Jacob Burckhardt
Der Cicerone
Jacob Burckhardt

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Wahrhaft unzählbar sind die Köpfe und Büsten römischer Kaiser und ihrer Angehörigen. Wir können uns hier um so weniger auf Näheres einlassen, als der Beschauer gewöhnlich schon durch ein mitgebrachtes historisches Interesse auf das Bedeutende von selbst hingeführt wird. Einige Bemerkungen mögen indes am Platze sein.

Eine eigene große Sammlung von Kaiserbüsten ist in der Stanza degli imperatori des kapitolinischen Museums aufgestellt. Aus den bessern Jahrhunderten finden sich dort meist geringere Exemplare, dafür ist die Kaiserreihe des 3. Jahrhunderts dort repräsentiert wie sonst nirgends, allerdings durch Beihilfe sehr gewagter Taufen. Die besten Kolossalköpfe in der Sala rotonda des Vatikans. Auch die große florentinische Kaisersammlung (Uffizien, erster und zweiter Gang) enthält viele geringe und unsichere Köpfe (selbst moderne, wie Otho und Nerva). Man wird beständig die bessern Büsten der übrigen Galerien mit zu Rate ziehen müssen.

Vergebens sucht man zunächst in den öffentlichen Sammlungen von Rom und Neapel ein vollkommen würdiges Bildnis des großen Cäsar; keines wiegt die Basaltbüste und den Kopf der Togafigur des Berliner Museums auf. Die Statue in der untern Halle des Konservatorenpalastes auf dem Kapitol, auf welche man gewöhnlich verwiesen wird, ist eine wahrhaft geringe Arbeit. Ein Kopf, der mich trotz seiner sehr flüchtigen Ausführung immer von neuem anzog, steht im Museo Chiaramonti des Vatikans; es ist Cäsar als Pontifex maximus, die Toga über das Haupt gezogen, mit den ernsten, leidenden Zügen seiner letzten Jahre. Zu den bessern Köpfen gehört auch die florentinische Marmorbüste (Uffizien, erster Gang, stark abgerieben und restauriert); der in der Nähe befindliche Bronzekopf stellt eine andere Person vor.

Der schönste Kopf des Augustus ist wohl unstreitig der bronzene in der vatikanischen Bibliothek. Büsten und Statuen von allen Altersstufen (von August als frühreifem Jüngling im Museo Chiaramonti an) und allen Auffassungsweisen finden sich überall.

Das augusteische Haus, lauter normale und charaktervolle Köpfe, blutsverwandt erscheinend trotz der vorherrschenden Verbindung durch Adoptionen, ist überall stark bedacht. Die Köpfe des Tiberius sind fast alle gut; von Kaligula der feinste in der obern Galerie des kapitolinischen Museums; auch der basaltene im Kaiserzimmer trefflich; Claudius bei weitem am besten in der genannten Statue des Laterans; Nero fast durchgängig zweifelhaft: als Knabe in einem schönen Köpfchen von bösartigem Ausdruck (Museum von Neapel, dritter Gang); als Sieger des Gesanges in zwei halbkolossalen Köpfen (Vatikan, Zimmer der Büsten, und – wenn ich richtig errate – im Museum von Neapel, Halle des Tiber, mit dem Namen Alexander des Großen). Von Vitellius in Italien vielleicht kein Kopf von dem Werte desjenigen in Berlin; ein guter im Dogenpalast zu Venedig (Sala de' BustiWo sonst manches Verdächtige und selbst Neue beisammensteht. Der schöne jugendliche Kopf mit dem Eichenkranz entspricht unter den Kaisern am ehesten dem Augustus. ). Vespasian und Titus, wegen üblicher Verwechslung in den Galerien hier nicht zu trennen: meisterlicher Kolossalkopf im Museum von Neapel (dritter Gang); gute Büste im Hauptsaal der Villa Borghese. Trajan, dessen sonderbare Kopfbildung nirgends verhehlt wird: am ansprechendsten in der vatikanischen Büste (Belvedere, Raum des Meleager). Hadrian: am häufigsten vorhanden und sehr oft gut. Plotina und die ältere Faustina, Kolossalköpfe in der Sala rotonda, interessant für die Behandlung des Lieblichen in diesem MaßstabAn den Kaiserinnen stört oft der modemäßige Haarputz, welcher sogar an einzelnen Büsten zum Abnehmen und Wechseln eingerichtet ist. . Antonius Pius: trefflich in der Kolossalbüste der Villa Borghese (Hauptsaal), geringer in derjenigen des Museums von Neapel (dritter Gang) und in der sehr penibeln des Museo capitolino (großer Saal). Eine auffallende Menge von Kolossalköpfen unter anderem der bisher Genannten u. a. im Garten der Villa Albani. Von Marc Aurel und Lucius Verus eine bedeutende Anzahl Köpfe überall, wovon wir das Beste nicht anzugeben imstande sind. Von Commodus ein wahrscheinlich echter, trefflicher, obwohl flüchtig behandelter Kopf im Museum von Neapel (dritter Gang). Pertinax, gute Kolossalbüste in der Sala rotonda des Vatikans. Septimius Severus, häufig als Statue, vielleicht nirgends von besonderm Werte. Seine Gemahlin Julia Domna, die letzte Römerin, von welcher uns die Kunst ein wahrhaft schönes und geistvolles Bild hinterlassen hat: Büste in der obern Galerie des Museo capitolino; auch eine gute Kolossalbüste in der Sala rotonda des Vatikans. Caracalla, auffallend häufig und gut, wahrscheinlich einem vorzüglichen Original zuliebe wiederholt, vielleicht am feinsten durchgeführt in einem Kopf der Büstenzimmer des Vatikans. Ein furchtbares Haupt, ein »Feind Gottes und der Menschen«, bei dessen Verworfenheit und falscher Genialität der Gedanke erwachsen muß: es ist Satan.

