Kaiser Franz Josef von Österreich
Tagebücher
Kaiser Franz Josef von Österreich

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1. May. Himmelfahrtstag. Wir speiseten mit der ganzen Familie außer Kaiser und Kaiserinn und Albert, der noch immer nicht ganz wohl, und mit dem Kronprinzen von Würtenberg, der mit Stephan von Pest zurückgekommen ist, in dem Pratergarten, wobey die Musick von Wasa aus Ebersdorf spielte. Die Praterfahrt war zwar nicht ungeheuer zahlreich, aber recht elegant.

2. Beichteten wir Abends, ich machte viele gute Vorsätze dabey. Um 1 Uhr kam der General Nobili in den Kaisergarten, wo ich vor ihm den Zug kommandirte, selbst exerzirte und Bayonett focht.

3. War die erste Communion Maxis in der Josephikapelle.

4. Sonntag. Waren wir im neuen Circus im Prater.

5. Kam ein Trompeter her, um die Zeichen zu blasen.

6. Fingen die schriftlichen Prüfungen an. Um 1 Uhr fuhr ich nach Schönbrunn, wo auf der Reitschule die verschiedenen Remonten Classen ritten.

7. War wieder schriftliche Prüfung. Abends war großes Concert bey der Mama, bey welchem mehrere Italiener sangen und Hoschek blies.

8. Abermals schriftliche Prüfung. Es war auch das Dejeuner dansant im Kaisergarten. Wir kamen auf eine Zeit lang hinunter und tanzten zwey Quadrillen.

9. War mündliche Prüfung.

10. Wieder mündliche Prüfung. Dieselben gingen bey mir nicht gut genug und ich muß mich anstrengen, im nächsten Semester beßer zu lernen. Um 4 Uhr Nachmittags war Parade vor dem Kronprinzen auf dem Glacis. Karl Ferdinand, Fritz, Wilhelm, Stephan und ich ritten zusammen hinaus und empfingen den Kronprinzen draußen, Albert commandirte.

11. Sonntag. War Abends bey der Mama Thee und musikalisch-deklamatorische Unterhaltung von Baumann, Hoschek und Randhartinger.

12. Hatten wir das Prüfungs-Diner. Alle Lehrer außer dem Tanz- und Turnlehrer und dem Herrn Bobic, welcher krank ist, waren dabey. Abends war bey Metternich Ball, auf welchem ich war und auf welchem ich bis 12 Uhr blieb.

13. Ritt ich um halb 10 Uhr mit Albert und einer zahlreichen Suite von der Bellaria weg und über die erste Taborbrücke, wo die Oberstlieutenants-Division meines Regimentes aufgestellt war. Wir begleiteten dieselbe nun bis in die Allee, welche vom Prater zum Augarten führt, wo sie sich aufstellte und wo zum Gebete geblasen wurde. Sie ist heute und Morgen in den Gasthäusern der Leopoldstadt einquartirt und rückt am l5ten nach der Parade in die Leopoldstädter Kaserne ein. Sie haben einen sehr schlechten Marsch gehabt und sehen deßwegen etwas locker aus.

14. Hatte ich die Produktion aus der Infanterie. Alle Erzherzoge, der Kriegspräsident, der General Nobili und Suiten, der Oberst Habermann und der Rittmeister Sachs waren im Kaisergarten. Ich kommandirte den Zug, exerzirte die Handgriffe und focht Bayonette. Abends war Concert bey der Mama, bey welchem mehrere Italiener sangen, der Klavierspieler Russo und die Violoncellistin Christiani spielten.

15. Ritt ich um ¾ auf 9 Uhr von zu Hause weg, um mich an die Spitze meiner Division zu setzen. Dieselbe und Nikolaus-Husaren (wegen dem starken Dienste 5 Divisionen) lösen die Ulahnen ab. Der Kaiser kam mit einer sehr zahlreichen Suite hinaus. Ich führte ihm die Division vor, welche, so wie auch die beyden Regimenter, sehr gut aussah. Es ist der Namenstag der Mama und der Geburtstag des kleinen Ludwig. Der ersteren zu Ehren gaben wir um halb 8 Uhr Abends eine französische Comödie in den unter uns befindlichen Zimmern; sie ist von Berquin und von dem Abbé Mislin vergrößert. Sie fand sehr viel Beyfall und freute die Mama sehr, welche diese Überraschung erst gestern erfuhr. Es waren alle nicht Mitspielenden und alle Verwandten aller Kinder so wie der Hof, meistens ohne Suiten, eingeladen. Der Zettel ist folgender:

Le siège de Colchestre
drame en 2 actes
par
Berquin.

