Henry Benrath
Die Mutter der Weisheit
Henry Benrath

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Acht Tage nach dem Ayhlerschen Fest erhielt ich folgenden Brief von Professor Hinrichsen:

»Lieber Herr Benrath,

Darf ich Sie bitten, am nächsten Montag, 8. Juli, vier Uhr nachmittags, zu einer eingehenden Besprechung Ihrer Dissertation zu mir zu kommen und Ihr gesamtes Material über Reime, Relativsätze und Interjektionen mitzubringen. Ich möchte Ihnen heute nur soviel sagen, daß mich Ihre Arbeit – als Ganzes genommen – nunmehr befriedigt hat. Ich habe zu meiner Genugtuung gesehen, daß Sie die Fähigkeit haben, eine wertvolle literarhistorische Abhandlung herzustellen, ohne sich in psychologischen Spekulationen zu verlieren. Eine gewissenhafte und wohlgegliederte Abhandlung, die ich mit Vergnügen – sobald sie ihre letzte Formung erhalten haben wird – in meinen »Romanischen Beiträgen« veröffentlichen werde. Eben über diese letzte Formung müssen wir uns noch eingehend unterhalten. Denn ich würde es für eine Pflichtverletzung gegen Sie und mich halten, wenn ich von Ihnen nun nicht ein Allerletztes an Gründlichkeit, Vollständigkeit und Wissenschaftlichkeit verlangte. Da ich weiß, daß die mündliche Prüfung für Sie wohl kaum Schwierigkeiten bietet, möchte ich gerne, daß Sie summa cum laude promovieren. Dazu gehört eben die Vervollkommnung Ihrer Arbeit, auf die ich hinziele. Also Montag um vier.

Ich bin mit besten Grüßen Ihr ergebener

Prof. Dr. Hinrichsen.« 271

Ich hielt Manfred den Brief hin, der ihn aufmerksam las . . .

– Ist doch herrlich! sagte er . . .

– So, du blonder Kindskopf! Herrlich! Ich danke für diese Herrlichkeit! Reime, Relativsätze und Interjektionen! Siehst du nicht, wo hinaus Hinrichsen steuert? Auf die Syntax. Weiß der Teufel, was er mir an Zusätzen noch aufbrummen will! Da er nicht für einen Heller Formgefühl hat, soll ich die Arbeit wohl nach der syntaktischen Seite hin ausbauen, bis sie einen wahren Kropf bekommt! Ich kann dir versichern, daß er diesmal die Rechnung ohne den Wirt macht.

– Mach keine Dummheiten vor Torschluß! sagte Manfred.

– Torschluß ist gut! Torschluß in einem Jahr vielleicht, nach Hinrichsens Auffassung!

– Sei doch nicht so aufgeregt, Henry! Steht dir ja gar nicht! Warte doch ab, was Hinrichsen dir sagt und vorschlägt . . . Meinen Sie nicht auch, Lorsch?

– Wetten, daß ich recht habe mit meinen Befürchtungen?

– Ich schlage ein. Wetten um was?

– Um die Bücher, Manfred, die wir uns schenken wollen. Wer verliert, zahlt beide!

– Abgemacht. Schlagen Sie durch, Lorsch . . .

Lorsch folgte der Aufforderung.

– Und was nun? fragte er . . .

– Nun gehen wir alle drei ins Soldatenbad. Was 272 sollen wir Besseres tun an einem Sonntagnachmittag? Wernitz, Senckenberg und Ehringshausen haben mir sagen lassen, sie seien von vier Uhr an dort. Tee gäbe es auch . . .

– Also avanti! rief Lorsch . . . Sie fahren heute abend nicht nach Bad-Oos?

– Ich hatte nicht die Absicht . . .

– Dann könnten wir nach dem Baden auf den Herrenberg hinaufgehen und dort essen?

– Vielleicht haben die Leutnants einen Krümperwagen? meinte Manfred.

– Nein – sagte Lorsch. Ich möchte, daß wir unter uns sind. Ich lade ein. Damit ist die Frage erledigt . . .

– Auch zur Fahrt? fragte Manfred.

