Jacob Burckhardt
Der Cicerone
Jacob Burckhardt

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Die Schule von Siena, welche im 13. Jahrhundert mit Guido und Duccio (S. 703, 707) so bedeutende Elemente der Schönheit entwickelt hatte, besaß im 14. Jahrhundert keinen Künstler, der Giottos Einfluß entweder die Spitze geboten, oder denselben auf fruchtbringende Weise mit der einheimischen Richtung verschmolzen hätte. Sie teilte schon die florentinische Liebe für große Bilderkreise in Fresko nicht in besonderem Grade; ihr vorzüglichster Meister zu Giottos Zeit, Simone di Martino, scheint sich nirgends über das ruhige Andachtsbild erhoben zu haben. Freilich sind seine Madonnen durch ihre Pracht und miniaturartige Feinheit, durch den Schwung der Gewänder und die eigentümliche Schönheit der Züge wahre Juwelen der mittelalterlichen Kunst; doch gibt ihnen die konventionelle Bildung des Auges und des Mundes, die bei Duccio noch nicht merklich auffällt, immer etwas Befremdliches. (Die unzweifelhaften sind sehr seltenIn Pisa sollen Reste eines sehr vorzüglichen Altarwerkes an verschiedenen Orten zerstreut sein. Ob die Tafeln in der Akademie zu Pisa von ihm sind? und meist außerhalb Italiens; von ihm und Lippo Memmi die große Verkündigung in Florenz, erster Gang der Uffizien, datiert 1333; unangenehm durch die Gebärde der Madonna.) – Simones großes Fresko im Pal. pubblico zu Siena (Sala del Consiglio), die Madonna umgeben von vielen Heiligen, deren einige den Baldachin über ihr tragen, ist so symmetrisch und regungslos als irgendein Altarbild, im einzelnen aber von einer Schönheit, nach welcher die Florentiner nicht einmal gestrebt hätten. Von seinem Schüler Lippo Memmi besitzt Siena wenigstens noch ein sicheres Madonnenbild in der Kirche della Concezione oder ai Servi (im rechten Querschiff, über der Tür zum Sakristeigang); das große Altarwerk in der Akademie (erster Raum) gehört ihm nur nach Vermutung. Sonst gibt die Sammlung der Akademie von Siena (erster bis dritter Raum) eine Übersicht der dortigen Malerei des 14. Jahrhunderts, die im ganzen einen merkwürdigen Stillstand beurkundet, eine ungesunde Befangenheit in der einmal angenommenen Gesichtsbildung und in einzelnen byzantinischen Manieren (aufgesetzte helle Lichter, Prachtmuster der Gewänder und der Gründe, grüne, vielleicht nur durch Verderbnis einer Mineralfarbe so gewordene Fleischschatten usw.)

Die einzelnen Künstlercharaktere müssen dem Studium an Ort und Stelle überlassen bleiben, da wir es nicht mit den Zurückgebliebenen, sondern mit den Vorwärtsstrebenden zu tun haben. Unvermeidlich drang von Florenz und von dem übrigen Italien aus die allverbreitete, zum Gemeingut der Nation gewordene Erzählungsweise Giottos auch nach Siena; Ambrogio Lorenzetti malte in der Sala delle balestre des Palazzo pubblico auch jene große symbolische Komposition in giottesker Art, die Folgen des guten und des schlechten Regimentes; mit seinem Bruder Pietro schuf er sogar im Camposanto zu Pisa jenes große, an guten Einzelheiten so reiche Fresko der Einsiedler in der Thebais; allein hier wie in den Tafelbildern der Schule macht das historisch Erzählende in Komposition und Zeichnung doch einen wesentlich sekundären Eindruck. Die chronikalisch kindlichen, braun in braun gemalten Kriegsbilder in der Sala del consiglio, welche man dem Ambrogio vielleicht mit Unrecht zuschreibt, mögen ganz außer Rechnung bleiben; ihr sachliches Interesse ist indes nicht gering. Von dem Besten dieser Reihe, Berna da Siena, enthält die Vaterstadt gerade nichts Nennenswertes; die stark übermalten Fresken am Tabernakel des Laterans in Rom scheinen ehemals sehr anmutig gewesen zu sein; auch seine Arbeiten in der Kathedrale von S. Gimignano werden gerühmt. Immer wird man bei dieser Schule die reinen Andachtsbilder vorziehen; so gibt z. B. ein Altarwerk von Pietro Lorenzetti (Akademie, erster Raum) wenigstens das Hochfeierliche, die Pracht der Goldmuster, die symmetrisch schwebenden Engelschwärme u. dgl. in früher Vollständigkeit.

