Kaiser Franz Josef von Österreich
Tagebücher
Kaiser Franz Josef von Österreich

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1. September. Sonntag. Schlechtes Wetter. Um 7 Uhr gingen wir in die Kirche, um halb 12 ging ich zur Tante Elise, welche mir im Nahmen des Königs von Preußen den preußischen schwarzen und folglich auch den rothen Adler-Orden übergab. Dieser Orden freute mich recht sehr, nur fand ich, daß ich zu einem Orden noch etwas zu jung sey. Um 12 Uhr ritten wir mit Louis zu Eseln spazieren. Um 2 Uhr reiste Papa nach Linz ab, von wo er nach Salzburg und dann nach Tyrol reist. Um halb 3 Uhr speisten wir mit Louis und Grfn. Spretti extra, weil bey der Mama nicht genug Platz ist.

Um 5 Uhr ritten wir auf Louis Bitten wieder auf Eseln spazieren, doch der Regen zwang uns bald umzukehren.

Heute war ich gegen Grfn. Bombelles und Br. Gorizutti impertinent. Ich sehne mich fast schon nach Schönbrunn, um aus den vielen Unterhaltungen und aus der fast immer darauf folgenden schlechten Aufführung heraus zu kommen.

2. Schlechtes Wetter.

3. Wurde um halb 1 Uhr ein Gabelfrühstück eingenommen und dann die Promenade von Strobl zum Pfandl gemacht. Um 6 Uhr wurde gespeist; wir mit unseren Herrn wieder eigens.

4. Wurde um 12 Uhr wieder dejeunirt und dann auf den sogenannten Sontagskarn, einem Berg bey Strobl, gestiegen, welchen wir nach einem Steigen von 2 &frac12; Stunden erreichten und von welchem wir eine herrliche Aussicht auf den Wolfgangsee und die Ischler Gegend hatten. Nachdem wir über die Kapitelalpe herunter gestiegen waren, speisten wir um halb 8 Uhr.

5. Reisten wir um 8 Uhr Morgens von Ischl weg. Wie leid that es mir, das schöne Ischl zu verlaßen, von allen Abschied nehmen zu müßen, von der Tante Elise, die ich jetzt so lange nicht sehen werde.

Wir kamen um 2 Uhr in Salzburg an, wo wir die Freude hatten, um 3 Uhr mit Papa zu speisen. Nach Tische fuhren wir in die Schwimmschule, wo mehrere Soldaten sich vor uns producirten; von da fuhren wir nach Aigen, dem Papa nach, wo wir den Kardinal Schwarzenberg und die Fürstinn Bertha Lobkowitz mit ihren Kindern fanden. Wir hatten eine herrliche Aussicht auf das Gebirge und fuhren um 7 Uhr in das Theater, wo wir bis 9 Uhr blieben und wo ein miserables Concert gegeben wurde.

6. Fuhren wir um 7 Uhr von Salzburg ab und nach Berchtesgaden, wo uns vor dem Orte die Großmama begegnete, mit welcher wir gerade zum Königssee fuhren, wo Adalbert und Louis uns erwarteten. Großmama fuhr nach Berchtesgaden zurück, und wir fuhren mit den Vettern auf dem prächtig-wilden See bis gegen das Ende in ein Jagdschloß des Königs von Bayern, Barthelmi genannt. Dort konnten wir mit einem sehr guten Fernrohre vier Gemsen auf den Schneefeldern des großen Watzmanns liegen sehen. Wir kamen um 1 Uhr nach Berchtesgaden, wo wir den König und die Königin von Bayern, die Großmama, den Luitpold und seine Frau und die Tante Leuchtenberg fanden. Um halb zwey Uhr wurde gespeist. Nach Tisch gingen wir in eine Niederlage von Berchtesgadner Waaren. Um 4 Uhr kam Papa von Salzburg aus en visite nach Berchtesgaden. Um 5 Uhr fuhren wir durch eine herrliche Gegend in die hübsche Stadt Reichenhall, noch immer in Bayern, wo uns zu Ehren die dort liegende bayerische Jäger-Compagnie ausgerückt war. Es interessirte mich sehr, diese Truppe zu sehen, welche militärisch, aber schmutzig aussah.

Ich war heute zweymal zornig gegen Max; recht sehr werde ich mir Mühe geben, auf dieser Reise mit den Brüdern verträglich zu seyn.

Bis jetzt habe ich mich auf der Reise sehr gut unterhalten; wir sahen schöne Gegenden; in Salzburg schöne Truppen, hier bayrische Soldaten; reisen sehr bequem; kurz, es ist eine Herrlichkeit! Jetzt werden wir mit dem bayrischen Hauptmanne soupieren.

7. Sahen wir um 7 Uhr die Salzquellen und die neu gebauten herrlichen Salinen an. Die Architektur dieser Salinen ist sehr schön. Um halb neun Uhr fuhren wir von Reichenhall fort durch den herrlichen Steinpaß, eine der schönsten Gegenden, die ich gesehen habe, bey schönen Schneebergen vorbey, über die bayrisch-österreichische Gränze nach Tyrol, durch den Paß Strupp nach St. Johann, wo wir speisten. Nach Tische fuhren wir um drey Uhr immer durch sehr schöne Gegenden auf der Poststraße nach Rattenberg, wo wir um 7 Uhr ankamen. Wir begegneten schon auf dem ganzen Wege in Tyrol tyrolerischen Costümen und schönen Leuten; auf zwey Stationen wurde in dem dritten Wagen ein Maulesel mit drey Pferden eingespannt. Überall wurden uns zu Ehren Pöller geschoßen. In Rattenberg war die dortige Schützencompagnie vor unserem Hause, nehmlich dem Hause des Landrichters, ausgerückt; magnifique Leute im National-Costume mit spitzen Hüten, Stutzen, grauen Röcken, rothen Westen und ledernen engen Beinkleidern und wollenen Strümpfen bildeten diese prächtige Compagnie. Sie defilirten sehr gut vor uns. Während dem ich dieses schreibe, wird eine sehr hübsche Illumination uns zu Ehren angezündet.

