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Als das Begräbnis vorbei war, kehrte ich recht traurig gestimmt über das Moor nach Hause zurück. Ich schritt tüchtig aus, um mich warm zu halten, denn der Wind wehte schneidend und ein scharfer Frost war eingetreten, so daß auch das Weihwasser auf Sir Ensors Sarge einfror, wie ich bemerkt hatte. Am Himmel hingen finster drohende Wolken, aber Reif und Nebel waren verschwunden, auch fiel noch kein Schnee, und der Boden war hart wie Stein.
Sehr auffallend erschien mir der Flug der Vögel; sie flatterten oder hüpften alle in einer Richtung davon, nicht hastig, aber stetig und in lautloser Stille. Diesen Zug nach Westen setzten sie die ganze nächste Woche fort. Alles wilde Geflügel verließ uns, auch Kiebitze, Schnepfen, Birkhühner und Amseln, sogar die Krähen.
Dies war der Anfang des härtesten Winters im ganzen Jahrhundert; bei dem grimmigen Frost wurden selbst die Hasen so zahm, daß sie sich in den verschneiten Gräben mit der Hand fangen ließen; die Rebhühner kamen mit schnurrendem Geräusch herbeigelaufen, auch mehrere arme Rotdrosseln und kleinere Vögel, die die Kraft zum Fliegen verloren hatten, trieben Hunger und Kälte vor unsere Thür. Annchen nahm sie alle auf, wohl fünfzig an der Zahl, hielt sie warm und fütterte sie mit Brod und Milch, rohem Fleisch und allerlei Körnern; auch durfte die alte Betty keins davon braten, wie sie gern wollte. Es war reizend, Annchen inmitten ihrer Pfleglinge zu sehen, die sie alle kannten, ihr aus der Hand fraßen und sich die Federn streicheln ließen.
Ich wußte auch ein liebes Vögelchen, das ich so gern an meinem heimischen Herd willkommen geheißen und vor jeder Unbill geschützt hätte. Aber ich konnte nicht zu ihm gelangen, denn in der Nacht, die auf Sir Ensors Bestattung folgte, kam ein Schneefall, wie ich ihn noch nicht erlebt, auch nimmermehr für möglich gehalten hatte. Der Himmel war an jenem Abend pechfinster, der Sturm heulte; wir froren und gingen gleich nach dem Nachtessen zu Bette. Dabei kam mir der alte Schäfer in den Sinn, der kürzlich bei uns eingekehrt war und einen furchtbaren Schneesturm vorausgesagt hatte, ähnlich wie vor sechzig Jahren. Damals waren ganze Schafherden erfroren, auch manches Stück Rotwild im Walde. Es war wirklich sehr leichtsinnig von uns gewesen, daß wir nicht sofort Vorsorge getroffen hatten, alles Vieh in Sicherheit zu bringen. Während meine Schlafstube von Stunde zu Stunde kälter wurde, nahm ich mir fest vor, daß es mein erstes Geschäft am Morgen sein sollte, das Versäumte nachzuholen. Aber ach, was helfen unsere besten Entschlüsse, wenn sie einen Tag zu spät kommen.
Als ich in der Frühe zur gewohnten Zeit aufstand, war es stockdunkel im Zimmer, nur vom Fenster her kam ein matter weißlicher Schein. Ich trat näher hinzu und fand den Gitterladen wie mit grauem Lehm überklebt; durch alle Ritzen aber drängten sich wirbelnd zahllose Schneeflocken herein. Vorsichtig öffnete ich nun das Fenster ein wenig und sah, daß ich keinen Augenblick zögern durfte, wollte ich unsere Herden noch retten. Draußen schien die Erde eine einzige Schneefläche, die ganze Luft war mit Schnee erfüllt, man sah nichts als Schnee wohin man blickte. Rasch kleidete ich mich an und wollte ins Freie hinaus, um die Knechte zu wecken. Als ich die Hinterthür öffnete, sank ich sofort knietief ein, und die in der Luft kreisenden Schneemassen ließen nicht das geringste erkennen. Im Holzschuppen, zu dem ich mich mühsam durchgearbeitet, fand ich eine starke Stange, mit der ich mir weiterhalf. Ich hämmerte auch so kräftig damit an Jakobs Thür, daß er glaubte, die Doones wollten ihn überfallen, und er sogleich seine Donnerbüchse zum Fenster heraussteckte.