Das Ende dieser halb von Giottos Geist berührten Malweise verzieht sich mit Bartolo da Siena und seinen Schülern Taddeo di Bartolo und Domenico di Bartolo bis weit in das 15. Jahrhundert hinein. Ihre Andachtsbilder (Akademie) zehren von der Inspiration des Pietro Lorenzetti u. a., wenn sie auch scheinbar reicher sind; Taddeos Fresken in der obern Kapelle des Pal. pubblico sind nicht besser als giotteskes Mittelgut; diejenigen vor dem Gitter (große Männer des Altertums, Planetengottheiten usw.) nicht einmal dieses. Mit Domenico bricht der Stil um und der Realismus des 15. Jahrhunderts dringt ein, doch einstweilen nur stellenweise, so daß sich im ganzen noch die alte Auffassung und sehr viel von der alten Detailbildung behauptet. Die Meister dieses wunderlichen Zwitterstiles (Akademie, dritter Raum), ein Giovanni di Paolo, Pietro di Giovanni, Sano di Pietro, Pietro di Domenico sind neben ihren Zeitgenossen aus andern Schulen nicht der Rede wert. Wie es sich mit denjenigen Sienesen verhielt, die sich entschiedener der neuen Auffassung in die Arme warfen, wie Matteo di Giovanni u. a., wird unten kurz berührt werden. Das stolze Siena, das um das Jahr 1300 zur Anführerschaft in der italienischen Malerei berufen schien, sollte erst zwei Jahrhunderte später denjenigen Augenblick erleben, da seine Maler, abgeschlossen und wenig gekannt, das Panier der wahren Kunst höher emporhielten als irgendeine Schule Italiens mit Ausnahme der venezianischen.

Ist nun der Maler, welcher im Camposanto zu Pisa, oder derjenige, welcher in der Cap. degli Spagnuoli zu Florenz Symon von Siena heißt, identisch mit Simone di Martino? Namengebungen sind überhaupt nicht die Aufgabe dieses Buches. An Simone di Martino erinnern die Allegorien der Wissenschaften in der Cap. degli Spagnuoli wenigstens im Ausdruck der Köpfe ziemlich direkt (S. 711, b); dagegen möchten die Sachen im Camposanto von einem Spätern herrühren, welcher beiden Schulen zugleich angehörte.

Ugolino da Siena ist, dem oben (S. 712, f) genannten Madonnenbild zufolge, in seinem Stil eher ein Florentiner. Das berühmte silberne Reliquiarium, mit zwölf Emailbildern, die Geschichte des Fronleichnamsfestes enthaltend (Santo Corporale), im Dom von Orvieto, für welches ein Ugolino Vieri (1338) genannt wird, kenne ich nur aus Abbildungen; – die Chorfresken desselben Domes, von Ugolino di Prete Ilario, habe ich nur flüchtig gesehen; sie scheinen wiederum eher florentinisch als sienesisch. Ob die drei Maler identisch sind, weiß ich nicht zu ermitteln.

Nach der Aufzählung dessen, was durch Giotto selbst und unter seinem nähern, zum Teil unmittelbaren Einfluß zustande kam, gehen wir über zur Betrachtung der entferntern Wellenschläge, durch welche er die damalige italienische Kunst bis weit hinaus bewegt. Sehr wahrscheinlich waren zu seiner Zeit mehrere Lokalschulen auf einer ähnlichen Bahn wie die seinige; die Zeit, die ihn reifte, wirkte sich auf sie; allein nur um so unvermeidlicher mußten sie dann unter seine Botmäßigkeit geraten, hier mehr, dort weniger. Er hatte von Padua bis Neapel und westlich bis Avignon an so vielen Orten große Denkmäler hinterlassen, daß man seine Neuerung überall kannte und sich danach richten konnte; rechnet man noch die Werke seiner Schule hinzu, so war in ganz Italien keine künstlerische Potenz mehr vorhanden, die sich dieser Masse des Großen und Neuen gänzlich hätte erwehren können. Scheinbar selbständig blieben nur die Unfähigen. Unter den Oberitalienern mußten die Bolognesen der ganzen Einwirkung von der florentinischen Schule aus am unfehlbarsten ausgesetzt sein. Aber ihre malerische Tätigkeit und Fähigkeit ist im 14. Jahrhundert erstaunlich lahm und geringfügig. Der älteste von ihnen, Vitale, ein Zeitgenosse Giottos, ist wenigstens in einem Bilde der Pinacoteca zu Bologna (1320, thronende Maria mit zwei Engeln) süß und holdselig auf sienesische Weise, so daß man an Duccio erinnert wird. Die übrigen, halbgiottesken, sind in ihren Tafelbildern meist so gering, daß in Florenz von ihnen nicht die Rede sein würde. Und dieselbe Behandlungsweise, dieselbe Talentlosigkeit bleibt das Merkmal der Schule bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts hinaus: Von diesen Madonnen- und Kruzifixmalern werden hauptsächlich genannt:

Lippo di Dalmasio. Servi, eine der hintersten Kapellen des Chorumganges: Madonna mit SS. Cosmas und Damian; in derselben Kirche noch mehrere alte Madonnen von verschiedenen Händen.

