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XXXII.
An N. N. Strachow, Rom, den 18. (30.) Septbr. 1863

Nikolaj Nikolajewitsch Strachow, Kritiker und Philosoph (1828-96), stand Dostojewskij und Apollon Grigorjew sehr nahe. Führte einen erbitterten polemischen Kampf gegen den Nihilismus und die materialistischen Strömungen der sechziger Jahre.

[Anfangs bittet D. Strachow, seine Abrechnung mit der Redaktion der »Lesebibliothek« in Ordnung zu bringen.]

So soll es auch Boborykin Pjotr Boborykin, beliebter Romanschriftsteller. War um jene Zeit Herausgeber der »Lesebibliothek«. wissen, was bereits dem »Zeitgenossen« und den »Vaterländischen Annalen« bekannt ist: daß ich noch nie im Leben ein Werk (mit Ausnahme der »Armen Leute«) anders als gegen Vorausbezahlung verkauft habe. Ich bin ein Proletarier unter den Schriftstellern, und wenn jemand meine Arbeit will, so muß er mich im voraus bezahlen. Ich selbst verdamme diesen Modus. Ich habe ihn nun aber einmal eingeführt und werde ihn nie abschaffen. Ich fahre also fort:

Augenblicklich habe ich nichts fertig. Ich habe aber einen (wie mir scheint) recht glücklichen Plan zu einer Erzählung »Der Spieler«.. Er ist zum größten Teil auf Papierfetzen notiert. Ich habe sogar mit der Ausführung begonnen, doch, erstens, ist es hier zu heiß und zweitens will ich mich nur acht Tage in Rom aufhalten; kann man denn, wenn man in einer Stadt wie Rom nur acht Tage bleibt, überhaupt zum Schreiben kommen? Das viele Herumgehen ermüdet mich außerordentlich. Meine Erzählung soll eine typische Gestalt, einen im Auslande lebenden Russen schildern. Sie wissen ja: im letzten Sommer war in unseren Zeitschriften sehr viel von den im Auslande lebenden Russen die Rede. Dies alles wird sich auch in meiner Erzählung widerspiegeln. Auch der augenblickliche Zustand unseres inneren Lebens wird (selbstverständlich so gut es geht) mit hereingezogen werden. Ich schildere einen Menschen mit einem durchaus offenen Charakter, einen zwar vielseitig entwickelten, doch in allen Dingen unfertigen Menschen, der jeden Glauben verloren hat, zugleich aber nicht wagt, ungläubig zu sein, der sich gegen alle Autoritäten auflehnt und sie zugleich fürchtet. Er tröstet sich damit, daß er in Rußland angeblich nichts zu schaffen habe, und verurteilt daher aufs grausamste die Leute, die die im Auslande lebenden Russen nach Rußland zurückrufen wollen. Alles kann ich hier nicht erzählen. Die Gestalt ist sehr lebendig (ich sehe sie förmlich vor mir stehen), und wenn die Erzählung einmal fertig wird, verdient sie gelesen zu werden. Der Hauptwitz besteht aber darin, daß er alle seine Lebenssäfte, Mut und Kraft für das Roulette verwendet hat. Er ist ein Spieler, doch kein gewöhnlicher Spieler, ebenso wie der »Geizige Ritter« von Puschkin kein gewöhnlicher Geizhals ist. (Ich will mich durchaus nicht mit Puschkin vergleichen. Ich habe den Vergleich nur der Deutlichkeit wegen angeführt.) Er ist in seiner Art Poet, doch er schämt sich dieser Poesie, denn er empfindet tief ihre Gemeinheit; obwohl das Bedürfnis etwas zu riskieren ihn in seinen eigenen Augen veredelt. Die ganze Erzählung handelt davon, wie er drei Jahre lang Roulette spielt.

Bildnis Dostojewskijs, Moskau 1863

Wenn mein »Totenhaus« – als eine Schilderung der Zuchthäusler, die vor mir noch niemand so anschaulich geschildert hat – großes Interesse beim Publikum gefunden hat, so wird die neue Erzählung, als eine anschauliche und genaue Schilderung des Roulettespiels, ein noch viel größeres Interesse erwecken. Abgesehen davon, daß derartige Aufsätze bei uns mit dem größten Interesse gelesen werden, fällt noch ins Gewicht, daß das Spiel in einem ausländischen Kurort vor sich geht und die Rede von den im Auslande lebenden Russen ist; dies hat immerhin eine gewisse (wenn auch untergeordnete) Bedeutung.

Schließlich darf ich hoffen, daß es mir gelingen wird, alle diese höchst interessanten Gegenstände mit Gefühl, Verständnis und nicht zu langatmig zu schildern.

Die Erzählung kann recht gut werden. Mein »Totenhaus« war ja wirklich recht interessant.

Es soll wieder die Schilderung einer Hölle, eine Art »Dampfbad im Zuchthause« werden. Ich will dieses Bild schaffen und mir die größte Mühe geben.

[Weiter ist wieder von Geldsachen die Rede.]


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