« Der Beischläfer machte sich auf den Weg. Er kam in Bogos Dorf. Der Beischläfer wartete ab, bis Bogo einmal wegging.

Als Bogo das Haus verließ, um auf die Farm zu gehen, kam der Beischläfer zu der jungen Frau und begrüßte sie. Die junge Frau sagte ihm: »Ich wollte gern einmal wieder mit dir schlafen. Ich sagte meinem Mann, ich wollte meine Mutter wieder sehen. Mein Mann sagte, ich solle bei ihm bleiben und meine Arbeit verrichten.« Der Beischläfer sagte: »Bitte deinen Mann noch einmal. Er wird es dir dann vielleicht erlauben.« Die junge Frau sagte: »Ja, ich will meinen Mann noch einmal bitten.« Der Beischläfer ging.

Am andern Tage sagte die junge Frau zu ihrem Mann: »Mein Bogo, ich möchte einmal meine Mutter besuchen!« Bogo sagte: »Nein, bleib hier!« Die junge Frau sagte: »Ich möchte nur einmal für einen Abend hingehen!« Bogo sagte: »Nein, du bleibst hier. Sieh dich nur danach um, daß du als Frau alles findest, was du brauchst!«

Nach einigen Tagen kam der Beischläfer der jungen Frau wieder in das Dorf Bogos. Er wartete ab, bis Bogo das Haus verließ. Als Bogo das Haus verlassen hatte, kam der Beischläfer zu der jungen Frau und begrüßte sie. Die junge Frau sagte zu ihm: »Ich wollte gerne einmal wieder mit dir im Hause meiner Mutter schlafen. Ich sagte meinem Manne wieder, ich wollte meine Mutter einmal sehen. Mein Mann sagte, ich solle bei ihm bleiben und sehen, daß ich als Frau alles fände, was ich brauche!« Der Beischläfer sagte: »Bitte deinen Mann noch einmal; er wird es dir dann vielleicht erlauben.« Die junge Frau sagte: »Ja, ich will meinen Mann noch einmal bitten.« Der Beischläfer ging.

Am andern Tage sagte die junge Frau zu ihrem Manne: »Mein Bogo, ich bitte dich! Ich möchte meine Mutter besuchen.« Bogo sagte: »Nein, bleib hier!« Die junge Frau sagte: »Ich möchte nur einmal für einen Abend hingehen!« Bogo sagte: »Nein, du bleibst hier! Denke nicht soviel an deine Mutter. Tu alles was du kannst, um selbst Mutter zu werden.«

Nach einigen Tagen kam der Beischläfer der jungen Frau wieder in das Dorf Bogos. Er wartete ab, bis Bogo das Haus verließ. Als Bogo das Haus verlassen hatte, kam der Beischläfer zu der jungen Frau und begrüßte sie. Die junge Frau sagte zu ihm: »Ich wollte gern einmal wieder mit dir im Hause meiner Mutter schlafen. Ich sagte meinem Manne noch einmal, ich wolle meine Mutter sehen. Mein Mann sagte, ich solle bei ihm bleiben und alles tun, was ich könne, um selbst Mutter zu werden.« Der Beischläfer sagte: »Ich werde sehen, ob ich hierbei helfen kann. Warte einen Tag, dann hole ich euch ab.« Der Beischläfer ging.

Der Beischläfer ging. Der Beischläfer zog sich Frauenkleider an. Er band sich ein Kopftuch um. Der Beischläfer band sich schöne Perlen um den Hals. Dann kam der Beischläfer zurück in Bogos Dorf. Der Beischläfer im Frauenkleid ging zu Bogo. Er begrüßte Bogo und sagte: »Ich bin die Schwester deiner Frau. Ich will dich und deine Frau abholen, damit wir im Dorfe der Mutter ein Fest feiern. Es ist auch ein Ochse geschlachtet worden. Wir können gleich gehen, dann könnt ihr heute abend bei mir schlafen und morgen bei unserer Mutter ankommen.« Bogo sagte: »Es ist mir recht!« Bogo machte sich zurecht. Seine Frau machte sich zurecht. Sie machten sich auf den Weg.