Simone da Bologna. In der vierten jener sieben Kirchen zu S. Stefano (S. Pietro e Paolo) rechts neben dem Chor: ein Crucifixus; – in der siebenten (S. Trinità) an einem Pfeiler: S. Ursula mit ihren Gefährten. (In der ersten dieser Kirchen, beiläufig gesagt, Fresken der Kreuztragung – links im Chor, und der Kreuzigung – auf dem Hochaltar, von einem auch der Herkunft nach unbekannten Maler des 15. Jahrhunderts. – In einem Gang an der siebenten Kirche: Anzahl kleiner altbolognesischer Bilder.) – In S. Giacomo maggiore, dritte Kapelle des Chorumganges rechts: Simones bester Crucifixus, datiert 1370. Einzelnes in der Pinacoteca.

Jacobus Pauli (den man in Bologna beharrlich mit dem unten zu nennenden Giacomo d'Avanzo identifiziert). Mehreres in der Pinacoteca; – an dem großen Altar in S. Giac. magg., dritte Kapelle des Chorumganges, rechts, ist von ihm die Krönung Mariä.

Die einzige Kirche, in der eine größere Reihe von Fresken der Schule erhalten ist, liegt vor Porta Castiglione auf dem Wege zur Villa Aldini; es ist die Madonna della Mezzaratta. Hier sieht man gegenwärtig gewissenhaft gereinigt und zugänglich gemacht, Malereien von Vitale (das Presepio), Jacobus (wahrscheinlich Jac. Pauli, unter anderm der Teich von Bethesda und die Geschichte Josephs), Simone (der Kranke, welcher durch das Dach hereingelassen wird), Christoforo oder Lorenzo (Geschichten des Moses) usw. Der Durchschnitt ist beträchtlich besser als in den Tafelbildern.

In S. Petronio enthält die vierte Kapelle links unbedeutende Wandfresken (etwas um 1400), dem Bufallmaco oder gar dem Vitale zugeschrieben; beides chronologisch unmöglich. Der Maler hat z. B. in seinem Weltgericht schon begreiflicher und wirklicher sein wollen als Orcagna; seine Heiligen sitzen auf zwölf Reihen Bänken zu beiden Seiten Christi, gleichsam ein Konzil bildend. (Neuerlich dem Simone beigelegt.) – Die beiden Fresken in der ersten Kapelle links sind gering, ebenso was sonst noch aus dieser Zeit in der Kirche vorhanden ist.

Wie man in Bologna noch 1452–1462 malen durfte, zeigen in der Pinacoteca die Bilder des Petrus de Lianoris, des Micchele Mattei und der seligen Nonne Caterina Vigri. (Von Mattei auch ein besseres Altarwerk in der Akademie zu Venedig.)

In Modena ist mir weder von Thomas noch von Barnabas, den beiden nach dieser Stadt benannten Malern, etwas zu Gesichte gekommen.

In Parma sind die Fresken jener Zeit im Dom ziemlich unbedeutend. (Vierte Kapelle rechts; – fünfte Kapelle links; – Nebenräume der Krypta.) – Das Baptisterium Seite 702, c.

In Ferrara enthält S. Domenico (fünfte Kapelle links) eine der schönern Madonnen des 14. Jahrhunderts, unabhängig von Giotto.

In Ravenna bietet das Gewölbe einer Nebenkapelle von S. Giovanni Evangelista gute und fleißige, spätgiotteske Malereien. (Evangelisten und Kirchenlehrer.)

Weit die wichtigste Stätte der oberitalischen Malerei ist in dieser Zeit Padua, wo Giottos großes Werk (s. oben) den Sinn für monumentale Kunst geweckt haben muß. Die lange dauernde Ausschmückung des Santo und die Kunstliebe des Fürstenhauses der Carrara kamen ganz wesentlich dem Fresko zugute. Vermutlich ist lange nicht alles erhaltenOder steckt unter der weißen Tünche, z. B. des Santo. ; von Giusto Padovano z. B. läßt sich nichts Beglaubigtes nachweisen. Die chronologisch sichere Reihe beginnt erst 1376 mit der Kapelle S. Felice im Santo (rechts, gegenüber der Kapelle des heil. Antonius), ausgemalt von den beiden Veronesen [Giacomo?] d' Avanzo und Aldighiero da Zevio. Die sieben ersten Bilder aus der Legende des heil. Jacobus, dem letztgenannten zugeschrieben, verraten schon eine eigentümliche und geistvolle Aufnahme der Stilprinzipien Giottos. Es ist einer der besten Erzähler, Zeichner und Maler dieser Zeit. Die übrigen Bilder der Legende und die große Kreuzigung an der Hinterwand sind Werke d' Avanzos. Dieser, als der erste Individualistiker, tut einen großen Schritt über Giotto und seine Schule hinaus. Er führt den physiognomischen Ausdruck seiner einzelnen Gestalten nach Charakter und Moment bis ins Äußerste durch, so daß der Rhythmus der Komposition bereits daneben zurücktreten muß. – Im Jahr 1377 begannen die beiden Meister die Ausmalung der Cap. San Giorgio auf dem Platze vor dem Santo. (Bestes Licht: um Mittag. Die Entdeckung dieser Fresken verdankt man Ernst Förster.) Der Anteil Aldighieros ist hier nicht näher auszumitteln; jedenfalls kann das Ganze als d'Avanzos Werk gelten. In 21 großen Bildern sind hier die Jugendgeschichten Christi, die Kreuzigung, die Krönung Mariä und die Legenden des heil. Georg, der heil. Lucia und der heil. Katharina dargestellt. Die Komposition zeigt durchweg die Vorzüge, welche sie bei den besten Giottesken entwickelt; außer der sprechenden Deutlichkeit des Momentes ist auch die Gruppenbildung an sich schön, hauptsächlich aber ist hier in Hunderten von Figuren der Charakter des Individuums und der des Augenblicks auf der ganzen großen Skala vom Höchsten bis zum Niedrigsten wirklich gemacht, und zwar ohne Karikatur, noch innerhalb des Typus jenes Jahrhunderts. In der Schönheit einzelner Köpfe ist d'Avanzo sogar den meisten Giottesken überlegen. Endlich geht er über diese hinaus durch seine ungleich genauere Modellierung, durch Abstufung der TöneSeine Palette ist doppelt so reich als die der übrigen Giottesken. , ja (im letzten Bilde der heil. Lucia) durch bedeutende Versuche zur Illusion. (Richtigere Bauperspektive, Verjüngung der entferntern Gestalten, und selbst Luftperspektive.)