– Nein. Es wird gelaufen! Seid doch nicht so faul! An einem solchen Sommertag – und bei solchem Buchenwald! Seid ihr einverstanden?

– Mit Vorbehalt, sagte ich. Ich hätte gerne den kleinen Ehringshausen noch bei uns gehabt.

– Also gut, Henry. Deichseln Sie das beim Schwimmen. Er braucht sich ja nur von den anderen vorher zu verabschieden und uns Punkt sieben am Mauritiusbrunnen zu treffen . . . Ich sage Ihnen offen, daß mir die philosophische Dilettantiererei von Wernitz auf die Nerven geht – und das Landschaftsgesäusel von Senckenberg ebenfalls . . . Lassen Sie mir Manfred – und Ihnen mag Ehringshausen Sophokles aufsagen . . . 273

– Und ich werde überhaupt nicht gefragt? sagte Manfred . . .

– Im Gegenteil! Sie sollen entscheiden!

– Also ich entscheide, daß wir zunächst schwimmen gehen – und um sieben mit oder ohne Ehringshausen nach Bad-Oos fahren. Ich möchte eine gewisse, sehr schöne Frau gerne wiedersehen . . .

Lorsch klemmte sich einen Taler vor das linke Auge:

– Frühlings Erwachen?


– Sie werden also, sagte Hinrichsen, als wir uns dem Ende unserer langen Besprechung näherten, die von mir gewünschten Zusammenstellungen noch anfertigen und möglichst in Form von Tabellen dem Texte beifügen. Starke Reime, schwache Reime. Reimwiederholungen. Reime als Sinnbetonung, Reime als Wortmusik. Reimfolgen. Refrains. Sodann, für die Relativsätze: Zufügung eines Kapitels über den synthetischen Relativsatz als Ersatz für einen neuen Hauptsatz – und über meine Gewichtstheorie, d. h. das Verhältnis von Haupt- und Relativsatz, gemessen an der Bedeutung der jeweiligen Inhalte. Schließlich für die Interjektionen: Genaue Feststellung ihrer Grade. In Tabellenform. In einer zweiten Tabelle die Proportion ihres Vorkommens. Ich nehme an, daß Sie diese Arbeit in vier Wochen erledigen können.

– Das dürfte kaum möglich sein, Herr Professor. 274 In zwölf Wochen. Denn Sie unterschätzen offenbar die Last, die Sie mir noch aufbürden.

– Ich gebe zu, daß die Arbeit sehr trocken ist und viel Geduld erfordert.

– Ich scheue weder die trockene Arbeit noch den Zeitaufwand. Abgesehen davon, daß ich Ihnen Ihre Wünsche erfüllen möchte, möchte ich auch gerne summa cum laude promovieren, da ich schon einmal promoviere . . . Ich habe aber ein großes Bedenken, die von Ihnen gewünschten Einzelheiten dem Text zuzufügen. Die sorgfältig ausgewogene Form meines Buches würde durch diese Ausweitungen zerstört werden. Stilfragen, ja nur Fragen der Syntax, würden einen unverhältnismäßig großen Raum einnehmen . . . Ich schlage Ihnen deswegen vor, daß ich die von Ihnen gewünschten Änderungen in einem besonderen Anhang behandeln darf.

Hinrichsen lächelte und zog seinen kleinen Mund hoch . . .

– Ein Anhang ist natürlich auch mir viel lieber . . . Der könnte ja auch recht ausführlich sein . . .

– Ich werde Ihnen Mitte Oktober die endgültige Fassung geben können, Herr Professor. Darf ich mir noch die Frage erlauben, ob ich mich, was die für die Prüfung vorgesehenen Daten angeht, auf unsre schon vor einem Jahr getroffenen Abmachungen verlassen kann?

Hinrichsen sah in den glühenden Spätnachmittag . . . 275 Er stand mit dem Rücken zu mir. Ich wußte, was in ihm vorging. Er war wütend gegen sich selbst, weil er sich in seinem guten Urteil über meine Arbeit festgelegt hatte, weil meine Bereitwilligkeit, die gewünschten Zusätze zu machen, ihm den Wind aus den Segeln nahm und weil er die Briefe, in denen er meine Daten annahm, nicht ungeschrieben machen konnte. Worauf es ihm angekommen wäre, war der »ausgebaute« Anhang. Denn er arbeitete selbst über den Relativsatz – und einer seiner Schüler über die »Reime in der Romantik«. Ich war nicht gesonnen, den Uneigennützigen zu spielen.

