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Siebenunddreißigstes Kapitel

Ueberschrift: »Hogne wird gefangen genommen«.

Nun spornte König Atle sein Volk an, einen heftigen Angriff zu machen. Da ward tapfer gekämpft, | die Gjukunge aber stürmten so heftig an, daß König Atle in die Halle hinein wich: und sie fochten nun darinnen, und war ein gar harter Kampf. Dieser Kampf verlief mit großem Menschenverlust und endete so, daß alles Volk der Brüder fiel, so daß sie zwei [allein] aufrecht standen S. oben S. 71*., doch war zuvor mancher Mann vor ihren Waffen zu Hel Vgl. oben S. 217; Nib. Str. 2308. gefahren. Da ward König Gunnar angegriffen, und in Folge der Uebermacht ward er gefangen genommen und in Fesseln gelegt. Darnach kämpfte [noch] Hogne mit großer Tapferkeit und Heldenhaftigkeit, und fällte zwanzig der größten Helden König Atle's. Er stieß manchen in das Feuer, das da in der Halle angezündet war. Alle waren darin einig, daß man schwerlich [mehr] einen solchen Mann Bugge vermuthet nach Akv. 20, 6 »solche Wehr« = oben S. 192, Z. 4 f. sähe. | Dennoch ward er zuletzt von der Uebermacht bewältigt und gefangen genommen.

Atle sprach: »Gar schrecklich ist es, wie mancher Mann hier vor ihm allein dahingefahren ist: | nun schneidet ihm das Herz aus, und ||176) habe er davon den Tod.« Hogne sprach: »Thu, wie dir beliebt: freudig werde ich hier dessen warten, was ihr beginnen wollt: und das wirst du erkennen, daß mein Herz nicht furchtsam ist. Ich habe zuvor Hartes erfahren, und war begierig, Proben der Mannhaftigkeit zu bestehn, als ich [noch] unverwundet war. Jetzt aber bin ich schwer verwundet, und hast du allein zwischen uns zu entscheiden.« Da sprach ein Rathgeber König Atle's In Am. 58, 1 wird er Beite genannt. Dieser Rath setzt die Situation in Akv. voraus (= unten S. 1974), daß nämlich Gunnar als Zeichen von Hogne's Tode und als Bedingung der Auslieferung des Hortes Hogne's Herz zu sehen verlangt hat. Hier, wo Atle es darauf abgesehn hat, gerade Hogne diesen qualvollen Tod zu bereiten (= Am. 55 f.), paßt der Rath nicht.: »Ich sehe bessern Rath: nehmen wir lieber den Knecht Hjalle und fristen Hogne. Dieser Knecht ist zum Tode geschaffen, und so lange er auch lebt, ist er elend.« Wörtlich: »Er lebt nicht so lange, daß er nicht elend wäre«. Der Knecht hörte es, und wehklagte laut, und entsprang [dahin], wo er sich irgend Schutz erhoffte D. h. »wo er wähnte sich bergen zu können«., und rief, Uebles leide er von ihrem Streite, und [habe] des Unheils zu entgelten; und sagte, unselig wäre der Tag, da er aus seiner guten Stellung als Schweinehirt Eigentlich: »seiner guten Lage und Schweinehütung«. fortsterben sollte. Sie ergriffen ihn und zückten gegen ihn das Messer: er jammerte laut, ehe er [noch] die Spitze fühlte. Da sprach Hogne, wie wenige pflegen, wenn sie Mannhaftigkeit zu bewähren haben, [und] bat für des Knechtes Leben, und erklärte, er wolle nicht [das] Geschrei [hören] Die Worte in [ ] fallen in kleine Lücken der Hdschr., wie auch in den nächstfolgenden Zeilen.; er sagte, es sei ihm leichter, selber dies ||177) Spiel Wie auch der Kampf ein Spiel heißt (s. oben S. 168††. zu bestehn. Dem Knechte ward da das Leben [geschenkt].