Dieses große Beispiel blieb einstweilen in Padua selbst ohne Folge. Die sehr umfangreichen Unternehmungen in Fresko, welche die nächstfolgende Zeit hervorbrachte, gehören im ganzen zu den schwachen und selbst zu den schwächsten Arbeiten des von Giotto abgeleiteten Stiles. Die Fresken des Baptisteriums beim Dom, von den beiden Paduanern Giovanni und Antonio (1380), sind nur als sehr vollständiger und bequem zu betrachtender Zyklus der für diese Stelle geeigneten heiligen Gestalten und Szenen von Werte. (Zumal im Vergleich mit den Mosaiken des orthodoxen Baptisteriums von Ravenna ergibt sich auf merkwürdige Weise der Zuwachs der kirchlichen Bilderwelt seit 1000 Jahren.) Von denselben Malern: die Fresken der Kapelle S. Luca im Santo (die nächste nach der Antoniuskapelle), vom Jahr 1382, mit den Geschichten der Apostel Philippus und Jacobus d. J., ebenfalls roh, doch mit einzelnen glücklichern und lebendigem Motiven. – Erst aus dem 15. Jahrhundert: die Fresken des ungeheuern Saales im Palazzo della ragione, von Giov. Miretto (nach 1420), ein Riesenunternehmen von beinahe 400 einzelnen Bildern, welche den Einfluß der Gestirne und Jahreszeiten auf das (in wahren Genrebildern geschilderte) Menschenleben darstellen, voll unergründlicher Bezüge aller Art, aber in den malerischen Motiven entweder ungeschickt und kraftlos oder bloße Reminiszenz von Besserm. (Ehemals galt der Zauberer Pietro von Abano als Erfinder, Giotto als der Maler.) – Auch die Fresken im Chor der Eremitani, nach Zeit und Stil diesen verwandt (früher einem Maler des 14. Jahrhunderts, Guariento, zugeschrieben) sind nur sachlich merkwürdig, besonders wegen der einfarbigen astrologischen Nebendarstellungen.

Über die Malereien paduanischer Grabmäler vgl. S. 158.

In Verona ist von Aldighiero und d'Avanzo nichts vorhanden. Dem oben (S. 279, b) genannten anmutigen Stefano da Zevio werden die Fresken über einer Seitentür von S. Eufemia und in einer Außennische von S. Fermo zugeschrieben. (Der Verfasser hat sie 1854 übersehen und weiß nicht, ob sie noch vorhanden sind.) – Die innere Portallünette von S. Fermo enthält eine gute Kreuzigung; die Mauer um die Kanzel eine Anzahl (dem Stefano zugeschriebene) Köpfe von Heiligen und Propheten. – An einzelnen Heiligenfiguren ist S. Zeno (S. 702, e) ziemlich reich. – Das meiste ergibt S. Anastasia; die Portallünette mit S. Zeno und S. Dominicus, welche die Bürger und die Mönche des Klosters der Dreieinigkeit empfehlen, unbedeutend im Stil, aber rührend durch die ehrliche Intention; – sodann in der zweiten Kapelle rechts vom Chor ein ganz tüchtiges Empfehlungsbild (der Familie Cavalli) neben Geringerm; – in der ersten Kapelle rechts vom Chor zwei Nischengräber mit guten thronenden Madonnen usw.

In Mailand ist wenig oder nichts erhalten. Die Fresken der hintern Kapelle in S. Giovanni a Carbonara zu Neapel (mit dem Grabe des Caracciolo) sind zum Teil von einem Mailänder, Leonardo de Bissuccio (nach 1433), wesentlich noch in giotteskem Stil.