Bei diesem Kopfe steht die römische Kunst wie vor Entsetzen still; sie hat von da an kaum mehr ein Bildnis von höherm Lebensgefühl geschaffen. Die Auffassung wird zusehends ärmlich und einförmig, die Formen ledern und flau oder peinlich. Die Teilnahme schwindet außerdem durch die Unsicherheit der Benennung, für welche man auf die schwankenden Gesichtszüge ungeschickter Münzen angewiesen ist. Von der kapitolinischen Büste Diokletians und von der neapolitanischen des Probus (Museum, dritter Gang) möchte man wenigstens wünschen, daß sie echt wären. Die Köpfe des 4. Jahrhunderts sind zum Teil schon ganz puppenhaft, die drei kapitolinischen des Julianus Apostata nur durch ein mittelalterliches Zeugnis bewährt.

Neben diesem Vorrat von Herrscherbildnissen existiert noch ein viel größerer von »Incogniti«, Männern und Frauen, welchen man durch Beilegung interessanter Namen, zumal aus der letzten Zeit der Republik, einen willkürlichen Wert beizulegen pflegt. Ohne hierauf weiter einzugehen, machen wir nur aufmerksam auf das Denkmal, welches die Römer der Kaiserzeit hiermit ihren eigenen Personen und ihrem Nationaltypus gesetzt haben. Die Büste, und vollends die Statue, hat für einen auf das Dauernde gerichteten Sinn den stärksten Vorzug vor dem gemalten (oder daguerreotypierten!) Bilde, in welchem die jetzige vielbeschäftigte Menschheit vor der Nachwelt aufzutreten gedenkt. Freilich gehört Schädelbau und schwammloses Fleisch und ein lebendiger Ausdruck dazu, der nur durch beständigen Verkehr mit Menschen, nicht mit Büchern und Geschäften allein sich dem Antlitz allmählich aufprägt.

Wie in allen guten Zeiten der Kunst, so wußte auch bei den Römern der Bildhauer nichts von künstlichem Versüßen und Interessantmachen derer, welche sich abbilden ließen. Es gibt eine große Menge von Grabdenkmälern meist untergeordneten Wertes, welche Mann, Weib und Kind in erhabenen Halbfiguren innerhalb einer Nische darstellen. (Eine Auswahl im Vatikan: Gal. lapidaria: ein sehr schönes im Zimmer der Büsten; eine ganze Anzahl im Hof des Palazzo Mattei; in der Villa Borghese, Zimmer des Tyrtäus, drei ganze Figuren in Relief, eine Mutter mit zwei Söhnen darstellend; ebendort zeigt die liegende Statue einer Jungfrau, daß auch die späte Kunst wahrer Schönheit ihr Recht anzutun suchte; – eine Anzahl geringerer Grabmonumente im Museum von Neapel, Halle des farnesischen Stieres.) In diesen bescheidenen Denkmälern hat die Naivität, womit auch die häßlichen und unbedeutenden Züge, ja die weitabstehenden Ohren wiedergegeben sind, etwas wahrhaft Rührendes und Gemütliches. – Aber auch in den Büsten und Standbildern der besten römischen Arbeit ist so wenig Geschmeicheltes, daß man der römischen Kunst schon eine allzu herbe und nüchterne Darstellung des Wirklichen vorgeworfen hat. Der Vergleich mit jenen halbidealen griechischen Köpfen und Statuen von Fürsten, Dichtern und Philosophen ist indes ein unbilliger, weil der römische Künstler nicht längstverstorbene große Männer, sondern den ersten besten porträtieren mußte; an seinen vergötterten Kaisern hat er bisweilen das irgendmögliche von höherer monumentaler Auffassung geleistet, und wenn wir die Statuen eines Virgil, eines Horaz aus der Kaiserzeit besäßen, so würden wir darin vielleicht etwas ebenso Hohes ausgedrückt finden als in denen von Aristides, Euripides, Demosthenes usw., welche als Muster von Idealbildnissen mit Recht gefeiert werdenDie halbideale Statue einer römischen Dichterin (wenn wir eine unlängst gefundene Figur unter Lebensgröße im Braccio nuovo des Vatikans richtig so deuten) würde zu einer solchen Annahme einigermaßen berechtigen. . Ihre teilweise Nacktheit und sehr frei gewählte Gewandung hätte sich der römische Künstler zu analogen Zwecken auch aneignen können.