Als er hörte, um was es sich handle, hatte er nicht die geringste Lust mitzukommen und sein teueres Leben zu gefährden. Ich half ihm jedoch über alle Zweifel hinweg, indem ich erklärte, ich würde ihn aus dem Bette holen, falls er nicht in fünf Minuten unten wäre. Er selbst konnte mir zwar nicht viel nützen, aber ich fürchtete, Jim Slocombe und Bill Dadds würden seinem schlechten Beispiel folgen. Mit Hacken, Schaufeln und Seilen beladen, machten wir vier uns alsbald auf, um die Schafe auszugraben. Es war die höchste Zeit.
Wir schleppten uns langsam fort, ich voran, die andern in meinen Fußstapfen, so gut es ging. Jakob stöhnte jämmerlich, er glaubte, sein Ende sei nicht weit, und beklagte das Geschick seiner Witwe und seiner Waisen. Es schneite fortwährend mit aller Macht, als schütte der bleifarbene Himmel seinen ganzen Vorrat über uns aus.
Wächter, der wackere Schäferhund, ging getreulich mit, obgleich er sogar an den ebenen Stellen bis über die Ohren einsank; wo aber der Schnee in Haufen zusammengeweht war, hätte er sich ohne unsere Hilfe nie wieder herausarbeiten können. Nach mancher Anstrengung erreichten wir endlich, bald schimpfend bald lachend, die große Wiese, wo wir die meisten unserer Schafe im Pferch zu halten pflegten.
Aber seltsam – die ganze Herde war verschwunden. Wir sahen nichts als einen ungeheuer breiten, haushohen Schneehaufen im östlichen Winkel des Feldes, der einer riesigen Woge glich, die, vom Sturm gepeitscht, sich hebt und senkt und im Wirbel dreht. Immer wieder lösten sich kleine Schneemassen von den Rändern ab, tanzten in der Luft herum und lagerten sich in lockern Schichten oben auf den Haufen. Der Himmel aber schickte unablässig neue Wolken gefiederter Flocken hernieder.
Leute, die keine Schafe besaßen, hätten sich wohl an dem Anblick ergötzen können, für uns hatte er wenig Reiz, denn der Schneehügel deckte ja unsere ganze Herde. Wächter stieß ein klägliches Geheul aus und begann sogleich im Schnee zu scharren; wußte er doch, daß alle seine Pflegebefohlenen dort begraben waren. Auch wir gingen mit Eifer an die Arbeit; wir gruben und schaufelten aus Leibeskräften, um den großen Berg abzutragen. Von allen vier Seiten höhlten wir ihn aus und warfen den Schnee hinter uns auf die Wiese, während bei jedem Schaufelwurf die weiche kalte Masse von oben nachrutschte und uns bis auf die Haut durchnäßte. Jetzt hielten wir einen Augenblick inne und lauschten gespannt.
Die Männer erklärten, sie könnten gar nichts hören; offenbar wünschten sie die Sache aufzugeben, weil ihnen Hände und Füße vor Kälte erstarrten. Als ich aber sagte: »Trollt Euch nur heim, Ihr jämmerlichen Frostkatzen, ich werde auch ohne Euch fertig,« griffen sie rasch wieder zu den Schaufeln.
Ehe wir die Arbeit von neuem begannen, legte ich das Ohr noch einmal an die Wand des gegrabenen Stollens und hörte ein leises, klagendes ›Mä–äh‹ wie ein letztes Flehen um Hilfe aus dem Schnee heraus tönen. Ich täuschte mich nicht – es war die Stimme des wackern Jem, des treuen Hammels, der mich bei meiner Rückkehr aus London zuerst begrüßt hatte. Ich rief ihm ermunternd zu, und dann machten wir uns alle wieder ans Werk und hatten ihn bald herausbefördert. Wächter nahm sich sogleich seiner Pflege an, wärmte sein gefrorenes Vließ, indem er sich auf ihn legte, und leckte ihm Gesicht und Füße, bis Jem in die Höhe sprang, als sei er kerngesund, nach Wächter mit den Hörnern stieß und dann fortlief, um sich etwas zum Knuspern zu suchen.