Ich wartete . . . Die Luft stand wie Feuer in dem vorhanglosen Raum, dessen Fenster geschlossen waren.

– Ja, sagte Hinrichsen schließlich, ohne sich umzuwenden, dann wollen wir den Freitag der ersten Novemberwoche als Prüfungstermin festsetzen . . . Nachmittags um vier . . .

– Vielen Dank, Herr Professor.

– Ich verreise am dritten August mit meiner Familie und werde von Ende August an auf sechs Wochen nach Paris gehen, um gewisse keltische Studien fortzusetzen. Mitte Oktober bin ich spätestens hier zurück . . . Und was gedenken Sie zu tun?

– Ich werde im Lauf der kommenden Woche mit meiner Arbeit in das Landhaus meines Onkels auf der Insel Man übersiedeln . . .

Hinrichsens Augen funkelten auf . . . 276

– Wohin? Auf die Insel Man? Könnten Sie da nicht ein paar Notizen über keltische Dialekte machen?

– Verzeihen Sie, Herr Professor, wenn ich das nicht unbedingt versprechen kann. Ich brauche voraussichtlich meine gesamte Zeit für den von Ihnen gewünschten »Anhang« . . .

Hinrichsen spitzte wieder den Mund. Ich wußte: er verfluchte schon diesen ganzen »Anhang«. Er hätte ihn mir glatt geschenkt, wenn ich zwei Monate lang einen Teil der Insel durchstreift und keltische Dialektstudien getrieben hätte.

– Ja, natürlich, sagte er . . . Mir fuhr das so heraus! Sie kennen ja meine Vorliebe für das Keltische . . . Wo gehen Sie denn hin?

– Nach Port Erin, im Süden der Insel . . . Ich kann nirgends besser arbeiten als in dieser Stille . . .

– Also, sagte Hinrichsen plötzlich mit großer Freundlichkeit: gehen Sie mit recht viel Eifer an die Ergänzungen . . . Es soll an mir nicht fehlen, was die Anerkennung Ihrer ehrlichen Bemühungen und Ihrer Bereitwilligkeit angeht . . .

– Ich danke nochmals verbindlichst, Herr Professor . . . Es ist also jetzt alles klar – und endgültig geregelt?

– Jawohl. Sie können in Ruhe reisen und in Ruhe wiederkommen . . . Lassen Sie von sich hören, immer hierher, mit Vermerk: nachsenden. Ich möchte über den Stand der Ergänzungsarbeit auf dem laufenden 277 sein . . . Und einen Gefallen müssen Sie mir doch tun: wenn Sie wandern, achten Sie darauf, wie die Bauern die Aspiraten aussprechen . . . Ich bin da einer eigenartigen Sache auf die Spur gekommen . . .


Es mochte halb sieben sein, als ich durch die endlose Lessingstraße gegen den Schloßplatz ging . . . Ich war sehr müde, verlangend nach der Kühle meines Zimmers. Ob Germaine schon gekommen war? – Nein. Es war niemand da . . . Auch Manfred nicht, der Übungen im Geographischen Institut hatte . . . Briefe waren ausgeblieben . . . Ich legte mich auf den Diwan des Musikzimmers und schlief ein . . .

Eine Hand, die über mein Gesicht fuhr, weckte mich auf . . .

Es war dunkel in dem Zimmer geworden, von den schweren, grünen Schatten der Kastanien her, auf denen keine Sonne mehr lag.

– Germaine . . . sagte ich leise, die Augen wieder schließend . . .

– Was ist mit dir, Henry? Bist du so müd?

– Ja, Germaine. Müd und traurig. Ich weiß nicht, warum . . . Hast du deinen Wagen da?

– Ja.

– Laß uns zurückfahren . . . Ich möchte heute abend nicht in Philippinenthal sein . . . Es ist hier irgend etwas, das zu Ende gegangen ist . . . Wieviel Uhr ist es? Halb acht? Um neun sind wir in 278 Bad-Oos . . . Kannst du solange mit dem Essen warten? Ja? Essen wir auf dem Waldhaus . . .