Überdies besaß er bei ganzen Statuen, wenigstens angesehener Personen, auch einen Vorteil. Die würdigste Tracht, die je eines ernsten Mannes Leib bedeckte, ist immer die weite herrliche römische Toga mit ihrem doppelten Überschlag über die linke Schulter. Der linke Arm kann frei darunter hervorsehen oder sich darin verhüllen; der rechte bleibt nebst der rechten Schulter entweder ganz frei zur edelsten Gebärde, oder die Toga zieht sich noch oben längs der Schulter hin, oder sie wird beim Opfer über das Haupt gezogen und läßt dieses dann mit unbeschreiblicher Würde aus dem tiefen Schatten heraustreten. Das linke Bein ist in der Regel das tragende, das rechte das gebogene. Als diese Gewandung in den Bereich der Kunst gezogen war, ließ man sie nicht mehr los. Tausende von Statuen wurden nach diesem Motiv bis in die spätesten Zeiten geschaffen. An denjenigen aus den bessern Jahrhunderten wird der Beschauer mit stets wachsender Bewunderung die freie Art und Weise innewerden, mit welcher die einzelnen Künstler das Gegebene behandelten. Er wird vielleicht dabei mancher unserer jetzigen Porträtsstatuen und ihrer Kavalleriemäntel gedenken, welche letztern nebst dem bloßen Kopf die Vermutung erregen, daß der Betreffende sich während einer Standrede im Winter habe abbilden lassen. Von dem sehr bedeutenden Vorrat dieser selbst im schlechtesten Fall betrachtenswerten Gestalten brauchen wir bloß eine zu erwähnen: den sitzenden sog. Marcellus im Philosophenzimmer des kapitolinischen Museums; jedenfalls das Bild eines ausgezeichneten Staatsmanns und Redners. Hier wirkt nicht bloß das schöne und wunderbar behandelte Kleidungsstück, sondern der Charakter der Stellung, welche sich in jeder Falte ausspricht. So saß nur dieser und kein anderer! möchte man sagen.

Andere Togafiguren werden noch bei Gelegenheit erwähnt werden. (Diejenigen von Kaisern s. S. 490.) Für den ersten Anlauf empfehlen wir den Togatus (aus dem Grabe der Servilier) am Anfang des Museo Chiaramonti und den schönen greisen Opferer in der Sala della Biga des Vatikans. (Vgl. S. 392, a.)

Welches nun immer die Ausstattung und Gewandung sei, es bleibt eine Tatsache, daß die bessern römischen Bildnisse ganz rücksichtslos den Charakter und die Züge der Betreffenden, aber mit einem hohen Lebensgefühl aussprechen.

Allerdings ist der Genuß dieser Werke nicht für jedermann leicht zugänglich. In den großen italienischen Sammlungen stehen die Büsten meist entweder so dicht und bunt durcheinander oder so unscheinbar zwischen Statuen zerstreut, daß nur selten ein Beschauer ihnen die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken wagt. Köpfe von Göttern und Göttinnen, von griechischen Philosophen und Dichtern, von römischen Kaisern und Privatleuten, zusammen wohl viele Tausende an Zahl – welches Auge vermöchte diese ganze Heerschaar zu mustern und durch Vergleichung das Beste und das Gute von dem Geringern zu scheiden? welches Gedächtnis könnte sich dies alles einprägen? – Vom Streit über die Namengebung, welcher dies Gebiet (wie bemerkt) unaufhörlich bedroht, muß vollends der Nicht-Archäologe auch hier ganz absehen, wenn er nicht Zeit und Lust verlieren will.

Es bleibt ihm nichts übrig, als bei guter Stimmung und Muße diese Köpfe einzeln, wie sie ihm gefallen, nach ihrem geistigen Ausdruck und nach der Kunst des Bildhauers zu durchforschen. Isoliert gesehen, gewinnen wenigstens die bessern davon außerordentlich. Im Thronsaal des Palazzo Corsini zu Rom steht auf einem Pfeiler der Kopf eines Römers, den mitten im Vatikan nur wenige beachten würden, der aber hier mit seiner edeln Individualität, seinem Ausdruck des Kummers alle Blicke auf sich zieht. An solch einem Beispiel kann man inne werden, wie viel Treffliches anderswo dem Auge entgeht, z. B. in dem langen Museo Chiaramonti, in den Büstenzimmern und in der Galeria geografica des Vatikans, im Zimmer der Vase des Museo capitolino, wo die »Incogniti« beisammenstehen, in den meisten Räumen der büstenreichen Villa Albani, in den verschiedenen Abteilungen des Museums von Neapel, in der Inschriftenhalle und Hermaphroditenhalle der Uffizien zu Florenz, im Hof des Pal. Riccardi ebenda, u. a. a. O.

Es ist nun unsere Sache, den Leser auf eine Auswahl des Merkwürdigsten unter den meist anonymen oder pseudonymen Römerköpfen aufmerksam zu machen. Wir nehmen dabei nicht sowohl den Kunstwert als das physiognomische Interesse zum Maßstab, ungewiß, ob der Leser uns gerne auf diesen Pfaden folgen wird.

