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Den 3. Juny 1847.
Da ich diese ganze lange Zeit nicht geschrieben habe, so laße ich diese Zeit, in welcher der am 30. April erfolgte Tod des Onkel Karl merkwürdig ist, aus und fange von neuem an.
Wir sind in Schönbrunn, von wo wir heute mit dem Onkel Karl (Theodor) von Bayern in die Stadt gefahren sind, um der Frohnleichnams-Procession beyzuwohnen. Der Onkel Karl (Theodor) ist vorgestern hier angekommen und wohnt in Hietzing. Nachdem wir die Procession von der Reitschule gesehen hatten, fuhren wir in das Kriegsgebäude, um von dem Balkon desselben dem Defiliren der Truppen und der Bürger beyzuwohnen.
Um halb 3 Uhr speiseten wir mit dem Onkel Karl (Theodor) bey der Kaiserinn Mutter.
Montag den 7. habe ich mit dem Papa im Thiergarten gebirscht.
11. War kleines Concert für den Onkel Karl (Theodor) bey der Mama. Baumann und Wildauer sangen und deklamierten.
15. Verließ uns der Onkel Karl (Theodor), um nach München zurück zukehren.
Gestern ist Albert aus Triest in Wien angekommen. Alle Kinder vom Onkel Karl hatten in Rovigno eine Zusammenkunft mit dem Könige und der Königinn von Neapel gehabt.
Die Gräfinn von Marne ist mit der Princessin von Lucca hierhergekommen und wohnt im Stöckl.
17. War ich Nachmittage mit Papa auf einer kleinen eingesperrten Hirschjagd auf dem Bärenberge (im Tiergarten), wo wir 13 Stück Hirsche und Dammböcke schoßen. Leopold, Grf. Wurmbrand und Grf. Morzin waren auch mit.
21. Gingen Papa, Onkel Ludwig, Leopold und meine Wenigkeit im Kaiserzipf (im Tiergarten) auf Rehböcke. Es wurde getrieben und 2 Rehböcke, 2 Dammböcke und eine Damm-Geis geschoßen, wovon ich die beyden Rehböcke und einen Dammbock erlegte.
24. War Concert bey der Kaiserinn, bey welchem ich zum ersten Male den Prinzen Friedrich von Würtemberg sah, der hier durch zu seiner Schwester, der Großfürstinn (von Rußland) nach Gleichenberg reiset.
25. In der vorigen Nacht ist der Dr. Zangerl an der Lungensucht im Stöckl gestorben. Heute Abend reist die (Princessin von) Lucca nach Lucca.
26. Nachmittage war ich mit Grf. Bombelles und Markus auf der Pirscht, wobey wir 7 Hirsche schoßen und 4 sehr stark anschoßen.
März 1848.
13. An diesem Tage war die Versammlung der Niederösterreichischen Stände angesagt. Die Herrengaße, welche leider nicht abgesperrt worden war, füllte sich seyt frühem Morgen immer mehr und mehr mit Menschen, so daß um 10 Uhr, wo die Sitzung beginnen sollte, dieselbe und der Hof des Landhauses ganz mit Menschen gefüllt waren. Vor 10 Uhr wurde die Burg durch 2 Grenadier-Bataillons gänzlich abgesperrt.
Die Sitzung der Stände hatte kaum begonnen, als sie durch das Schreyen und Poltern der im Hofe und auf den Stiegen gedrängten Menge unterbrochen wurde, welche dann auch zu öfteren Malen in den Saal eindrang und alles zerschlug. Um 1 Uhr beschloßen die Stände, da sie sahen, daß sie nichts berathen konnten, eine Deputation in die Burg zu schicken, welche die Wünsche des Volkes, das heißt der aufrührerischen Studenten und Bürger, vorlegen sollte.
Unterdeßen hatte ein Haufen Volk, einen Redner an der Spitze, sich aus dem Landhause vor die Staatskanzley begeben, wo der Redner unter fortwährendem Geschrey eine lange Rede hielt, worauf die Leute weiterzogen.
Unterdeßen hatte sich die Conferenz beym Onkel Ludwig versammelt, und er hatte dann die Deputation empfangen und ihr, glaube ich, eine abschlägige Antwort ertheilt.
Während die Deputation, welche erst nach 3 Uhr entlaßen wurde, noch beym Onkel Ludwig war, rückte die ganze Garnison aus und suchte in der Stadt die Ordnung herzustellen. Die Thore wurden geschloßen und besetzt. Bald kam es zu Conflicten, das Militär wurde mit Steinen und Brettern beworfen, General Mattauscheck in der Herren-Gaße bleßirt und vom Pferde gerißen, worauf die dort befindlichen Pioniere Feuer gaben und mehrere Leute tödteten und verwundeten. Auf dem Hofe machten die Cuirassiers mehrere Attaquen, auf dem Judenplatze wurden Barricaden gemacht, bald aber wieder von der Truppe zerstört, kurz es war ein förmliches Gefecht. Ungefähr um 5 Uhr fingen auch die uniformirten Bürger an sich zu versammeln und schickten eine Deputation zum Onkel Ludwig, um ihre Dienste unter der Bedingung anzubieten, daß man die Wünsche des Volkes erfülle, und sie drangen besonders darauf, daß der Fürst Metternich abdicire.