Felix Dahn
Stilicho
Felix Dahn

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III.

Gar früh am andern Tag ward der Feldherr in das Zelt der Basilissa gerufen: er fand sie reisefertig. Bei seinem Eintreten sprang sie auf, schritt ihm rasch entgegen, faßte des Überraschten beide Hände: »Mein Traum von heute Nacht hat sich – zur ersten Hälfte – schon erfüllt: die zweite steht noch aus: wird sie sich, – wirst du sie erfüllen?« – »Ich verstehe nicht, Herrin.« – »Du hast seit gestern Abend keinen Boten aus Byzanz gesprochen?« – »Ich habe keinen gesehen.« – »Aber ich! Rufinus, meine Feinde, – übrigens auch deine Todfeinde . . .« – »Ich weiß.« – »Haben mein Fernsein rasch benutzt bei . . . bei dem Unaussprechlichen! Hei, er kann des Gänglers nicht einen Tag entbehren: ich war fern – so ließ er sich von jenen leiten – zu plötzlichem Umschlag! Meine Freunde, meine Verteidiger am Hof, in der Stadt, im Heer, – meist Germanen, zumal Franken, – sind verhaftet oder verbannt. Ein par sind hierher entflohen, mich zu warnen: kehre ich zurück, wird der Palast mein Kerker. Wohlan, ich will zurückkehren: aber der Palast soll andrer Leute Kerker werden. Auf, Stilicho, du erster Mann, den ich erlebt: führe du mich zurück an der Spitze deines Heeres: Byzanz liegt dir zu Füßen, – wehrlos. Du allein warst seine Wehre. In den Bosporus mit Rufinus! In ein Kloster mit dem Schwächling Arcadius: – das ist sein richtiger Platz. Dein Platz aber ist der Kaiserthron und . . . –« hier stockte sie: eine Blutwelle schoß in die alabasterweißen Wangen – »der Platz an Hildgunds Seite, wenn du sie nicht verschmähst: du hast sie schön genannt.«

Sie trat hastig noch einen Schritt auf ihn zu und hielt ihm die Rechte entgegen, – das Antlitz emporgerichtet, nahe dem seinen. Bestürzt trat er zurück: »Imperatrix . . .« – »Hildgund heiß ich – für dich.« Und die grauen Augen funkelten seltsam. – »Die Überraschung, der gerechte Zorn haben dich verwirrt. So hast du vergessen . . . unsere Eide. Wir beide haben dem Sohn des Theodosius geschworen: ich Untertanentreue, du Ehetreue, gleichwie ich Serena, dem einzigen Weib, das ich liebe.«

Hoch bäumte sie auf, dann schnellte sie zurück: »Ah, ah, das mir! Verschmäht von ihm, von dem einzigen, der . . . Geduld, du sollst dieser Stunde gedenken.« Und sie schoß an ihm vorbei aus dem Zelt ins Freie, wie eine sehr schöne, aber sehr zornige Schlange. –

 


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