Im Vatikan: Braccio nuovo: der sog. Kopf des Sulla; – Mus. Chiaramonti: der sog. Marius, treffendes Bild eines etwas galligen Alten; – der (wahrscheinlich richtig benannte) Cicero, N. 422, nicht N. 697; – und der sog. Ahenobarbus mit dem feinen und klugen Ausdruck des fetten Angesichtes; – Büstenzimmer: einige interessante Frauenköpfe. – Im Museo capitolino: erstes unteres Zimmer: ein Mann von Jahren (jetzt für Hadrian ausgegeben, aufgestellt auf einem Herkulesaltar), wundervoll wahr in dem zweideutig Verbissenen des Ausdruckes;– Zimmer des sterbenden Fechters: der beste Kopf des Marcus Brutus, Mörders des Cäsar, von widerlichem, obwohl nicht geistlosem Ausdruck; – Zimmer des Fauns: der sog. Cethegus, ein noch junger, vornehm abgelebter Spätrömer; – Philosophenzimmer: hier muß man wohl von den meisten Taufen mit Römernamen absehen und sich einzig mit dem geistigen Inhalt begnügen; Virgil als idealer, wahrscheinlicher göttlicher Kopf gehört gar nicht hierher; ein kahler, delikater sauertöpfischer Alter heißt Cato; ein (auch sonst öfter vorkommender) trauernder, entbehrungsvoller Kopf (squalidum), die Haare in der Stirn, wird überall Seneca getauft; der sog. Cicero ist ein ansehnlicher großer Beamter mit klaren, wohlwollenden Zügen; der sog. Pompejus ein leidenschaftlicher, sehr vornehmer junger Herr, dessengleichen der Leser wohl schon öfter begegnet sein wird, usw.[Braun S. 170 ff. erkennt unter anderm den Äschylus (N. 82), den Marcus Agrippa (N. 16), den Terenz (N. 76), den Corbulo (N. 48) als richtig benannt an, hält aber (nach Visconti) den Cicero (N. 75) eher für einen Asinius Pollio.] . Mitten unter diese sehr bunte Schar hat sich ein ganz schöner jugendlicher Heldenkopf (N. 59) verirrt, mit einem leisen Anflug des Barbarentypus; wenn jemand in ihm den Germanen Arminius erkennen will, so wird ein altertumskundiger Freund, den ich hier nicht nennen darf, nichts dagegen einzuwenden haben. – Im Palast der Konservatoren (Eckzimmer) die vorgebliche Bronzebüste des alten L. Junius Brutus, ein höchst charakteristischer Römerkopf.

Im Museum von Neapel: Große Bronzen: schönes Exemplar des schon bezeichneten Seneca; Lepidus (wenig sicher, allein voll individuellen Lebens); Scipio Africanus d. Ä. (in allen Sammlungen, oft mehrfach vorhanden; weit das beste Exemplar, von den übrigen beträchtlich abweichend, im Besitz des Jesuitenkollegiums zu Neapel), das wahre Urbild eines alten Römers; – Marmorwerke erster Gang: der vorgebliche Sulla, von vorn gesehen auffallend durch seine Ähnlichkeit mit Napoleon, dessen Stirn jedoch weder eine so edle Form noch eine so bedeutend durchgebildete Modellierung hatte; ebenda die Statuen der Familie Balbus aus Herkulanum, in der Gewandung gering, in den Köpfen sehr ausgezeichnet, besonders die Mutter, deren kluge, ruhige, hochbedeutende Züge eine ehemalige Sinnlichkeit nicht verleugnen; – zweiter Gang: die Reiterstatuen der Balbus Vater und Sohn, in den Köpfen wiederum sehr bedeutend, außerdem als einzig erhaltene Konsularstatuen zu Pferde merkwürdig durch die ungemeine typische Einfachheit der Komposition, wobei auch einige Nüchternheit mit unterläuft; – Halle der berühmten Männer: mehrere gute Anonyme und Falschbenannte; – Halle des Tiberius: ebenso; das Beste der sog. Aratus, geistreich seitwärts emporblickend; ein liebenswürdiges Frauenköpfchen mit verhülltem Kinn, fälschlich als Vestalin bezeichnet.

In den Uffizien zu Florenz: innere Vorhalle: ein gutes Exemplar des sog. Seneca; – erster Gang: Marcus Agrippa, klassische Züge mit dem Ausdruck tiefer Verschlossenheit; – Halle der Inschriften: ein feiner durchgebildetes Exemplar desjenigen Kopfes, welcher in der kapitolinischen Sammlung Cicero heißt; der »Triumvir Antonius« eine flüchtige Arbeit, die aber etwas von derjenigen Art von Größe hat, welche wir jenem Manne zutrauen; ein anonymer Römer, welcher mit Ausnahme des noch etwas behaarten Kopfes an jenen grandiosen Scipiokopf der PP. Jesuiten in Neapel erinnert; – Halle des Hermaphroditen: zwei tüchtige Köpfe von sozusagen philiströsem Ausdruck; eine schöne Frau von demjenigen matronalen Typus, welchen man insgemein der Livia zuschreibt, mit zahlreichen gerollten Löckchen; – zweites Zimmer der Bronzen, 6. Schrank: einige sehr gute kleine Bronzeköpfchen und Statuetten, worunter die winzige, aber vortreffliche eines sitzenden Mannes in der Toga.

In der untern Halle des Palazzo Riccardi: außer einer Anzahl von Idealköpfen (worunter ein schöner und ein geringerer Apoll, zwei Athleten, eine sog. Sappho) ein guter römischer Porträtkopf, verschrumpft und sauer blickend, in einem Nebengang rechts.

Im Camposanto zu Pisa: (bei XL) Marcus Agrippa, weniger erhalten, aber ebenso echt als der florentinische Kopf. (Ebenda mehrere gute Götterköpfe. Der angebliche Brutus, bei IV, ist offenbar modern.)