Die übrigen Schafe fanden wir weiter im Innern, dicht zusammengepackt wie die Häringe im Faß. Von ihrem dampfenden Atem und der warmen Ausdünstung der Wolle war der Schnee rundumher geschmolzen, so daß sie in einem hohlen Raum lagen, der rings von gelbem Schnee umsäumt war. Einige der schwächeren Schafe waren erstickt oder totgedrückt worden, aber über sechzig Stück brachten wir munter und wohlbehalten heraus, wenn sie auch anfänglich noch etwas starr und steif waren.
»Wie in aller Welt sollen wir sie aber nach Hause schaffen?« fragte Jakob höchst kleinlaut, als etwa zwölf Schafe ausgegraben waren. Wir mußten sehr vorsichtig zu Werke gehen, damit das Gewölbe nicht einfiel. »Sie durch den Schnee zu treiben ist rein unmöglich.«
»Du bleibst hier und passest auf, Jakob,« rief ich, »daß nicht noch mehr Schafe herauskommen. Drinnen sind sie fürs erste am besten aufgehoben. Hierher, Wächter, gieb acht auf sie!«
Wächter wedelte mit dem Schwanz und begab sich auf seinen Posten an dem engen Eingang zu dem Schneegewölbe. Ich aber suchte mir unter den Schafen draußen die zwei schönsten und schwersten aus, nahm eins unter den rechten Arm, das andere unter den linken und trug sie nach Hause in den Schafstall. Sechsundsechzig Schafe, immer zwei auf einmal, brachte ich auf solche Weise in Sicherheit. Je länger das Rettungswerk dauerte, desto schwieriger wurde es, denn der Schneesturm nahm fort und fort an Heftigkeit zu. Keiner der Knechte durfte mir helfen; ich war entschlossen, meine Kraft mit der Wut der Elemente zu messen. Das that ich denn auch und blieb Sieger. Von wilder Lust entbrannt, wollte ich lieber sterben als den Kampf aufgeben, und ich führte das Werk glücklich durch. Die Leute sprechen noch heutigen Tages von meiner damaligen Leistung, aber welche Anstrengung sie mich kostete, weiß keiner, der nicht wie ich gegen Schnee und Wind gefochten hat.
Von den Schafen im Gebirge und auf dem westlichen Vorwerk retteten wir, trotz aller Mühe, kaum den zehnten Teil. Sie waren einfach nicht aufzufinden. Drei Tage und drei Nächte lang fiel der Schnee ohne Unterlaß; die höchsten Hecken schneiten ein und die Bäume brachen unter ihrer Last, wenn der Sturm sie nicht abschüttelte.
Unser Haus war ganz in Schnee begraben; wir durften die Schaufeln nicht aus der Hand legen, wollten wir uns den Ausgang frei halten. In der Küche war es so dunkel wie im Keller, die Fenster wurden vom Schnee eingedrückt oder nach innen gebogen, wir mußten den ganzen Tag Licht brennen. Den Backofen zu heizen war unmöglich, der größte Haufen Brennholz machte ihn nicht warm, es träufelte nur etwas Wasser von den Wänden.