8. Sonntag. Fuhren wir um 6 Uhr frühe von Rattenberg ab und kamen über Straß, wo Bergleute ausgerückt waren, in das herrliche Zillerthal durch schöne Gegenden nach Fügen, einem Dorfe im Zillerthale, wo wir von der sehr gut aussehenden Schützencompagnie empfangen wurden; wir hörten daselbst die Meße und fuhren dann, von einem Kreishauptmann begleitet, durch mehrere Ortschaften bis Zell, wo wieder eine Compagnie Schützen in grauen Röcken aufgestellt war. Es ist eine herrliche Gegend um Zell, im Hintergrunde Schneeberge, rings herum große Bauernhöfe. Wir speisten um 11 Uhr und fuhren nach Tische den selben Weg bis Straß zurück. Wir sind überall mit treuer Herzlichkeit empfangen worden, viel Volk stand überall, um uns zu sehen. In Straß fanden wir wieder unsere Reisewägen, die wir daselbst verlaßen hatten, da die Wege im Zillerthal nicht gut genug sind, um unsere schweren Wägen fortzubringen. Von Straß fuhren wir über Schwatz, Hall nach Innspruck, wo wir vor 7 Uhr eintrafen. In den Hauptörtern waren Schützen ausgerückt.

In Inspruck empfingen uns der Gouverneur Graf Brandis, der General Eliacek, das Officierscorps und eine Compagnie Kaiserjäger. Abends spielte die Musick von Großherzog Baden.

9. Fuhren wir um 9 Uhr, nachdem wir in der Pfarrkirche die Meße gehört hatten, mit dem Gouverneur und dem Grfn. Fünfkirchen über eine neue und sehr schöne Straße bis an den Eingang des Stubeyerthales, wo wir Pferde wechselten, und über Mieders im Stubeyerthale bis Vulpmes. Den ganzen Weg im Stubeyerthale hatten wir den herrlichen Stubeyer Gletscher vor uns; dieser Berg ist ganz mit Schnee und Eis bedeckt. In Vulpmes sahen wir eine Menge Schmieden an. Nach Mieders kamen wir um 1 Uhr zurück und fanden dort eine Compagnie Schützen. Wir speisten dort und fuhren dann gegen Inspruck zurück, wo in der Nähe des Berges Isel eine Compagnie Schützen von Wilten aufgestellt war, welche scharlachrothe Röcke und grüne Hüte hatte. Sie führten ein kleines Plenkler-Manoeuvre aus. Wir gingen auf den Berg Isel, wo auf der scharmanten Schießstatt der Jäger, Jäger und eine Compagnie von Großherzog Baden auf die Scheibe schoßen. Es sind daselbst eine Menge Fußsteige, Scheiben aller Art, Figuren, auf welche geschoßen wird, ein Reiter, der vorbey gezogen wird, ein Casino, mehrere Säle, Monumente. Es wurde vortrefflich gschoßen, doch bald kam Regen, und wir mußten fort. Es waren Beleuchtungen, Feuerwerk, Raketen gerichtet, um bey schönem Wetter bey eingetretener Finstern(is) losgeschoßen zu werden. Ich machte zwey Schüße mit einem Comisstutzen, beyde fehlten die Scheibe; beym ersten deutete zwar der Ziller aus Schmeicheley mehrere Kreise, doch das war nicht der Fall, wie später erwiesen wurde.

10. Um halb neun gingen wir in die Residenz, um dort einige Säle zu sehen; vom Balkon des Schloßes aus sahen wir den Bau des neuen Theaters. Vom Schloße aus gingen wir in die Franciskanerkirche, wo wir die Messe hörten, und in welcher wir dann das herrliche Grabmahl des Kaisers Max, ein schönes Monument für die gefallenen Tyroler und Hofers Grabmahl ansahen. In der Universität sahen wir die für das im Bau begriffene Museum bestimmten Collectionen; durch die an die Universität gränzende Jesuiten Kirche kamen wir zum Bau der neuen Kaserne; durch einen neuen Theil der Stadt begaben wir uns auf den vor der Residenz sich befindenden Rennplatz, wo die Bürger aufgestellt waren, um den Papa zu erwarten. Sie sahen sehr gut aus und defilirten recht gut vor uns. Um halb 1 speisten wir mit dem Gouverneur (Brandis), dem Generale (Eliatschek) und dem Grfn. Fünfkirchen. Um halb 2 Uhr kam Papa in Inspruck an und stieg in dem selben Gasthause wie wir ab. Wir reisten aber schon um 2 Uhr ab und fuhren bey der Martinswand vorüber bis Nassereit, wo wir nach 7 Uhr ankamen. Auf dem Wege hatte es angefangen zu regnen, doch jetzt um halb 8 Uhr hat es schon aufgehört. In Nassereit ist wieder eine Compagnie Schützen aufgestellt, deren Commandant Major ist und zu Pferde war.

11. Reisten wir um 7 Uhr von Nassereit ab, fuhren durch eine sehr schauerliche Gegend bergauf bey Fernstein vorbey, wo noch eine große Quantität Schnee von einer in diesem Winter gestürtzten Lawine (lag); wir sahen die zerstörten Häuser und einen Müller von 73 Jahren, dem das Haus gehört hatte und welcher 35 Stunden unter dem Schnee verschüttet war. Wir kamen an mehreren kleinen Seen vorbey über Lermoos. Kaum waren wir aus Lermoos heraus, als der dritte Wagen, in welchem Grf. Coronini, Br. Gorizutti und die Bedienten des Grfn. Coronini und Morzin saßen, umwarf. Der Postillon wollte nehmlich dem Bagage-Wagen vorfahren, kam aber zu sehr auf den Abhang und warf so um. Es kegelte sich nur der Bediente des Grfn. Coronini den Arm aus, was ihm sehr starke Schmerzen verursachte. Wir fuhren nach Reutte, wo die Bürger ausgerückt waren und wo dem Bedienten des Grfn. Coronini der Arm sehr glücklich eingerichtet wurde. Von Reutte gelangten wir nach Hohenschwangau, einem sehr schönen, im Ritterstiele gebauten Schloße des Kronprinzen von Bayern, welches auch schon in Bayern liegt. Wir besichtigten das ganze Schloß, dessen Zimmer mit Fresquen bemalt sind und herrlich aussehen. Alles ist gothisch, selbst die Möbel, Lampen, Blumentöpfe; auch ein sehr schönes Bad und Burgverließ befindet sich daselbst; der Garten ist sehr schön und mit einem Springbrunnen von Schwanthaler geziert. Von Hohenschwangau kamen wir in einer Viertelstunde nach Füßen, einem alten bayrischen Städtchen, wo wir, nachdem wir die Kirche angesehen hatten, mit dem Landrichter speisten. Kaum waren wir wieder aus Füßen heraus, als der Postillon des ersten Wagens, in welchem wir drey (Brüder) saßen, stürtzte und sich den Fuß brach. Er wurde in einem kleinen Wagen nach Füßen zurück gebracht und unterdessen mit vierzig Gulden beschenkt; übrigens wird auch seine ganze Chur gezahlt werden.