Vergebens sucht man Auskunft über den Ursprung und ersten Gebrauch der so häufigen und zum Teil so trefflichen marmornen Masken. Wenn die Archäologie nichts dagegen hat, so wollen wir einige harmlose Vermutungen aufstellen, die neben jedem erwiesenen Tatbestand in ihr Nichts zurückzutreten bereit sind.

In den heitern Tagen des alten Athens muß mit der beginnenden Blüte der Tragödie und der Komödie auch die Kunst, tragische und komische Masken für die Bühne zu machen, eine beträchtliche Höhe erreicht haben. Der Grieche ertrug bekanntlich auf dem Theater lieber ein künstliches Gesicht und eine künstliche Leibeslänge (mittels der Kothurne) als die persönliche Physiognomie irgendeines Schauspielers: diese hätte ihm selbst bei der größten Schönheit nie die typisch-idealen Züge geboten, welche einmal von den tragischen und komischen Charakteren unzertrennlich schienen. Welches Schauspielers Antlitz hätte für den gefesselten Prometheus und für seine Peiniger Kratos und Bia ausgereicht? – Die Masken aber, wo man sie auch aufbewahrte, müssen, selbst nur einfach an der Wand aufgehängt, ein bedeutendes, monumentales Aussehen gehabt haben, das man bleibend festzuhalten versucht sein mußte; keinem jedoch kann dieser Gedanke früher und eher gekommen sein als dem Maskenmacher selbst, der ja ein bedeutender und gewiß in hohen Ehren gehaltener Künstler war, – vielleicht zugleich Bildhauer in einer Zeit, die noch so wenig die Kunstgattungen trennte. Außer dem Theater wurden eine Menge Masken gebraucht bei Aufzügen, Prozessionen und Festlichkeiten aller Art; wie konnte man dergleichen besser ansagen als durch das Aushängen von Masken an Schnüren oder Laubgewinden? – An irgendeinem Gebäude, das mit solchen Bestimmungen zusammenhing, am ehesten wohl an einem Theater möchte denn auch die erste aus Stein gemeißelte Maske, zur Verewigung des festlichen Eindruckes angebracht worden sein – wo und wie? können wir schwer erraten; vielleicht als Akroterion (Eckzierde), bald vielleicht auch in vielfacher Wiederholung innerhalb eines Frieses, als Metope einer dorsischen Halle. – Doch die Personen der Tragödie, Götter und Menschen der heroischen Zeit, hatten schon eine so bedeutende, rein ideale Stellung als Hauptgegenstände der Kunst, daß ihnen unter dieser neuen Form nicht viel abzugewinnen war, und daher darf man sich wohl das Vorherrschen der komischen Masken erklären. Diese eigneten sich vollständig zur Dienstbarkeit unter der Architektur und mußten sich denn auch im Verlauf der Zeit jeglichen Dienst gefallen lassen.

Zu Wasserspeiern an Gebäuden und zu Brunnenmündungen schickte sich zwar auch die barockste Bildung ihres Mundes nur wenig; das erstere Amt blieb in der guten Zeit wenigstens den Löwenköpfen vorbehalten; für das letztere schuf die Kunst eine besondere Welt von Brunnenfiguren. Dagegen waren sie mit ihrer dämonischen Drolligkeit wie geschaffen zu Glut- und Dampfspeiern in warmen Bädern; in großem Flachrelief ausgedehnt konnten sie auch mit Augen, Nasenlöchern und Mund das ablaufende Wasser in Bädern wie in Höfen unter freiem Himmel aufnehmen (als Impluvien). Vielleicht die meisten aber waren bloße freie Dekoration an Gebäuden verschiedener Art.

Man wird ihren Stil im ganzen hochschätzen müssen. Sie sind die einzigen Karikaturen, die der hohen Kunst angehören, die Grenzmarken des Häßlichen im Gebiet des Schönen. Deshalb ist hier selbst bei der stärksten Grimasse doch nichts Krankhaftes, Verkümmertes, Peinliches oder Verworfen-Bösartiges zu bemerken. Was dem Ausdruck zugrunde zu liegen scheint, ist die vielfach variierte Anstrengung des Schreiens, auf eine Reihe komischer Typen übertragen. Meist auf die Ferne berechnet, ist ihre Arbeit flüchtig, derb, energisch; in den neuern Sammlungen demgemäß hoch und fern, an Gesimsen und Giebeln aufgestellt, entgehen sie dem Auge nur zu leicht.

Vielleicht die größte Anzahl findet sich beisammen in der Villa Albani (untere Halle des Palastes, Vorhalle des Kaffeehauses usw.); in Maßstab und Arbeit meist so gleichartig, daß sie von einem und demselben Gebäude stammen könnten. – Andere im Vatikan (besonders im Hof des Belvedere, auch im Appartamento Borgia).

Diese möchten alle als bloße Dekoration gedient haben. Als Dampfspeier sind zunächst vier fast vollständige Köpfe im Museum von Neapel (Marmorwerke, zweiter Gang) zu nennen, ideal, nicht karikiert, und noch von sehr guter Arbeit. Andere Dampfspeier dagegen zeigen den komischen Ausdruck des Herauspressens der Luft aus dem Munde; so die rotmarmornen an der Treppe der Villa Albani und in der Villa Ludovisi (Vorraum), beide in Profil, Flachrelief.