– Wir sind allein? . . .

– Unbedingt. Es ist einer unserer letzten Abende . . . Wann fahrt ihr?

– Donnerstag. Nach Luzern. Und du?

– Sonntag morgen. Ich bin Montag um eins in Liverpool und abends um neun in Wallflower-House über Port Erin . . .

– Du freust dich?

– Nein.

– Warum nicht?

– ?

– Ich kenne das! Es geht vorüber . . .

– Ich hoffe es. Ich bin mir selbst unausstehlich in dieser Verfassung. Entschuldige mich. Ich will mich frisch machen und einen dunklen Anzug anziehen . . .

Germaine ging an den Flügel und fantasierte aus dem »Walzertraum«.

Als wir bald nach acht abfuhren, sahen wir gerade Lorsch und Manfred vom Schloßplatz her gegen das Haus gehen. Sie winkten uns. Wir ließen den Wagen nicht halten . . . Merkwürdig, sagte ich mir, als wir in die Lessingstraße einbogen, die im Staub des letzten Abendgoldes lag . . . warum haben wir nicht angehalten?

– Was ist das? fragte Germaine und gab dem Chauffeur einen Wink, ganz langsam zu fahren . . . 279

Ein heller, fast jubelnder Gesang schwang über den Dächern . . .

– Bezaubernd! sagte Germaine . . . Halten Sie bitte, Carlos . . .

– Das ist der Chor des »Akademischen Gesangvereins«, der in der Aula des Gymnasiums übt . . .

Wir warteten . . . Kein Mensch war auf der Straße . . . An einigen offenen Fenstern lagen Frauen, die Ellbogen auf Kissen stützend, und schauten gegen die heißverzitternde Duft, in die sich der Rosenatem eines verborgenen Gartens gespielt hatte . . . Nun begann der Gesang wieder:

»Wie lieblich sind
die Boten, die
den Frieden verkündigen . . .«

Eine unirdische, auflösende Melodie aus einem Oratorium . . .

– Mein Gott, sagte Germaine plötzlich, aus ihrem Lauschen auffahrend, welche Einsamkeit, welche Verlorenheit in dieser Stadt . . .


Kädda Mulch war von der Plötzlichkeit meiner Abreise so betroffen, daß sie kaum sprechen konnte. Sie sah mich mit halb drohenden, halb anklagenden Augen an – und murmelte manchmal unverständliche Worte im Vorbeigehn. Erst als sie gewahrte, daß 280 wirklich nichts von meinen Sachen fortgeschafft wurde, weder Tante Eugenies Flügel noch ihre Sessel noch ihre Teppiche, beruhigte sie sich etwas.

– So ein Leichtsinn! sagte sie. So dahinzureisen nach England, über das Meer, als ob das gar nichts wär! Jeden Tag liest man von Ünglückern! Wer fort is, is fort! Kein schlimmrer Tod als auf der Eisenbahn! Wenn die Wage brenne, wenn die Lokkemodiv ins Wasser fällt! In England auch noch, wo alles Wasser is!

– Ich glaub, du spinnst! sagte Josef. Hunderte von Leut fahr'n jeden Tag nach England!

– Herr Benrath geht auf eine wilde Insel! Er hat mir's im Atlas gezeigt! Nix wie Wasser! Un Büffel! Un Urwald! Fuchsiabäum so hoch wie Kirschbäum! Alles voll von Kreuzottern! Wenn er wenigstens versichert wär!

– Was, versichert? Für wen? Wenn ich tot bin, bin ich tot. Frau und Kinder habe ich doch nicht . . .

– Man muß sich doch versichern! Hier, lesen Sie!

– Laß doch das schlächte Buch beiseit, un mach dich net lächerlich! schrie Josef. Die Kaffeenuddel un den dumme Kalenner – weiter weißt du nix mehr!

– No und du? Dein Kartespiel un's Blatt von der »Spenglerinnung« un's Dummgeschwätz am Stammtisch von der Sulzmännin . . . Hier, Herr Benrath, hier, lesen Sie! 281

»Wenn du auf eine Reise gehst,
Auf daß du sie recht wohl bestehst,
Versichere schnell bei Gottlieb Schlauch
Dein Leben und die Habe auch . . .