Distribution:

Lord Capell, gouverneur de Colchestre M.l'Archidue Francois
Arthur, son fils detto Ferdinand
Le colonel Kingston, ami de Capell detto Charles
Lord Fairfax, général de l'armée du parlement Richard de Metternich
Edmond, son fils Charles de Bombelles
Le colonel Morgan, ami de Fairfax François de Coronini
Surrey, capitaine des gardes de Fairfax Marc de Bombelles
John, soldat dans l'armée de Fairfax Rudolph de Falkenhayn
Robin, fifre dans l'armée de Fairfax Dénes de Széchényi
Pendereil, charbonnier François de Falkenhayn
Gardes et soldats des deux armées  
La scène se passe au premier acte dans une forêt entre le camp de Fairfax et Colchestre; au second acte dans la tente de Fairfax.

16. War um 10 Uhr meine Produktion aus dem Cavallerie-Reglement in dem Hofe der Josephstädter Kaserne. Ich commandirte einen Zug Ulahnen von der Oberstlieutenants-Division, welche noch hier geblieben ist, um die Husaren und Dragoner im Dienste einzuführen. Alle Erzherzoge außer Albert, welcher heute um 5 Uhr frühe eine kleine Reise von 10 Tagen nach Oberösterreich und Steyermark angetreten hat, einige Generäle, die Husarenofficiere, die der Ulahnendivision, der Oberst Gutjahr und Suiten und Adjudanten waren gegenwärtig.

17. Führten uns Papa und Mama in die Industrie-Ausstellung, welche im Polytechnikum und in einem großen hölzernen Gebäude vor demselben aufgestellt ist. Sie ist magnifique, sehr reich und mit sehr viel Geschmack zusammengestellt. Wir sahen nur einen Theil derselben. Ich ritt in den Prater.

18. Sonntag.

19. Waren wir wieder in der Gewerbeausstellung. Abends fuhren wir auf den Laaer Berg.

21. In der Industrieausstellung.

22. Frohnleichnam. Die Procession mußte wegen schlechtem Wetter in der Kirche abgehalten werden. Um zwey Uhr hatten wir Probe für unser Stück, welches noch einmal für die Tante Marie von Sachsen, welche am 28ten kömmt, repetirt werden soll. Abends war kleines Concert bey der Mama, die Wildauer, Gabrieli und Emanueli sangen, und Ernst spielte die Violine.

24. Gingen wir mit Papa, Mama, Onkel Ludwig zu Lejars. Es war eine sehr schöne Vorstellung zum Benefice der Madame Lejars. Wir fuhren darauf nach Schönbrunn.

25. Sonntag. War nach langem Regen ein schöner Tag. Wir fuhren zum Eßen in die Stadt.

26. Hatten wir die erste Lection mit unserem neuen Fechtmeister Fréderic, da Proteau wegen schlechtem Leben wegkam.

28. Um halb 8 Uhr Abends kam die Tante Marie von Sachsen hier an. Ich freute mich sehr, sie wieder zu sehen. Um halb 9 Uhr war Thee mit den Suiten.

29. Hatten wir um halb 6 Uhr Probe in der Stadt, welche schlecht ging. Rudolph Falkenhayn konnte wegen Schafblattern nicht spielen, und so übernahm Rudolph Wrbna seine Rolle.

30. Der Namenstag des Kaisers und des Max. Große Familientafel, auch die Karlischen dabey. Um fünf fuhren wir mit vielen von der Familie nach Kaltenleutgeben, wo wir vom Regen überrascht wurden, deßenungeachtet setzten wir die Promenade fort.

31. Abends um halb 8 Uhr wurde in der Stadt unsere Komödie aufgeführt.


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