Als Impluvium oder Wasserablauf diente die grandiose, aber sehr verstümmelte Bocca della verità in der Vorhalle von S. Maria in Cosmedin zu Rom; wahrscheinlich ein Oceanus. Ebenso eine treffliche Pansmaske der Villa Albani (Nebenräume rechts). – Ein gutes Hochrelief, drei tragische Masken zusammengruppiert, in den Uffizien, zweiter Gang. (Auf der Rückseite eine Satyrmaske in Flachrelief.) Endlich gibt es eine Gestalt des griechischen Mythus, welche nur als Maske vorkommt: das Tod und Entsetzen bringende, versteinernde Gorgonenhaupt, die Medusa. Die ältere Kunst bildete sie als eine Grimasse, die höchstens denjenigen Widerwillen hervorbringen kann, welchen etwa die Kriegsdrachen der Chinesen erregen mögen. Später aber (durch Praxiteles?) kam derjenige Typus auf, den wir z. B. in den kolossalen vatikanischen Medusenmasken (aus hadrianischer Zeit, im Braccio nuovo) bewundern. Unter den schlangenähnlichen Locken treten gewaltige, breitgebildete Köpfe hervor, schön und erbarmungslos, zugleich aber selbst von geheimem Entsetzen durchbebt; nur so konnte diese Empfindung auch in dem Beschauer erregt werden. Für die Behandlung des Dämonisch-Schrecklichen in der griechischen Kunst die wichtigste Urkunde. – Leider findet man an der Treppe des Pal. Colonna in Rom von dem berühmten porphyrnen Kolossalrelief eines Medusenhauptes nur noch den bemalten Gipsabguß. – Medusa im Profil, Hauptsaal der Villa Ludovisi.

Im ganzen haben unter den Masken diejenigen der Komödie, wie bemerkt, das große Übergewicht; sie herrschen auch wohl in den pompejanischen Malereien vor. Einzelne Statuen komischer Schauspieler sind gleichsam als eine Weiterbildung der Masken zu betrachten; sie stellen einen Moment einer bestimmten Rolle, z. B. eines Davus, eines Marcus dar, und nicht den berühmten Komiker N. N. in dieser und jener Rolle. (Die besten im obern Gang des Vatikans, andere in der Villa Albani, KaffeehausLetztere zusammen, wenn sie richtig geordnet würden, eine komische Szene vorstellend. (Ansicht Brauns.) ; manche als kleine Bronzefiguren in den betreff enden Sammlungen.) – Für die Malerei waren ganze Theaterszenen und Proben ein nicht ungewöhnlicher Gegenstand, wie mehrere antike Gemälde und Mosaiken des Museums von Neapel beweisen (unter anderm die beiden zierlichen Mosaiken des Diomedes, erster unterer Saal links). In Rom geben die einfachern Mosaiken am Boden der Sala delle Muse im Vatikan einen ziemlich genauen Begriff von dem Auftreten tragischer Schauspieler.

Von andern leblosen Gegenständen hat die römische Kunst bisweilen die Trophäen mit ganz besonderer Schönheit gebildet, sowohl im Relief (Basis der Trajanssäule) als in runder Arbeit (Balustrade des Kapitols). Die plastische Gruppierung des Unbelebten hat vielleicht überhaupt keine höhern Muster aufzuweisen als diese.

Die Tierbildungen der alten Kunst zeigen eine reiche Skala der Auffassung, vom Heroischen bis zum ganz Naturalistischen. In den edlern und gewaltigeren Tiergattungen lebt eine ähnliche Hoheit der Form wie in den Statuen von Göttern und Helden; in den geringern wird man mehr jene naivsten Züge des Lebens bewundern, die das Tier in seinem Charakter zeigen. – Dieser ganze Kunstzweig muß eine große Ausdehnung gehabt haben: von noch vorhandenen Resten ist z. B. die große Sala degli Animali im Vatikan erfüllt, und auch im Museo Chiaramonti findet sich vieles, lauter römische Arbeiten, die zum Luxus des Hauses, zum Schmuck der Brunnen und Gärten gedient haben mögen. Den Vorzug behaupten natürlich die großen, monumentalen Tiergestalten.

