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Zwölfter Brief.

Der Kölner Dom. – Die elftausend Jungfrauen. – Die Schädel der Magier. – Das Haus, in welchem Rubens geboren ward. – Mangel an Reinlichkeit in Köln. – Wiederholung der Reiseplans. – Der Drachenfels. – Romantische Legende. – Ein in ein Gasthaus umgewandeltes Kloster. – Dessen Einsamkeit. – Eine daselbst zugebrachte Nacht. – Ein Sturm. – Ein nächtliches Abenteuer. – Gräuliche Gestalten. – Eine Erscheinung. – Die Auflösung des Geheimnisses. – Der Palast der Könige von Austrasien. – Die Rheinufer. – Koblenz. – Fliegende Schiffbrücken. – Abreise von Koblenz. – Burg Ritterstein. – Besuch derselben. – Hausrath derselben. – Der Rittersaal. – Der Schloßthurm. – Ein Anachronismus.

Mein theurer – –

Ich weiß nicht, von welchem hohen Beamten des ehemaligen Kurfürstenthums das Gasthaus, worin wir einkehrten, erbaut worden ist; aber es war ein geräumiges Gebäude mit schönen hohen Gemächern und einem ansehnlichen Garten. Da die Sprechweise jedes Landes nach den Gewohnheiten desselben sich richtet, und da in Amerika alle Dinge so sehr dem Principe des Nützlichen sich unterordnen müssen, daß dort von dem Anmuthigen äußerst wenig zu finden ist, so darf ich nicht vergessen, Ihnen zu bemerken, daß ich unter »Garten« hier das verstehe, was man in Amerika eine »Anlage zum Vergnügen« nennt. Man könnte bei uns die Frage aufwerfen, ob vielleicht der »Garten in Eden« auch ein Gemüsacker gewesen ist?

Nach dem Frühstücke berathschlagten wir unsere künftige Reiserichtung. Hier befanden wir uns in Köln im Königreiche Preußen, hatten die weite Welt vor uns, und wußten nicht wohinaus. Darin wurden wir aber bald einig, unser erstes Ziel müsse sein, die noch unvollendete Domkirche, dieses Wunder gothischer Architektur, nochmals zu besuchen; das Haus, in welchem Rubens geboren ward, zu sehen, die elftausend Jungfrauen zu begrüßen, und einiges kölnisches Wasser einzukaufen; darnach meinten wir, werde es Zeit genug sein, zu berathschlagen, wo wir die Nacht zubringen wollten.

Unser erster Besuch galt den Gebeinen. Diese Reliquien sind in den Mauern der Kirche, die solche bewahrt, eingelassen, und können nur durch eine Art von Taubenschlagöffnungen, in welche Glasscheiben eingesetzt sind, in Augenschein genommen werden. Eine Kapelle ist besonders mit auf diese Weise eingemauerten Gebeinen geziert, welches einen Eindruck macht, wie manche Apotheker-Läden. Manche der Jungfrauen sind durch hölzerne oder silberne hohle Büsten besonders geehrt; durch bewegliche Deckel auf den Scheiteln kann man die wahren Schädel inwendig betrachten. Diese Reliquien haben also keinesweges das schauerliche Ansehen, als man sich vielleicht sonst von den Gebeinen von elftausend Jungfrauen vorstellen möchte; denn der entsetzliche Anblick der Knochengesichter wird zur Schonung dieses Kircheneigenthums hinreichend versteckt. Ich hielt es selbst für etwas Wunderbares, die Gebeine von diesen elftausend Jungfrauen beisammen zu sehn; doch unserem Geleitsmanne war das nicht genug, denn er zeigte uns unverweilt auch den Krug, in welchem das Wasser sich befunden haben soll, welches durch den Heiland bei der Hochzeit von Kana in Wein verwandelt wurde! Dieser hatte eine morgenländische Form und mag wirklich seiner Zeit Wasser oder Wein enthalten haben.

Die Kathedrale oder der Dom ist ein außerordentliches Gebäude in seiner Art. Fünfhundert Jahre hat man daran gebaut, und noch ist es kaum halb vollendet. Der eine Thurm ist keine vierzig Fuß hoch, während der andere über zweihundert Fuß mißt. Der Krahnen, der von Zeit zu Zeit erneuert worden ist, obschon man seit vielen Jahren keinen Stein hinaufgehoben hat, befindet sich auf dem Thurme. Das Chor, oder vielmehr die Endkapelle, die sich gewöhnlich hinter jenem befindet, ist vollendet und ist ein herrliches Werk. Die langen schmalen Fenster, nahe an hundert Fuß hoch, enthalten ausgesuchte Malereien und bringen das eigenthümliche Helldunkel hervor, die ein dichterisches Gemüth ersonnen haben mag, um dieser der Andacht geweihten Baukunst den schwärmerischen und erhabenen Ausdruck zu verleihen. Wir konnten nicht umhin, auch die Schädel der Weisen, die in einem äußerst kostbaren Reliquienkästchen aufbewahrt werden, zu sehen. Sie sind alle drei mit Kronen geschmückt, welches denselben Zweck hat, wie die Einschließung der Jungfrauen in hohlen Büsten. Hier ist ein reicher Juwelenschmuck beisammen, obschon die Kronen einen ziemlichen Schein von der Legirung durchschimmern ließen, der sich von dem milden Glanze ächten Stoffes unterschied.

Rubens war, wie Sie wissen, aus edlem Geschlechte, und das Haus, in welchem er geboren wurde, ist durch Nichts von einer gewöhnlichen Behausung jedes andern wohlhabenden Bürgers unterschieden. Man sagt, Maria von Medicis, die Gemahlin Heinrichs des Vierten, sei in diesem Gebäude gestorben, und die Sage, die ebenfalls etwas Besonderes darin sucht, Aufsehen zu erregen, behauptet deßhalb, sie sei in demselben Gemache gestorben, in welchem Rubens geboren wurde. Das Haus ist jetzt öffentliches Eigenthum.

Ich weiß nicht, ob es einen nothwendigen Zusammenhang zwischen Gestank und kölnischem Wasser geben muß, aber diese Stadt erschien uns als die schmutzigste, die irgend in Europa unsern Blicken, oder vielmehr unsern Nasen aneckelte. Fast scheint es, als wolle man absichtlich dadurch die Fremden nöthigen, ihr weitberühmtes Antidotum zu kaufen. So beschwerlich uns dieß auch war, so ließen wir, einmal im Gange, auch nicht nach, bis um Mittag durch die Straßen zu schwärmen, und nahmen unter andern auch die Schiffbrücke in Augenschein, um nochmals des Anblicks des dunkelblauen Rheins, der zu unsern Füßen schimmerte, zu genießen.

Ganz in der Weise der » flaneurs« überließen wir uns dem bloßen Zufall, bis wir nach langem Herumschlendern um Mittagszeit, von Hitze und Gestank ermüdet, uns wieder in den Wagen setzten, und den langen Weg durch die Halbmondschanzen, Zugbrücken und begrasten Wälle hindurch endlich wieder dem reinen Lufthauch entgegenfuhren, der uns auf der weiten Ebene in der Richtung nach Bonn erheiternd aufnahm. Das Wetter war heiß, und doch fühlten wir beim Uebergang uns recht behaglich. In diesem Theile von Deutschland sind die Postilione nicht träge; wir trabten lustig über die weite Ebene, und wir erreichten Bonn, ehe wir nöthig hatten, uns nach Erfrischungen umzusehen. Die Pferde wurden gewechselt, und wir fuhren sogleich weiter. Als wir die Stadt verließen, kam es mir vor, als beneideten die Studenten, die zu den Fenstern hinaussahen, uns um unsere Reiselust. Da Sie noch kürzlich uns durch dieselben Gegenden in Gedanken begleitet haben, so will ich blos solche Gegenstände in meinen Briefen berühren, die ich in den frühern überging, und Ihnen nur die Richtung unserer Reise mittheilen.

Es war ein angenehmer Nachmittag, als wir an der kegelförmigen, mit Burgen geschmückten Anhöhe des Godesberg vorüber, uns der Hügelgegend näherten, wo der Weg zuerst längs dem Ufer des Stromes weiter führt. Uns gegenüber lagen die Sieben Berge und auf ihrem Gipfel der Drachenfels. Zinnen und Gemäuer hatten das Ansehen, im langsamen Gange von Jahrhunderten allmählig verwittert zu sein; und etwas näher noch ragte die Burg Rolandseck über den waldigen Felsenkuppen an unserer Seite des Ufers empor. Zwei niedrige Inseln theilten den Strom, und auf der einen erblickten wir die weitumfassenden Gebäude eines Klosters. Jeder, der mit den Sagen des Rheinstromes bekannt ist, kennt die Geschichte des Kreuzfahrers, der, von seinen Feldzügen heimgekehrt, seine Verlobte als Nonne an diesem einsamen Orte wiederfand. Man könnte sagen, Lügen seien vordem, ehe die Kunst des Bücherdruckens zu ihrem Dienst geworben war und ehe es Zeitungsschreiber gab, eben so häufig gewesen, als deren jetzt umgehen; man hatte ihr glaublich gemacht, er sei gestorben, oder untreu geworden; das Eine, wie das Andere mußte ihr gleich schmerzlich sein. Das Schloß, welches das Eiland beherrscht, war zu seiner Wohnung gebaut, und hier schweigt die Legende und thut wohl daran. Niemand ist indeß genöthigt, Alles zu glauben, was er hört; wir alle ergötzen uns an den Gebilden, die solche Sagen in uns aufsteigen lassen, zumal wenn sichtbare und fühlbare Gegenstände, wie hier, in der Gestalt tüchtiger Steinmassen unserer trägeren Einbildungskraft zu Hülfe kommen. Während wir längs dem Abhange des Berges, der die Ueberreste der Burg von Karls des Großen Neffen trägt, hintrabten, blieb mein Blick sinnend auf den schweigenden Klostermauern ruhen. »Ist dieß Kloster da,« rief ich dem Postilion zu, »noch immer bewohnt?« – »Ja, mein Herr, es ist ein Gasthaus.« – »Ein Gasthaus!« – Die Sache war bald aufgeklärt. Die Klosterinsassen, Nonnen vom Orden des heiligen Benedikt, hatten das Kloster, nach Aufhebung desselben, seit fünfzehn oder zwanzig Jahren bereits verlassen, und die Gebäude wurden seit dieser Zeit in eines unserer neueren sentimentalen Wirthshäuser umgeschaffen. Mit der genauesten Nachforschung konnte ich keine Seele in der Nähe des Ortes entdecken, und in altem Gemäuer allein herumzutappen, ist nicht meine Liebhaberei. Nicht gar weit oberhalb der Insel lag ein Dörfchen am Ufer; der Postilion lächelte vergnügt, als ich ihn fragte, ob ich bis an diesen Ort am andern Morgen Postpferde erhalten könnte, denn er gewann dadurch den ganzen Weg nach Oberwinter. Er versprach, während der Nacht die Bestellung im Posthause oberhalb zu besorgen, und so war die Sache in fünf Minuten in Ordnung. Der Wagen wurde am Ufer unter Dach gebracht und der Obhut unseres François anvertraut; ein Reisesack wurde in einen Kahn geworfen, und in zehn Minuten befanden wir uns mitten im Strome; unser kleines Fahrzeug wirbelte durch die Fluthen und bald berührte es die obere Spitze des Eilandes.