Es fing an zu regnen, und so kamen wir um 10 Uhr Nachts in Kempten an, wo eine Compagnie bayrischer Infanterie aufgestellt war, welche recht gut aussah; es liegt nehmlich daselbst der Stab und ein Battaillon des Infanterie-Regimentes Isenburg, dessen ein Theil des Officier-Corps uns empfing.

Dieser Tag war ein Unglückstag, denn zwey solche Fälle in einem Tage, wo bis jetzt alle unsere Reisen so glücklich ausgefallen sind, ist sonderbar; besonders erschrack ich aber bey dem ersten, denn von weitem konnte ich nicht sehen, ob nicht vielleicht meinem Grfn. Coronini oder dem Baron Gorizutti etwas geschehen war. Ich war auch viel zu heftig gegen den Postillon.

12. Regnete es beständig. Um 7 Uhr reisten wir wieder von Kempten ab und fuhren nach Bregenz, wo wir um halb 3 Uhr ankamen und wo sehr garstige Bürger und eine Compagnie von Kaiserjägern ausgerückt waren. Zufällig waren der General Heß und ein Oberst vom Generalstab auf Visitierung da. Sie empfingen uns mit dem Major der Jäger, einem Platzobersten und dem Kreishauptmann. Alle diese Herrn speisten mit uns. Nach Tisch sahen wir die sehr hübsche Vögelcollection eines Jägerofficiers und den Hafen an. Man konnte wegen dem beständigen Regen nur Lindau sehen. Abends ist Jägermusick, und ein Sängerchor von hier singt.

13. Gingen wir um 7 Uhr mit allen den Herrn, die Gestern da gespeist haben, auf einen Berg, Gebhartsberg genannt, von wo man eine sehr schöne Aussicht auf den See hat, welche jedoch durch einen starken Nebel fast ganz verdorben war. Um 9 Uhr bestiegen wir das Dampfschiff Kronprinz von Würtenberg und fuhren bey Lindau, einem in der Art von Venedig auf dem Roste gebauten Städtchen vorbey, auf dem See bey dem herrlichen bayrischen Ufer vorüber fort bis in die Höhe von Friedrichshafen, dem Würtenbergischen Hafen, und von der Mündung des Rheins, wo wir umkehrten und nach Bregenz zurück kehrten. Man konnte des trüben Wetters wegen Konstantz und die Schweizergebirge nicht sehen. Wir dejeunirten an Bord und kamen um 12 Uhr nach Bregenz zurück, von wo wir bald abreisten und über Dornbirn, wo wir eine kleine Industrieausstellung ansahen, nach Hohenems fuhren, wo wir kleinere Wägen bestiegen und auf einem sehr hübschen Seitenwege nach Feldkirch kamen, wo eine Bürgercompagnie ausgerückt war. Wir sahen allsogleich auch dort die Industrieausstellung an und speisten dann mit dem Bischofe, einem Major vom Generalstabe, der hier auf Landesbeschreibung ist, demselben Kreishauptmanne, welcher in Bregenz war, dem Grfn. Salis, Obersthofmeister des Herzogs von Modena, welcher hier in der Nähe in der Schweitz auf seinen Besitzungen ist, einem Landrichter und noch einem Beamten um 6 Uhr. Das Diner dauerte leider bis 8 Uhr, wo die Bürger einen Fakelzug mit Türkischer Musick und Gesang machten. Die Gebirge waren den ganzen Tag verschleyert. Wir sind hier auf eine viertel Stunde von Liechtenstein und auf eine Stunde von der Schweiz entfernt. 14. Gingen wir um 7 Uhr auf die Schießstatt der Bürger, wo ich drey Schüße machte, deren zwey weiß und einer schwarz war. Von da fuhren wir nach Bludenz, wo wir eine Papierfabrick ansahen, und dann über mehrere Berge nach Stuben, einem ungefähr 4000 Fuß ober der Meeresfläche gelegenem Dörfchen, wo meistens nur Krummholz und Alpenrosen wachsen. Wir speisten daselbst mit Papa, welcher von Landeck kommend auf dem Wege nach Feldkirch war. Er kündigte mir an, daß der Kaiser die Güte hat, mir den Toison zu verleihen. Was für Functionen wird das in Wien nach sich ziehen! Um 3 Uhr fuhren wir über den Arlberg, 6000 Fuß ober der Meeresfläche. Wir kamen bald in einen sehr starken Nebel, der uns verhinderte etwas zu sehen; es wurde auch auf dem Berge sehr kalt, doch als wir auf der anderen Seite herunter fuhren, verschwand der Nebel, und mehrere sehr grandiose Schneeberge lagen vor uns. Auf dem Berge ist die Gränze zwischen Tyrol und Vorarlberg, aus welchem wir kommen. Wir fuhren nun durch die schönste Gegend, die wir bis jetzt gesehen hatten, bey zwey schönen Fernern vorbey, deren grünlichblaues Eis von der Sonne beleuchtet einen herrlichen Anblick gewährte, bey einer Menge Wasserfällen, bey alten Schlößern vorbey, durch schauerliche Päße bis Landek, wo wir nach sieben Uhr ankamen und wo einige Schützen aufgestellt waren. Auf vielen Bergen lag Schnee; hier wurden wir in den Dörfern nicht feyerlich empfangen, wie in Vorarlberg, was übrigens sehr bequem ist.

Der Toison freute mich, doch ich fand wieder, daß ich noch zu jung dazu sey.