Als es dunkel war, kamen sie in den Ort des Beischläfers. Der Beischläfer führte sie in sein eigenes Haus und sagte: »Es ist nur ein Bett hier im Hause. Willst du nun woanders schlafen?« Bogo sagte: »Nein, schlaft ihr Schwestern nur auf diesem Bett. Ich selbst lege mich dann vor die Tür und schlafe vor der Tür. Dann weiß ich, daß kein Mann zu euch hereinkommt.« Der Beischläfer ging darauf mit der jungen Frau in das Haus. Sie legten sich zusammen auf das Bett. Bogo lag draußen vor der Tür.

Als der Beischläfer und die junge Frau nun glaubten, daß Bogo eingeschlafen sei, erhob sich der Beischläfer und legte sich zwischen die Beine der jungen Frau. Dann tat er so, wie die beiden es früher im Hause der Mutter der jungen Frau gemacht hatten. Als die junge Frau nun fühlte, daß es ebenso war wie in alter Zeit, und als sie merkte, daß dieser Beischlaf bald zu Ende sei, sagte sie stöhnend vor sich hin: »Oh, das ist anders als Bogo! Oh, das ist anders als Bogo! Oh, das ist anders als Bogo!« Danach verließ der Beischläfer die junge Frau und legte sich an ihre Seite.

Bogo, der draußen vor der Tür schlief, wachte davon auf, daß seine Frau gestöhnt und seinen Namen genannt hatte. Er erhob ein wenig den Oberkörper und fragte durch die Tür hinein: »Was sprichst du da, meine junge Frau?« Die junge Frau sagte: »Ich träumte. In Träumen sagte ich: ›Ich will meine Arbeit schon verrichten, mein Bogo! Ich will meine Arbeit schon verrichten, mein Bogo!‹« Bogo sagte: »Schlafe nur ruhig. Wenn du in meinem Dorf arbeitest, dann ist es genug!« Dann legte sich Bogo wieder auf die andere Seite und schlief ein.

Als der Beischläfer und die junge Frau nun glaubten, daß Bogo eingeschlafen sei, erhob sich der Beischläfer und legte sich zwischen die Beine der jungen Frau. Dann tat er so, wie es die beiden früher im Hause der Mutter der jungen Frau gemacht hatten. Als die junge Frau nun fühlte, daß es ebenso war wie in alter Zeit, und als sie merkte, daß auch dieser Beischlaf bald zu Ende sei, sagte sie stöhnend vor sich hin: »Ach, wenn mein Bogo doch auch so könnte! Ach, wenn mein Bogo doch auch so könnte! Ach, wenn mein Bogo doch auch so könnte!« Danach verließ der Beischläfer die junge Frau und legte sich an ihre Seite.

Bogo, der draußen vor der Tür wieder eingeschlafen war, wachte davon auf, daß seine Frau gestöhnt und seinen Namen genannt hatte. Er erhob ein wenig den Oberkörper und fragte durch die Tür hinein: »Was sprichst du da, meine junge Frau?« Die junge Frau sagte: »Ich träumte. Im Traum sagte ich: Mein Bogo, ich will alles zu finden suchen, was ich als Frau brauche! Mein Bogo, ich will alles zu finden suchen, was ich als Frau brauche!« Bogo sagte: »Schlafe nur ruhig! Wenn du in meinem Dorfe als Frau alles findest, ist das genug!« Dann legte sich Bogo auf die andere Seite und schlief wieder ein.

Als der Beischläfer und die junge Frau nun glaubten, daß Bogo wieder eingeschlafen sei, erhob sich der Beischläfer und legte sich zwischen die Beine der jungen Frau. Dann tat er so, wie es die beiden früher im Hause der Mutter der jungen Frau gemacht hatten. Als die junge Frau nun fühlte, daß es ebenso war wie in alter Zeit, und als sie merkte, daß auch dieser Beischlaf bald zu Ende sein würde, sagte sie stöhnend vor sich hin: »Bogo ist schwach, du aber bist stark! Bogo ist schwach, du aber bist stark! Bogo ist schwach, du aber bist stark!« Danach verließ der Beischläfer die junge Frau und legte sich an ihre Seite.