Wir erreichten Kloster, Gasthaus und Romantik, ohne daß uns Jemand zuvorgekommen wäre. Auf der Insel fanden wir Niemanden, als den Wirth mit Frau und Kind, einer Köchin und einer Hülfsdienerin; dazu drei preußische Soldaten, die dort einquartirt waren, welche zu einer Truppenabtheilung gehörten, die wir von Bonn aus die Landstraße hinauf hatten ziehen sehen. Es ist schwer zu sagen, auf welcher Seite die frohe Ueberraschung größer war; ob bei uns, daß wir endlich in Europa ein einsames Plätzchen fanden, oder bei den guten Wirthsleuten, daß sie in uns etwas Gästen Ähnliches entdeckten. Der Mann bedauerte, daß wir so spät kämen; denn so eben habe ihn eine zahlreiche Gesellschaft verlassen; und wir wünschten einander aus derselben Ursache Glück, daß wir nicht früher gelandet waren. Als wir ihm unsere Wünsche mitgetheilt, erklärte er freimüthig, daß alle Zimmer seines Gasthauses unbesetzt seien. »Es ist außer Ihnen und uns jetzt Niemand auf der Insel, Herr Graf.« So war ich denn ohne oder wider meinen Willen in den Grafenstand erhoben. Nahe an dreihundert Acres vom Rhein umflutheten Landes, in Wiesen und Buschwerk anmuthig vertheilt, standen jetzt unter meiner vorübergehenden gnädigen Herrschaft. Sie können sich leicht vorstellen, mit welchem Eifer meine jungen Pariserinnen sogleich ihre Freiheit benutzten; während ich vorerst mich um die Speisekammer bekümmerte, und dann die Zellen in Augenschein nahm. Unter uns gesagt, es gehörte auch zur Romantik, ein paar tüchtige Gänge für unsere Tafel in Nonnenwörth, so heißt das Eiland, anzuordnen. Die Gebäude waren geräumig und durchaus nicht armselig; auch war es ganz angenehm, durch die Zellen zu wandeln, worin vor noch nicht gar langen Jahren fromme Büßerinnen geschlichen waren, und dann wieder zuzusehen, wie ein Mahl in einer Klosterküche zugerichtet wird. Ich konnte nicht weniger thun, als eine Bouteille »Liebfrauenmilch« öffnen; aber es war leider nichts, als ganz schlechter Wein.

So wie der Abend einbrach, nahmen wir unsere Gemächer in Besitz. Unser gemeinschaftliches Zimmer war das der Aebtissin gewesen, und A – – nahm das Schlafgemach derselben für sich in Besitz. Beides waren geräumige und schön meublirte Gemächer. Unsere Mädchen wurden in Zellen vertheilt, worin man Mädchen nie hätte einsperren sollen. Jette erhielt ebenfalls eine in ihrer Nähe, und als dieß Alles besorgt war, ging ich allein hinaus, um etwas meinen Geist Befriedigendes aufzusuchen.

Die arge Hitze am Tage hatte ein schweres Gewitter vorbereitet; der Donner grollte zwischen den »Sieben Bergen« und von Zeit zu Zeit erleuchtete ein Blitzstrahl die pechfinstere Nacht. Ich schweifte durch Buschwerk und Wiesen umher, während der Wind furchtbar durch die Bäume sauste. Ein neuer Blitzstrahl erleuchtete die Anhöhen, so daß ich den nackten Drachenfells deutlich erkannte, und der halbverfallene Thurm über dem größtentheils in Schutt verwitterten Gemäuer emporragend, erhielt ein schauerlich-geisterhaftes Ansehen. Ich blieb eine Weile stehen, ein anderer Blitz erleuchtete Rolandseck, das auf mich mit einer sorgenvollen Melancholie herabsah. Jetzt rauschten dichte Regentropfen durch das Laub der Gebüsche, und von den empfangenen Eindrücken noch erfüllt, ging ich wieder in das weitläufige Gebäude zurück.

Längs allen Zellen war es dunkel, doch war es noch hell in der weiten rauchigen höhlenähnlichen Küche, wo die Hausgenossenschaft die Reste unseres Mahles verzehrte. Aus der Thüre einer entfernten Zelle glänzte ein Lichtschimmer herüber; ich schlich ganz leise darauf los, mit dem geheimen Schauer, es könne vielleicht ein übernatürliches Flimmern über irgend einer Gruft sein; es waren aber nur die drei preußischen Krieger, die ihr einfaches Nachtmahl verzehrten, wozu ihnen ein Stümpfchen Talglicht auf dem Steinsitz leuchtete. In der ganzen Gruppe war kein Tropfen poetischen Thuns.

Der Sturm war im Zunehmen, und ich ging einen Bogengang hinauf, der mit unseren eigenen Gemächern zusammen hing. Hier tappte ich eine Weile Schritt für Schritt im Dunkeln, bis ich mit Hülfe eines Blitzstrahls an dem Ende des Ganges eine Thüre entdeckte. Auf ein Abenteuer gefaßt, stieß ich an, und die Thüre ging auf. Da es nur einzelne Augenblicke gab, wo ich Etwas hätte sehen können, so tappte ich im äußersten Dunkel vorwärts, mit größter Vorsicht, um nicht durch eine Fallthüre hinabzustürzen. Wäre ich glücklicher Weise ein Findling gewesen, der das Lesen und Schreiben von der Natur gelernt hätte, so hätte ich hoffen können, aus dem Abenteuer, als Herzog, wo nicht, als Erzherzog hervorzugehen. Vielleicht durch irgend ein unergründliches Wunder der Romantik, hätte ich mich sogar, als rechtmäßigen Sprößling Rolands und der Nonne wieder gefunden!

Wie die Sachen standen, war ich auf Nichts Anderes als auf außerordentliche Dinge gefaßt; Zeit und Ort schienen dazu gerade recht passend. Kaum befand ich mich eine Minute lang in diesem unbekannten Raume, so empfand ich auch, daß wenn hier keine unruhigen Geister hausten, der Ort doch derselben ganz würdig war. Sie wissen, daß ich zu dieser Zeit mich mit Erdichtungen nicht abgebe, sondern nur mit Wahrheiten; und daß ich, nicht wie diejenigen, »welche, statt zu lesen, singen, und, statt zu singen, lesen,« vielmehr nur in Dichtungen den Träumen der Phantasie mich hingebe, dagegen bei Thatsachen blos dem schlichten Verstande mich unterwerfe. Mit Thatsachen habe ich es jetzt zu thun, und diese allein mögen der Erzählung meines Abenteuers ihren Werth verleihen.

