Leo Frobenius
Das schwarze Dekameron
Leo Frobenius

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Der Faulpelz

Sahel

In Dogo, südlich von Bandiangara, lebt der Stamm der Binima, der auch aus Mande kam. Ein Kaddo dieses Stammes hatte eine Frau namens Käire geheiratet. Der Mann war über alle Maßen faul und suchte sich vor jeder Arbeit zu drücken. Da Käire sehr fleißig war, schob er ihr alles zu und fand immer neue Wege, sich selbst arbeitsfrei zu erhalten.

Eines Tages steckte er sich eine Kalebasse in die Hose und hinkte zu seiner Frau und sagte: »Sieh, welche fürchterliche Krankheit mich befallen hat. Sieh, ich habe ganz geschwollene Hoden (Elefantiasis). Ach, ich habe solche Schmerzen. Ach, ich habe solche Schmerzen. Und nun muß ich dich allein auf das Feld zur Ackerarbeit gehen lassen. Ach, was bin ich schlecht daran!« Käire sah die starke Schwellung. Sie bereitete eine gute Speise, setzte sie ihrem Manne hin und machte sich sogleich auf den Weg zum Acker. Sie arbeitete den Tag über und kam des Abends wieder. Sobald Käire gegangen war, zog der Mann die lästige Kalebasse aus der Hose, legte sie beiseite, aß und machte es sich den Tag über bequem. Abends steckte er, ehe seine Frau wiederkam, die Kalebasse wieder in die Hose und stöhnte.

So machte der Mann es alle Tage. Er steckte morgens eine Kalebasse in die Hose, klagte, ließ sich von seiner Frau Essen bereiten, ließ seine Frau bis zum Abend allein auf den Acker gehen, zog die Kalebasse dann wieder heraus und steckte sie erst an ihren Platz in die Hose, wenn die Frau des Abends wieder von der Arbeit heimkam. Es lebte aber in einem Seitenhaus auf demselben Hof eine alte Frau. Die ging eines Tages in den Speicher, und als sie oben stand, konnte sie sehen, wie der Mann, kurz nachdem Käire fortgegangen war, die Kalebasse wieder aus der Hose hervorholte. Sie gab nun wohl acht, denn sie hatte nicht viel zu tun; und sie sah, wie der Mann abends, ehe Käire wiederkam, die Kalebasse wieder in die Hose steckte. Die Alte paßte auf, und da sah sie, daß der Mann es alle Tage so machte.

Eines Tages rief die alte Frau Käire und sagte zu ihr: »Weshalb geht dein Mann eigentlich nie mehr mit dir zur Feldarbeit hinaus? Du gehst jetzt alle Tage allein. Warum das?« Käire sagte: »Mein armer Mann ist von einer häßlichen Krankheit befallen. Er hat geschwollene Hoden. Er kann sich kaum bewegen. Er kann nicht mit auf den Acker gehen.« Die alte Frau sagte: »Wenn du morgen früh deinem Mann die Speise bereitet hast, dann gehe auf dem Weg nach dem Acker fort und komme aber schnell hinten herum zu mir.« Die Frau Käire sagte: »Ja, das will ich tun.«

Am anderen Tag setzte Käire ihrem Mann die Schüssel mit Speise hin. Dann begab sie sich auf den Weg nach dem Acker und lief schnell hinten herum zu der alten Frau. Die alte Frau führte sie an den Speicher. Vom Speicher aus konnte Käire nun sehen, wie ihr Mann die Kalebasse aus der Hose nahm, zu essen begann und es sich so bequem wie möglich machte. Käire sagte nichts. Sie ging auf den Acker und arbeitete den Tag über auf dem Felde. Als ihr Mann sie abends vom Felde heimkommen sah, steckte er schnell wieder die Kalebasse in die Hose.

Am anderen Tage sagte der Mann wieder: »Ach, was habe ich mit meinen geschwollenen Hoden für Schmerzen! Ach, wie bin ich krank. Ach, daß ich dir nicht bei der Feldarbeit helfen kann.« Käire sagte: »Du willst mir also bei der Feldarbeit wieder nicht helfen?« Der Mann sagte: »Ich will schon, aber ich kann doch nicht.« Die Frau Käire sagte: »Heute will ich dir zu deiner Arbeit helfen.« Käire stürzte sich unversehens auf ihren Mann und packte ihn in der Hose. Sie zog mit schnellem Griff die Kalebasse heraus und sagte: »Siehst du, nun habe ich dich von deinen geschwollenen Hoden befreit. Nun geh du auf den Acker und arbeite. Von nun an werde ich mir die Kalebasse in mein Kleid binden!«

Der Mann schämte sich und stöhnte. Er sagte: »Ich weiß wohl, wer dir das gesagt hat.« Dann zog er aus zur Feldarbeit.

Seitdem bauen die Habbe die Hütten der Alten seitwärts, so daß sie nicht alles beobachten können, was zu Hause vorgeht.


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