Daß die Sonne endlich wieder zum Vorschein kam und aus dem tiefdunkeln Himmel auf die weiße Welt herabstrahlte, brachte uns wenig Gewinn. Die Kälte wurde nur grimmiger; langgezogene Dunststreifen schwebten in der Luft und eisiger Reif lagerte sich über Berg und Thal und auf die schwerbeladenen Bäume. In der Nacht darauf trat ein Frost ein, wie er seit Menschengedenken nicht dagewesen, ja selbst in den ältesten Jahrbüchern nicht verzeichnet war. Im Kessel, der über dem Feuer hing, fror das Wasser, viele Menschen kamen um; Pferde und Rinder fand man erstarrt in den Ställen. Große Bäume spaltete der Frost mit lautem Krachen vom Gipfel bis zur Wurzel, es war der unheimlichste Ton, den ich je gehört. Unser Walnußbaum verlor die stärksten Äste, die uralte Eiche am Kreuzweg barst mitten auseinander und auch im Wald und im Obstgarten war der Schaden groß. Wer das alles nicht gesehen hat, schüttelt wohl ungläubig den Kopf, bis wieder einmal ein solcher Frost kommt, was vielleicht nimmermehr geschieht.
Alles Unbehagen des schrecklichen Winters, auch die Verluste, die wir an unserem Viehstand erlitten, hätte ich verschmerzen wollen, aber daß ich gänzlich von meiner Lorna abgeschnitten war, auch keine Möglichkeit sah, mir ein Lebenszeichen oder Nachricht von ihr zu verschaffen, bekümmerte mich schwer. Drei Wochen lang schüttete der Himmel immer neue Schneemassen herunter, und wenn auch das Schneegestöber auf kurze Zeit nachließ, so legte sich doch der Wind niemals. Meist schneite es den Tag über, hellte sich gegen Abend auf und in der Nacht kam ein scharfer Frost, bei dem die Sterne funkelten wie Edelsteine. Vor Sonnenaufgang aber hatten wir wieder Schnee. So oft der Wind sich drehte, hofften wir auf einen Umschlag des Wetters, aber der Sturm blies aus allen Richtungen der Windrose und die Kälte nahm nur immer zu.
Es war, glaube ich, am Morgen des Dreikönigsfestes als Lieschen zu mir in die Küche gelaufen kam, wo ich gefrorenes Gänsefett wärmte, um mir die aufgesprungene Haut einzureiben. Sonst lag das ›gnädige Fräulein‹ wie wir sie nannten, meist noch in den Federn, wenn ich längst draußen Schnee schaufelte; sie mußte mir heute wohl etwas Wichtiges mitzuteilen haben.
»John,« sagte sie und küßte mich, vielleicht um ihre Lippen zu wärmen, »wie einfältig ist es doch von dir, daß du gar nicht lesen magst.«
»Dummes Zeug,« erwiderte ich, »nicht wahr, wenn unser Dach einzustürzen droht und nur noch der Schornstein aus dem Schnee ragt, werde ich mich hinsetzen und lesen.«
»Das ist gerade die rechte Zeit dazu. Aus unserer ärgsten Not – der Unwissenheit – kann nur die bessere Erkenntnis uns erlösen.«
»Amen; ich habe jetzt mehr zu thun als deine Predigt anzuhören,« rief ich. »Guten Morgen.«
Doch Elise hielt meine beiden Hände fest und ließ mich nicht fort; mit Gewalt wollte ich mich aber nicht losreißen von dem schwächlichen kleinen Ding.