Kaum hatte ich nämlich etwa zwölf Schritte mit der äussersten Behutsamkeit vorwärts gethan, so verzog ich ein wenig, denn die ganze Luft schien mit einem Rauschen und Gerassel sich zu erfüllen, als ob viele hundert Fledermäuse mit ihren Flügeln wider die Glasscheiben angeprallt wären. Dieses Geräusch war bestimmt innerhalb des Klosters; denn außerhalb heulte der Wind noch lauter, als vorher. Meine Hand fand einen Widerstand, den ich nicht zu deuten vermochte. Zuerst wußte ich kaum, ob ich unter freiem Himmel mich befände, oder nicht, denn ich bemerkte einen Luftzug, unterschied verworrene, düstere Lichtschimmer von ziemlichem Umfange, und deutlich schien es mir, als ob sich etwas einem Gewölbe Aehnliches über mir ausbreite. In demselben Augenblicke benahm ein hellaufleuchtender Blitzstrahl mir alle Zweifel. Der Blitz flimmerte, schien erloschen und leuchtete nochmals auf, und so vermochte ich endlich, mir deutliche Vorstellungen von dem Orte zu machen, in dem ich mich befand. Ich war augenscheinlich in die Klosterkapelle gerathen; nicht im untern Raume derselben, der in demselben Stockwerke sich befand, in welchem die Zellen waren, sondern in eine offene Halle, die zu den Gemächern der Nonnen führte, und meine Hand lag auf dem Armsessel der Aebtissin, dem einzigen, der noch übrig war. Der trübe Lichtschimmer kam durch die hohen Spitzbogenfenster, und die vermeinten Fledermausflügel waren nichts anderes, als eine Menge zerbrochener und loser Fensterscheiben, die von den Windstößen erklirrten. Aber allein war ich auch nicht. Bei dem rasch vorübergehenden Wetterleuchten erblickte ich mehrere schauerliche Gestalten, einige knieend, andere mit ausgebreiteten Armen, blutig und entstellt, und eine davon schien im Beichtstuhle zu verweilen. Beim Anblicke solcher höllischer Geister, denn sie stellten sich mir immer vor Augen bei jedem Blitzstrahl, gerieth ich durch eine sonderbare Ideenverwirrung statt ins Singen, vielmehr in eine Art von Jauchzen hinein. »Hei, hei, ein Schiff! o he, ein Schiff; – lustig, ihr Jungen, lustig!« Meine Stimme mochte den Sturmwind übertönen. Da hatte ich also mein Abenteuer! Endlich machten ein halbdutzend widerholte Blitze mich mit den teuflischen Fratzen vertrauter, und sobald ich erst recht mich besinnen konnte, in welcher Richtung ich derselben ansichtig werden mußte, begann ich allmählig, mich an ihre greulichen Gesichter zu gewöhnen. In demselben Augenblicke, als ich im Begriff war, sie herzhaft anzureden, öffnete sich die Thüre, durch die ich in die Halle eingetreten war, ganz langsam, und beim Leuchten eines Blitzes erkannte ich die welken Züge einer alten Frau. Der Donner rollte gleich hinterdrein, und das Gesicht war verschwunden. – »Heda, ein Schiff! hei, hei ein Schiff! – Lustig, ihr Jungen, lustig!« – Eine Pause folgte; nochmals ging die Thüre auf, und das alte Gesicht war wieder da. Ich stieß einen tiefen und lauten Schrei aus; und, wenn Sie mich fragen, warum, ich könnte Ihnen keine Ursache angeben, als daß nur diese Erscheinung eben noch gefehlt hatte, um den Ort und den ganzen Auftritt schauerlich zu machen. Die Thüre fiel zu, das Gesicht verschwand, und nochmals war ich mit den andern Geistern allein. Jetzt hörte das Gewitter allmählich auf; ich tappte aus der Halle wieder hinaus, schlich leise durch den Bogengang nach meinem Zimmer und legte mich nieder. Ich fürchtete wirre Träume, zumal nach dem Genuß der erwähnten Liebfrauenmilch, aber wider alle Regel schlief ich fest, wie ein Postilion auf seinem Sitze oder wie ein Midschipman im Mastkorbe.

Am nächsten Morgen beim Frühstück hatte A – – eine klägliche Erzählung mitzutheilen, wie die arme alte Aufwärterin, deren ich schon erwähnte, durch das Gewitter in Angst gerathen, – wie sie in die Kapelle geschlichen sei, um leise zu beten, – wie sie sonderbare Laute und besonders ängstliches Rufe vernommen, – das Licht fallen lassen, – wie die Thüre im Zugwinde zugefahren sei, – und wie sie, die arme Geängstete, sich nach dem Bette ihres (A – – s') Kammermädchens geflüchtet, sie um Beistand angefleht und bei ihr die übrige Zeit der Nacht Schutz gefunden habe! Da brachen wir in geschlossenen Reihen nach der Kapelle auf, nachdem wir vorher gefrühstückt, und als wir dort waren, kamen Alle überein, daß dieses Gemach wohl geeignet sei, Jemanden in Angst zu setzen in einer stürmischen Gewitternacht, und daß es kein Wunder sei, wenn Jettens Schlafgenossin dort in Schrecken gesetzt wurde. Jetzt war hier Alles stille und friedlich. Die Scheibensplitter wackelten in den morschen hölzernen Rahmen; der Lehnsessel und der Betstuhl der Frau Aebtissin hatten ein ganz unschuldiges und trauliches Ansehen; die Schildereien, deren hier mehre vorhanden waren, sahen schauerlich genug aus, so wie sie ein überspannter Werkmeister in bluterfüllter Einbildung nur irgend aussinnen und darstellen kann, aber die bildlich dargestellten Martern waren doch weit entfernt, wirkliche zu sein. Während wir diese Untersuchungen anstellten, hörten wir ein Posthorn vom Ufer herüber, und als wir hinausschauten, da erblickten wir den Oberwinterer Postilion, der eben nach dem Flusse zu einlenkte. Diesem Rufe folgsam, nahmen wir von der Insel Abschied, ohne jedoch zu vergessen, bei dem allgemeinen fröhlichen Getümmel, der geängstigten Aufwärterin unsere Theilnahme für ihre durch Gewitterfurcht verstörte Nachtruhe zu bethätigen.

Wir hatten den ganzen Tag vor uns, und deswegen fuhren wir ganz gemächlich längs dem Ufer aufwärts, um keine Gelegenheit frohen Genusses zu versäumen. Die alten Burgen ragen über allen ansehnlicheren Anhöhen empor, wie Ihnen bekannt ist, und da wir mit Karten und Beschreibungen im Wagen hinreichend versehen waren, so gewährte uns jeder Fußbreit Landes längs diesem wundervollen Wege recht innige Lust. In Andernach stiegen wir aus, um die Burg der ehemaligen Könige von Austrasien, von denen ich Sie an einem andern Orte unterhalten habe, zu sehen. Diese Ruinen haben ziemlichen Umfang, und manches Mauerwerk würde noch recht gut wieder hergestellt werden können. Dieser ehemalige Königssitz hat nicht nur das Königreich, sondern selbst seine Geschichte überlebt. Das Gemäuer besteht zum Theil aus röthlichen Sandmergelsteinen, denen sehr ähnlich, deren man sich in Newyork häufig bedient, ein Material, das am Rhein im Ueberflusse vorhanden ist.

Zwischen Andernach und Koblenz führt die Landstraße über eine weite Ebene, etwas ferner vom Ufer entlegen, doch so, daß man den Strom selbst nicht aus dem Gesichte verliert. Von der Breite desselben können Sie sich eine deutliche Vorstellung machen, wenn ich Ihnen bemerke, daß, als wir uns Neuwied's näherten, wir im Wagen darüber stritten, ob der Strom zwischen uns und diesem Städtchen sich befinde oder nicht. Dennoch bleibt dem Rhein der Ruhm eines mächtigen Stromes, wenn man seinen stätigen Lauf und seine große Länge in Betracht zieht. Jetzt aber ist das Wasser besonders niedrig, und ist weniger schön, als wir es in früheren Jahren bewunderten, denn die Farbe des Wassers ist jetzt weniger wohlthuend, als dies sonst der Fall zu sein pflegt.

Es war noch früh, als, ungeachtet wir der Aussichten und Trümmer wegen uns unterweges ziemlich aufgehalten hatten, wir allmählich die von Festungen umgebene Stadt Koblenz erreichten. Wir waren bald über die Moselbrücke drüben, und befanden uns wieder einmal auf jenem wichtigen Punkte, den wir schon früher aufgesucht hatten. Der an der Ueberseite der Stadt befindliche Grund und Boden gehört zum Herzogthum Nassau, doch dem Könige von Preußen ist davon hinreichend überlassen worden, um sein berühmtes Ehrenbreitstein gehörig zu befestigen, welches eine der stärksten Festungen der Welt ist; denn es liegt auf dem felsigten Gipfel einer tief unten vom Rhein bespühlten Anhöhe, und seine Außenwerke nehmen alle benachbarten Anhöhen ein. Die Lage von Koblenz am Vereinigungspunkte der Mosel mit dem Rhein, von welchen erstere aus dem uralten Kurfürstenthume Trier herabkömmt, das jetzt auch zu Preußen gehört, mag diese befestigte Stellung für letztere Macht wichtig machen, aber militärisch scheint sie mir von keinem besondern Werthe zu sein. Sobald es nämlich einem Feinde gelingt, sich eines oder des andern Außenwerkes oder Forts zu bemächtigen, so wird er in den Stand gesetzt, der Stadt nachdrücklichen Schaden zuzufügen. Wie in Genua, scheint man hier zu viel unternommen zu haben, als daß man sich einen guten Erfolg versprechen könnte.

In der vorhergehenden Nacht hatten wir ein Kloster, das ein längliches Viereck von sechshundert Fuß lang und dreihundert breit bildete, für uns ganz allein; dagegen mußten wir uns hier in ein kleines unbequemes Gasthaus, das mit Menschen überfüllt war, zusammenpressen lassen. Das Haus war lärmend und widerhallend, und führte recht bezeichnend den Namen »zu den drei Schweizern.«

Wir überschritten den Fluß mittelst der Schiffbrücke und bestiegen den Hügel, um die Aussicht zu genießen. Auch hier sahen wir ein Eiland im Flusse, mit einem Kloster, das aber unglücklicher Weise kein Wirthshaus war. Der Rhein ist den größern Theil seiner Länge nach eine Grenze; denn er bespült die Ufer von Frankreich, Darmstadt, Baden, Baiern, Nassau, Preußen u. s. w. u. s. w. eine ziemliche Strecke weit, und stehende Brücken werden an den meisten Orten vermieden. Die schwimmenden Brücken, die aus Ueberlagen gezimmert sind, welche auf Böten ruhen, und durch eiserne Klammern aneinander befestigt sind, können in ein paar Stunden abgenommen und an das eine oder das andere Ufer übergeführt werden.

