Kaiser Franz Josef von Österreich
Tagebücher
Kaiser Franz Josef von Österreich

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Ritt auf die Klosteralpe

» Den 30. September. Den folgenden Morgen um 9 Uhr ritten wir auf die Klosteralpe. Wir brauchten 3 Stunden bis zu der kleinen, am Gipfel des Berges stehenden Sennerhütte. Dort hatten wir eine sehr schöne Aussicht über St. Pölten, Mölk und auch auf mehrere andre (Orte) und Schlösser. Leider aber war die Aussicht auf die Berge wegen des starken Nebels getrübt. Ehe wir herabgingen, genossen wir noch etwas Milch, Butter und Brot. Den Rückweg nahmen wir durch einen Wald, welcher auf einer Seite mit schönen, hohen und majestätischen Felsen begränzt war. Nun kamen wir vor einen zwar kleinen, doch hübschen, mit Felsen umgebenen Wasserfall. Am Fuße des Berges fanden wir unsere Pferde wieder und ritten bis in das Kloster, wo wir den mit den seltensten Pflanzen geschmückten Garten sahen. Darauf setzten wir uns zu Tische, wo uns die besten Speisen und besonders sehr gute Forellen aufgetischt wurden. Nach Tische sahen wir das ganze Kloster nebst der schönen gotischen Kirche, der an Büchern reichen Bibliothek und dem mit einem schönen Brunnen versehenen Kreuzwege. Nachdem gingen wir in die Gewehrfabrik des Herrn Oesterlein, wo wir Gewehrläufe machen sahen, und uns darauf nach Hause begaben.«

» Den 1. October. Wir fuhren um 7 Uhr von Lilienfeld ab, um zu dem berühmten Laßingfalle zu gelangen. Auf dem Heimwege sahen wir zur Linken den sehr hübschen, auf Felsen gebauten Kalvarienberg von Lilienfeld, weiter zur Rechten die hübsche Siebenbründelkapelle, in welche wir hineingingen, und später gelangten wir über die neue, schön geführte und gute Straße auf Annaberg. Wie wir auf den anderen Fuß des Annaberges gelangten, bekamen wir Pferde; auf diesen ritten wir durch eine fürchterliche Wildnis bis zum Kaiserthron, von welchem wir in eine schreckliche Felsenschlucht sahen. Von hier gingen wir über einen schauerlichen Weg bis zu dem noch ganz ruhigen Wasserfall und setzten uns in eine der dort angebrachten und für die Zuschauer bestimmten Logen. Kaum waren wir einige Zeit da, so hörte man auf einmal ein starkes Getöse, und fürchterlich brausend und schäumend stürzte sich von großer Höhe das Wasser herab; das ganze Schauspiel war sehr schön. Unterdessen bothen uns einige Bauersfrauen Milch, Brot und Butter an, wir nahmen etwas davon und gingen darauf längst dem Lassingbache bey der Klause vorbey, bis zu einer Wiese, wo uns die Pferde erwarteten, darauf ritten wir bis zu dem Orte, wo wir die Wägen früher verlassen hatten, und fuhren bis auf den Annaberg, wo wir bey dem Pfarrer speiseten, und kehrten auf demselben Wege nach Lilienfeld zurück. Unterwegs hielten wir uns noch in der hart an der Straße liegenden Glasfabrik einige Zeit auf. Wir sahen hier Fensterscheiben, Gläser und Flaschen machen und bliesen auch selbst Gläser. Von da aus fuhren wir ohne weiteren Aufenthalt bis Lilienfeld.«

Im Ochsengespann nach Gutenstein

» Den 2. October. Den andern Morgen vor unsrer Abreise von Lilienfeld sahen wir die hübsch eingerichtete Prälatur an und fuhren darauf über Hohenberg, wo wir zur Linken die Ruinen eines alten Schlosses sahen. Nicht weit von dort kamen wir zu dem hohen und steilen Hegerberge, über welchen unser Wagen von Bauernpferden bespannt wurde, wir aber gingen zu Fuß voraus. Oben hatten wir eine sehr schöne Aussicht auf die Berge. Wir gingen bis zu dem andern Fuße des Berges; dort saßen wir ein und fuhren bis Rohr, wo wir speiseten. Nach Tische fuhren wir über das Rohrer Gscheid, wo unsere Wägen mit Ochsen bespannt wurden, bis Gutenstein. Dort gingen wir mit dem Prior des dortigen Servitenklosters und einem Beamten auf das alte Schloß, wo wir eine hübsche Aussicht auf das Tal hatten. Unsern Rückweg nahmen wir über eine Schießstätte und kamen später an eine Stelle, wo die Straße nur in einer Brücke besteht, die zwischen Felsen in gerader Richtung mit dem darunter fließenden Bache so lange fortgeht, bis man wieder auf die feste Straße gelangt; durch das Dorf gingen wir in das Schloß.«

» Den 3. October. Wir brachen um 6 ¼ Uhr auf, um den Berg, auf welchem das Servitenkloster liegt, zu besteigen. Wir gingen über einen guten Weg bis hinauf und kamen um 7 Uhr an der Spitze an, wo wir den ganzen majestätischen, vom Glanz der Sonne beschienenen Schneeberg sahen. Als wir oben waren, gingen wir in die hübsche Kirche, in welcher uns der Prior das Gnadenbild zu küssen gab. Darauf begaben wir uns an einen Ort hinter der Kirche, an welchem ein Jäger einen Schuß aus einem Gewehr machte, worauf ein Donner ähnliches Echo antwortete. Von da gingen wir auf dem Kreuzwege, welcher mit Bildern, die das Leiden Jesu vorstellen, geschmückt ist, bis zu dem Kloster; dann führte man uns an einen Platz, an welchem alles, was man sprach, sehr deutlich wieder zurückhallte. Von dort gingen wir gerade hinab zum Schlosse, wo wir einige der Anlagen des Grafen Hoyos besichtigten. Um 9 Uhr fuhren wir ab über das Gebirge, auf sehr guter Straße bis Pottenstein, ein ansehnlicher Markt, wo wir speiseten. Nach unserem Essen gingen wir zu Fuße über das Gebirge bis Merkenstein; dort setzten wir uns vor ein sehr hübsches Schweizerhaus, vor welchem zwey Türkische Haselnußbäume stehen, deren Aeste im Durchmesser auf eine Breite von 36 Schritten sich ausbreiten. Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, erstiegen wir einen kleinen Berg, von wo aus wir über die ganze Gegend gegen Ungarn und Wien sahen. Wir suchten dann unsere Wagen auf, fuhren darauf mit unseren Pferden bis Ginselsdorf, wo wir die Post nahmen und über Baden nach Schönbrunn zurückkehrten.«


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