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XLI.
An Apollon Maikow, Genf, den 18. (30.) Mai 1868

Ich danke Ihnen für Ihren Brief, mein teurer Apollon Nikolajewitsch, und dafür, daß Sie mir nicht böse geworden sind und den Briefwechsel nicht abgebrochen haben. Ich war in der Tiefe meiner Seele immer davon überzeugt, daß ein Apollon Maikow so etwas nie tun wird.

Meine Ssonja ist gestorben, vor drei Tagen haben wir sie beerdigt. Ich habe zwei Stunden vor ihrem Tode nicht gewußt, daß sie sterben würde. Der Arzt hat uns drei Stunden vor ihrem Tode gesagt, es gehe ihr besser und sie werde am Leben bleiben. Sie war nur eine Woche krank; sie starb an Lungenentzündung.

Ach, mein lieber Apollon Nikolajewitsch, meine Liebe zu meinem ersten Kinde mag ja recht komisch gewesen sein, vielleicht habe ich sie recht komisch in meinen Briefen an alle, die mir gratuliert haben, geäußert. Ich bin wohl allen recht komisch vorgekommen, doch Ihnen, Ihnen alles zu sagen, schäme ich mich nicht. Das kleine, so unglückliche, so winzige Geschöpf von kaum drei Monaten hatte für mich schon ein Antlitz und einen Charakter. Sie fing gerade an, mich zu erkennen und zu lieben und lächelte immer, wenn ich mich ihr näherte. Und nun sagt man mir, um mich zu trösten, daß ich wohl noch mehr Kinder haben werde. Aber wo ist Ssonja? Wo ist das kleine Geschöpf, für das ich wahrlich gern den Tod am Kreuze erlitten hätte, damit es nur am Leben geblieben wäre? Ich will lieber nicht mehr davon sprechen. Meine Frau weint. Übermorgen werden wir endlich von dem kleinen Grabe Abschied nehmen und irgendwohin fortreisen. Anna Nikolajewna Mutter der Frau Anna Grigorjewna D. weilt bei uns; sie ist erst eine Woche vor dem Tode der Kleinen hier eingetroffen.

In den letzten vierzehn Tagen, seit Ssonjas Erkrankung, habe ich nicht arbeiten können. Ich habe Katkow einen Entschuldigungsbrief geschrieben, und im Maiheft des »Russischen Boten« werden wieder nur drei Kapitel erscheinen können. Ich hoffe aber, daß es mir gelingen wird, von nun an wieder Tag und Nacht zu arbeiten, und daß der Roman vom Juniheft ab einigermaßen pünktlich erscheinen wird.

Ich danke Ihnen für Ihr Einverständnis, die Patenstelle bei der Kleinen zu übernehmen. Sie wurde acht Tage vor ihrem Tode getauft ...

[Die zweite Hälfte des Briefes ist rein geschäftlich.]


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