15. Sonntag. Gingen wir um halb 8 Uhr in Landeck in die Messe, sahen dann dort das alte Schloß an und fuhren dann durch eine sehr schöne Gegend über die, durch das dort im Jahre 1703 stattgefundene Gefecht zwischen Tyrolern und Bayern, berühmte Brücke von Pontlatz. Wir kosteten bey Prutz von einem Sauerbrunnen, der an der Straße entspringt, sahen daselbst von weitem einen Gletscher, kamen in das berühmte, schön schauerliche Finstermünster Thal, in welchem der Inn wild tobend dahinbraust, am schweizerischen Engadinerthale und an mehreren beschneiten Bergen vorbey in das Fort, welches unweit Nauders den Paß vertheidigt, ganz neu gebaut und sehr schön ist. Es sind dort mehrere Jäger und Artilleristen in Garnison; das ganze Fort commandirt ein Platzofficier. In Nauders speisten wir und sahen von dem dortigen Kirchhofe den Ortler, einen der höchsten Europäischen Berge, fast ganz rein zwischen zwey Bergen hervorblicken. Eine halbe Stunde außer Nauders sahen wir den Ursprung der Etsch, welche allsogleich durch drey recht hübsche Seen, den Reschener, den Mitter- und den Heider See fließt. Nun lag die ganze von Eis und Schnee strotzende Gletscherkette, den Ortler und den Tschenglerferner in der Mitte, vor uns. In vier Stunden kamen wir in ein freundliches Thal, immer die Gletscher vor uns, nach Pratt, wo wir übernachteten und uns nun zum Übergänge über den Stelvio rüsten. Den ganzen Weg von den drey Seen bis nach Pratt lag der Ortler vor uns.

16. Um 7 Uhr fuhren wir in unseren Pricken von Pratt weg durch ein schauerliches Thal gegen den Stelvio. Nach einer viertel Stunde fingen wir an zu steigen. Vor Trafoi erblickten wir die drey Gletscher des Ortlers. Bey Trafoi, wo wir Pferde wechselten, fing es an zu regnen, deßenungeachtet sah man die Berge ziemlich rein, nur die oberen Theile des Ortlers und einige andere mit Schnee bedeckte Berge waren umhüllt. Immer im Zickzack und im Schritt fahrend kamen wir ganz nahe, nehmlich auf zwey bis drey hundert Schritte, von den Gletschern vorbey nach Franzenshöhe, einem schon oberhalb den Gletschern gelegenen Wirthshause, wo wir umspannten. Die Klüfte des Eises waren blau und grün. Unterhalb der drey Gletscher entspringen drey Bäche, welche vereinigt gegen Pratt fließen. Es regnete immer wechselweise, was uns aber nicht hinderte, die von den wechselweise kommenden Sonnenstrahlen herrlich erleuchteten Schnee- und Eisberge zu sehen. Oben verwandelte sich der Regen auch in Schnee. Bald oberhalb der Franzenshöhe ist die Straße mit hölzernen Gallerien gedeckt, als Schutz vor den Lawinen. In Franzenshöhe empfing uns der Delegato von Sondrio, auch überschritten wir auf dem Gipfel, den wir von Pratt aus in 5 Stunden erreichten, die italienische Gränze. Dort hören die hölzernen Gallerien auf, und man befindet sich in der Schneeregion. Nun fuhren wir bergab im Trabb über Sta. Maria, wo wir Pferde wechselten, meistens zick zack und durch mehrere theils aus Steinen gebaute, theils aber in den Felsen gehauene Gallerien bey der Quelle der Adda vorüber. Diese springt als ziemlich starker Wasserfall aus einem Felsen. Die Gegend auf der italienischen Seite ist anfangs kahl, dann aber schauerlich schön. Nun kamen wir in ein breites Thal, in welchem mehrere Ortschaften und der Markt Bormio liegt. Wir kamen von der Spitze in anderthalb Stunden in ein Bad, eine halbe Stunde von Bormio entfernt, in welchem wir mit dem Delegato um 4 Uhr speisten. Nach Tische gingen wir nach Bormio, welches ein schmutziges Nest ist. Wir sahen daselbst die Pfarrkirche und noch eine Kirche an und kehrten darauf in das Bad zurück, wo wir uns allsogleich zur Ruhe begaben.

Die Phisionomien der Leute hatten mich sehr intereßirt; auch einige Gendarmen, die wir begegneten, gefielen mir sehr gut. In der Kirche von Bormio wurde bey türkischer Trommel auf der Orgel die Arie aus der Linda gespielt.

17. Fuhren wir um ¾ auf 6 Uhr frühe von Bormio ab und machten denselben Weg wie gestern in 7 Stunden und hatten auf der italienischen Seite etwas Regen, später aber herrliches Wetter, so daß die Berge ganz rein waren. In Pratt speisten wir mit dem Delegato, der dem Papa entgegen mit uns hierher gekommen war, und mit einem Kreiscommissaire. Um 2 Uhr fuhren wir weiter und durch eine herrliche Gegend bey einem sehr schönen Ferner vorbey. Bald sahen wir Weingärten nach italienischer Art, nehmlich in Bögen, eine Menge Obst und herrliche süße Kastanienbäume an der Straße wachsen. Je näher wir an Meran kamen, desto schöner wurden die Menschen. Sie tragen große runde Hüte, kurze Hosen, nackte Knie, breite Hosenträger. An einigen Stellen bildete der Wein Lauben über die Straße. Um halb 1 Uhr kamen wir nach Meran, ein hübsches, in einer herrlichen Gegend gelegenes Städtchen, wo eine sehr schöne Schützencompagnie ausgerückt war. Wir wurden von einem Kreishauptmanne, einem Major von Kaiserjäger, der in Botzen liegt, einem Hauptmanne vom Generalstabe und mehreren anderen Beamten empfangen.