Um zehn Uhr verließen wir Koblenz, und nun erst begann die wahrhaft schöne Scenerie des Rheinstroms. Die Berge, oder vielmehr Hügel, den erstern Namen verdienen sie kaum, nähern sich aneinander zu beiden Seiten des Flusses, und sogleich auch, mit wenig bedeutenden Ausnahmen, beginnt der Weg den Windungen des Flusses, in geringem Abstande von der Stadt, immerfort zu folgen, meistens nur wenige Ellen vom Wasser sich entfernend. Die Abweichungen von dieser Regel reichen grade hin, die Einförmigkeit eines fast durchgehenden Einerleies bisweilen zu unterbrechen. Ich brauche Ihnen nichts Mehr von den Burgtrümmern, von den am schmalen Ufer sich drängenden Dörfern und Städtchen, von den gut unterhaltenen ebenen Wegen, von den mit Weinbergen bedeckten Hügeln, von den herrlichen Buchten dieser großen Pulsader Europas zu erzählen. Denn, um über diesen so viel betretenen und befahrenen oder beschifften Weg etwas Neues und Interessantes sagen zu können, muß man tagelang unter diesen Burgruinen umherschwärmen, die Thäler durchstöbern und in die örtlichen Sagen tief eindringen wollen. Wir ergötzten uns innig, blos im Vorüberfahren, an Allem, was wir sahen, bis daß wir an die preußische Grenze kamen, wo eine Burg, die auf einer Felsenkuppe fast schwebend hing, mich besonders anzog. Dieser Bau schien, ungleich den übrigen, noch in gutem Zustande zu sein; auch stieg Rauch aus einem Rauchfange, der aus einem vorspringenden Thurme sich hoch erhob, fast senkrecht über unsern Häuptern; dazu deuteten Fensterscheiben und andere Gegenstände auf eine völlig eingerichtete Wohnung. Wie gewöhnlich, befragte ich den Postilion. Ich entnahm aus seinen Reden, daß der Ort den Namen »Ritterstein« führe; aber ein Name thut nicht viel zur Sache. Es war ein mittelalterliches Schloß, eine wahre Rhein-Veste, welche von dem Bruder des Königs von Preußen angekauft wurde, der jetzt Gouverneur der Rheinprovinzen ist. Dieser Prinz hatte die Burg wieder herstellen lassen; und sich dabei streng an den alten Baustyl gehalten, das Gebäude nach dem Brauche des Mittelalters mit Hausrath versehen, und zu einem wahrhaft bequemen Edelsitze einrichten lassen. Ueberdies, wenn der Prinz nicht selbst sich in der Veste aufhielt, was wohl diesmal nicht zu vermuthen war, so war auch Fremden erlaubt, solche in Augenschein zu nehmen. Hier stand nun eine unerwartete Lust uns bevor; wir stiegen eilig aus, indem wir aus dem Grunde unserer Herzen den Gouverneur der Rheinprovinzen, seinen Geschmack und seine Leutseligkeit bewunderten.

Wenn Sie sich des Gefühles von Befriedigung noch erinnern, mit welchem wir im Jahre 1827 dem kleinen Jagdthurme des unglücklichen Prinzen von Condé unsern Besuch machten, ein Gebäude, dessen Hauptannehmlichkeit durch die äußere Form gegeben war, und durch den Gedanken, daß Königin Blanka ihn habe bauen lassen; so können Sie sich leicht den Eifer denken, mit welchem wir jetzt den mühseligen Weg bergan zu erklimmen begannen. Der Pfad war gut, geschmackvoll dabei vielfach gewunden und möglichst vortheilhaft angelegt. Die Burg selbst stand auf Felsenspitzen, die von drei Seiten fast senkrecht emporragten, in einer Höhe von beinahe, oder vielleicht auch völlig zweihundert Fuß über dem Fahrwege.

Als wir bis ans Burgthor gekommen waren, begrüßte uns nicht ein Wärter, sondern das Grollen und Bellen eines gräulichen Hofhundes, der schicklicher einen Federviehhof hätte bewachen sollen, als ein fürstliches Schloß. Ein »Reitknecht halb, halb Burgvogt«, dabei ein wenig angetrunken, kam sogleich, um uns zu empfangen, und nachdem er dem Hunde in einer Sprache, die nicht weniger wohlklingend, als das Brüllen des Hundes war, Stillschweigen auferlegt, bot er uns mit vieler Höflichkeit seine Dienste an, um uns die Burg zu zeigen.

Wir hielten unsern Einzug über eine kleine Zugbrücke; das Schloß steht aber so nahe am Rande eines überhangenden Felsen, daß ich geneigt war, zu glauben, die Zugbrücke diene zu weiter nichts, als um einen angemessenen Eindruck hervorzubringen, und sei keineswegs, der ursprünglichen Einrichtung gemäß, erneuert worden. Ein beträchtlicher Theil des alten Gemäuers, vorzüglich der Thürme, ist geblieben, welche letztere eine rohe rundliche Form haben; Alles was äußerlich nachgebessert worden ist, besteht hauptsächlich in der Ausfüllung der Lücken, dem Wiederaufbau der Brustwehren und der Anlage eiserner Treppen ausserhalb. Ich bin eben so wenig im Stande, Ihnen eine deutliche Vorstellung von der unregelmäßigen Form dieses Baues durch Beschreibungen zu entwerfen, als Sie von dem Geschnörkel des gothischen Baustyls ein Bild sich entwerfen könnten, wenn Sie noch niemals ein gothisches Gebäude gesehen, oder blos eine Abhandlung über diese Bauart gelesen hätten, ohne selbst Etwas der Art gesehen zu haben. Diese Schwierigkeit wird Ihnen begreiflich werden, wenn Sie sich vorstellen, daß dieser Bau auf Felsenspitzen ruht, deren unterbrochene Gipfel dessen Grundlagen bilden, und demselben die Form des äußern Umfangs des Ganzen aneignen. Der Hofraum ist enge und unbequem; Kutschen kommen ohnehin nicht hinauf; aber verschiedene kleine, höher oder niedriger angebrachte, niedliche Abtheilungen an der Vorderseite entsprechen den mancherlei Zwecken eines Gehöfes, und gewähren zugleich nach beiden Richtungen des Flusses liebliche Aussichten in die Ferne. Diese terassenähnlichen Abtheilungen konnten grade nur da eingerichtet werden, wo Raum dazu vorhanden war, und so entsteht durch den gänzlichen Mangel aller Regelmäßigkeit eine der vorzüglichsten Annehmlichkeiten dieses Felsensitzes.

Im Innern hat man die alterthümliche Einrichtung mit vielem Fleiß und Eifer beachtet. Der Hausrath ist nicht blos nachgeahmt, sondern wir vernahmen, daß Vieles aus den königlichen uralten Rüstkammern von Berlin hierher gebracht worden sei. Bei dem Worte »königlichen« brauchen Sie sich übrigens nicht den Begriff des Stattlichen und Prachtvollen hinzuzudenken, sondern sich blos vorzustellen, daß die alten Schlösser der Baronen und Grafen, deren Deminutivterritorien dazu beigetragen haben, den neuen preußischen Groß-Staat zusammenzusetzen, zu diesem Zwecke durchspäht und ausgeräumt wurden.

Der Rittersaal oder die Burghalle ist nicht groß, aber ein merkwürdiges Gemach; es ist fast das einzige Zimmer im ganzen Bau, das man überhaupt ein stattliches Zimmer nennen kann. Die Feuerungsstätte ist hoch und weit, so daß ich bequem hineinspazieren konnte, und ganz im alterthümlichen Styl gehalten. Eine Menge merkwürdiger Waffenstücke hängen in dieser Halle, und außer diesen ist sie noch mit manchen andern so einfachen als seltenen Gegenständen geschmückt. Die Deckenleuchte besteht aus kreisförmig verbundenen Gemshörnern, die zur Aufnahme von Lampen vorgerichtet sind. Fast mehr Geschmackvolles fanden wir hier, als wir den Zeiten der Lehnsherrlichkeit zutrauen möchten, und hier dürfte die neuere Ausschmückungskunst manches hinzugefügt haben; überhaupt erschien Alles hier gleich einem handgreiflichen Gemälde der Vergangenheit, gleich einem Walter-Scottschen Gedichte. Auch möchten bei genauerer Durchmusterung sich manche Anachronismen in dem Hausrathe haben nachweisen lassen, aber wir Alle bedienen uns ja des Hausrathes verschiedener Zeiten zusammen, wenn wir nicht, dem veränderlichen Geschmacke der Vornehmen zu Liebe, immerfort durchaus Alles umändern und erneuern wollen.

In einer Ecke des Rittersaals stand ein altes Gefäß, ein Wasserbehälter, und darunter war eine porcellanene Schale, um das Heraustropfende aufzufangen, hingestellt. Das Wasser erhielt man durch Umdrehen eines Hahns. Die Sessel, die Tische, die Schränke waren sämmtlich von Eichenholz; die Ueberzüge der Sessel, nämlich die Rücklehnen und Sitze, waren reich mit Goldstickerei geziert, Arbeiten mehrer Glieder der königlichen Familie. Die Zeichnungen stellten verschiedene Familienwappen dar.

Alle Treppen waren einfach aber merkwürdig; aus einer derselben umkreis'ten wir die äußere Mauer eines Thurmes bis zu einer schwindelerregenden Höhe von mehr als dreihundert Fuß über dem Fluß; der Thurm selbst stand am äußersten Rande des furchtbaren Absturzes. Von diesem Thurme erhob sich ein Rauchfang vorwärts, und da derselbe noch immerfort rauchte, so fragte ich nach der Ursache. Wir erfuhren, daß die Lunte eines kleinen Geschützes, das zum Signal für das Dampfboot abgefeuert worden sei, sich in dem Rauchfange befinde und noch fortdampfe. Das Signal war gegeben worden, um den Prinzen und seine Familie in den Stand zu setzen, sich hier einzuschiffen, denn es war seit seiner Abreise noch keine Stunde verflossen, als wir ankamen. Wahrlich, die Zeiten ändern sich; jetzt können die Bewohner einer solchen Veste von Bingen nach Koblenz in einer Stunde mit dem Dampfboot zum Mittagsmahl fahren.