Was sonst noch durch die Lombardei und in Piemont zerstreut sein mag, ist entweder dem Stil nach unbedeutend oder dem Verfasser nicht bekannt. In Genua scheint damals kaum eine Malerei existiert zu haben. Die paar alten Bilder vom Anfang des 15. Jahrhunderts in S. Maria di Castello (erste und dritte Kapelle links) machen es begreiflich, daß man für die Verzierung des anstoßenden Klosters 1451 einen Deutschen, Justus de Allamagna, in Anspruch nahm.

Für die Gegenden von Bologna bis Ancona muß ich auf die Handbücher verweisen. Nur ein Künstler, dessen Werke und Einwirkung weit über seine Heimat hinausreichen, ist zu nennen: Gentile da Fabriano, (St. 1450. – Von seinem vermutlichen Lehrer oder Vorgänger Alegretto di Nuzio findet man ein gutes Altarbild im Museo cristiano des Vatikans.) Das einzige erhaltene Hauptwerk Gentiles, die Anbetung der Könige in der Akademie zu Florenz (1423), zeigt uns einen Ausweg aus der Darstellungsweise Giottos, welcher neben dem 15. Jahrhundert gleichsam vorbeiführt. Statt sich dem Charakteristischen, Wirklichen, Individuellen schrankenlos hinzugeben, geht Gentiles reine Jünglingsphantasie in das Schöne und Holdselige und schafft eine bis zum Wunderbaren (auch durch äußere Mittel der Pracht, z. B. Goldaufhöhung) gesteigerte Wirklichkeit. Es gibt wenige Bilder, bei deren Entstehung sich die Darstellung einer idealen Welt für den Künstler so ganz von selbst verstand; wenige, die einen so übermächtigen Duft von Poesie um sich verbreiten. Außer diesem Bilde und einer herrlichen Krönung Mariä, welche sich nebst vier einzelnen Figuren von Heiligen in der Brera zu Mailand befindet, sind die wenigen in Italien vorhandenen Arbeiten entweder an abgelegenen Orten, oder im Dunkel aufgehängt (Seitenflügel eines Altars im Chor von S. Niccolò zu Florenz), oder zweifelhaft (Krönung Mariä in der Akademie von Pisa). Eine kleine, unzweifelhaft echte Madonna mit Engeln, im Pal. Colonna zu Rom.

Die Kunstübung Venedigs, mit wenigen Ausnahmen (wie die Mosaiken in der Cap. S. Isidoro und der Cap. de' mascoli in S. Marco, S. 698, b u. c) auf Altartafeln beschränkt, empfand von Giottos Einfluß am wenigsten. Die Prachtausstattung, die tiefen Lackfarben, auch die grünlichen Schatten im Fleische und der Farbenauftrag erinnern noch direkt an die lange Herrschaft der Byzantiner; in der Süßigkeit einzelner Köpfe scheint auch ein sienesischer Anklang zu liegen. (Altarwerke von Nic. Semitecolo und Lor. Veneziano, 1357 oder 1367 in der Akademie; von Niccolò di Pietro 1394 im Pal. Manfrin.)

Gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts gehen aus einer Werkstatt von Murano jene prächtigen Altarwerke hervor, an welchen schon die gotische Einfassung (S. 202), wo sie erhalten ist, die Absicht auf den höchsten Glanz des Reichtums dartut. Sie sind bezeichnet: Johannes und Antonius von Murano; Johannes aber heißt mehrmals Alamannus und war ohne Zweifel ein Deutscher; Antonius gehörte zu der später berühmten Künstlerfamilie der Vivarini. Drei Altarwerke, mit den Daten 1443 und 1444, finden sich in S. Zaccaria zu Venedig (zweite Nebenkapelle rechts), eine figurenreiche Krönung Mariä mit dem (neu aufgemalten) Datum 1440 in der Akademie ebenda, ein ähnliches Bild in S. Pantaleon (Kapelle links vom Chor), endlich wiederum in der Akademie ein großes Gemälde vom Jahr 1446: Maria thronend zwischen den vier Kirchenlehrern. Einen kenntlichen deutschen Einfluß offenbart nur etwa diese schöne, stille Maria; in der weichen Karnation liegt eher eine Hinweisung auf Gentile da Fabriano, welcher sich längere Zeit in Venedig aufhielt. Gegenüber den Staffeleibildern der alten Florentiner ist namentlich die tiefe, durchsichtige Farbe zu beachten, es ist der Übergang vom byzantinischen Kolorit zu demjenigen des Giov. Bellini. Die Gewandung hat noch das Feierliche des germanischen Stiles; in der ganzen, individualisierenden Auffassung aber meldet sich schon der Einfluß des 15. Jahrhunderts, welcher endlich in dem großen Altarwerk der Pinacoteca von Bologna, von Antonio und Bartolommeo da Murano (d. h. Vivarini), 1450, bereits harte und düstere Charakterköpfe hervorbringt. (Dasselbe weicht auch in der glanzlosem Farbe von obigen Werken ab, gleicht ihnen aber in der miniaturartigen Sorgfalt.)