18. Ritten wir auf Gebirgspferden um 7 Uhr von Meran ab, um uns nach dem so intereßanten Gasthause des berühmten Sandwirths Hofers zu begeben. Wir ritten anfangs, begleitet vom Kreishauptmanne, dem Landrichter, dem Hauptmanne Jungbauer vom Generalstabe und einem Barone, der die Pferde dirigirte, unter Weinlauben, deren herrliche zahlreiche Früchte uns gewißer Maßen in den Mund hingen, bey herrlichen Kastanien-, Nuß- und anderen Obstbäumen vorbey. Nach einer Stunde aber, wo wir durch das Dorf St. Martin in das eigentliche Passeyerthal kamen, wurde die Gegend wilder, der Wein hörte auf, und wir ritten meistens, immer auf schlechten Wegen, in dem Bette des Passeyerbaches. Die Sonne brannte stark in das kahle Thal, und die vier und ein halbe Stunde, welche wir von Meran zum Sand brauchten, waren ziemlich ermüdend; die Pferde gingen jedoch recht gut und sicher auf dem schmalen, steinigen Wege. Die Brüder ließen sich auch von Zeit zu Zeit auf drey Seßeln, welche mitgenommen waren, tragen. So zog denn die lange Karawane von Pferden, Fußgängern und Tragseßeln langsam gegen den Sand, welcher an dem Passeyerbache liegt und aus einem Gasthause mit einigen Nebengebäuden, alles im Bauernstyle, besteht.

Die Passeyerer Schützencompagnie stand vor dem Hause, geführt von dem Hausherrn Andre von Erb, Schwiegersohn Hofers, welcher den Hut und den Rock Hofers anhatte. Erb ist ein schöner Mann von etwa 50 Jahren. Zwey Enkel Hofers, Söhne seiner beyden anderen Töchter, Knaben von 10 und 13 Jahren, waren auch als Schützen angezogen und standen zu beyden Seiten des Fahnenträgers. Es war auch daselbst ein anderer Enkel Hofers, ein Sohn seines Sohnes, welcher Lieutenant bey Kaiserjäger ist. Allsogleich fing das Scheibenschießen der Schützen an; ich machte auch drey Schüße, deren erster die Scheibe traf, die anderen aber fehlten.

Wir speisten bey Erb. Die Herrn, die mit waren, Erb, Lieutenant Hofer und ein Landrichter aus der Gegend speisten mit. Ich brachte eine Gesundheit »auf das Andenken Hofers und auf das Wohl seiner noch lebenden Anverwandten und Kameraden« aus. Nach Tische sahen wir den Brief, den Hofer vor seinem Tode an seine Verwandten schrieb, seinen Rock, zwey Westen, seine Schabracke, seine Hose, seine Sporen, sein Messer. Es kamen nun 22 seiner alten Waffengenoßen herauf, deren jeder einen Dukaten erhielt. Wir ritten um 3 Uhr zurück; es fing an zu regnen, zu blitzen und zu donnern. Wir wurden unserer Mäntel und Parapluis wegen nicht naß, bis auf den Hauptmann Jungbauer, welcher keines von beyden hatte. Der Regen hörte erst ganz zu letzt auf, so, daß wir ohne Regen um 7 Uhr Abends in Meran einzogen, wo wir uns müde von einem 9 stündigen Ritte allsogleich zu Bette legten.

Ich war diese letzten Tage braver, nur war ich mit den Leuten zu steif; auch geht es mit dem drängen schlecht.

19. Wir gingen um 9 Uhr in die Pfarrkirche von Meran, um die Messe zu hören. Dann gingen wir durch einige Gaßen von Meran, in welchen schon nach Italienischer Art die Boutiquen in offenen Gängen gelegen sind und meistens selbst offen sind; in die alte Residenz, jetzt dem Fürsten Taxis gehörig, wo wir eine verfallene Kapelle und einige ebenfalls in schlechtem Zustande seyende Zimmer sahen. Wir gingen nun wieder durch zwey recht hübsche Straßen über eine Promenade in die sehr hübsche gothische Spitalkirche. Als wir von da zurück gingen, begegneten wir dem General Geramb, welcher sich eben en plaine uniforme zu uns begab; wir unterhielten uns bey uns einige Zeit mit ihm und luden ihn zu Tische ein. Es kam auch ein Bauer Ladurner zu uns, der Hofers Rathgeber gewesen war und auch schon im Jahre 97 ausgezogen war. Um 12 speisten wir mit dem Generale Geramb, dem Kreishauptmanne, dem Landrichter und dem Bürgermeister. Nach Tisch fuhren wir bey starkem Regen ab. Auf dem Wege, nicht weit von Botzen, war das 4te Bataillon des Jägerregiments aufgestellt und sollte dort vor uns ein Manoevre ausführen, welches aber des starken Regens wegen ausblieb; die Leute waren ganz triefend vor Näße. Wir fuhren also weiter und kamen bald nach Botzen, ein in einer, so viel man sehen konnte, sehr schönen und sehr belebten Gegend gelegenes hübsches Städtchen. Es ist ganz von Weingärten umgeben, die Häuser sind schon nach italienischer Art gebaut und mit Röhren-artigen Ziegeln gedeckt; viele schöne Kirchen und andere Gebäude schmücken die Stadt. Vor unserem Gasthause stand eine Jägercompagnie, und wir wurden von einer Menge Herren empfangen. Wir gingen bald auf die bürgerliche Schießstatt, wo Bürger und Jäger schoßen. Ich machte 6 Schuß, von denen der erste schwarz, 2 Scheibe und die anderen gefehlt waren. Wir blieben einige Zeit dort; sowohl die Jäger als auch die Bürger schoßen sehr gut. Als es zu finster wurde, fuhren wir nach Hause. Daß wir schon sehr südlich sind, zeigen uns die Granatäpfel, Zirbelnüße, Paradeißäpfel und guten Feigen, welche für unser Souper bereitet sind.