Wir besuchten auch die Schlafgemächer; der Prinz schlief auf einer tragbaren Lagerbettstätte, die Damen hatten in die Wände eingelassene Schlafstellen inne, wie in den alten Zeiten gebräuchlich. Alle Gemächer waren klein, die Ritterhalle ausgenommen, dazu niedrig, obschon deren eine große Anzahl vorhanden war. Einige schienen etwas zu sehr modernisirt, während Alle im Ganzen wundervoll dem Alterthum angepaßt waren. Nur eine überstrenge Kritik hätte hier auf Anachronismenjägerei ausgehen können; aber in diesem Fache dürfte selbst Walter Scott und Shakespeare dem Prinzen Friedrich nichts schuldig bleiben.

Es war diese eine der vergnügtesten Stunden, die wir hier in der Beschauung aller dieser Seltenheiten zubrachten; denn hier handhabten und fühlten und tändelten wir mit einem lebendig vor uns auftauchendem Wunder, nachdem wir deren zu Dutzenden gesehen, die wir nur mit ausgestopfter und ausgedörrter, verlegener Waare vergleichen konnten.

(In Beziehung auf die Streitfrage, welche die Ausgaben der nordamerikanischen Regierung berührt, worauf in diesen Briefen angespielt wurde, möchten folgende nähere Angaben vielleicht nicht ohne Interesse sein.)

Schon früh am Tage begann die Partei, welche den Streit in dem Sinne der andern Seite führte, häufig auf gewisse Amerikaner anzuspielen – » plusieurs nobles Americains« – das war der beliebte Ausdruck – hätten ihn, so sagte der Berichterstatter, mit Aufklärungen versehen, welche die Wahrheit seiner Sätze unterstützen, und folglich die Behauptungen, die unserer Seits aufgestellt worden, völlig entkräften würden. Zu gleicher Zeit hatte ich geheime Winke erhalten, daß zum Theil sogar unserer Gesandtschaft angehörige Personen für die Jenseite thätig gewesen wären. Einesmals führte Herr Perier, der erste Minister von Frankreich, sogar den Namen des Beamten öffentlich an, indem er von der Tribune herab redete, als habe dieser Aeußerungen fallen lassen, welche denen, die das amerikanische System vertheidigten, widersprächen, und dagegen den Angreifern desselben günstig wären. Ich begreife gar wohl, daß Herr Rives erklären mußte, daß Herr Perier keine Befugniß hatte, weder seinen Namen zu nennen, noch ihm eine solche Meinung in den Mund zu legen; aber nun steht einmal diese Behauptung vor der Welt als ein Faktum da. Gewiß muß es Ihnen höchst unangenehm ausfallen, daß nun schon zum dritten Male öffentlich unsere eigene Beamteten angeführt werden, als Leute, die gegen die Vorzüge unserer Verfassung sich aussprechen. Die beiden andern Vorfälle ereigneten sich im brittischen Parlamente, und in einem derselben wurde, wie es hier dem Herrn Rives erging, ebenfalls der Name des Staatsbeamten genannt. Ich bin freilich nicht im Stande auszumitteln, ob diese Herren mit Recht oder mit Unrecht namentlich angeführt worden sind; aber es ist schon überhaupt ein schlimmes Zeichen, daß man gradezu ihre Namen nennen konnte. Stellen Sie sich einen Augenblick vor, welche Folge es haben würde, wenn ein Mitglied des Kongresses den Gesandten einer fremden Macht in Washington namentlich in Reden aufführen wollte, worin sich ein wesentlicher Zug von Tadel gegen die von ihm vertretene Macht ausspräche; welche Widersprüche und Verwahrungen, um nicht zu sagen, welche Zänkereien würden daraus entstehen? Woher mag es wohl kommen, daß die Gesandten der angemaßten ausschließlichen Gewalten den Interessen ihrer Beherrscher weit inniger anhängen, als diese Vertreter einer freien Verfassung die Ehre ihrer Mitbürger zu wahren geneigt scheinen?

Manche werden Ihnen antworten, die Lage Europa's sei zweifelhaft; unsere Verhältnisse zu manchen Staaten seien leichtverletzlicher Art; und es sei vor allen Dingen ersprießlich, überhaupt Zeit zu gewinnen. Fürs erste bin ich aber nicht der Meinung, daß in allen diesen Wirren wirklich ein so nachgiebiges Streben des Zeitgewinnenwollens obwalte, als man gewöhnlich vorgiebt, sondern ich glaube vielmehr, daß in allen den Fällen, wo unsere Staatsbeamten die bezeichnenden, hauptsächlichen Sätze der Verfassung verläugnen, (und dergleichen Fälle sind so häufig vorgekommen, daß sie die allgemeine Aufmerksamkeit erregt und beißende Beleuchtungen in Zeitungen veranlaßt haben), solches »aus dem vollen Herzen geschah,« wovon »der Mund überging.« Jedoch zugegeben, daß die erste Annahme richtig sei, daß nehmlich diese Herren blos nachgiebig scheinen, um den Frieden zu erhalten, und dabei die kluge Absicht hegen, das, was sie als das Interesse ihres Vaterlandes anerkennen, möglichst zu fördern; so behaupte ich dennoch, daß der Weg, den sie zu diesem Ziele wählen, im äußersten Grade unpolitisch und ihrer unwürdig ist. Unser Wahlspruch bleibt: »Nichts zu fordern, als was Recht ist, und in Nichts nachzugeben, was Unrecht ist.« Abgesehen von der lauteren Rechtlichkeit einer solchen Gesinnung, so könnte selbst die Weisheit eines Salomo die wahre Staatsgrundregel einer Nation nicht besser aussprechen, die sich in einer Stellung befindet, wie die Unsrige. Wer möchte behaupten, daß das »Recht«, welches wir fordern können, um den entehrenden Preis der Verläugnung der Wahrheit erkauft werden dürfe? Denn das würde geradezu heißen, ein vollgültigeres Recht um ein werthloses einschachern. Diese Leute, so voll von wichtigen, praktisch sein sollenden Beweggründen, mögen sich mit der Vertheidigung ihres mit dem Vorwande der Besonnenheit bemäntelten Benehmens noch so sehr abmühen; sie werden nie und nirgends so einfache und zu gleicher Zeit so sichere Mittel aussinnen können, um das große Ziel unserer erwähnten politischen Bestrebungen zu erreichen, als indem sie bei den geraden und unverfälschten Eingebungen der ungekünstelten Rechtschaffenheit beharren. Jede elende Kleinigkeit augenblicklicher Vortheile, die sie erschwingen könnten, wird gewiß und unversehens mit irgend einer Unannehmlichkeit für sie selbst zusammentreffen, die sie bei dem unwürdigen Handelsgeschäfte in Verlust bringen wird. In Beziehung auf Frankreich hat bereits die Folge die schlechte Politik des nachgiebigen, Zeit gewinnen wollenden Benehmens außer Zweifel gesetzt. Denn, als die französische Regierung eine solche Willfährigkeit zum Nachgeben in den Agenten, die uns vertreten sollten, wahrnahmen, so hat sie kein Bedenken getragen, von den Amerikanischen Vereinigten Staaten vorauszusetzen, daß die Mehrheit bei uns ebenfalls im Sinne dieses temporisirenden und selbstsüchtigen Systems zu Werke gehe, und hat eine förmliche Unterhandlung demgemäß eingeleitet, welche eine zögernde und durchaus unbefriedigende Ausgleichung jener schreiendsten Beeinträchtigung beabsichtigt, die jemals von einer civilisirten Nation der anderen zugefügt wurde, gleichsam als hänge die Erledigung dieser Angelegenheit lediglich von dem Gutdünken der französischen Regierung ab. Dieses Resultat hatte der Verfasser vorhergesehen und auch vorher angekündigt in einem Briefe, den er im Jahre 1832 schrieb, und der bereits im Jahre 1833 im Drucke erschien. Dazu war blos nöthig, an Ort und Stelle sich zu befinden und Zeuge des verneinenden und gleichgültigen Benehmens gegen unsere Regierung zu sein, welche durch dieses elende Benehmen derer, deren Pflicht es war, uns würdig zu vertreten, hervorgebracht wurde, um die Ereignisse vorherzusehen, die seitdem wirklich eingetroffen sind. Die zufälligen Verwicklungen der politischen Verhältnisse von Europa waren uns günstig, und die wirkliche, obschon verzögerte Ausgleichung unserer Forderungen verdanken wir Rußland mehr, als uns selbst!

