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Zweiundvierzigstes Kapitel

Ueberschrift: »Von Gudrun's Söhnen«.

Es ist nun von den Söhnen Gudrun's zu sagen, daß ||186) sie ihnen die Rüstungen so eingerichtet Durch Zauberkünste (Zauberlieder); so konnten auch Schwerter durch Besprechen stumpf gemacht werden, vgl. Sigdr. 27, 4-6 u. s. w. hatte, daß kein Eisen sie verletzte; doch hatte sie sie gebeten, den Steinen keinen Schaden anzuthun Sie zu verunreinigen, entweihen; s. unten S. 219*. noch andern großen Dingen, und sagte, daß es ihnen zum Verderben gereichen würde, wenn sie nicht also thäten.

Und | als sie sich auf den Weg gemacht hatten, trafen sie ihren Bruder Erp D. h. »der Braunhaarige«. Er ist Stiefbruder Hamdi's und Sorle's, von anderer Mutter. So unsere Quellen. Doch blickt vielleicht noch eine ältere Sagenfassung durch. Den Grund nämlich, weshalb sie ihn erschlugen (der nach Hmd. 15 ein anderer ist), giebt Sn. E. 122, 17 ff. also an: »Sie waren so aufgebracht über ihre Mutter, weil sie sie mit Schmähworten auf den Weg gebracht hatte, daß sie ihr das anthun wollten, was ihr am schlimmsten scheinen würde, und erschlugen Erp, weil sie ihn am meisten liebte.« War also ursprünglich Erp ihr eigener Sohn, die beiden andern aber ihre Stiefsöhne? Vgl. Simrock, Die Edda, S. 461; Meyer, Die Dietrichssage, S. 31. und fragten, was er ihnen helfen würde. Er antwortete: »Solches wie eine Hand der andern Nach dem Folgenden sollte man erwarten: die Hand dem Fuße (= Sn. E. 122, 15 ff.). oder ein Fuß dem andern.« Das däuchte ihnen [so gut wie] nichts, und erschlugen ihn.

Nun zogen sie ihres Weges, und [es währte] nicht lange, bis Hamdi strauchelte, und streckte die Hand [vor sich] nieder Um sich darauf zu stützen.; da sprach er: »Erp wird wahr gesagt haben. Ich würde nun fallen, wenn ich mich nicht auf die Hand stützte.« Bald darauf strauchelte Sorle, stützte sich aber auf einen Fuß Das muß brást á fótinn bedeuten. und konnte sich aufrecht halten, und sprach: »Fallen würde ich, wenn ich mich nicht auf beide Füße stützte.« | Sie sagten sich nun, daß sie übel gethan hätten an Erp, ihrem Bruder.

Sie fuhren nun, bis sie zu König Jormunrek kamen, und gingen vor ihn, und überfielen ihn sogleich. Hamdi hieb ihm beide Hände ab, Sorle aber beide Füße. Da sprach Hamdi: »Ab würde nun das Haupt sein, wenn Erp lebte, unser Bruder, den wir auf dem Wege erschlugen: zu spät sahen wir das ein;« wie es im Liede heißt:

Ab wäre das Haupt nun,
Wenn Erp lebte,
Unser streitkühner Bruder,
Den wir auf der Straße erschlugen.

Darin hatten sie das Gebot ihrer Mutter außer Acht gelassen, daß sie Steine beschädigt Die Steine der Straße hatten sie beschädigt, besudelt (s. oben S. 217***) mit dem Blute des Bruders (s. Z. f. d. Phil. 7, 383). hatten.

| Nun drangen die Männer auf sie ein, sie aber wehrten sich wohl ||187) und mannhaft und fügten manchem Manne Schaden zu; sie [selbst] verletzte kein Eisen. Da kam ein Mann, [hochgewachsen] und alt, mit Einem Auge Es ist wieder Odin (vgl. oben S. 15*. 53*. 57*. 66*. [79**]. 83*). Wie er Sinfjotle als Todtenfährmann zu sich nahm, wie er Sigmund nach vollbrachter Heldenlaufbahn das Schlachtenglück wandte und ihn zu sich entbot, so rief er auch hier die letzten Verwandten der Volsunge zu sich, indem er selber durch seinen Rath ihren Tod herbeiführt. Auch bei Saxo ist es Odin, der diesen Rath fließt, in Sn. E. (nach der Ragnarsdrapa?) und wahrscheinlich in Hmd. (s. Z. f. d. Phil. 7, 383 f.) aber Jormunrek selbst. Ich glaube, daß letzteres das Ursprünglichere ist, weil es so sich erklärt, weshalb der Tod Erp's, der das Haupt hatte abschlagen sollen, den Brüdern zum Verderben gereichte: so konnte Jormunrek noch sprechen und den Rath ertheilen (vgl. Hmd. 26?)., und sprach: »Nicht gleicht ihr klugen Leuten Wörtlich: »Nicht seid ihr weise Männer«., da ihr die Männer da nicht zu Tode zu bringen wißt.« Der König erwiderte: »Gieb uns Rath dazu, wenn du (welchen) weißt.« | Jener sprach: »Ihr sollt sie mit Steinen zu Tode werfen.« So geschah es auch: da flogen von allen Seiten Steine auf sie, und das brachte ihnen den Tod.


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