Ein Dampfroß, ach, ist bald entgleist,
Wie täglich der Bericht erweist . . .
Ein Schiff sinkt rasch auf Meeresgrund,
Was liest man nicht von Leichenfund!

Gestohlen wird Gepäck sehr oft,
Stets kommt ein Übel unverhofft!
Hast du versichert dich bei Schlauch,
Ist alles Unglück Schall und Rauch.

Getrost kannst du auf Reisen gehn,
Es gibt, es gibt ein Wiedersehn!
Und nähmst du kleinsten Schaden auch:
Er wird ersetzt durch Gottlieb Schlauch.«

– Ja, sagte ich, das ist ein sehr schönes Gedicht. Aber ich werde mich leider nicht mehr bei Herrn Schlauch versichern können. Die Zeit ist zu kurz. Ich habe etwas ganz anderes auf dem Herzen – und zwar etwas sehr Wichtiges: Herr Bodenbach und ich haben beschlossen, im Herbst nicht mehr hier wohnen zu bleiben, wenn Sie jetzt nicht endlich Wasserspülung machen lassen . . . 282

– Was? schrie Kädda . . . was? Jetz weiß ich, warum ich die ganz Zeit schon so gedrückt bin . . . Ich wußt', daß heut noch was kommt!

– Was geht dich denn die Wasserspülung an? sagte Josef . . . Das is doch meine Sach . . . Herr Benrath: das kost' viel Geld!

– Herr Mulch: dieses Geld können Sie durch eine kleine Mietserhöhung bei allen Bewohnern sehr rasch wieder einbringen . . . Jedenfalls steht für Herrn Bodenbach und mich fest, was ich gesagt habe . . . Passen Sie auf: Hier haben Sie einen Briefumschlag mit meiner englischen Adresse. Da ich vierzehntägige Kündigung mit Ihnen ausgemacht habe, bitte ich Sie, mir diesen Brief bis zum 28. August spätestens zukommen zu lassen. Sie lassen ihn einschreiben. Die nötigen Marken sind schon aufgeklebt. Ich kann Ihnen dann am 1. oder 15. September kündigen. Genau weiß ich noch nicht das Datum meiner Rückkehr. Jedenfalls fällt es in den September.

Kädda schluchzte . . .

– Wann das Geflenn jetzt net uffhört, sagte Josef, dann setz ich dich uff de Aabee und sperr dich e Stund lang in!

– Wenn das alles gut ausgeht! rief Kädda, ihre Tränen mit der Schürze trocknend . . . Die Reis' – un nix versichert! – die Wasserspülung – und fort von hier! Herr Benrath, Herr Benrath, Sie mache uns all unglücklich . . . 283

– Schluß jetzt, hustete Josef, der sich an seinem Birnhonigbrot verschluckt hatte. Der Herr Benrath hat ganz recht. Die Wasserspülung wird gemacht – un die Miet wird erhöht.

– Aber den Brief bekomme ich trotzdem?

– Vor dem 28. August! Sowie der Herr Bodenbach abgereist is, wird angefange . . . In einer Woch is alles im Schuß . . .

– Un wo solle die Mieter hingehn, wenn sie ein Betürfnis hawwe?

– Meinetwege uff de Blocksberg . . . Es geht doch alles von Stockwerk zu Stockwerk! Also dahin, wo die Sach zuerst im Blei is . . .

– Ach du lieber hochundherrgottsheiliger Hannebambel! ei dann komme se ja all zu mir?

– Haste auch Unnerhaltung!

– Ich werde meines Lebens nicht mehr froh, sagte Kädda . . . Keine Rast und keine Ruh . . . Acht Tage die Handwerker im Haus! O Gott, o Gott, o Gott, o Gott, wozu das all, wozu? Wenn wir dermaleinstens nicht mehr sind . . .

– Is 'n sauberer Abtritt immer noch e gut Kapitalsanlag' in einem Mietshaus, sagte Josef, während er seine Pfeife ansteckte . . . 284

 


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