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Einundzwanzigstes Kapitel

Ueberschrift: »Brynhild's weise Rathschläge«.

Sigurd sagte: »Nimmer findet man ein weiseres Weib in der Welt, als du bist; lehre mich noch mehr klugen Rath.« Sie antwortete: »Billig ist es, nach euerm Willen zu thun und euch guten Rath zu geben wegen eurer Wißbegier und Klugheit.« Da sprach sie: | »Sei freundlich mit deinen Blutsfreunden, und räche nicht Feindseligkeiten an ihnen, sondern trag sie mit Geduld, und du hast davon langwährendes Lob.

Hüte dich vor schlimmen Dingen, sowohl vor Mädchen- als Frauen-Liebe: daraus entsteht oft Unheil.

Veruneinige dich nicht mit unweisen Männern in volkreicher Versammlung: sie reden oft Schlimmeres [nach] als sie [wirklich] wissen, und du wirst sogleich für einen Feigling erklärt oder So Sigdr., unser Text: »und«. geglaubt, daß du der Wahrheit überführt seist: erschlag ihn andern Tags und vergilt ihm so die Scheltworte.

Wenn du eines Weges fährst, wo Unholde wohnen, so wahre dich wohl: nimm dir nicht Herberge nahe an der Straße, obschon dich die Nacht überfalle; denn oft wohnen da Unholde, welche die Menschen irreleiten.

| Laß dich nicht schöne Frauen trügen, wenn du sie auch bei Festen siehst, so daß dir das den Schlaf raubt oder du davon Herzenskummer empfindest: locke sie nicht an dich mit Küssen oder anderer Liebkosung. ||133)

Wenn du thörichte Worte trunkener Männer hörst, so rechte nicht mit ihnen, während sie weintrunken sind und ihrer Besinnung entbehren: solche Dinge bringen manchem groß Herzeleid oder Tod.

Schlag dich lieber mit deinen Feinden, als daß du dich verbrennen lassest.

Und schwör keinen falschen Eid, denn grimme Rache folgt dem Friedensbruche.

Handle sorgfältig an todten Männern, Siech-Todten An einer Krankheit gestorbenen. oder Seetodten oder Schlachttodten, verfahr sorgfältig mit ihrer Leiche.

Traue nicht dem, dem du zuvor den Vater oder Bruder oder einen andern nahen Verwandten erschlagen hast, obschon er jung ist; [denn] oft steckt ein Wolf (Feind) in einem jungen Sohne. D. h. er kann leicht zum Rächer heranwachsen. (Vgl. Sig. sk. 12, 3 f. = unten S. 153**.

Wahre dich sorgfältig vor Anschlägen deiner Freunde. Zwar kann ich wenig von euerm Leben voraussehen: doch sollte nicht Haß von Schwägern dich treffen!«

Sigurd sprach: »Kein weiserer Mensch ist zu finden, als du bist; und das schwöre ich, daß ich dich zur Frau haben will, und du bist nach meinem Sinn.« Sie erwiderte: »Dich will ich am liebsten haben, wenn ich auch unter allen Männern die Wahl habe!« Und dies bekräftigten sie mit Eiden unter sich. Diese Verlobung ist schwerlich sagengemäß, vgl. Beitr. 3, 255 ff. (s. auch unten S. 116*.


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