Die Pferde der antiken Skulptur beweisen zunächst, daß die damalige Pferdeschönheit eine andere war als die, welche die jetzigen Kenner verlangen. Wo Mensch und Pferd beisammen sind, wie z. B. auf den parthenonischen Reliefs, wird man das Tier schon im Verhältnis kleiner gebildet finden, aus Gründen des Stiles, nicht wegen Kleinheit der Rasse. Sodann galt eine andere Bildung des Kopfes, des Nackens, der Brust und der Kruppe, namentlich aber ein gedrungeneres Verhältnis der Beine für schön, als jetzt. Aus Mangel an Spezialkenntnissen kann der Verfasser hierauf nicht näher eingehen; die Denkmäler selbst sind so bekannt, daß sie kaum der Aufzählung bedürfen. Bei weitem das schönste ist und bleibt wohl der eine parthenonische Pferdekopf, dessen überall verbreitete Abgüsse man vergleichen möge; alles was zum Ausdruck der Energie, ja des edelsten Feuers dienen kann, ist scharf und wirksam hervorgehoben und in die Hautfläche ein Leben und eine Bedeutung hineingezaubert, dergleichen bei einem sterblichen Tier wohl nicht vorkommt. – Als griechische Arbeit galten bekanntlich lange Zeit die vielgewanderten vier Bronzepferde über dem Portal von S. Marco in Venedig, gegenwärtig hält man sie doch nur für römisch, etwa aus neronischer Kunstepoche; jedenfalls gehören sie zu den besten und sind als einziges erhaltenes Viergespann (wahrscheinlich von einem Triumphbogen) unschätzbar zu nennen. – Die stark restaurierten Pferde der Kolosse von Monte Cavallo in Rom sind ohne Zweifel Nachahmungen griechischer Vorbilder wie die Statuen, in ihrem jetzigen Zustand aber nicht maßgebend. (Der Kopf des einen sehr ausgezeichnet.) – Römische Pferde erscheinen im ganzen, neben denjenigen des Phidias und seiner Schule, roh und im Detail wenig oder nur naturalistisch belebt, in der Bewegung aber bisweilen trefflich. – Im Museum von Neapel verdienen die marmornen Pferde der beiden Balbi (nach meinem Urteil) unbedenklich den Vorzug vor dem (sehr zusammengeflickten) ehernen herkulanensischen Pferde sowohl als vor dem kolossalen ehernen Pferdekopf aus dem Palast Colobrano (Abteilung der großen Bronzen); von den ebenda befindlichen bronzenen Statuetten übertrifft das Pferd Alexanders und das freisprengende dasjenige der Amazone. – In Rom ist das Pferd Marc Aurels auf dem Kapitol gut gearbeitet und lebendig bewegt, an sich aber ein widerliches Tier, ohne Zweifel einem Streitroß des Kaisers getreu nachgebildet. – In Florenz (Uffizien, innere Vorhalle) das bei der Niobidengruppe gefundene Pferd, mittelmäßige Dekorationsarbeit. – Das 1849 im Trastevere gefundene eherne Pferd, welches vorläufig im Museo capitolino aufbewahrt wird, habe ich nicht gesehen.

Unter den Löwen hat der größte von den vor dem Arsenal zu Venedig aufgestellten den Altersvorzug (er stammt bekanntlich aus dem Piräus). Der liegende Löwe, auf der andern Seite der Tür, soll auf dem Wege vom Piräus nach Athen seine Stelle gehabt haben. Er scheint wenig jünger und doch durchgebildeter als der sitzende, hat aber einen modernen Kopf und starke Verletzungen. (Die beiden kleinern gering.) – Als der schönste gilt der schreitende Löwe in Relief, an der großen Treppe des Palazzo Barberini zu Rom. – Ein schreitender Löwe in vollständiger Figur, von guter römischer Arbeit, aber durch plumpe moderne Beine entstellt, befindet sich an der Treppe des Museums von Neapel. – Der eine vor der Loggia de' Lanzi in Florenz ist wohl besser. (Der andere modern, von Flamino Vacca.) – Von einer sehr bedeutenden Gruppe, welche den Sieg des Löwen über das Pferd darstellte, ist diejenige im Hof des Konservatorenpalastes auf dem Kapitol ein treffliches, nur zu sehr beschädigtes Exemplar, diejenige im Vatikan (Sala degli Animali) ein schwacher Nachklang; auch die übrigen Löwen dieses Saales sind nicht von Bedeutung. – An gewaltigem Ernst und an grandioser Behandlung möchten die beiden großen Granitlöwen des ägyptischen Museums im Vatikan wenigstens alle ruhenden Bildungen dieser Gattung hinter sich lassen. Wo das momentane Leben des Tieres preisgegeben und seine Bedeutung als Symbol einer göttlichen Naturkraft hervorgehoben wird, wie im alten Ägypten, da allein sind solche Charaktere möglich. Von den Hunden wurde die große derbe Gattung der Molossen mit Vorliebe dargestellt. Nachahmungen eines Werkes dieser Art sind die beiden am Eingang der Sala degli Animali des Vatikans, und die beiden in der innern Vorhalle der Uffizien, von ungleicher Güte der Ausführung, aber sämtlich von grandiosem Ausdruck. (Sie sind nicht als Pendants gearbeitet, wie schon die fast identische Wendung beweist.) Sonst genossen die Windhunde am häufigsten das Vorrecht einer plastischen Darstellung. Sehr schön und naiv (in der Sala d. Anim.) die Gruppe zweier Windhunde, deren einer das Ohr des andern spielend in den Mund nimmt. Anderswo (auch in Neapel) einer, der sich am Ohre kratzt.

Die bekannte kapitolinische Wölfin (Eckzimmer des Konservatorenpalastes), vom Jahr d. St. 458, pflegt als etruskisches Werk betrachtet zu werden. Die Haare heraldisch, der Leib noch ziemlich leblos, die Beine kräftig und scharf. (Aus dem Mittelalter, in welches man sie aus nicht zu verachtenden Gründen hat verweisen wollen, kann sie doch nicht wohl sein; als die italienische Kunst des 13. oder 14. Jahrhunderts ähnliche Beine zu bilden vermochte, bildete sie das Haar nicht mehr heraldisch. Die wichtigsten Vergleichungen für diese noch schwebende Frage: der Löwe vor dem Dom von Braunschweig; die Löwen des Niccolò Pisano unter den Kanzeln des Battistero zu Pisa und des Domes von Siena usw.) – Anspringend und sehr lebendig: die Chimära von Arezzo in den Uffizien (Bronzen, zweites Zimmer), mit etruskischer Inschrift; das Haar in symmetrisch gesträubten Büschen.

