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Die Teichnixe

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Im Nachtthau, am sternigen Teich
Da starrte mit ringendem Herzen
Anselmo, der Sohn der Schmerzen,
Hinab in das magische Reich.
Es ruhten in sammtener Nacht
Der tiefhin prangenden Ferne
Der Mond und die silbernen Sterne
Versammelt in himmlischer Pracht.

Schön ruhte das liebliche Grab.
Es glitt der buhlende Sylfe
Vom leis erschauernden Schilfe
Zur Najas, der trauten, hinab.
Es rann durch hangendes Moos
Von Wimpern der sehnenden Erle
Hinab die blinkende Perle,
Hinab in den heimlichen Schooß.

Und drüben, mit wirthlicher Kluft
Umwölbten, beschattet von Sträuchen,
Die Felsen in heiligem Schweigen
Die Ruhe der kühligen Gruft.
Still bückte, mit schwimmendem Haar,
Dem seligen Ruhegefilde
Voll winkender Schwestergebilde
Die hangende Weide sich dar.

Es spielte mit magischem Schein
Auf leis entringelnden Wogen,
Die Nixe mit hüpfenden Bogen
Am hochbemosten Gestein.
Und ihm aus der Tiefe der Kluft
Ward lind, wie Echo von Klagen,
Dies Wort herüber getragen
Auf weichem Flügel der Luft:

»Hier unten, im Arme der Ruh,
Umstrickt von der weißen Ranunkel,
Schließt friedlich ein purpurnes Dunkel
Hoch über dem Schläfer sich zu.
Ob schäumend die Welle sich bricht,
Es fährt auf zerrissenem Spiegel
Der Stürme sausender Flügel
Und wecket hier unten uns nicht.«

Ihm klopfte die schwellende Brust.
Er horcht in die schweigende Tiefe
Hinunter, ob's abermal riefe,
Hinab mit unendlicher Lust.
Da faßt ihn ein üppiger Muth,
Da zerrt ihn am tauchenden Kleide
Die Nix' – und über sie beide
Verschloß sich die schäumende Fluth.

Trinius


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