Doch, um wieder auf Frankreich und die finanzielle Streitfrage zurückzukommen; unsere Gegner hatten zuletzt die Frechheit, ein Aktenstück zu veröffentlichen, von welchem sie behaupteten, daß es ihnen von ihren » honorables Americains« mitgetheilt worden sei, und womit sie beabsichtigten, eine ihrer verschiedenen Behauptungen zu unterstützen; denn im Verlauf der Zeit hatten sie deren mehrere aufgestellt, von denen kaum ihrer zwei wirklich miteinander überein stimmten. Ich zweifle auch keinesweges, daß dieses Aktenstück bei dieser Gelegenheit wirklich von »Amerikanern« herrührte, obschon es ursprünglich von Kapitän Basilius Hall herrührte. Dieser Herr hatte der Beschreibung seiner Reisen eine Tabelle beigefügt, welche eine geordnete Uebersicht des Staatsaufwandes der Regierung der Vereinigten Staaten enthalten sollte. Um Ihnen eine Vorstellung von dem Werth dieser Tabelle, als politisches und statistisches Dokument, zu geben, will ich blos einige seiner einleuchtendsten Irrthümer andeuten. Um zum Beispiel nur von unserem eigenen Staate zu reden, so sind darin die Einnahmen von dem bürgerlichen Eigenthume unseres Staates, von dem Kanal, von den Gemeindeschulen, von den wissenschaftlichen und anderen Stiftungen, die nothwendig durch die Schatzkammer fließen müssen, in einer Totalsumme, die, wider uns zu zeugen, den Anschein hat, als jährliche Belastung durch die Regierung aufgeführt; wodurch also die wirklichen Staatserfordernisse um das Fünffache den wahren Betrag übersteigen. Jedermann weiß, daß die Einnahmen von den Kanälen allein, in dem Augenblicke, wo die Bedingungen der Anleihen, die zur Anlegung derselben gemacht wurden, erfüllt werden müssen, mehr als hinreichend sein werden, um die ganze vom Staate übernommene Verbindlichkeit zwiefach zu decken; aber vermöge jener mystificirenden Behauptung müssen wir nothwendig mit jedem Dollar, um den sich unser Kapital vermehrt, ärmer erscheinen! Von dieser Art aber sind die triftigen Beweisgründe, die manche unserer Landsleute den Federhelden der französischen Partei in die Hände spielten, einer Partei, die durchaus nicht verhehlte, daß es ihr nur darum zu thun sei, die vermeintlichen Vorzüge einer monarchischen Regierungsform zu vertheidigen.

Doch das ist noch nicht Alles. Einer unserer Mitbürger hat sich sogar dazu verstanden, seinen Namen dazu herzugeben, um die schlechte Sache der französischen Publicisten zu unterstützen. Von dem Gehalte der Behauptungen dieses Herrn (Hr. Leavitt Harris von New-Yersey), oder von der Stärke seiner Beweissätze, will ich hier gar nicht reden, denn seine Schrift, wie unsere Antworten, werden die Sache hinreichend beleuchten. Gleichwohl hat die Partei des französischen Verwaltungssystems die Behauptungen des Herrn Harris für hinreichend wichtig gehalten, um solche in einer besondern Nummer ihres literarischen Organs, der Revue britannique, abdrucken zu lassen, und sich auf dieselbe in allen übrigen Blättern ihrer Partei zu beziehen, als sei jene Schrift das Resultat der Forschungen eines Amerikaners, dem hochwichtige diplomatische Missionen von seiner Regierung anvertraut worden waren, und der schon aus diesem Grunde als eine gewichtvollere Auctorität gelten müsse, als ein einfacher, mit keinen Staatsämtern beehrter Bürger, wie ich zum Beispiel, der keine Ansprüche auf anderweitige Beachtung machen könne, als auf solche, die ich in meiner Lage durch vorgebliche Beweisführungen erstreben könne. Die französischen Publicisten, um ihrem beigebrachten Zeugnisse ein größeres Gewicht zu geben, mußten ein wenig übertreiben; denn um diese Zeit hatte Hr. Harris keinen andern hohen diplomatischen Posten bekleidet, als daß er einmal, während der Abwesenheit des Hrn. Adams in Ghent, das Amt eines Chargé d'Affaires bei unserer Gesandtschaft in Petersburg versah. Aber kurz nach dem Erscheinen jenes Briefes wurde er von dem Präsidenten und dem Senate der Vereinigten Staaten von Nordamerika zum Repräsentanten desselben beim Könige der Franzosen ernannt, gleichsam um ausdrücklich seinem Zeugnisse Gewicht zu verleihen. Die Menge mußte, wie Sie leicht denken können, größtentheils gegen mich sein; denn in den Ländern Europas weiß der große Haufe aller Stände sehr wenig von der näheren Beschaffenheit der Verwaltungsangelegenheiten, und es gilt daher als eine höhere Begründung eines Zeugnisses über Gegenstände dieser Art, wenn behauptet wird, es rühre von einem Manne her, der mit den Verwaltungsgeschäften in näherer Beziehung stand oder noch steht. So wie nunmehr meine Stellung war, widersprochen durch die angeführte (wahre oder falsche) Ansicht des Herrn Rives, und ebenso durch die Behauptungen des Herrn Harris, können Sie sich leicht denken, daß ich mich in solcher Lage nicht gerade behaglich fühlen konnte. Ohne Gehalt, ohne anvertrautes Amt von meiner eigenen Regierung, bestritten in meinen eigenen Behauptungen, wenigstens dem Anscheine nach, von den accreditirten Staatsmännern derselben, befinde ich mich, zur Vertheidigung der Wahrheit, schlechterdings nur auf meine eigenen Mittel beschränkt, so weit mir nehmlich von Amerika Unterstützung zu erwarten stand; und bin jetzt nur noch im Stande, diese einfache Aufzählung faktischer Belege zu versuchen, welche möglicher Weise irgend einmal in kommenden Tagen dem Zwecke einer bescheidenen Verwahrung in Sachen meines guten Rechtes entsprechen möchten.

Diese Streitfrage hat wenigstens den Nutzen gehabt, daß sie das Benehmen dieser Regierung entlarvte in Beziehung auf ihre wahren Gesinnungen gegen Amerika und seine Verfassung. Von ihrer vorgeblichen freundschaftlichen Gesinnung bin ich auch nicht einen Augenblick lang verblendet gewesen; aber, wo Beweise nicht immer zu Gebote stehen – denn, wo es wirklich darauf ankommt, vermögen weder Talente noch Scharfsinn das Unrecht in Recht umzuwandeln – da haben die meisten Publicisten, die gegen mich auftraten, ihrem Schreibstyl durch Einmischen schlechter Witze in ihre Schlußfolgen aufzuhelfen versucht. Kaum ist mir in den dünkelhaften Tagen der Quarterley Review ein dem ähnliches Versinken in durchaus gemeine und nur zu kindische Verhöhnungen jemals vorgekommen, als manche Ausfälle, die solche Leute neuerdings sich gegen Amerika erlaubt haben. Das Meiste, was diese Federhelden veröffentlichet haben, ist unverkennbarer Trug, womit man einen beabsichtigten Eindruck auf den großen Haufen hervorbringen wollte, da man, nur auf das vorgesteckte Ziel bedacht, in der Wahl der Mittel nicht wählerisch sein wollte. Vieles hat man indessen als wirkliche Wahrheit deßhalb aufgenommen, weil es aus den festgewurzelten Vorurtheilen hervorging, welche diejenigen, die unsere Sache so schlecht vertreten, durch ihre Bemühungen den europäischen Meinungen noch inniger eingepflanzt haben. Da wir von Fehlern nicht rein sind, so ist, leider, bei Weitem mehr von ihren Behauptungen wirklich wahr, als man wünschen möchte. Und doch sind manche dieser angeführten Behauptungen so ungereimt, daß es Sie belustigen wird, wenn ich sie Ihnen mittheile. Die Franzosen betrachten die Sonntage als Tage der Erholung, und wenn sie also die Messe gehört, (eine Pflicht, die übrigens in Paris, außer den Frauen, nur Wenige erfüllen), so wird die übrige Zeit dem Tanze und anderen Lustbarkeiten gewidmet. In der Absicht nun, sich der eingewurzelten Ansichten der Nation in diesen Dingen anzuschließen, hat man den Gebrauch der Amerikaner, eine Kette über die Straße vor der Kirche aufzuspannen, um zu verhüten, daß das Gerassel der Kutschen den Gottesdienst nicht störe, (ein Gebrauch, der eben so europäisch, als amerikanisch, und bei uns nicht einmal so sehr häufig ist), auf eine solche Weise erläutert worden, daß man die Franzosen zu überreden suchte, daß unsere Straßen sämmtlich mit Ketten gesperrt würden, und daß selbst das Spazierengehen, oder das Reiten, oder gar das Fahren an Sonntagen bei uns verboten sei. Als Zugabe zu einer langen Reihe solcher Ungereimtheiten, werden wir überdieß keck der meisten größeren Laster beschuldigt, und hin und wieder wird darauf angespielt, unsere sittliche Verderbniß sei eine natürliche Folge unserer Abstammung von übergeführten Uebelthätern!