Was in Neapel außer den schon genannten Werken aus dieser Zeit vorhanden ist, hat nur den Wert kunsthistorischer Belege. Von Mastro Simone, einem Zeitgenossen Giottos, ist in S. Lorenzo (Querschiff links) ein von Engeln umschwebter S. Antonius von Padua und (siebente Kapelle rechts) der heil. Ludwig von Toulouse, welcher seinem Bruder Robert die Krone reicht. – In S. Domenico maggiore: zweite Kapelle rechts mittelgute und sehr übermalte Fresken mit der Legende der heil. Magdalena; – sechste Kapelle rechts (del Crocefisso) außer Zingaros Kreuztragung unter anderm eine säugende Madonna; – siebente Kapelle rechts eine andere, in einer Grabnische; – in der hintern Kapelle gegen Strada della Trinità zwei alte Bilder (von Stefanone?). – Von dem in Neapel sehr gerühmten Colantonio del Fiore, der schon 1374 tätig war und bis 1444 gelebt haben soll, ist nur ein einziges Werk genießbar aufgestellt, die Glorie des S. Antonius abbas, hinten im Chor von S. Antonio. Wer den weiten Weg (bis vor Porta Capuana) nicht scheut, wird ein Bild finden, das man in Florenz kaum eines Blickes würdigen möchte. Die Türlünette an S. Angelo a Nilo, von demselben Meister ausgemalt, ist vor Staub nicht mehr kenntlich.

Für die Geschichte des Madonnentypus: die Madonna della rosa, in einer Kapelle der linken Seite des Domes von Capua; streng germanisch und vielleicht noch aus dem 13. Jahrhundert; die übrigen neapolitanischen Madonnen jener Zeit noch byzantinisch.

Ehe wir zu dem Stil des 15. Jahrhunderts übergehen, muß von einem florentinischen Meister die Rede sein, in dessen Werken die Richtung Giottos, ja der germanische Stil überhaupt noch einmal zu einer herrlichen Erscheinung aufflammt, ja gleichsam den höchsten und letzten Gipfel erreicht, von dem seligen (Beato) Fra Giovanni Angelico da Fiesole (1387–1455).

Zu dem Element der Schönheit, welches Orcagna in die Schule gebracht, fügt dieser in seiner Arbeit einzige Meister den Ausdruck überirdischer Reinheit und Innigkeit. Eine ganze große ideale Seite des Mittelalters blüht in seinen Werken voll und herrlich aus; wie das Reich des Himmels, der Engel, Heiligen und Seligen im frommen Gemüte der damaligen Menschheit sich spiegelte, wissen wir am genausten und vollständigsten durch ihn, so daß seinen Gemälden jedenfalls der Wert religionsgeschichtlicher Urkunden ersten Ranges gesichert ist. Wen Fiesole unbedingt anwidert, der möchte auch zur antiken Kunst kein wahres Verhältnis haben; man kann sich die fromme Befangenheit des Mönches gestehen und doch in der himmlischen Schönheit vieles Einzelnen und in der stets frischen und beglückenden Überzeugung, die ihm zur Seite stand, eine Erscheinung der höchsten Art erkennen, die im ganzen Gebiet der Kunstgeschichte nicht mehr ihresgleichen hat. In der dramatischen Erzählung ist Fiesole immer einer der tüchtigsten Nachfolger Giottos; da er von Hause aus ein großer Künstler war, so bemühte er sich sein Leben lang um eine möglichst gleichmäßige Beseelung alles dessen, was er schuf; bei näherer Betrachtung wird man finden, daß er einer der ersten ist, welcher den Köpfen durchgängig das Allgemeine benimmt und sie auf die zarteste Weise persönlich belebt; nur stand seiner Gemütsart der Ausdruck der Leidenschaft und des Bösen nicht zu Gebote, und seine Verlegenheit wirkt dann (im streng ästhetischen Sinne) komisch.

Wie seine Bildung ursprünglich die eines Miniators war, so geben auch seine kleineren, miniaturartig ausgeführten Tafeln beinahe den ganzen Künstler wieder. Obenan stehen die Glorien, wie z. B. das prächtige Bild in den Uffizien (tosk. Sch.), auch die Umgebung des Erlösers und der Empfang der Seligen in den Weltgerichtsbildern (das schönste in Pal. Corsini zu Rom, ein anderes in der Akademie zu Florenz, Saal d. kl. B.), während die Seite der Verdammten auf keine Weise zu genügen pflegt. Von den heiligen Geschichten haben nach meinem Gefühl diejenigen den Vorzug, welchen altübliche Motive der florentinischen Schule zugrunde liegen, also wesentlich die oft gemalten des neuen Testamentes; in den Legenden macht sich die eigene Erfindung oft frisch und schön, oft aber auch befangen ihre Bahn. (Leben Christi in 35 Bildchen, Akademie von Florenz, Saal d. kl. B., wo sich noch mehreres von Fiesole befindet; – Uffizien tosk. Sch.; – drei Bildchen in einem Wandschrank der Sakristei von S. Maria novella in Florenz; – Kirche del Gesù zu Cortona: zwei Predellen mit dem Leben der Maria und den Wundern des heil. Dominikus; – vatikanische Galerie die Wunder des heil. Nicolaus von Bari, aus der letzten Zeit und sehr ausgezeichnet; – zwei dazu gehörende Stücke und außerdem die wundervolle Verkündigung in der Sakristei von S. Domenico zu Perugia, nebst geringerm; – u. a. a. O.)