Nun wurden sie beide, Gunnar [und Hogne] in Fesseln gelegt. Da sprach König Atle zu König Gunnar, daß er das Gold angeben sollte, wenn er das Leben geschenkt haben wollte. Der antwortete: »Zuvor muß ich das Herz meines Bruders Hogne blutig sehen.« Als Beweis seines Todes, den man ihm vorher fälschlich gemeldet haben muß, was auch in Akv. fehlt, s. Germ. 23, 407 f. Man beachte, daß im Nibelungenliede (Str. 2367 ff.) eine ganz ähnliche Scene – theilweise mit wörtlichen Berührungen – sich abspielt, nur mit veränderten Rollen: Gunther und Hagen haben die Rollen getauscht, Chriemhild (Gudrun) ist an Stelle Atle's getreten.

Und nun ergriffen sie den Knecht abermals Wieder ist der abweichende Bericht der Akv. mit obigem (nach Am.) als nacheinander verbunden., und schnitten ihm das Herz aus, und trugen es vor König Gunnar. Der entgegnete: »Das Herz Hjalle's des feigen ist hier zu sehen: ungleich ist es dem Herzen Hogne's des kühnen, denn nun bebt es sehr, halbmal mehr aber noch, als er es in der Brust trug.«

Da gingen sie auf Antrieb König Atle's zu Hogne und schnitten ihm das Herz aus. Und so groß war sein Heldenmuth, daß er lachte, während er diese Qual aushielt; und alle bewunderten seine Standhaftigkeit, und das Andenken daran hat sich seitdem erhalten.

| Sie zeigten Gunnar das Herz Hogne's. [Er sprach: »Hier ist das Herz Hogne's] Fehlt in der Hdschr., ergänzt nach Akv. des kühnen zu sehen, und ist ungleich dem Herzen Hjalle's des zagen, denn nun bebt es Eigentlich: »Rührt es sich«. wenig, aber weniger [noch bebte es], als er es in der Brust trug. Und so wirst du Atle dein Leben lassen, wie wir es nun lassen. Nun weiß ich allein, wo das Gold ist, und wird nicht Hogne es dir sagen. Unentschieden war ich in meinem Sinne, da wir beide lebten; jetzt aber habe ich für mich allein zu entscheiden: der Rhein soll nun des Goldes walten, eher als daß ||178) die Hunen es an ihren Händen trügen.« König Atle sprach: »Geht hinweg mit dem Gebundenen.« Und so geschah es.

Gudrun rief nun Männer auf, mit ihr [zu gehn], und ging zu Atle, [und sprach] Hier und in den nächstfolgenden Zeiten fallen die eingeklammerten Worte in kleine Lücken der Handschrift.: »Geh es dir nun übel, und dem gemäß, wie ihr Wort gehalten habt gegen mich und [Gunnar].«

Nun ward König Gunnar in einen Schlangenhof gesetzt, darin waren viele große Schlangen und waren ihm [die Hände] fest gebunden. Gudrun sendete ihm eine Harfe; er [aber] zeigte seine Kunst und handhabte die Harfe mit großer Kunstfertigkeit, indem er die Saiten mit den Zehen schlug, und spielte so schön und vortrefflich, daß wenige meinten, sie so [gut] mit Händen schlagen gehört zu haben. Und so lange trieb er dies kunstvolle Spiel, bis alle Schlangen einschliefen; nur eine Natter Nach Oddr. 29 war diese Natter Atle's Mutter; vgl. oben S. 242., groß und scheußlich anzusehen, die kroch zu ihm und grub sich mit ihrem Maul ein, bis sie sein Herz traf: da ließ er sein Leben mit großem Heldenmuth. Ebenso stirbt Ragnar im Schlangenhofe, s. die Ragnarssaga. – Die genaueren Uebereinstimmungen dieses Abschnittes, sowie des folgenden mit Sn. E. erklären sich aus Benutzung unserer Saga in Sn. E., s. Beitr. 3, 211.


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