20. Gingen wir um halb neun Uhr mit Grfn. Bombelies, Br. Gorizutti, dem Kreiscommissaire und dem Bürgermeister in die herrliche gothische Pfarrkirche in die Messe. Der Kreishauptmann, der uns von Meran hieher begleitet hatte, war heute frühe dem Papa nach Meran zurück entgegen gefahren. Von der Kirche aus gingen wir auf den Gottesacker, um welchen ringsherum ein Arkadengang führt, in welchem sich sehr hübsche Grabmähler und ein Kreuzgang a fresco gemahlt befinden. Wir gingen nun nach Hause und sahen den Cousin des Grfn. Coronini bey uns. Er ist in dem Innsprucker Theresianum und ist auf einer Vakanz-Reise hier durch gekommen. Um halb 11 Uhr fuhren Grf. Bombelles, Grf. Morzin und Br. Gorizutti mit einem Br. Giovanelli, der einst Minister Hofers gewesen war und Landstand ist, nach Kaltern, 2 Stunden von hier, um dort die berühmte Maria Mörl, welche die Wundmahle Christi hat und immer in extase ist, zu sehen. Wir gingen aber mit Grfn. Coronini wieder in die Kirche und auf den Gottesacker, um ihm beydes zu zeigen, und von da in den Garten des Grfn. Sarnthein, um dort die Citronen und Orangen nicht in Töpfen, wie bey uns, sondern in der bloßen Erde wachsen zu sehen. Wir begegneten dem Grafen auf dem Hinwege, und er zeigte uns also selbst seinen ganzen, aus Citronen, Orangen und Wein bestehenden Garten. Bald kam auch die Gräfin. Der Graf begleitete uns Nachhause und zeigte uns auf dem Wege die Franziskanerkirche und führte uns durch die Arkaden, in welchen alles offen verkauft wird, und durch das sehr schöne Merkantilgebäude. Wir speisten allein mit Grfn. Coronini um 1 Uhr und fuhren um ¾ auf 3 Uhr, begleitet von dem reitenden Major der Jäger, bis an den Fuß des an der Stadt liegenden Kalvarienberges, auf welchen wir stiegen. Wir sahen von da einem Manoeuvre des Jägerbataillons zu. Es bestand aus einem Vorpostengefecht und aus der Erstürmung der Brücke von Botzen. Um dieses letztere zu sehen, begaben wir uns in ein an der Brücke gelegenes Haus. Nach dem Manoeuvre, welches ungefähr um 5 Uhr beendigt war, defilirte das Bataillon vor unserem Hause. Das ganze war recht gut ausgeführt und machte einen sehr hübschen Effekt. Wir fuhren allsogleich nach dem Defiliren in der gräflich Sarntheinischen Equipage, welche die ganze Zeit zu unserer Disposition war, nach Gries, einem Dorfe, welches vielmehr eine Vorstadt Botzens ist, wo wir die Kirche ansahen, in welcher mehrere sehr schöne Bilder und Fresquen von Maler Knoller sich befinden. Auch gingen wir in Gries in das Haus eines Partiquiliers, um von dem Dache aus einer herrlichen Aussicht auf die ganze Gegend von Botzen uns zu erfreuen. Die Gegend ist wirklich himmlisch. Ein schönes Gebirge, herrliche Weingärten, alte Schlößer, gothische Kirchen bilden das prächtige Panorama. Wir kamen nach 6 Uhr nach Hause und fanden schon die Grafen Bombelles und Coronini, welche sagten, daß Mörl sehr interessant sey.

21. Fuhren wir um 7 Uhr von Botzen weg und anfangs durch eine schauerliche, dann aber durch eine keine besonderen Reize bietende Gegend nach Brixen, ein hübsches Städtchen, wo wir von dem Bischöfe, dem Major, welcher die Franzensfeste commandirt, einem auch in der Feste angestellten Hauptmanne vom Geniecorps und von mehreren Beamten empfangen wurden. Es war auch eine recht hübsche Bürgercompagnie ausgerückt. Wir gingen gleich, nehmlich um halb 12 Uhr, in die Pfarrkirche und in den Dom, welche beyde, besonders aber der letztere, recht schön sind. In Brixen bekam ich einen Brief von Mama, welche mir, zu unserem großen Schrecken, schreibt, daß sie den kleinen Ludwig in Ischl mit Masern gefunden hat; jedoch sind sie so gutartig, daß er schon aufgestanden ist. Sie will aber, da sie wenigstens 6 Wochen länger in Ischl bleiben muß, daß wir mit ihr irgendwo in der Umgegend von Ischl speisen sollen. Dieses macht einen ganzen Umsturz in unserer Reise, und wir werden in Aussee oder St. Gilgen mit ihr zusammen treffen.

Um 12 Uhr speisten wir mit Bischofe, einem Domherrn, dem Major, dem Hauptmanne und einigen Beamten. Nach Tisch fuhren wir allsogleich weiter und kamen in weniger als einer Stunde in die Franzensfeste, welche ganz aus Granit gebaut ist und aus zwey Theilen besteht, deren einer im Thale, der andere aber etwas höher am Berge liegt. Beyde Theile sind durch einen unterirdischen Gang verbunden. Wir wurden in diesem herrlichen Werke von dem Major, dem Hauptmanne und einem anderen Officier vom Geniecorps, einem Jäger und einem Artillerie-Officier herumgeführt. Um 4 Uhr fuhren wir von da weiter und kamen durch eine nicht sehr schöne Gegend nach Brunecken im Pusterthale, wo wieder Bürger ausgerückt waren und wo wir wieder von vielen Beamten empfangen wurden. Um 8 Uhr Abends gaben uns die Bürger einen Fackelzug mit türkischer Musick und Gesang. Wir soupirten in einem großen Saale, der eine Gallerie hatte, auf welcher eine hübsche Anzahl Leute uns zusahen. Eine starke Naivität.

22. Sonntag. Wir gingen um 8 Uhr in die hübsche und große Pfarrkirche von Brunnecken in die Messe und fuhren dann allsogleich nach Silian, wo wir speisten. Das Wetter war schlecht und die Gegend auch nicht besonders schön. In Silian, wo wir um halb 1 Uhr ankamen und welches ein Dorf ist, war eine nicht genug gleich adjustirte Schützencompagnie aufgestellt. In Niederndorf, der Station zwischen Brunnecken und Silian, war eine sehr hübsche Schützencompagnie ausgerückt. Sie waren ungefähr so wie die Wiltener bey Innspruck angezogen. Sie hatten grüne spitze Hüte, scharlachrothe Röcke an. Von Silian kamen wir, immer bey abwechselndem Regen und durch eine etwas grandiosere Gegend, nach Lienz, einer hübschen Stadt im Pusterthale, wo auf einem großen Platze fünf Schützencompagnien ausgerückt waren. Wir gingen die Front ab: die erste Compagnie sind die Bürger, sie haben dreyeckige Hüte, grüne Frack, weisse Hosen und sind ganz gleich, und zwar wie die Infanterie armirt. Die vier anderen Compagnien sind Landschützen. Die erste und zweite haben braune Röcke, spitze schwarze Hüte, enge Lederhosen und weisse, die Chargen der zweiten Compagnie aber blaue Strümpfe. Die dritte Compagnie hat graue, niedere runde Hüte mit grünen Bändern, graue Spenzer, graue Hosen. Die vierte hat schwarze Spenzer und Pantalons und schwarze spitze Hüte. Das Costüm der Leute ist hier fast wie im Zillerthale, nur daß die meisten Männer Pantalons haben.