Zum Allertrefflichsten gehört der florentinische Eber (Uffizien, innere Vorhalle); er richtet sich majestätisch auf; seine Borsten kleben buschweise zusammen vom Schweiß und von der Feuchtigkeit seines Lagers und bilden zumal an der Brust einen prächtigen Ausdruck innerer Kraft. – Das Mutterschwein von Alba (Sala d. Anim.) ist daneben ein sehr geringes Werk.

Von Rindern ist in riesiger Größe der farnesische Stier (s. d.), doch nur mit starken Restaurationen erhalten. Außerdem enthält das Museum von Neapel (große Bronzen) ein kleines bronzenes Rind, von mittelguter Arbeit. Die Erinnerung an Myrons berühmte Kuh sucht man, vielleicht vergebens, aus kleinen Bronzen verschiedener Galerien zusammen.

Die beiden niedlichen Rehe des Museums von Neapel (große Bronzen) stehen ziemlich vereinzelt. Der graumarmorne Hirsch im lateranensischen Museum ist ebenfalls eine gute Arbeit.

Die Vögel sind für die Freiskulptur in Marmor nur ausnahmsweise ein geeigneter Gegenstand; indes ergab sich wenigstens für den Adler mehr als eine Gelegenheit, die nicht zu umgehen war. Von den sämtlichen Darstellungen des Ganymed zeigt allerdings vielleicht keine einzige den Adler mit vollkommenem Lebensgefühl durchgebildet, wenn es auch an guten Motiven nicht fehlt (S. 444 u. f.). Als Symbol an römischen Denkmalen wurde wieder aus andern Gründen der Adler nur dekorativ behandelt. Irgendeinmal aber hatte sich die Kunst ernstlich des Königs der Vögel angenommen und ihn auf immer so stilisiert, wie er bis heute plastisch pflegt gebildet zu werden, nämlich mit beträchtlicher Verstärkung der untern Teile (eine Art starkbefiederter Knie) und mit großartig umgebildetem Kopf. Eines der besten Exemplare bleibt immer der Reliefadler in der Vorhalle von SS. Apostoli zu Rom.

Für den Begriff der quantitativen Ausdehnung, welche diese Tierskulptur erreicht hatte, sorgt, wie gesagt, die Sala degli Animali. Hier findet sich der Elefant wenigstens in verkleinertem Relief, der Minotaurus, von einem Kamel der riesige Kopf, auch das Haupt eines Esels (ohne besondern Humor), mehrere Krokodile, Panther, Leoparden (mit eingelegten Flecken); dann Gruppen des Kampfes und der Beute, wie die von Löwe und Pferd (s. oben), Hund und Hirsch, Panther und Ziege, Bär und Rind usw.; kleine Amphibien und Seetiere, oft von farbigem Marmor; von Vögeln namentlich Pfauen u. a. m. Manches hat den Charakter bloßer Spielerei.

Außerdem wird man in den Sammlungen kleiner Bronzen (z. B. Museum von Neapel, drittes Zimmer, Uffizien in Florenz, zweites Zimmer der betreffenden Abteilung, 6. Schrank) eine große Anzahl, und zwar gerade der schönsten und lebensvollsten Tiermotive vorfinden; am letztgenannten Ort unter anderm einen trefflichen Stier mit menschlichem Angesicht, von griechisch scheinender Arbeit. Auch hier gibt sich die antike Kleinskulptur nicht als Fabrikantin artiger Nippsachen, sondern als eine des Größten fähige Kunst zu erkennen (S. 470, 471).

Eine Anzahl von Tieren konnte ihrer Natur nach bloß in der Malerei und höchstens im Relief zu ihrem Rechte kommen. Dies sind außer den Fischen die sämtlichen fabelhaften Wasserwesen, Seestiere, Seepanther, Seeböcke, Seegreife usw., welche den Zug der Tritone und Nereiden begleiten; die Tritone selbst sind, wie oben (S. 459) bemerkt, aus einem menschlichen Oberleib mit dem Unterteil eines Pferdes und einem geringelten Fischschwanz zusammengesetzt. Es bleibt hier nur zu wiederholen, daß die Übergänge aus dem einen Bestandteil in den andern so meisterlich unbefangen und die Verhältnisse der Bestandteile zueinander sowohl abgewogen sind, daß der Beschauer, weit entfernt etwas Monstruöses darin zu finden, an das Dasein solcher Wesen zu glauben anfängt.

Der Delphin, sehr häufig als Brunnentier, auch als Begleiter der Venus dargestellt, ist unter den Händen der Kunst zum »Fisch an sich«, zum allgemeinen Sinnbild der feuchten, bewegten Tiefe geworden und hat mit dem wirklichen Delphin nicht einmal eine flüchtige ÄhnlichkeitDer den Eros umschlingende Delphin im Museum von Neapel (Halle des Adonis) ist eines der wenigen Absurda der antiken Kunst. . Dieser gehört zu den formlosesten Fischen; wer ihn im Mittelmeer nicht zu sehen bekommen hat, kann sich hiervon z. B. in der Naturaliensammlung der Specola in Florenz überzeugen, deren vortrefflich ausgestopfte Tiere für mehrere Punkte unseres Kapitels zur entscheidenden Vergleichung dienen mögen.


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