Dem Amerikaner, der nicht wenig dazu geneigt ist, auf seine Abstammung von einer Rasse von ausgezeichneter sittlicher Reinheit stolz zu sein, muß eine solche Verlästerung seiner Vorfahren wunderbar lauten und seine völlige Verachtung aller, die solche aussprechen mögen, bewirken. Daher muß ich mir die Bemerkung erlauben, daß Sie vielleicht noch gar nicht wissen, daß es eine gewöhnliche und fast allgemein verbreitete Meinung in Europa war, daß unsere Staaten durch Verbrecher zuerst bevölkert worden seien. Denn daß dieß bis zur neuesten Zeit die vorherrschende Meinung in Europa wirklich war, darüber hege ich gar keinen Zweifel mehr, obschon ich zugebe, daß die letzten fünf Jahre hierin Manches geändert haben; da jetzt die Aufmerksamkeit der Masse der Völker auf uns in weit höherem Grade angeregt worden ist, als während der zwei Jahrhunderte, die jener kurzen Zeit vorhergingen. Es muß Ihnen wirklich lächerlich vorkommen, daß ganz gewöhnliche Werke der Einbildungskraft die wesentlichen Mittel gewesen sind, die diese Meinungsänderung hervorbrachten; also belehrende Mittheilungen, die durch das Mittel der Unterhaltung Eingang fanden, haben den Weg gebahnt, den die ernsteren Bemühungen des Geschichtschreibers niemals zu bahnen im Stande gewesen waren. Courier, einer der witzigsten französischen Schriftsteller, die Frankreich hervorgebracht hat, sagt, es sei eben so ungerecht, den heutigen Römern vorzuwerfen, daß sie von Jungfrauenräubern und Wegelagerern abstammten, als es ungerecht sein würde, den Nordamerikanern vorzuwerfen, daß sie von überwiesenen Verbrechern abstammten. Wohl wünschte er das Brandmahl seiner politischen Freunde auszutilgen; aber kein Gedanke scheint ihm einen Zweifel eingegeben zu haben, ob diese Beschuldigung auch wohl wirklich gegründet sei. Auch Jefferson spielt auf diese Meinung in seinen Briefen ebenfalls an, wie dieß aus seiner Entgegnung auf die philosophische Untersuchung eines seiner Freunde offenbar hervorgeht. Er schätzt nehmlich die Gesamtanzahl derer, die, richterlichem Erkenntniß zufolge, nach den amerikanischen Kolonieen übergeführt wurden, auf etwa zweitausend; und indem er auf ihre Lebensweise hinweist, folgert er weiter, daß die Nachkommen derselben nach einem halben Jahrhunderte die ursprüngliche Anzahl nicht übersteigen konnten. Ich weiß nicht, woher Herr Jefferson die Quellen für seine Annahme geschöpft hat; aber er hat durchaus nicht den an ihm gewohnten Scharfsinn in der Darlegung der Ursachen entwickelt, weshalb jene übersiedelten Sträflinge nur wenige oder gar keine Nachkommenschaft hinterlassen haben sollen. An Frauen aber war ein zu großer Mangel in Amerika, während der ersten zwei Jahrhunderte der Ansiedlungen, als daß man es für wahrscheinlich halten könnte, daß Männer, die öffentlich durch Schande gebrandmarkt waren, Frauen hätten bekommen können, und darin liegt gewiß ein physisches Hinderniß der Vermehrung dieser Menschen, zumal da äußerst wenige Weiber als Sträflinge hinüber kamen. Während der letzteren zwei oder drei Monate sind in der Deputirtenkammer zwei Fälle vorgekommen, wo Mitglieder derselben Amerika als Beispiel anführten, um ihre Behauptungen zu unterstützen, daß es möglich sei, ehrenwerthe Gemeinden aus Kolonisationen von Verbrechern hervorgehen zu lassen!

Ich würde des Aufsatzes des Herrn Harris gar nicht erwähnt haben, wenn es nicht zu etwas dienen könnte, durch ein paar Auszüge aus demselben die finanzielle Streitfrage selbst zu beleuchten. Um dieses mit Erfolg thun zu können, und so ferne hier der Hauptpunkt, wovon man ausging, ebensowohl als die Parteiansicht, in Betrachtung kommt, muß ich einige vorbereitende Erläuterungen vorangehen lassen. Herr Sauliner, der Hauptanführer unserer Gegner, hatte unserem Verhaltungssysteme den Vorwurf gemacht, daß fast alle Staatseinnahmen von den Zöllen herrührten, welches, wie er solches auszuführen bemüht war, eine zu schlechte Quelle sei, um daraus für die Bedürfnisse eines Staates zu sorgen. Dieses möge nun sein, wie es wolle, erwiederte ich, so bestehe in dieser Hinsicht zwischen Amerika und Frankreich kein wesentlicher Unterschied, außer daß die eine (die französische) Verwaltung so viel sie nur irgend könne, aus den Zöllen zu beziehen suche, während die andere (die unsrige) nur so viel, als sie höchstnothwendig brauche, sich aus denselben aneigene. Noch fügte ich hinzu, daß, eine Auflage auf auszuführende Gegenstände ausgenommen, jede andern gebräuchlichen Mittel, die Staatseinkünfte zu mehren, wenn solches erforderlich ist, den in Amerikanischen Vereinigten Staaten durchaus entbehrlich wären. Gegen diese letzteren Behauptungen machte Herr Harris einige Ausstellungen, indem er sagte, die Verwaltung des Herrn Adams, des Vaters, habe sich nicht halten können, weil sie ihre Zuflucht zur Accise, zu Stempelerhöhungen und zu direkten Besteuerungen nehmen wollte; und seit jenem unglücklichen Versuche habe selbst während des Krieges keine Verwaltung in Amerika daran gedacht, sich auf eine solche verletzende Weise Hülfsmittel zu verschaffen, als jene waren, welche die Revolution von 1776 herbeiführten! Im Vorbeigehen gesagt, Herr Harris wurde daran erinnert, daß die Stempelakte, worüber die Kolonisten Beschwerde führten, mehrere Jahre vor 1776 bereits zurückgenommen war, und daß die Revolution vielmehr dadurch entstand, daß die Kolonien überhaupt dem Parliamente das Recht absprachen, die Kolonien zu besteuern, und daß es sich also nicht blos wegen einer besonderen Auflage handelte; ferner, daß man wirklich im Kriege 1812 seine Zuflucht zur Accise und zu Stempelauflagen genommen, ohne deßhalb die Verwaltung des Herrn Madisson aufzuheben, oder die seines Nachfolgers irgend zu stören. Aber welche Wirkung konnte wohl eine solche Behauptung den Meinungen eines Mannes gegenüber sich versprechen, der in den Augen Europas in dem Glanze eines Amerikanischen Diplomaten aufgetreten war? Herr Harris hingegen gab sein Zeugniß mit der doppelten Genugthuung, nicht blos bei den französischen, sondern auch bei den nordamerikanischen Verwaltungsmännern alles Zutrauens gewiß zu sein; dieses verschaffte ihm ein Uebergewicht, welches selbst durch einen Gegenbeweis aus den Statutenbüchern nicht aufgehoben werden konnte.

Herr Harris fertigte daher auch einen äußerst schwierigen Punkt in dieser Streitfrage mit einer solchen flüchtigen Genialität ab, daß dieses wirklich verdient, erwähnt zu werden. Unsere Gegner hatten die Amerikanische Regierung verschwenderischer Ueppigkeit beschuldigt, weil die Rede davon war, sowohl einen Stadt- als einen Landpalast für den Präsidenten zu erbauen, – ein Grad von Aufwand, vor welchem man in Frankreich, aus drückenden Erinnerungen, große Scheu trägt. Dieser Gegenstand war von uns gar nicht als eine Sache die irgend wichtig sei, behandelt worden, obschon General Lafayette diesen Gegenstand einigemal im Vorbeigehen gleichsam scherzweise berührt hatte. Dagegen mögen die Worte des Herrn Harris hier für sich selbst sprechen: » Le general Lafayette parait surtout avoir été frappé de l'erreur dans la quelle est tombé l'auteur, de la Revue à l'égard de la belle maison de campagne dont il a doté la presidence, et c'est peut être là ce qui l'a porté à faire appel à Mr. le Général Bernard et à Mr. Cooper

»L'erreur de l'auteur de la revue au Sujet de la maison de campagne du président est de très peu d'importance. Personne ne sait mieux que le général Lafayette que la residence affectée par la nation à son président, dans le district de Columbia, est située de manière à jouir des avantages de la ville et de la campagne.« »Der General Lafayette scheint vorzüglich über den Irrthum betroffen, worin der Herausgeber der Revue in Hinsicht des schönen Landhauses gefallen ist, womit derselbe die Präsidentschaft beschenkt hat, und das ist es wohl, weßhalb er auf den Herrn General Bernard und Hrn. Cooper sich beruft.« –
»Der Irrthum des Herausgebers der Revüe hinsichtlich des Landhauses des Präsidenten ist von ganz geringer Erheblichkeit. Niemand weiß besser, als der General Lafayette, daß die dem Präsidenten von der Nation gewidmete Wohnung im Distrikte Columbia eine solche Lage hat, um die Annehmlichkeiten des Stadt- und Landlebens vereinigen zu können.«

Hieraus können Sie die verschmitzte Feinheit abnehmen, mit welcher wir in diesem Streite zu thun hatten. Erst beschuldigt man uns einer unziemlichen Verschwendung, in dem wir uns die Kosten eines Stadt- und Landhauses für einen bloßen Beamten aufbürdeten; und so wie ihre Behauptung entwaffnet wird, wendet man sich wieder mit solcher hämischen Arglist gegen uns, als wolle man nur gelegentlich anmerken, dahin sei es mit unserer geistigen Erschlaffung bereits gekommen, daß wir die Vortheile zweier Anlagen in einer einzigen verbinden wollten! Herr Harris hätte nur noch einen Schritt weiter gehen, und ebenfalls zeigen sollen, so weit wären wir in der Nachgiebigkeit gegen unsere verschwendrischen Launen bereits vorgerückt, dass selbst Washington so angelegt ist, um zu gleicherzeit die Annehmlichkeit des Stadt- und Landlebens darzubieten!