Wir kommen nach unserer neuen Reise (Route) über den Radstädter Tauern nach Aussee und treffen dort mit Mama zusammen.

23. Um 7 Uhr fuhren wir von Lienz ab, und es ging durch ein hübsches Thal bey schlechtem Wetter über die Gränze von Tyrol nach Kärnthen und über Oberdrauburg und Greifenburg nach Sachsenburg, wo wir speisten. Die Leute hier in Kärnthen sind schon nicht mehr so schön wie die Tyroler, auch ist die Gegend nicht besonders schön.

Wir waren nach 12 Uhr nach Sachsenburg gekommen und fuhren um 2 Uhr weiter über Spital, wo eine halbe Compagnie von Prohaska, welche eigens wegen dem Kaiser, welcher hier durch gekommen war, dem Papa, welcher uns nach kommt, und wegen uns aus Klagenfurt gekommen war, und eine scharlachroth angezogene Bürgercompagnie ausgerückt war. Bey starkem Regen, welcher den ganzen Tag über dauerte, sahen wir diese Truppen an. Die halbe Compagnie von Prohaska sah sehr gut aus. Nun fuhren wir bis Gmünd, wo wir vor 6 Uhr ankamen.

24. Fuhren wir um 7 Uhr von Gmünd ab und durch ein enges Thal nach Rennweg, wo wir Ochsen zur Vorspann erhielten und über den sehr steilen und ziemlich hohen Katschberg fuhren. Man hat auf dem Berge gar keine Aussicht, da hohe Berge, welche des herrlichen Wetters wegen fast ganz rein waren, vorstehen. Bergab geht es ungeheuer steil bis St. Michael, einer Station, von wo wir nach Tweng fuhren, wo wir um halb 2 Uhr ankamen. In einem kleinen Gasthause des Dörfchens speisten wir mit dem Kreiscommissaire Grfn. Misek und dem Pfarrer des Ortes, welcher uns nach Tische in seinem Garten eine einjährige zahme Gemse zeigte, welche ein Strassenräumer, als sie 2 Tage alt war, schlafend fing. Um 3 Uhr fuhren wir von Tweng weg und über den 6000 Fuß hohen Radstädter Tauern. Auf dem Wege sind drey römische Meilenanzeiger aufgestellt. Bald kamen wir in die Alpenregion; auf der Spitze war wieder der Berge wegen keine Aussicht. Die Straße ist nicht besonders gut geführt und ziemlich steil. Beim abwärts fahren besuchten wir den einige hundert Schritte von der Straße gelegenen Johannes-Wasserfall, er ist recht schön und fällt ohne Aufenthalt 200 Fuß herunter. Nun fuhren wir durch eine Schlucht, welche sich auf ein Mal öffnet und ein breites Tal erblicken läßt, in welchem wir bis Radstadt fuhren, wo wir bey einem herrlichen Mondschein um halb 8 Uhr ankamen.

25. Fuhren wir um 7 Uhr von Radstadt ab und durch das blühend schöne Ennsthal nach Stainach, wo wir auf die Straße kamen, welche von Bruck nach Aussee führt und wo wir in einem kleinen Gasthause speiseten. Wir waren daselbst um 1 Uhr angekommen und fuhren um halb 3 Uhr auf der uns schon gut bekannten Straße nach Aussee, bey dem ernsten großen Grimming, bey dem von Ischl uns so gut bekannten Loser vorbey. In Aussee kamen wir um 6 Uhr an und fanden daselbst einen Brief von Graf Sechenyi, welcher sagt, daß es dem kleinen Ludwig recht gut geht und daß wir Morgen in Steg mit Mama dejeuniren sollen und dann noch bis Linz reisen. Ich freue mich ungeheuer auf dieses Zusammentreffen in der mir so lieben Gegend von Ischl, doch leider ist es nur so kurz.

Ein wehmüthiges Gefühl stieg in mir auf, als ich von dem Berge ober Aussee die Ischler Berge sah, und ich dachte, daß ich bey diesen Erinnerungen so glücklicher Tage nur vorüber fliegen soll. Ich kann eben die herrlichen Berge fast nicht entbehren, und in das flache Wien zurück zu kehren, wird mir schwer. Auch daß wir den lieben kleinen Ludwig nicht werden sehen können, ist sehr traurig, und wann wird er uns mit Mama nach Wien folgen können?

26. Verließen wir um halb 8 Uhr Aussee und fuhren bey sehr schlechtem Wetter über die Petschen nach Steg, wo wir vor zehn Uhr ankamen. Welche Erinnerungen erweckten in mir die zwar zum Theile verschleyerte Ramsau und der düstere Hallstädter See! Bald kam die Mama angefahren. Wie freute mich dieses zwar nur kurze Wiedersehen! Wir nahmen zusammen ein Gabelfrühstück, bey welchem uns Mama und Gräfin Schönborn eine Menge über den kleinen Ludwig erzählten; er befindet sich jetzt recht gut und ist heute zum ersten Male den ganzen Tag auf; der Ausschlag schält sich schon zum Theile; doch fürchtet Mama, sich erst am 20ten Oktober mit uns in Wien vereinigen zu können.