»Ich habe gar keine Lust zu scherzen, John,« sagte sie, mich mit den großen klugen Augen anblickend, die ihre einzige Schönheit sind; »heute nacht bin ich fast im Bett erfroren, und auch Annchen war wie ein Eiszapfen. Wenn du mir aber zuhören willst, erzähle ich dir, was ich von Ländern gelesen habe, wo es noch zehnmal kälter ist als bei uns; nur Leute, die durch Erfahrung klug geworden sind, können sich dort am Leben erhalten.«
»Jetzt nicht, Kind, ich habe keine Zeit und alle Hände voll zu thun,« sagte ich. »Sorge nur, daß Mutter warmen Kaffee bekommt, später magst du dann deine Weisheit vor mir auskramen.«
Wenn mir ein Ding, das Hand und Fuß hat, klar und deutlich auseinandergesetzt wird, so kann ich es leicht begreifen, und Lieschen verstand ihre Sache sehr faßlich vorzutragen. Sie erzählte mir von der Polarzone, wo die Sonne oft monatelang nicht aufgeht und ein ewiger Winter herrscht. Auch daß es Leute giebt, die aus Wißbegierde oder weil ihnen das Frieren Spaß macht, in jenen Gegenden Forschungsreisen machen. Dort liegt der Schnee oft fünfzig Fuß hoch und bedeckt Land und Meer, Berg und Thal, aber die Leute haben ein Mittel gefunden über die Fläche hinwegzugleiten ohne einzusinken. Sie binden sich nämlich ein kleines Boot an jeden Fuß, das leicht aber stark aus Fischbein verfertigt und mit Fell überzogen ist. Die Länge dieser Schneeschuhe beträgt etwa fünf Fuß, die Breite einen Fuß und an den Enden sind sie aufwärts gebogen. Als mir Lieschen dann noch von den Schlitten erzählte, die unsern Holzschleifen gleichen und deren man sich in jenen Regionen statt der Wagen bedient, um blitzschnell von einem Ort zum anderen zu gelangen, da bekam ich alle Achtung vor dem kleinen Mädchen und wünschte fast, ich wäre den Büchern weniger abhold gewesen. Meine kluge Schwester ahnte freilich nicht, auf welche Weise ich ihre Mitteilungen sofort verwerten würde, sonst hätte sie sich lieber die Zunge abgebissen, als mir bei meinem Vorhaben behülflich zu sein.
Wie froh ich auch gewesen war, in dieser schweren Zeit meiner lieben Mutter, der ihre Kinder so fest ans Herz gewachsen sind, beizustehen und die Pflichten eines Sohnes getreulich zu erfüllen, ließ doch die Sehnsucht nach Lorna und die Angst um sie in ihrer schutzlosen Lage mir keinen Augenblick Ruhe. Kaum hatte ich Lieschens Beschreibung recht verstanden, so beschloß ich, mir ein Paar Schneeschuhe herzustellen. Im Schindelschnitzen und ähnlichen Handfertigkeiten war ich wohl erfahren; ich machte mir aus Eschenholz und Weidenruten ein leichtes Gestell und überzog es mit gegerbtem Kalbsleder. Meine ersten Versuche, darauf zu gehen, mißlangen jedoch kläglich, und die Mädchen, die mir zusahen, lachten mich tüchtig aus. Nachdem ich noch einige Verbesserungen angebracht hatte, wurde die Sache aber bald hoffnungsvoller, ich fuhr über den Hof, wandte um und kam zurück, ohne ein einziges Mal hinzufallen.
Aber ach, wie schmerzten mich die Fußgelenke! Als ich abends zu Bette gehen wollte, mußte ich mir mit zwei Stöcken die Treppe hinauf helfen. Hätte mich Lieschen nicht verspottet und gefragt, ob der starke John Ridd sich vielleicht auf die alte Betty stützen wolle, ich würde mein kühnes Beginnen schwerlich fortgesetzt haben. Nun aber war ich fest entschlossen die Schmerzen nicht zu achten und keine Mühe zu scheuen.
Den ganzen folgenden Tag übte ich mich fleißig, und als ich in der Dämmerung den Hügel hinunter auf unsere Knechte zugelaufen kam, stoben alle erschreckt auseinander, denn sie glaubten steif und fest, ich hätte Mutter Meldrums Hexensiebe gestohlen, mit denen sie jeden Samstag um Mitternacht am Seestrande entlang fliegt, wie jedermann weiß.
Am andern Morgen brachte ich bei Mutter mein Anliegen vor, was mir recht schwer wurde, doch wollte ich ohne ihr Wissen das Wagnis nicht unternehmen. Wie überrascht war ich aber, als sie gleich ihre Einwilligung gab. Sie sagte, sie könne es nicht länger mit ansehen, wie ich mich abhärmte; ich solle nur thun, wozu mich mein Herz treibe, und wir wollten uns auf Gottes Schutz verlassen. Natürlich nahm ich sie auf der Stelle beim Wort, versicherte, ich könne auf den neuen Schneeschuhen prächtig laufen und ihr Vertrauen auf die Vorsehung solle nicht zu Schanden werden. Dann zündete ich mir meine kurze Pfeife an und machte mich ohne Zögern auf den Weg.