Bogo, der draußen vor der Tür wieder eingeschlafen war, wachte davon auf, daß seine Frau gestöhnt und seinen Namen genannt hatte. Er erhob ein wenig den Oberkörper und fragte durch die Tür hinein: »Was sprichst du da, meine junge Frau?« Die junge Frau sagte: »Ich träumte. Im Traum sagte ich: Mein Bogo, ich will alles tun, was ich kann, um bald Mutter zu werden. Mein Bogo, ich will alles tun, was ich kann, um bald Mutter zu werden.« Bogo sagte: »Schlafe nur ruhig, meine junge Frau! Du wirst schon Mutter werden!« Die junge Frau sagte: »Ja, das denk ich jetzt auch!« Dann legte sich Bogo wieder auf die andere Seite und schlief ein.

Als der Morgen nahe war, erhob sich die junge Frau. Ihr Beischläfer schlief noch. Die junge Frau machte die Tür auf und ging über Bogo hinweg mit einem Topf zum Bach, um sich zu waschen und Wasser zu bringen. Als sie weg war, erwachte Bogo. Bogo sah die Tür offen stehen. Bogo blickte in das Haus hinein. Bogo sah, daß nur eine Person auf dem Bett lag. Bogo trat in das Haus.

Im Schlafe war dem Beischläfer das Kleid heruntergefallen und sein Djoa (Penis) lag offen da. Bogo sah den Penis. Bogo sagte: »Diese Schwester hat ja einen Penis! Was mache ich mit dem Penis!« Bogo zog sein Messer heraus. Bogo sagte: »Ob ich diesen Penis der Schwester abschneide?« Bogo sagte: »Ich will warten, bis es heller ist.« Bogo ging aus dem Hause. Er steckte das Messer wieder ein.

Bogo saß vor dem Hause und sagte: »Ich muß der Schwester den Penis abschneiden!« Bogo sagte: »Nein, ich muß die Schwester töten!« Bogo zog das Messer wieder heraus. Bogo trat zu dem Beischläfer. Bogo sagte: »Ich muß diese Schwester töten.« Bogo betrachtete den Beischläfer und sagte: »Ich muß warten, bis es noch etwas heller ist.« Bogo ging aus dem Hause. Draußen steckte er das Messer wieder ein.

Nach einiger Zeit kam die junge Frau vom Wasser zurück. Bogo kam seiner Frau entgegen und sagte: »Deine Schwester hat ja einen Penis!« Die junge Frau schrie auf! Die junge Frau rief: »Was sagst du, meine Schwester soll einen Penis haben? Das habe ich noch nicht gesehen! Das habe ich noch nicht gehört!« Die junge Frau warf den Topf mit Wasser hin. Sie schrie. Alle Leute kamen aus den Häusern. Die junge Frau schrie: »Hört nur, ich habe eine Schwester mit einem Penis!« Die Leute sagten: »Das ist unangenehm, daß deine Schwester einen Penis hat. Schicke sie weg!« Andere Leute sagten: »Ja, es gibt Frauen, die auch einen Penis haben. Aber sie können nichts damit machen.«

Der Beischläfer war aufgewacht. Er hatte sein Kleid umgenommen. Bogo fragte ihn: »Kannst du, meine Schwägerin, mit dem Penis etwas machen?« Der Beischläfer sagte: »Nein, ich kann mit diesem Penis nichts machen, denn er ist niemals stark.« Bogo sagte: »Dann ist es gut. Dann können wir zusammen weiterreisen.«

Der Beischläfer besuchte die junge Frau oft. Die junge Frau gebar bald zwei Kinder. Es waren ein Junge und ein Mädchen.


 << zurück weiter >>