Wir fuhren mit Mama nach Ischl, wo wir von der Esplanade aus den kleinen Ludwig am Fenster sahen. Sehr wehmüthig war dieses kurze Wiedersehen am Fenster, wo wir ihn fast gar nicht sahen; der arme kleine sah so traurig herunter. Mama begleitete uns noch bis an den Gmundener See, von wo wir um zwey Uhr mit dem Dampfschiffe abfuhren. So lang man dasselbe nur sehen konnte, blickte uns die Mama nach, und wehmüthig winkten wir uns gegenseitig mit dem Schnupftuche zu. Die Gebirge waren während der Überfahrt von Nebeln umhüllt; doch als wir von Gmunden aus, wo wir einen Augenblick beym Hofrathe Schiller gewesen waren, in die Ebene kamen, hellte sich der Himmel aus, und wir kamen bey schönstem Wetter in Lambach an, wo wir uns Schnitzel machen ließen, welche wir mit großem Apetitte verzehrten. Bey herrlichem Mondscheine kamen wir durch Wels, wo uns der Fürst Karl Liechtenstein, welcher gerade bey der Concentrirung seines Regimentes gegenwärtig ist, der Oberst Fürst Lobkowitz, der Oberstlieutenant Graf Cavriani und die zwey Majors des Regimentes empfingen. In Linz, wo wir nach 10 Uhr Abends ankamen, fanden wir die Hauptstraßen sehr schön illuminirt; leider war jedoch schon einiges ausgelöscht, da der Kaiser, welchem zu Ehren die Illumination statt fand, schon um halb 9 Uhr die Straßen durchfuhr. Wir stiegen im (Hotel) Erzherzog Karl ab und legten uns gleich nieder.

27. Fuhren um 7 Uhr auf dem Dampfschiffe Johann von Linz ab. Das Schiff war sehr voll, besonders fanden sich sehr viele Wägen auf dem selben, welche sehr in der Aussicht störten. Wir hatten herrliches Wetter, und so war mir die Fahrt, obwohl ich sie schon von Regensburg bis Wien gemacht hatte, sehr angenehm. Die Gräfinn Josephine Wallis und ihre Reisegefährtinn, eine Gräfin Aponyi, welche aus der Schweiz kamen, waren auch mit. Ich saß meistens auf dem Bocke unserer Prička, um die Gegend beßer zu sehen. Das Schiff ist sehr rein und elegant, und das Diner, welches wir um halb 3 Uhr nach der Table d'hôte, welche um 1 Uhr war, nahmen, war excellent. Wir hatten auf dem Verdecke eine eigene Cajüte. Wildgänse und Enten, welche wir recht nahe sitzen und fliegen sahen, interessirten mich sehr. So gelangten wir durch die schönen Gegenden des Strudels, von Dürenstein, von Stein, Und, Krems nach Nussdorf, wo wir um 4 Uhr anlangten und wo uns schon der bekannte Stephansthurm entgegen winkte. In Schönbrunn fanden wir nur den Onkel Ludwig ganz allein in dem Schloße.

28. Hatten wir noch keine Lektionen. Wir ritten um 12 Uhr. Um 6 Uhr Abends kam der Kaiser und die Kaiserinn aus Linz mit dem Dampfschiffe an. Onkel Ludwig und wir empfingen die Majestäten auf der Treppe. Graf Bombelles bekam heute den Hexenschuß, so daß er zusammenstürtzte und nun mit starken Schmerzen zu Bette liegt.

29. Sonntag. Speiseten wir beym Kaiser mit Onkel Ludwig, Palatinus, Onkel Karl mit seinen Kindern Marie (Karolina) und Wilhelm und mit dem Erzherzoge Max.

30. Fuhr ich um 6 Uhr mit Grfn. Coronini (Grf. Bombelies konnte wegen seinem Unwohlseyn nicht mit) auf den Nordbahnhof, um zum Regimente nach Proßnitz zu reisen. Erst nach 7 Uhr fuhr der Train ab, und nun ging es recht schnell über das Marchfeld durch sehr garstige Gegenden nach Lundenburg, wo sich die Trains gewöhnlich eine halbe Stunde aufhalten. Wir stiegen daselbst in dem Hause des Beamten ab und sahen einem uns zu Ehren veranstalteten Bauerntanze zu, welcher in einer verblümten Polka bestand. Wir labten uns auch mit excellenten Schnitzeln. Wir reiseten in Uniform und haben gar keine Civilkleider mit, was mich sehr freut. In Lundenburg wurde unserem Train ein anderer Train mit Urlaubern von Erzherzog Carl-Infanterie angehängt, was machte, daß wir trotz zwey Locomotiven sehr langsam fuhren und erst um 2 Uhr in Brunn ankamen. Auf dem Bahnhofe empfingen uns Albert, der Gouverneur Graf Ugarthe, der Bürgermeister, der Feldmarschalllieutenant Böhm, der General Schaafkotsche und noch mehrere Beamte. Albert nahm mich allsogleich in seinen mit vier Pferden und zwey Jokeys bespannten Wagen, und wir fuhren durch einige hübsche Straßen in Alberts Haus, vor welchem eine sehr schöne Grenadiercompagnie von Mazuchelli aufgestellt war. Ich sah sie allsogleich an und ließ sie defiliren; dann ging ich zu Hildegarde, welche recht gut aussieht, und dann in Alberts Wohnung, in welcher ich die Militärischen-, die Civil-Autoritäten und den Bischof Grafen Schaafkotsche() empfing. Hierauf speiseten wir bey Albert mit den Suiten, dem Gouverneur und dem Feldmarschallieutenante Böhm. Um 5 Uhr verließ ich mit Albert in einer Hof-Pricka Brünn. In Brünn liegt außer dem Grenadierbataillone noch zwey Bataillon Erzherzog Carl und ein Jägerbataillon.

Bey ungeheuerem Winde kamen wir um halb 10 Uhr nach Proßnitz. Das Offizierscorps meines Regimentes war uns bis vor die Stadt entgegen geritten, welche sehr hübsch beleuchtet war. Vor dem Hause, in welchem ich abstieg und in welchem Papa gewohnt hatte, als er hier das Regiment Schwarzenberg-Ulahnen commandirte, stand ein Flügel und die Banda meines Regimentes, welche Truppe ich gleich defiliren und einrücken ließ. Auch wurde ich von dem Commandierenden Grfn. Kinsky, welcher eben hier visitirt, Morgen frühe aber nach Brünn reiset, von dem Divisionär FML Schlick, dem Brigadier GM Landgraf Fürstenberg und dem Dando von Modena mit seinen Herren, welcher eben hier von Brünn nach Ollmütz durchreiset, empfangen. Ich sah diese Herrn, meine Officiere, den Kreishauptmann Grfn. Lazansky und mehrere Beamte und legte mich dann zu Bette.


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