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Romanze vom Feuerreiter

Sehet ihr am Fensterlein
Dort die rothe Mütze wieder?
Nicht geheuer muß es sein,
Denn er geht schon auf und nieder
Und was für ein toll Gewühle
Plötzlich in den Gassen schwillt!
Horch! das Feuerglöcklein grillt:
Hinter'm Berg,
Hinter'm Berg
Brennt es in der Mühle!

Schaut! da sprengt er wüthend schier
Durch das Thor, der Feuerreiter,
Auf dem rippendürren Thier,
Als auf einer Feuerleiter!
Durch den Qualm und durch die Schwüle
Rennt er schon wie Windesbraut!
Aus der Stadt da ruft es laut:
Hinter'm Berg,
Hinter'm Berg
Brennt es in der Mühle!

Der so oft den rothen Hahn
Meilenweit von fern gerochen,
Mit des Heilgen Kreuzes Spahn
Freventlich die Gluth besprochen, –
Weh! dir grinst vom Dachgestühle
Dort der Feind im Höllenschein!
Gnade Gott der Seele dein –
Hinter'm Berg,
Hinter'm Berg
Ras't er in der Mühle!

Keine Stunde hielt es an,
Bis die Mühle barst in Trümmer,
Doch den wilden Reitersmann
Sah man von der Stunde nimmer.
Volk und Wagen im Gewühle
Kehren heim von all' dem Graus;
Auch das Glöcklein klinget aus:
Hinter'm Berg,
Hinter'm Berg
Brennt's! –

Nach der Zeit ein Müller fand
Ein Gerippe sammt der Mützen
Aufrecht an der Kellerwand
Auf der beinern' Mähre sitzen:
Feuerreiter, wie so kühle
Reitest du in deinem Grab!
Husch! da fällt's in Asche ab.
Seele, du
Bist zur Ruh!
Droben rauscht die Mühle.

Mörike


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