Ich habe alle Ursache zu vermuthen, daß Herr Harris mittelst dieses dialektischen Kunstgriffes einen großen Vortheil über uns errungen hatte. Gleichwohl hatte ich besseres Glück mit einer andern Stelle in seiner Schrift. Nämlich aus der 22. und 23. Seite dieses wichtigen Aktenstücks findet sich das Folgende; die Sache selbst betraf den Staat Pennsylvanien, und zwar die Berechnung der Kosten des Kanals, welche Herr Harris zu den Ausgaben des Staates hinzurechnet, indem er nicht blos die Interessen der gemachten Anleihen, sondern auch die Anleihen selbst den jährlichen Ausgaben hinzuzählt. Die Schrift erschien in französischer Sprache; ich gebe hier die Uebersetzung derselben: »Der größere Theil dieses Betrags, etwa zwei und zwanzig Millionen Dollars ist während der letzten zwölf Jahre ausgegeben worden – und, wohl zu merken, als die Volkszahl noch um die Hälfte oder um zwei Drittheile kleiner war, als sie jetzt ist, als sie nämlich im Durchschnitt nicht mehr als 800,000 Seelen betrug (während die jetzige Bevölkerung 1,360,16l Seelen ausmacht), woraus demnach hervorgeht, daß auf jeden Kopf jährlich eine Abgabe von zwei und einem halben Dollar für einheimische Verbesserungen während dieser Zeit zu entrichten war.« –

Nun bin ich der Meinung, daß, bei einer jeden andern Gelegenheit, unter gewöhnlichen Verhältnissen, also einem Streiter gegenüber, der sich nicht auf das Zutrauen und auf die Begünstigung der Regierung der Vereinigten Staaten von Nordamerika hätte stützen können, ich mit der angeführten Stelle bald fertig gewesen wäre; indem ich blos nöthig hatte beweisen, daß 800,000 weder die Hälfte noch zwei Drittel weniger sei, als 1,360,161; daß Pennsylvanien, weit entfernt, seine Bevölkerung um das Dreifache oder nur um das Doppelte in zwölf Jahren zu vermehren, sich nicht einmal in zwanzig Jahren auf das Doppelte erhöht habe; daß Pennsylvanien beim Beginne jener zwölf erwähnten Jahre wirklich eine um ein Viertel größere Bevölkerung besaß, als Herr Harris ihr im Durchschnitt zugestehen will, während einer Periode, in der sie, seiner eigenen Behauptung nach, sich verdoppelt haben sollte; und ich überdies ebenfalls hätte beweisen können, daß die zu öffentlichen Werken aufgenommenen und verwendeten Gelder, von welchen man nur in der Absicht, eine große Einnahme zu erzielen, Gebrauch macht, nicht eher als eine jährliche Auflage auf sämmtliche Bürger angesehen werden konnten, bis sie wirklich aufgefordert wurden, solche zu bezahlen.

Nachdem ich bereits so viel hinsichtlich des Antheils, den Herr Harris an dieser Streitfrage genommen, mich geäußert, so bekenne ich der Wahrheit zu Ehren, daß sein Benehmen wenigstens das Verdienst der freimüthigen Offenheit behält, und dieses bedarf um so mehr der Anerkennung, als mehre unserer früher thätig gewesenen oder noch thätigen Beamteten in diesem Streite wider uns auf eine versteckte Weise mitwirkten.

Deshalb habe ich überhaupt bei diesem Gegenstande länger verweilt, weil es sich hierbei nicht blos um die Wahrheit, sondern um die selbstständige Haltung Amerika's handelt. Ich erwähnte früher bereits des auffallenden Benehmens, das einer der ersten Männer Englands gegen mich annahm, als die Rede auf die politische Haltung kam, welche unsere bei fremden Mächten accreditirten Gesandten behaupteten; und seit jener Zeit habe ich vielfache und wiederholte Gelegenheiten gehabt, mich zu überzeugen, bis zu welchem Grade eine solche ungünstige Meinung von der zu großen Offenheit derselben gesteigert worden ist. Wenn die Vereinigten Staaten weder hinreichende Macht noch hinreichendes Ansehen mehr besitzen, um unsre Interessen im Auslande zu wahren, ohne unsere Grundsätze und unsere Einrichtungen zu verläugnen und herabzusetzen, dann sind wir wahrlich in einer weit schlimmern Lage, als ich hätte glauben können, aber Sie werden mir den Beweis einer Sache, die sich von selbst versteht, erlassen, die Folgen nämlich zu beweisen, die daraus hervorgehen müssen und wirklich hervorgehen, wenn ein so arger Widerspruch uns vorgeworfen werden kann zwischen den Reden, die wir zu Hause mit solchem Eifer – mit solcher bis zum Eckel übertriebenen Affektation – zu führen gewohnt sind, und den demüthigenden, uns selbst verletzenden Reden, die unsere Agenten in fremden Ländern vernehmen lassen.

Ich weiß gar wohl, daß die Regierung der Union weder die bürgerliche noch die religiöse Freiheit der Bürger anders sicherstellt, als gegen die von ihr selbst zu befürchtenden Anmaßungen, daß jeder einzelne Staat jederzeit eine besondere Einrichtung, eine abgeschlossene erbliche Aristokratie einführen kann, wenn es ihm gutdünkt, indem die blos allgemein ausgedrückte Verwahrung, daß jede Einzelverfassung eine Republick sein müsse, nichts Mehr sagen will, als daß kein erbliches Königreich eingeführt werden dürfe, und daß es daher ganz innerhalb der Grenzen konstitutioneller Möglichkeiten liege, daß in den einzelnen Staaten die Grundlage der Repräsentation entweder rein aristokratisch, oder rein demokratisch oder gemischt aus Beiden sein könnte. Aber indem hierin unsere Bundesverfassung den einzelnen Staaten freie Wahl ließ, so hat sie dadurch keinesweges die Wirksamkeit ihres Benehmens als Gesammtheit geschwächt. Die Staaten treten demungeachtet durch gewählte Vertreter zusammen, und, bis auf die Ausnahme, daß ein Theil der Bevölkerung sogar aus Sklaven besteht, ist dennoch der Grundcharakter der Gesammtverfassung bleibend demokratisch. Nun ist es ohne Zweifel eines der bürgerlichen Befugnisse, die Meinungen, die Jeder von seiner Regierung hegt, auszusprechen. Das System unserer Verfassung beruht auf Berathungs- und Wahlfreiheit, und es wäre bittere Ironie, wenn Jemand behaupten wollte, solche könne irgendwo ohne völlige Gedanken- und Redefreiheit bestehen. Wenn daher auch Jemand der jetzigen Verfassung eine Monarchie vorzieht, so muß er diese seine Ansicht frei äußern dürfen, ohne deßhalb einer Anklage oder einem Verweiß ausgesetzt zu werden.

Wer eine solche im Bewußtsein der gesetzlichen Gedanken- und Redefreiheit ausgesprochene Privatmeinung nicht mit gleicher Anerkennung des Rechtes jedes einzelnen Bürgers vernehmen kann, der fühlt nicht das Eigenthümliche der Institutionen, unter denen er lebt; denn die Verfassung kann nicht anders, als, ihrem Geiste nach, diesen Grundsatz überall anerkennen. Aber Einer ist da, der in seiner Weisheit über alle Konstitutionen erhaben ist, dessen unveränderliche Anordnungen keinem Menschen ein Recht zugestehen, Ein Ding auszusprechen und dessen Gegentheil zu meinen. Es besteht sonach eine unveränderliche Verpflichtung, die jeder öffentliche Beamte übernehmen soll, an keinem Orte die Meinungen zu verläugnen oder falsch zu erläutern, die er als die öffentliche Meinung seines Vaterlandes anerkennen muß, welche öffentliche Meinung auszusprechen, einzig der Beweggrund ist, ihn mit dem Ansehen eines Vertreters desselben in fremden Ländern zu bekleiden. Alle Verbindlichkeiten der Religion, der Pflichtentreue, des rechtlichen Zartsinnes, wie der schonenden Vorsicht, gebieten ihm, die Grundsätze und Einrichtungen, die Gesinnungen und Handlungen seiner Konstituenten nirgends herabzuwürdigen oder zu verläugnen, sofern er sich bewußt bleiben muß, daß er nur als ein ausgezeichnetes und lebendig mit seinem Vaterlande verbundenes Glied der Gesammtheit auftreten könne. Was aber unsere Bevollmächtigten in Europa betrifft, so glaube ich nicht zu viel zu sagen, daß nur zu viele unter ihnen der Sache der Freiheit großen Abbruch gethan haben. Dieses habe ich so oft in den höheren Kreisen von den achtungswürdigsten Personen hören müssen Im Jahre 1833 hatte der Verfasser eine Unterredung mit einem Manne, welcher eine der höchsten politischen Würden in Europa bekleidet hatte, und dieser fragte, wer die Vereinigten Staaten am Hofe von – – repräsentire. Nachdem ihm der Name dieses Gesandten genannt worden, hielt er inne, und dann fuhr er nach einer Pause fort: »Ich wundere mich sehr, daß Ihre Regierung gerade diesen Mann wählte; er hat sich immer Mühe gegeben, sich in meine Gunst einzuschmeicheln, indem er Alles heruntersetzte, was sein Vaterland betraf.« – Doch wozu führe ich einen einzelnen Fall an? Deputirte, Parliamentsglieder, französische und englische Pairs, und andere in öffentlicher Stellung befindliche Männer in wenigstens der Hälfte der Europäischen Länder, haben gegen den Verfasser im Wesentlichen ganz dieselben Bemerkungen laut werden lassen, bald bei dieser, bald bei jener Gelegenheit, und das geschah wenigstens in fünfzig verschiedenen Fällen., und dasselbe ist hier so oft öffentlich ausgesprochen worden, und ich selbst habe so oft wieder Gelegenheit gehabt, mich davon zu überzeugen, als daß diese Wahrheit sich mir nicht an Ort und Stelle vielleicht weit eindringlicher offenbart hätte, als Ihnen, da Sie nur in der Entfernung und mittelst des Zeugnisses Anderer davon Kunde erhielten. Ich sträube mich nicht gegen eine beständige Neutralität in den hier fortwährenden Meinungskämpfen; aber ich halte dafür, daß wir so viel Selbstüberwindung haben sollten, unsere etwanige Vorliebe für die Herrschaft eines Einzigen oder Weniger nicht unvorsichtig und zu unserem Nachtheile laut werden zu lassen. Und wenn irgendwo ein Diener des Despotismus oder ein Freund politischer Bevorrechtung es wagen sollte, auf einen Amerikanischen Bevollmächtigten sich zu berufen, als ob dieser mit seinen Gesinnungen übereinstimme, dann ist wirklich Grund vorhanden, alle Nachsicht bei Seite zu setzen, und wer auf den Namen eines Amerikaners mit Recht Anspruch machen will, für den muß dann die Zeit gekommen sein, für Wahrheit und Recht mit der Freimüthigkeit und dem Nachdrucke eines wirklich freien Mannes in die Schranken zu treten.


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