Die größern Staffeleibilder genügen viel weniger. (Statt aller das große Altarwerk in den Uffizien, erster Gang, mit doppelt bemalten Seitenflügeln, an welchem die klein ausgeführten Engel rings um die lebensgroße Madonna bei weitem das Beste sind.) Es scheint, als habe der Maler eine fromme Befangenheit bei Hauptbildern für Altäre nicht überwinden können, während er in den Predellen, Giebelbildern, Seitenfigürchen usw. sich so frei und schön bewegte; auch wirkt die überfleißige Ausführung bei der noch ungenügenden allgemeinen Körperkenntnis nicht günstig. Die große Kreuzabnahme in der Akademie zu Florenz (Hauptsaal) erscheint befangen, vielleicht gerade durch die Masse von Ausdruck, die darin zusammengedrängt ist; die Leiche ist gut modelliert, ihr Herabsenken glücklich gegeben, das Bild überhaupt das Beste unter den großen. Auch das Altarwerk in S. Domenico zu Cortona (hinten, rechts) gehört zu den bessern.

Die bezeichneten Mängel fielen weg bei der Freskomalerei, welche eine gewisse Mäßigung in den Darstellungsmitteln unvermeidlich machte und den Künstler nicht durch den Gedanken, ein Kultusbild malen zu müssen, ängstigte.

Einen wahrhaft einzigen Eindruck machen vor allem die Malereien, womit Fiesole seinen langjährigen Wohnsitz, nämlich das Dominikanerkloster S. Marco zu Florenz ausschmückte. Hier ist er zu Hause, hier darf er seine Ideen frisch wie ihn der Geist treibt in den ärmlichen Klostergängen, in den kleinen Zellen besonders werter Ordensgenossen verwirklichen; darum glaubt man auch gerade in den Fresken der Zellen die Inspiration deutlicher zu fühlen als in den Altarbildern des Meisters. Mir wurden sieben Zellen, sämtlich im obern Stockwerk, geöffnet, und ich glaube sagen zu dürfen, daß die sämtlichen Wandgemälde derselben, wenn auch in befangener Form, die höchste mögliche Lösung der betreffenden Aufgaben zwar nicht erreichen, aber doch berühren. (Christus in der Vorhölle; – eine Bergpredigt; – die Versuchung in der Wüste; – Christus am Kreuz mit den Seinigen und mit dem weinenden S. Dominikus; – noch ein Gekreuzigter mit den Seinigen; – die Marien am Grabe; – Maria Krönung; – und die Anbetung der Könige, eine späte und reiche Arbeit, die vielleicht einen Wetteifer mit Masaccio verrät.) Der überquellende Reichtum an den schönsten und naivsten Köpfen ist gepaart mit einem Geist und einer Tiefe in der Auffassung der Tatsachen, wie sie nur den größten Meistern eigen ist. – Die Fresken in den Gängen (der Gekreuzigte mit S. Dominikus sehr dem Bild im vordern Kreuzgang entsprechend, – der englische Gruß, – und eine thronende Madonna) sind gegenwärtig, da das Kloster teilweise als Kaserne dient, mit Brettern bedeckt. Wie Fiesole für eine schon mehr öffentliche Andacht malte, zeigt sich an den Fresken des vordern Kreuzganges zu ebener Erde. Es sind fünf spitzbogige Lünetten mit Halbfiguren (worunter Christus mit zwei Ordensheiligen besonders schön ist); ferner Christus am Kreuz mit dem heil. Dominikus, lebensgroß; endlich das berühmte Freskobild des anstoßenden Kapitelsaales: der Gekreuzigte mit den beiden Schächern, seinen Angehörigen und den Heiligen Cosmas, Damianus, Laurentius, Markus, Johannes d. T., Dominikus, Ambrosius, Augustinus, Hieronymus, Franziskus, Benedikt, Bernhard, Bernardino von Siena, Romuald, Petrus Martyr und Thomas von Aquino. Es ist eine schmerzliche Klage der ganzen Kirche, welche hier in ihren großen Lehrern und Ordensstiftern am Fuß des Kreuzes versammelt ist. Solange es eine Malerei gibt, wird man diese Gestalten wegen der unerreichten Intensivität des Ausdruckes bewundern; Kontraste der Hingebung, des Schmerzes, der Verzückung und des ruhigen innerlichen Erwägens (in S. Benedikt, der die Schar der übrigen Ordensstifter wie ein Vater überschaut) werden wohl nirgends mehr wie hier als Ganzes zusammenwirken.

Es ist eine bedeutende Tatsache jener unvergeßlichen Jahrhunderte der Kunstgeschichte, daß mehrere der größten Künstler ihr Bestes und Meistes in späten Lebensjahren, wenigstens erst nach dem fünfzigsten Jahre gaben. Lionardo war nahe an diesem Alter, als er sein Abendmahl in Mailand schuf; Giovanni Bellinis herrlichste Bilder stammen aus seinen achtziger Jahren; Tizian und Michelangelo haben als Greise noch das Staunenswürdigste hervorgebracht. Es existiert aus dem 16. Jahrhundert ein vielverbreiteter kleiner Stich, welcher einen alten Mann in einem Räderstuhl für Kinder darstellt, mit der Beischrift: anchora imparo, noch immerfort lerne ich. Und dies war keine Phrase. Die unverwüstliche Lebenskraft dieser Männer war wirklich mit einer ebenso dauernden Aneignungsgabe verbunden.

Dies war auch bei Fiesole einigermaßen der Fall. Dasjenige, worin er so vorzüglich groß ist, die friedensreiche, tiefe Seligkeit heiliger Gestalten, findet sich eben in seinen spätesten Arbeiten mit einer unbeschreiblichen Kraft und Fülle ausgedrückt, zum großen Unterschied von Perugino, welcher gerade hierin mit den Jahren lahm und äußerlich wurde. Man betrachte Fiesoles Pyramidengruppe der Propheten am Gewölbe der Madonnenkapelle des Domes von Orvieto und frage ich, ob irgendein Kunstwerk der Erde, Raffael nicht ausgenommen, die stille selige Anbetung so wiedergebe? (Den Weltrichter, an der Hinterwand, hat er freilich von Orcagna entlehnt, ohne diesen zu erreichen.) Noch später, nach seinem sechzigsten Jahre (1447), malte er im Vatikan die Kapelle Nicolaus V. – und die vier Evangelisten am Gewölbe und einer oder der andere von den Kirchenlehrern, wie z. B. S. Bonaventura, erscheinen jenen himmlischen Gestalten noch ganz ebenbürtig. Aber nicht bloß was ihm eigen war, bildete er mit gesteigerter Kraft weiter, sondern auch gegen die Fortschritte anderer Zeitgenossen schloß er sich durchaus nicht ab, wie man wohl glauben könnte. Die Geschichten der Heiligen Stephanus und Laurentius in der letztgenannten Kapelle beweisen, daß der alternde Mann noch mit aller Anstrengung so viel von dem, was inzwischen Masaccio u. a. gewonnen, einzuholen suchte, als seiner Richtung gemäß war. Die anmutige Erzählungsweise dieser Fresken zeigt Züge des wirklichen Lebens und ist mit einer äußern Wahrheit der Farbe verbunden, wie sich dies von keinem frühern Werke des Meisters so behaupten läßt. Die heftigen Bewegungen, ja schon die starken Schritte pflegen ihm noch immer zu mißlingen, dafür wird man aber auf das Beste entschädigt z. B. durch jene junge Frau, welche der Predigt des heil. Stephanus mit ungestörter Andacht zuhört und ihr unruhiges Kind nur mit der Hand faßt, um es stille zu machen. Man durchgehe dieses Werk Szene um Szene, und man wird einen Schatz von schönen, geistvollen Bezügen dieser Art darin finden. Abgesehen davon ist es als fast rein erhaltenes Ganzes aus der Zeit der großen Vorblüte unschätzbar.

Fiesole ruht begraben zu Rom in S. Maria sopra Minerva. Vielleicht wollte man ihm eine Ehre antun, als man in unsern Tagen die Wölbungen dieser Kirche in seiner Manier bemalte. Es sind auch wieder Apostel und Kirchenlehrer auf blauem goldgestirntem Grunde. Allein er hätte sie nicht gebilligt und auch für den guten Willen gedankt.

Ein Zeit- und Standesgenosse Fiesoles, der Kamaldulenser Don Lorenzo, blieb in derselben Richtung beim ersten Anlauf stehen. Es ist zu glauben, daß ihn seine wenigen Werke sehr viel Fleiß und Besinnens gekostet haben. Bei der Verkündigung in S. Trinità zu Florenz (vierte Kapelle rechts) ist er dafür belohnt worden; die stille Anmut und der tiefe Charakter der beiden glücklich gestellten Figuren hat dem Bilde eine Art typischer Geltung verschafft und zu zahlreichen Kopien angeregt. Die Anbetung der Könige (in den Uffizien) ist ebenfalls vortrefflich angeordnet, und dabei merkwürdig als eines der letzten Gemälde, in welchen die Gewandung des germanischen Stiles noch in ihrem vollen Schwung gehandhabt ist. (Das Hauptwerk, eine Krönung der Maria, in der Badia von Cerreto, unweit Certaldo.)


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